Klopfzeichen. Warum nur war ich nicht in einem Arbeitsboot gekommen. Spar dir diese Frage! Eine reine Verschwendung kostbarer Uberlegungszeit. Wie kann ich ihn dazu bringen, den Tank loszulassen oder zumindest, mit dem Getose aufzuhoren?

Schlecht formulierte Frage. Ich kann ihn zu gar nichts bringen. Er ist drau?en, und ich bin drinnen, und bei diesem Druckunterschied werden wir zwei nie zusammenkommen. Wie kann ich ihn also uberreden zu verschwinden oder mit dem Geha mmere aufzuhoren? Solange ich mich mit ihm nicht in Verbindung setze, kann ich ihn auch nicht uberreden. Klar.

Ich schaltete meine Lichter ein, sowohl drau?en als auch drinnen. Das wenigstens fesselte die Aufmerksamkeit des Burschen. Das Klopfen horte einen Augenblick auf. Dann setzte es wieder ein, weniger regelma?ig zwar, und ich konnte sehen, wie er sich an eine Stelle hinarbeitete, von wo aus er durch ein Fenster hereinsehen konnte. Ich zog mich so weit zuruck, da? er mich klar erkennen konnte, und wir blickten einander sekundenlang an.

Wieder horte das Gehammer abrupt auf.

Es war derselbe, der den Tank entdeckt hatte. Ich bin kein Gedankenleser, konnte ihm aber ansehen, da? er erst jetzt gemerkt hatte, da? jemand im Tank hockte und da? ihn diese Entdeckung erstaunte, ihm aber auch Kopfzerbrechen bereitete. Er nahm das Geklopfe wieder auf, nun in einem eher ungleichformigen Rhythmus. Nach wenigen Sekunden merkte ich, da? er irgendeinen Code aussandte, den ich naturlich nicht verstand.

Ich versuchte ihm gestenreich klarzumachen, da? das Getose mir Ohrenschmerzen bereitete. Seine einzige Reaktion war ein Achselzucken. Falls mein Wohlbefinden fur ihn uberhaupt eine Rolle spielte, so stand es jedenfalls nicht an erster Stelle seiner Dringlichkeitsliste. Schlie?lich war er mit der Code-Meldung fertig und nahm wieder das gleichma?ige Geklopfe auf. Er sah gar nicht wutend aus, machte kein finsteres Gesicht oder schuttelte drohend die Faust oder dergleichen, aber andererseits tat er auch nicht so, als sei ich ein lange vermi?ter Freund. Ich sah sein Gesicht deutlich und ohne Verzerrung durch den Helm, konnte aber in seiner Miene kein Anzeichen echten Interesses entdecken.

Ich verwendete einige Zeit darauf, ihn dazu zu bewegen, da? er auf meine Gesten reagierte, er aber beachtete mich nicht weiter. Da fiel mir ein, da? ich ihm eine Nachricht schreiben konnte, die er durchs Fenster lesen sollte, nur wu?te ich nicht in welcher Sprache. In einer meiner Taschen fanden sich sogar leere Zettel, dafur aber kein Schreiber, und damit war die Idee erledigt. Schlie?lich gab ich es auf und schaltete meine Lichter wieder aus.

Warum sollte ich ihm noch Hilfestellung leisten beim Heranlotsen des U-Bootes?

Nun war ich am Ende meiner Weisheit. Mir wollte einfach nichts mehr einfallen. Meine Gedanken wandten sich nun der Frage zu, wie der Bursche hier unten existieren konnte. Wahrend ich die Lichter eingeschaltet hatte, waren wir wieder einige hundert Fu? gestiegen, und sein Anzug hatte nicht eine einzige Blase freigegeben. Ich fragte mich schon, ob es sich tatsachlich um eine Druc kausgleichs-Anlage handelte. Kaum glaublich, da? etwas so Dunnes und Schmiegsames eine Druck-Rustung sein konnte. Andererseits lie?en die Eigenheiten des Zeltdaches erkennen, da? hier unten jemand auf dem Gebiet der Molekulararchitektur gewaltige Fortschritte gemacht hatte. Ich konnte daher nicht behaupten, eine solche Rustung ware unmoglich, aber ich hatte mir wenigstens eine vage Ahnung vom „Wie“ und „Woher“ gewunscht.

Ruckblickend komme ich mir naturlich damlich vor. Schlie?lich hatte ich den Mann gut beleuchtet nur wenige Fu? entfernt vor mir und bemerkte die wichtigste Tatsache nicht. Nun, wenigstens war ich nicht der einzige Dumme.

Das Geklopfe horte nicht auf. Es war nicht schmerzhaft laut, aber immerhin sehr lastig, ganz im Stil der chinesischen Wassertropfenfolter. Aber der Kerl da drau?en mu?te ebenso darunter leiden wie ich und hatte dabei noch die Muhe. Und ich wu?te eines: solange er klopfte, konnte die angeforderte Hilfe noch nicht nahe sein.

Zweitausend Fu? waren weniger als die halbe Strecke zur Oberflache, fur meinen Anhalter eine unglaubliche Druckveranderung. Und fur mich war es kein gro?er Trost, da? ich jetzt so viel Wasser unter mir hatte. Auch das Doppelte ware fur mich keine Hilfe gewesen. Es war ja nicht so, da? eine ganze Polizeiabteilung oder auch nur ein einziges Boot darauf wartete, mich zu retten. Mein Tank verfugte nur uber die normalen automatischen Sendeanlagen, um Hilfe herbeizuholen, und die wurden erst an der Oberflache wieder funktionieren — was ohnehin unwahrscheinlich war. Oben wurde zwar in wenigen Meilen Entfernung ein Schiff der Aufsichtsbehorde warten, da der Plan nicht vorsah, da? ich den Tank allein bis zu den Osterinseln steuerte, aber das nutzte mir im Moment nicht viel. Das Unwetter tobte wahrscheinlich noch, und man wurde mich auf funfzig Yards Entfernung gar nicht ausmachen konnen. Und wenn man mich sichtete, war man vermutlich furs erste hilflos, weil es unwahrscheinlich war, da? an Bord spezielle Bergungsgerate vorhanden waren. Auch ein kleineres Meeresgewitter verursacht raue See, und ein auf den Wellen tanzender Drucktank la?t sich nicht so mir nichts dir nichts aus dem Wasser fischen.

Aber auch diese Uberlegung brachte einen ermutigenden Aspekt mit sich. Wenn ich an die Oberflache gelangte, wurde sich auch jedes U-Boot schwer tun, mich zu fassen. Meine Sendeanlage wurde schon arbeiten und vielleicht — nur vielleicht — wurden die Verfolger hubsch Zuruckhaltung walten lassen, wenn ein Schiff der Aufsichtsbehorde in der Gegend herumkreuzte. Andererseits war es gut moglich, da? man meiner unbedingt habhaft werden sollte, Augenzeugen oder nicht, weil ich hier unten mehr gesehen hatte, als mir gut tat. Meine erste Hoffnung war mir jedoch wegen ihrer trostlichen Qualitat die genehmere. Als zivilisierter Mensch sollte ich erst viel spater auf die Idee kommen, da? man im Falle meiner Gefangenna hme einfach ein Loch in den Tank bohren und mich absinken lassen konnte.

Vielleicht wurde ich es schaffen. Die Minuten vergingen. Jede einzelne Minute brauchte dazu zwar scheinbar ein Jahr, aber sie vergingen. Und jede brachte mich zweihundert Fu? den Sturmw ogen naher. Ich hatte den Wetterbericht nicht gehort und wurde mich noch einige Stunden unter Wasser aufhalten. Obwohl ich gegen Seekrankheit nicht hundertprozentig gefeit bin, wunschte ich mir tuchtigen Wellengang, damit mein Freund da drau?en endlich seinen Griff lockerte. Immerhin etwas, auf das ich hoffen konnte.

Aber dazu mu?te ich diese Wellen erst mal erreichen, und ich hatte noch immer eine halbe Meile vor mir. Das Gehammer hatte noch immer nicht aufgehort. Mittlerweile hatte ich die chinesischen Wassertropfen vorgezogen, aber die waren hier unten, umschlossen von Wassermassen, ein besonders schlechter Scherz gewesen. Ich versuchte, mich von dem Gerausch abzuschlie?en und mich auf etwas anderes zu konzentrieren — beispielsweise den Druckregler — war seine Nadel nicht ein wenig ins Zittern geraten, was vielleicht auf den Wellengang uber uns zuruckzufuhren war — oder auf die Frage des Essens. Falls es noch Wellengang gab, war es besser, ich wartete mit dem Essen.

Ich wechselte hektisch von einem Fenster zum anderen, damit mir das U-Boot nicht entging, das sicher schon ganz in der Nahe sein mu?te. Es war jedoch mein Passagier, der es als erster bemerkte.

VI

Ich wu?te, was es bedeutete, als das gleichma?ige Pochen wieder dem ko mplizierten Code wich, doch dauerte es noch eine weitere halbe Minute, bis ich das naher kommende Licht sah. Von einem Fenster aus bot sich mir namlich ein weiter Gesichtskreis.

Als erstes sah ich nur das Licht, einen einsamen Funken auf tiefdunklem Hi ntergrund, doch konnte kein Zweifel uber seine Art und Herkunft bestehen.

Es befand sich seitlich unter uns. Die Richtung anderte sich, als es heller wurde. Offenbar naherte es sich auf einem Spiralkurs und hielt das Klopfgerausch in einem konstanten Winkel vom Bug, damit der Pilot standig seine Entfernung von der Larmquelle schatzen konnte.

Und auch als es ganz nahe war, hatte ich Schwierigkeiten es auszumachen, weil die gro?en Scheinwerfer genau auf den Tank gerichtet waren und die Strahlung zuwenig diffus war, als da? ich ein ganz in der Nahe befindliches Objekt hatte erkennen konnen. Das bereitete auch meinem Passagier Kummer, denn er begann einem anderen Code-Wirbel zu klopfen, als das Boot etwa drei?ig Yards von uns entfernt haltmachte. Das Licht erlosch.

Stattdessen erhellte ein Dutzend kleinerer Lichtstrahlen den gesamten Bereich. Jetzt konnte ich endlich den

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