Minuten Herz- und Atemstillstand. Reanimationsteam, Beeilung!«

Etwas wie eine Saule aus oligem Seegras stie? aus Leethveeschis Korper hervor, druckte dabei in die Schutzhulle der Kreatur einen beulenartigen Auswuchs und plumpste auf Hewlitts Brustkasten. Er fuhlte den festen, regelma?igen Druck einer Herzmassage, und als letztes sah er, wie sich die Oberschwester noch dichter uber ihn beugte.Nein, um Himmels willen! Blo? keine Mund-zu-Mund-Beatmung! dachte er verzweifelt. Du bist doch eine Chloratmerin, du blode…!

6. Kapitel

Der Anblick der Prozession, die sich vom Personalraum aus langsam in Gang setzte, brachte alle anderen Aktivitaten und Unterhaltungen auf der Station zum Stillstand. Angefuhrt wurde der Zug von Chefarzt Medalont, gefolgt von Oberschwester Leethveeschi, der namenlosen hudlarischen Schwester sowie einem kelgianischen und einem nidianischen Assistenzarzt, die gemeinsam einen mit Schwerkraftneutralisatoren ausgestatteten Schwebewagen lenkten, auf dem sich die Reanimationsausrustung fur samtliche im Hospital vertretenen Spezies befand. Ein Terrestrier, der die grune Uniform des Monitorkorps trug, bildete das Schlu?licht. Zwangslaufig mu?ten sie die ganze Station durchqueren, bevor sie sich in einem Halbkreis um Hewlitts Bett versammelten.

Obwohl er sich nur funf Stunden zuvor noch in Lebensgefahr befunden hatte, war ihm dadurch weder die Angst vor der Anwesenheit von Extraterrestriern genommen worden, noch hatte es etwas an seiner negativen Grundeinstellung ihnen gegenuber geandert.

»Und was, zum Teufel, haben Sie dieses Mal mit mir vor?« wollte er von Medalont wissen.

»Nichts Besonderes«, antwortete der Chefarzt mit einer Stimme, die auf einen anderen Melfaner moglicherweise hatte beruhigend wirken konnen. »Keine Sorge, ich will Ihnen nur noch einmal etwas Blut abnehmen. Bitte machen Sie dazu den Oberarm frei.«

Der kelgianische Assistenzarzt blickte seinen nidianischen Kollegen an, wobei sich sein silbriges Fell zu Stacheln aufrichtete. Dann zog er den Reanimationswagen naher heran und fugte hinzu: »Wenn Sie uns nichts tun, Patient Hewlitt, dann werden wir Ihnen auch nichts tun.«

Aufgrund der wenigen und sehr kurzen Gesprache mit dem kelgianischen Patienten aus dem Bett gegenuber wu?te Hewlitt, da? die Angehorigen dieser Spezies au?erstande waren zu lugen. Durch die standigen sowohl unterschwelligen als auch ausdrucksstarken Bewegungen des silberfarbenenFells druckten die Kelgianer unwillkurlich ihre Gefuhle und Gedanken aus, so da? ein Artgenosse stets wu?te, was der andere von ihm hielt. Es handelte sich um eine Art visueller Telepathie, und deshalb kannte und verstand diese Spezies nicht einmal die Bedeutung des Wortes Luge. Dieselben Probleme hatten sie mit Begriffen wie Takt, Hoflichkeit und Diplomatie oder mit dem rucksichtsvollen Verhalten gegenuber Patienten.

Erneut spurte Hewlitt, wie der kleine Metallring gegen seine Haut gedruckt wurde.

»Das Instrument, mit dem ich Ihren Arm gerade beruhre, hat eine vertieft sitzende, sehr feine und kurze Nadel, deren Einstich Sie nicht spuren werden, und eine zweite Nadel, die langer und etwas dicker ist«, informierte ihn Medalont. »Mit der ersten injiziere ich Ihnen ein lokales Betaubungsmittel, das die unteren Nervenstrange desensibilisiert, und mit der zweiten entnehme ich Ihnen das Blut. Sehen Sie? Das war's schon. Danke sehr, Patient Hewlitt. Wie fuhlen Sie sich?«

»Gut«, antwortete Hewlitt. »Wie sollte ich mich denn Ihrer Ansicht nach fuhlen?«

Medalont ignorierte die Frage und sagte: »Spuren Sie irgendwelche Veranderungen, auch wenn es sich dabei nur um sehr leichte handelt?«

»Nein«, antwortete Hewlitt.

»Merken Sie irgendeinen unangenehmen Druck in der Brust oder vielleicht in den Armen? Haben Sie Atembeschwerden? Spuren Sie ein Kribbeln oder einen Gefuhlsverlust in den Gliedma?en? Haben Sie Kopfschmerzen?«

»Nein, nichts dergleichen«, sagte Hewlitt. »Die Stelle, an der Sie das Blut abgenommen haben, fuhlt sich nur etwas taub an. So, wie beim letzten Mal.«

»Falls die von mir eben genannten Symptome auch nur ansatzweise auftreten, konnten sie bereits eine Vorwarnung sein«, klarte ihn Medalont auf. »Sie konnen sogar derart schwach auftreten, da? Sie eher das Gefuhl hatten, sich alles nur einzubilden.«»Soweit ich wei?, habe ich derzeit keine schwachen Symptome und erst recht keine eingebildeten«, meinte Hewlitt, wobei es ihm nur mit Muhe gelang, seine Wut zu unterdrucken.

Der Terrestrier in der grunen Uniform grinste kurz, besann sich aber wieder schnell darauf, lieber nichts zu sagen und keine Regung zu zeigen.

»Haben Sie irgendwelche psychischen Probleme?« hakte Medalont nach. »Sorgen oder Angste vielleicht, die ab einem gewissen Punkt durchaus physischen Stress verursachen konnen. Nun, ich merke zwar, da? ich mich gerade auf Lieutenant Braithwaites Territorium begebe, aber … «

»Das tun Sie allerdings«, fuhr der uniformierte Mann dazwischen, der sich nun zum ersten Mal zu Wort meldete. »Aber nur zu, schlie?lich machen das alle hier.«

Bevor der Chefarzt antworten konnte, sagte Hewlitt: »Wenn Sie damit meinen, ob ich mir Sorgen mache, dann kann ich Ihnen versichern, da? ich mir sogar gro?e Sorgen mache. Ich hatte noch nie einen Herzanfall gehabt, bevor ich hier ins Orbit Hospital gebracht wurde. Trotzdem glaube ich nicht, da? es mir so schlecht geht, um vor lauter Angst einen zweiten zu erleiden.«

»Hatten Sie denn Angstzustande, bevor Sie den ersten bekommen haben?« erkundigte sich Medalont.

»Nein, ich war nur etwas ubermudet, ansonsten aber vollig entspannt«, erwiderte Hewlitt. »Im Moment sitzt mir allerdings der Schrecken immer noch in den Gliedern.«

»Wir werden es nicht zulassen, da? Ihnen so etwas noch einmal zusto?t«, sprach ihm Medalont Mut zu. »Sie brauchen sich also wirklich keine Sorgen zu machen.«

Plotzlich trat ein Schweigen ein, das eine Ewigkeit zu dauern schien. Leethveeschis Korper pulsierte langsam in der Chlorhulle, die Sprechmembran der Hudlarerin blieb still, das Fell des Kelgianers machte wellenartige Bewegungen, als ob ein heftiger Wind wehen wurde, wahrend sein nidianischer Kollege die Geratschaften auf dem Schwebewagenkontrollierte und sich Medalonts Zangen wie ein leises organisches Metronom regelma?ig offneten und wieder schlossen. Der Chefarzt unterbrach als erster die Stille.

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