typische oberlastige Erscheinungsbild …«
Die Kelgianerin hielt abrupt inne, weil Medalont eine Zange hob und zweimal laut damit klickte. »Das reicht!« fuhr er entschieden dazwischen. »Jetzt ist wirklich nicht der Zeitpunkt fur interne Auseinandersetzungen,zumal der Patient alles mithoren kann und vielleicht seine eigenen Schlusse bezuglich Ihrer medizinischen Kenntnisse zieht.«
Als nachstes trat die Kelgianerin vor, die fur die Unterbrechung verantwortlich war. Sie stand auf den drei hinteren, raupenartigen Beinpaaren und schlangelte sich wie ein pelziges Fragezeichen uber das Bett; bekannterma?en verhielten sich kelgianische Wesen auch Patienten gegenuber alles andere als rucksichtsvoll.
»Die Untersuchung, die ich durchfuhren werde, wird ahnlich wie die meiner forgianischen Kollegin verlaufen«, sagte sie. »Daruber hinaus mochte ich Ihnen allerdings einige Fragen stellen. Meine erste Frage lautet: Was hat ein anscheinend gesunder Patient wie Sie in einem Krankenhaus zu suchen? Dem Krankenbericht des Chefarztes zufolge sind Sie in klinischer Hinsicht gesund, wenn man davon absieht, da? bei Ihnen ohne erkennbaren Grund lebensbedrohliche Herzbeschwerden aufgetreten sind. Was fehlt Ihnen, Patient Hewlitt? Besser gesagt: Was glauben Sie selbst, was Ihnen fehlen konnte?«
»Zum hundertsten Mal: Ich wei? es nicht!« fauchte Hewlitt wutend.
Wie bei dieser Spezies ublich, benahm sich auch diese Kelgianerin ausgesprochen unhoflich, ehrlich und sehr direkt, denn sie wu?te einfach nicht, wie man sich anders verhalten konnte. Hatte sich Hewlitt seinerseits genauso wie die Kelgianerin aufgefuhrt, ware sie kein Stuck beleidigt gewesen, da Hoflichkeit und Diplomatie fur sie Fremdworter waren. Das war eins der Dinge, die er seit seiner Ankunft in dieser Irrenanstalt, die man offiziell als Krankenhaus bezeichnete, gelernt hatte, und wenn er die Gelegenheit beim Schopf fa?te und die richtigen Fragen stellte, bot sich ihm nun erstmalig die Moglichkeit, sich dieses Wissen nutzbar zu machen.
Au?erdem wu?ten Kelgianer nicht, wie man lugt.
»Der Zustand tritt ohne ersichtliche Ursache und, ohne Vorwarnung in Abstanden auf«, fuhr Hewlitt deshalb fort. »Aber das mu?ten Sie ja auch aus meiner Krankenakte wissen. Was geht eigentlich sonst noch daraus hervor?«»In der Akte wird des weiteren die Moglichkeit in Betracht gezogen, da? Sie selbst die Hauptursache sind«, antwortete die Kelgianerin geflissentlich, »und da? der Krankheitszustand durch eine heftige hysterische Reaktion hervorgerufen wird, deren Ausloser wiederum eine tiefsitzende Psychose ist, die sich auch auf physischer Ebene au?ern kann. Um diese Theorie nachzuweisen oder auch zu widerlegen, wurde eine genaue psychologische Untersuchung angeordnet. Und jetzt drehen Sie sich auf die linke Seite.«
Hewlitt blickte sofort zu Braithwaite hinuber, der schmunzelnd an die Decke sah, und sagte dann: »Bislang gibt es keinen einzigen Beweis einer existierenden Psychose, sei sie nun tiefverwurzelt oder sonst was, und zwar deshalb, weil es einfach keine zu finden gibt. Hatte es in meiner Kindheit ein Erlebnis oder gar ein Verbrechen gegeben, das seither in meinem Unterbewu?tsein vergraben liegt und so gra?lich und schmerzlich gewesen ist, da? ich mich gezwungen sah, es zu vergessen, dann hatte ich bestimmt Erinnerungslucken oder wurde standig von Alptraumen geplagt. Auf alle Falle mu?te es unter diesen Umstanden irgendwelche anderen Symptome als den plotzlichen Eintritt eines Herzstillstands geben, oder was meinen Sie?«
Das Fell der Kelgianerin bewegte sich von der Nase bis zu dem Korperabschnitt, der von der Bettkante verdeckt wurde, in schnellen unregelma?igen Wellen, als sie antwortete: »Ich bin zwar keine Psychologin fur Terrestrier und noch nicht einmal fur Kelgianer, dennoch stimme ich mit Ihnen nicht uberein. Es ist allgemein anerkannt, da? verdrangte Erlebnisse starke Auswirkungen auf den allgemeinen Gesundheitszustand eines Wesens haben, und je hoher der Verdrangungsgrad ist, desto schwerer ist es, diese Probleme zu entdecken. Es verbirgt sich etwas in Ihrem Unterbewu?tsein, das nicht zum Vorschein kommen will. Falls dieses verdrangte Erlebnis solch eine Bedrohung fur Sie bedeutet, da? es einen Herzstillstand oder andere Symptome verursachen kann, wie sie ja bereits in der Vergangenheit wahrend ahnlicher Anlasse aufgetaucht sind, dann mu? das Problem sehr sorgfaltig lokalisiert, identifiziert und aufgedeckt werden, damit Sie diesen Proze? unversehrt uberstehen.«Diesmal blickte die Kelgianerin zu Braithwaite hinuber, der zustimmend nickte. Also glaubten wieder einmal alle, da? sich bei ihm alles nur im Kopf abspielte. Hewlitt versuchte, seine aufsteigende Wut zu unterdrucken, was aber eigentlich unnotig war, wenn man sich mit einer Kelgianerin unterhielt, und sagte: »Und wie sollte man dieses verdrangte Problem Ihres Erachtens nach am besten aufdecken und identifizieren?«
Einen Moment lang herrschte Stille, die Medalont schlie?lich mit dem Einwurf durchbrach: »Der Patient scheint jetzt seine Arztin prufen zu wollen. Obwohl ich zugeben mu?, da? mich die Antwort auch interessiert.«
Das Fell der Kelgianerin richtete sich stachelig auf und legte sich wieder, bevor sie antwortete: »Bisher ist Chefarzt Medalont au?erstande gewesen, eine medizinische Ursache fur Ihren Zustand festzustellen, Patient Hewlitt. Andererseits hat Lieutenant Braithwaite auch keine Anzeichen fur eine schwere psychische Storung entdecken konnen. Wenn es aber etwas gibt, dann mussen Sie etwas merken, Sie mussen fuhlen, da? etwas mit Ihnen nicht stimmt, wie schwach diese Empfindung auch immer sein mag. Deshalb schlage ich vor, da? eine noch genauere Untersuchung Ihres Gefuhlsleben vorgenommen werden sollte, und zwar eine grundlichere als die mundliche Befragung seitens des Lieutenants.
Konkret denke ich dabei an eine Untersuchung, die von einem cinrusskischen Empathen wie Doktor Prilicla durchgefuhrt werden sollte«, beendete die Kelgianerin ihre Ausfuhrungen. »Er ware vielleicht in der Lage, Empfindungen wahrzunehmen, die, obwohl sie Ihnen selbst gar nicht bewu?t sind, wahrscheinlich die Ursache fur Ihre Krankheit sein konnten.«
»Aber normalerweise geht es mir doch gut! Und ware ich nicht der erste, der wu?te, wenn es nicht so ware?« protestierte Hewlitt. »Unabhangig davon habe ich seit meinem Aufenthalt im Orbit Hospital zwar einige ziemlich schauerlich aussehende Aliens kennengelernt, jedoch kann ich mich nicht daran erinnern, da? einer davon ein Cinrussker gewesen ist.«
»Wenn Sie Prilicla gesehen hatten, dann wurden Sie sich bestimmt an ihn erinnern«, versicherte ihm die Kelgianerin.Bevor er antworten konnte, klickte Medalont mit einer Zange, um fur Ruhe zu sorgen, und sagte: »Vor allem sollten Sie bedenken, da? Cinrussker keine Telepathen, sondern Empathen sind, die zwar selbst die unterschwelligsten Gefuhle wahrnehmen und auseinanderhalten konnen, aber nicht deren Ursachen erkennen. Patient Hewlitts emotionale Ausstrahlung durch einen Empathen prufen zu lassen, ist ein guter Vorschlag, so gut, da? er bereits von der psychologischen Abteilung und mir gemacht wurde. Bedauerlicherweise kann er noch nicht umgesetzt werden, da Chefarzt Prilicla erst in zwei Wochen von Wemar zuruckkehren wird. Inzwischen hat sich Patient Hewlitt freundlicherweise bereit erklart, Sie bei Ihrer Ausbildung zu unterstutzen, indem er sich einer Art Multispezies-Untersuchung unterzieht, die jeder von Ihnen der Reihe nach durchfuhren wird. So, Sie alle mussen heute noch Vorlesungen besuchen, und Ihre Zeit hier ist begrenzt. Lassen Sie uns also fortfahren.«
Einige der Untersuchungen verliefen nicht ganz so sanft wie andere, jedoch war keine so unangenehm, als da? Hewlitt es fur notig gehalten hatte, sich zu beschweren. Daruber hinaus gab er sich alle Muhe, die Fragen zu beantworten, anstatt zu versuchen, selbst welche zu stellen.
Schlie?lich war alles vorbei. Medalont und die Auszubildenden bedankten sich bei ihm einer nach dem anderen, bevor sie sich entfernten und ihn mit Braithwaite allein zurucklie?en.
»Na, das haben Sie ja wirklich prima durchgestanden, Patient Hewlitt«, lobte ihn der Lieutenant. »Ich bin tief