Jahren Krankheiten grassierten. Zu jener Zeit waren sage und schreibe gut funfundsechzig Prozent der Frauen, Manner und Kinder von verschiedensten Krankheiten befallen; zumeist handelte es sich um entstellende Leiden oder Gebrechen, die bei den Etlanern Verkruppelungen oder Mi?bildungen hervorriefen, wenngleich sie nur selten lebensbedrohlich waren. Viele der ansteckenden Krankheiten hatten durch die Einrichtung von Isolierstationen und die Verabreichung einfacher Medikamente ausgemerzt werden konnen, doch bewegte sich der Stand der Medizin auf niedrigstem Niveau, und es gab auch keinerleiForschungseinrichtungen, weil das Imperium samtliche Aufgaben der Gesundheitsfursorge fur die Etlaner langst ubernommen hatte.
Vom medizinischen Standpunkt aus war diese Situation fur uns naturlich untragbar, zumal samtliche Krankheiten, die wir bis dato gesehen hatten, heilbar waren«, setzte Stillman seine Ausfuhrungen fort. »Hatten wir den Planeten zum Katastrophengebiet erklart, um massive medizinische Hilfe leisten zu konnen, ware das Problem binnen weniger Jahre gelost gewesen, doch die Erstkontaktsituation war au?erst kompliziert. Die Etlaner sind durchaus stolze und selbstbewu?te Wesen und verhielten sich damals gegenuber dem Imperator, der auf dem Hauptplaneten Imperial-Etla lebte, vollig loyal und waren ihm und all den anderen Bewohnern des etlanischen Reiches fur deren anhaltende Hilfe dankbar. Von Fremden geleistete medizinische Unterstutzung ware unter den gegebenen Umstanden von der Bevolkerung als demutigend empfunden worden und hatte von dem offiziellen Reprasentanten des Imperiums und der von ihm befehligten militarischen Streitmacht auf diesem Planeten als eine feindliche Invasion aus dem All mi?verstanden werden konnen… «
Um gegenuber der etlanischen Regierung die guten Absichten der galaktischen Foderation zu beteuern und um herauszufinden, weshalb das Imperium seinen kranken Planeten nur so sparlich und in so gro?en, wenn auch regelma?igen Abstanden mit medizinischen Hilfsgutern versorgte, wurde ein Monitorschiff mit einem medizinischen Offizier an Bord zum Zentralplaneten geschickt; moglicherweise war den Behorden aufgrund der gro?en Entfernung das Ausma? der Notlage der darniederliegenden Kolonie nicht bewu?t. Als das unbewaffnete Kurierschiff auf dem Raumflughafen der Hauptstadt nach vorheriger Anmeldung und ohne jede Geheimniskramerei landete, wurde es sofort von Truppen der imperialen Streitkrafte umstellt.
Die offizielle Begrundung fur diesen offensichtlich feindseligen Akt lautete, da? man fremdenfeindliche Ausschreitungen von Teilen der einheimischen Bevolkerung befurchte und die Sicherheit der Gaste hochste Prioritat genie?e. Deshalb sollte auch die Schiffsbesatzung mit Ausnahmedes medizinischen Offiziers an Bord bleiben und jeden Kommunikationsversuch unterlassen, bis die Behorden die psychologischen Barrieren bei einigen der weniger aufgeschlossenen Burger durchbrochen hatten.
Der Monitorarzt wurde von den Regierungsberatern herzlich willkommen gehei?en und sowohl auf grundliche wie auch auf freundliche Art und Weise uber samtliche Aspekte der Foderation befragt, wahrend ihm gleichzeitig Ehren zuteil wurden, wie sie normalerweise nur Regierungschefs bei offiziellen Staatsbesuchen vorbehalten waren. Unterdessen hatte man auf dem Kurierschiff mittels Sensorenmessungen einige au?erst beunruhigende Informationen eingesammelt, die sich in erster Linie um das drehten, was die Sendeanstalten auf Imperial-Etla ganz offen als › Seuchen-Etla‹ bezeichneten. Au?erdem stie?en die an Bord befindlichen politischen Analytiker des Monitorkorps bei ihren Untersuchungen auf etliche Ungereimtheiten bezuglich der Finanzgebaren sowie der behordlichen Strukturen des etlanischen Imperiums.
Als erstes entdeckten sie, da? der Seuchenplanet, auch wenn er als Reiseziel ganz bestimmt nicht mehr in Betracht kam, langst nicht in Vergessenheit geraten war. So waren an jeder Kreuzung und in regelma?igen Abstanden auch an jeder Landstra?e riesige Plakatwande angebracht, auf denen in drastischer und haufig erschreckender Weise auf die entsetzliche Not der Mitburger auf dem verseuchten Planeten hingewiesen wurde, um so zu Spenden fur die Linderung des Leids aufzurufen. Auf samtlichen Fernsehsendern wurden fortwahrend Spendenaufrufe ausgestrahlt, und von den Bewerbern um ein politisches Mandat wurde jede Gelegenheit genutzt, diesen Appell zu wiederholen. Es handelte sich um die am meisten geforderte und popularste Wohlfahrtseinrichtung, und das nicht nur auf Imperial-Etla, sondern auch auf allen anderen Planeten des Imperiums, so da? unaufhorlich und reichlich Spenden flossen.
Deshalb konnte man unmoglich glauben, da? all diese gesammelten Gelder lediglich dazu ausreichen sollten, alle zehn Jahre ein einziges Schiffmit medizinischen Hilfsgutern auf den Weg zu schicken.
Wie dem Monitorkorps bereits bekannt war, wurde die Ladung nach der Ankunft des Schiffs stets sofort geloscht. Gleich darauf trat man den Ruckflug an, weil die Besatzung keine Sekunde langer als unbedingt notig auf dem Seuchenplaneten bleiben wollte. Anschlie?end wurde die komplette Fracht zu einem riesigen Anwesen transportiert, das weitraumig von schwerbewaffneten Elitetruppen bewacht wurde. Auf dieser parkahnlichen Anlage befanden sich zahlreiche Kasernen und ein Palast, der von einem gewissen Teltrenn, dem offiziellen Vertreter des Imperiums, bewohnt wurde. Vor den unbewaffneten Kolonisten, die fur den Stutzpunkt Lebensmittel liefern und rangniedriges Dienstpersonal stellen mu?ten, wurde diese militarische Prasenz mit einer moglichen Bedrohung aus dem All gerechtfertigt. In Abstanden von mehreren Monaten – offenbar bestand kein gro?er Handlungsbedarf – reiste Teltrenn in die entferntesten Gegenden des Planeten, um die Medikamente hochstpersonlich zu ubergeben und vom neuesten Stand der Forschung auf Imperial-Etla sowie von den unablassigen Bemuhungen der ortsansassigen Behorden und Institutionen zu berichten.
Naturlich ware alles sehr viel schneller und wirkungsvoller vonstatten gegangen, wenn man samtliche medizinischen Institutionen und Arzte mit dem neuen Material gleichzeitig beliefert hatte, doch bestand Teltrenn auf der personlichen Ubergabe, um den Betroffenen auf diese Weise sowohl seine eigene Betroffenheit kundzutun, als auch die besten Genesungswunsche des glorreichen Imperators zu ubermitteln.
Diese mangelnde Einsatzbereitschaft lie? schlie?lich bei Conway und den anderen Korpsarzten, die bei ihren Forschungen die verschiedenen Seuchenubertrager der letzten Jahrzehnte genau untersucht hatten, einen schrecklichen Verdacht aufkommen. Sie fanden namlich heraus, da? viele der fruheren Seuchen so gut wie ausgerottet waren, weil die Erkrankten und deren Familien im Laufe der Zeit wahrscheinlich eine naturliche Widerstandskraft gegen die Erreger entwickelt hatten. Doch kaum war eine alte Krankheit verschwunden, wurde sie unweigerlich durch eine neueersetzt, die normalerweise von optisch absto?enden Hautausschlagen, einer Deformierung der Gliedma?en und einer Art Schuttellahmung begleitet wurde. Dennoch verliefen die meisten Krankheiten gegen jede medizinische Logik nur selten todlich.
All das lie? nur den einen unglaublichen und beangstigenden Schlu? zu, da? Teltrenn, der allseits beliebte und hochgeschatzte Vertreter des Imperiums, ganz bewu?t und systematisch fur die Ausbreitung von Krankheiten sorgte, anstatt sie zu bekampfen – und der einzige Grund dafur war Geldgier.
21. Kapitel
Die von einer armen, aber mitfuhlenden Bevolkerung als Antwort auf entsprechend veroffentlichte Katastrophenmeldungen und Aufrufe gespendeten Gelder summierten sich zu einem beachtlichen Betrag, zumal die Burger des etlanischen Imperiums gro?zugige und mitfuhlende Menschen waren, die fortwahrend an die schreckliche Notlage ihrer Bruder und Schwestern auf dem Seuchenplaneten erinnert wurden. Dieser kontinuierliche Spendenflu? der Gesamtbevolkerung von fast funfzig bewohnten Planeten ubertraf samtliche Erwartungen, und da sich nur alle zehn Jahre ein einziges Schiff mit Hilfsgutern auf den Weg machte, lag es auf der Hand, da? nur ein Bruchteil des Geldes wirklich denen zugute kam, fur die es ursprunglich vorgesehen war. Statt dessen wurden diese Spenden als eine Art indirekte Steuer betrachtet und flossen zum Nutzen des Imperators und der ihn