wie ist es dann um mein Interesse an Leethveeschi und diesem Doktor bestellt, der in einem Druckbehalter auf die Station gerollt kam? Ich bin mir ziemlich sicher, da? ich mit den beiden keinen korperlichen Kontakt haben wollte, insbesondere nicht mit der Oberschwester, so da? die Neugierde nicht von mir stammen konnte. Bedeutet das nun, da? diese Virenkreatur ihre Zeit verschwendet, indem sie Sehnsuchten nachhangt, obwohl sie diese selbst unmoglich stillen kann, oder ist sie womoglich in der Lage, in jedes x-beliebige Lebewesen einzudringen?«
O'Mara stie? verargert einen kurzen Seufzer aus. »Die ganze Zeit bestand die Gefahr, da? Sie das Problem nur noch komplizierter machen wurden, anstatt bei der Suche nach einer Losung behilflich zu sein. Falls Sie namlich recht haben sollten und unser Freund nicht allein von warmblutigen Sauerstoffatmern als Wirtskorper abhangig ist, dann kompliziert das unsere Suche erheblich.« Der Chefpsychologe blickte die anwesenden Mediziner der Reihe nach an. »Ist eine solch radikale, speziesubergreifende Ubertragung uberhaupt moglich?«
»So gut wie unmoglich«, antwortete Diagnostiker Conway als erster.
»Bis zur Einlieferung von Patient Hewlitt haben wir es alle fur unmoglich gehalten, da? ein Mikroorganismus vom Planeten X in einer Lebensform des Planeten Y weiterexistieren kann«, konterte O'Mara in seinem typisch ironischen Ton.
Conway schien sich nicht beleidigt zu fuhlen und fuhr fort: »Deshalb habe ich ja auch gesagt: so gut wie unmoglich. Jedoch gibt es riesigeUnterschiede gegenuber dem Metabolismus eines Chloratmers. Die erforderliche Anpassung an die biochemischen Prozesse solcher Wesen ware, und ich wiederhole mich da gern, so gut wie unmoglich… «
»Und wer hatte daruber hinaus schon Lust, in einem illensanischen Korper zu leben?« merkte Naydrad an.
»… dasselbe gilt naturlich auch fur exotischere Lebensformen wie die TLTUs, SNLUs oder VTXMs«, setzte Conway seine Ausfuhrungen fort, wobei er Hewlitt einen Blick zuwarf, der ihm zu verstehen geben sollte, da? diese erganzenden Erlauterungen in erster Linie ihm galten. »Ich wurde sogar behaupten, da? diese als Wirtskorper uberhaupt nicht in Frage kommen. Die ersten atmen uberhitzten Dampf, und das unter Bedingungen, unter denen in grauer Vorzeit OP-Instrumente sterilisiert wurden. SNLUs sind zarte, kristalline, auf Methan basierende Lebensformen, die sofort zu Asche zerfallen, wenn die Umgebungstemperatur auf uber minus hundertzwanzig Grad Celsius steigt. Bei den VTXM-Telfanern handelte es sich wiederum um eine sogenannte hei?e Lebensform, das aber nicht wegen einer erhohten Korpertemperatur, sondern weil diese Wesen fur die Aufrechterhaltung ihrer Lebensfunktionen hohe Mengen harte Strahlung aufnehmen mussen.
Daraus folgt, da? diese drei Spezies als potentielle Wirte ausgeschlossen werden konnen, weil in deren Korpern kein Virus zu uberleben vermag.«
Bevor O'Mara darauf antworten konnte, vollzog Prilicla eine ziemlich wackelige Landung auf einem der freien Mobel und zitterte leicht. Dies war, wie Hewlitt langst herausgefunden hatte, ein deutliches Indiz dafur, da? sich der Empath innerlich darauf vorbereitete, etwas Unangenehmes sagen zu mussen – und richtig:
»Es konnte durchaus sein, da? Sie sich irren, Freund Conway. Und auch ich trage moglicherweise eher zur Erschwerung als zur Losung des Problems bei, weil wir die Telfaner als in Frage kommende Wirtskorper nicht ausschlie?en konnen. Obwohl sich die Fluchtrakete unserer Virenkreatur in unmittelbarer Nahe zu der Nuklearexplosion befand, durch die Lonvellins Schiff zerstort wurde, gelang es ihr zu uberleben. DieAu?enhulle des Schutzbehalters war teilweise geschmolzen und durch herumfliegende Wrackteile in Mitleidenschaft gezogen worden, so da? sie problemlos erhebliche Mengen radioaktiver Strahlung verarbeitet haben mu?, wenn sie nach funfundzwanzig Jahren immer noch am Leben ist. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie sich den kleinen Hewlitt als Wirt ausgesucht hat, hatte sie in diesem Behalter gelebt und eine enorm hohe Dosis radioaktiver Strahlen aufgenommen, auch wenn diese wahrend der funf Jahre nach der Explosion allmahlich schwacher wurde.«
Diagnostiker Conway nickte nachdenklich.
O'Mara lachelte sogar, obwohl man ihm ansehen konnte, da? seine Gesichtsmuskulatur eine solch anstrengende Ubung nicht gewohnt war. »Will sich noch jemand blamieren? Hewlitt, Sie wollen etwas dazu sagen.«
Einen Augenblick lang fragte sich Hewlitt, ob auch der Chefpsychologe uber empathische Fahigkeiten verfugte, doch dann kam er zu dem Schlu?, da? O'Mara wahrscheinlich nur eine gute Beobachtungsgabe und lange Erfahrung besa?.
»Na ja, aber wahrscheinlich ist das nicht wichtig«, antwortete er schlie?lich etwas verlegen.
»Ich werde es Sie sofort wissen lassen, ob es wichtig ist oder nicht«, reagierte O'Mara etwas ungehalten. »Also spucken Sie's schon aus!«
Hewlitt schwieg ein Weile und dachte daruber nach, wie es einem so unsympathischen Menschen hatte gelingen konnen, in einem solch verantwortungsvollen Beruf wie dem des Psychiaters eine derartige Karriere zu machen. »Etwas an dem Wiedersehen mit meiner Katze auf Etla macht mir schon die ganze Zeit zu schaffen. Fruher ist Snarfe nichts als ein kleines Katzchen gewesen, also langst nicht so gro? und fett wie heute, und trotzdem habe ich sie sofort wiedererkannt. Andererseits habe auch ich mich korperlich vollig verandert, bin vier- bis funfmal schwerer, sehe vollig anders aus und besitze eine ganz andere Stimme als damals, und dennoch hat sie mich gleich erkannt und ist zu mir gekommen. Wahrscheinlich denken Sie jetzt, da? ich zu Sentimentalitaten neige …«»Richtig, der Gedanke ist mir gerade gekommen«, warf O'Mara ein.
»…aber ich glaube, dahinter steckten mehr als nur liebevolle Erinnerungen. Bevor ich hier eingeliefert wurde und sich Lieutenant Braithwaite bei mir uber meine Kindheit erkundigt hat, hatte ich Snarfe namlich so gut wie vergessen gehabt. Das Wiedersehen war eher so, als bestunde zwischen uns eine Bindung, ein Gefuhl, das in gewisser Weise an den Stolz auf ein gemeinsam geteiltes Erlebnis erinnerte, das weit uber das normale Verhaltnis zwischen einem Kind und seinem Lieblingstier hinauszugehen schien. Dieses Gefuhl war nur unterschwellig vorhanden und ist nur sehr schwer zu beschreiben und… na ja, wahrscheinlich liegt das nur an diesem ganzen Gerede uber diese Invasion von intelligenten Viren. Dieses Mal scheint meine Phantasie wirklich mit mir durchzugehen, und ich hatte das lieber nicht erwahnen sollen.«
»Und dennoch haben Sie es gerade getan, obwohl es Ihnen peinlich ist und Sie sich vielleicht sogar lacherlich vorkommen«, stellte O'Mara klar. »Oder wollen Sie etwa damit bewirken, da? ich oder eine der hier versammelten medizinischen Koryphaen entscheiden soll, ob Sie das, was Sie eben gesagt haben, lieber hatten erwahnen sollen oder nicht?«
O'Maras › medizinische Koryphaen‹ folgten Hewlitts Beispiel und schwiegen lieber. Er erwiderte ihre Blicke und fragte sich, ob die Augenlider des Chefpsychologen oben festgeklebt waren, damit er sie nie schlie?en mu?te.
O'Mara schmunzelte zufrieden. »Sehr schon, und jetzt uberlegen Sie einmal ganz genau, und vor allem denken Sie Ihren Gedanken bis zu Ende. Der Gebrauch des Wortes ›unmoglich‹ wird mir in diesem Raum ein wenig zu locker gehandhabt, und deshalb werde ich der Versuchung widerstehen, es ein weiteres Mal zu verwenden. Also, Hewlitt, wollen Sie damit behaupten, und sei es auch nur widerstrebend, da? es sich bei diesem merkwurdigen und