schwer zu beschreibenden Gefuhl, das Sie fur Ihr ehemaliges Haustier empfunden haben und das nach Ihrem Dafurhalten von diesem erwidert wurde, um eine Art Hinterlassenschaft Ihres gemeinsamen Vireneindringlings handeln konnte? Und wollen Sie daruber hinausbehaupten, da? die ehemaligen Wirtskorper der Virenkreatur gemeinsam dieses ganz besondere und nur schwer zu bestimmende Gefuhl teilen und sich womoglich untereinander erkennen konnen? Vermutlich habe ich recht, weil Ihr Gesicht knallrot geworden ist, trotzdem hatte ich gern von Ihnen eine mundliche Bestatigung.«
»Ja, verdammt noch mal!« fauchte Hewlitt. »Und dieses ›Ja‹ gilt fur beide Fragen.«
O'Mara nickte zufrieden und fuhr in ruhigem Ton fort: »Das bedeutet, da? ich Sie als eine Art Virenjager einsetzen konnte, der die Fahigkeit besitzt, unsere Jagdbeute mittels seiner ehemaligen und mutma?lich auch gegenwartigen Wirtskorper aufzuspuren. Naturlich sind wir Ihnen fur jede Hilfe dankbar. Mal ganz unabhangig von dem sofortigen Wiedererkennen und den vagen Gefuhlen, die Sie nach Ihrer eigenen Aussage mit der Katze geteilt haben – wobei uns Snarfe bedauerlicherweise keine Zusammenarbeit anbieten kann -, gibt es noch irgendwelche anderen Beweise, Beobachtungen oder schwer zu beschreibende Gefuhle, auf denen sich Ihre Behauptung stutzen la?t?«
Hewlitt entri? sich dem Blick O'Maras, weil er das Gefuhl hatte, da? seine Schamrote den ganzen Raum aufheizen mu?te.
»Freund, O'Mara«, ergriff Prilicla erneut das Wort. »Beim Wiedersehen von der Katze und Freund Hewlitt habe ich die Gefuhle der beiden wahrnehmen konnen, und sie sind genau so gewesen, wie sie Freud Hewlitt eben beschrieben hat.«
»Und wie ich bereits nahegelegt habe, mein kleiner Freund, sind Hewlitts nur sehr vage zu beschreibende und au?erst subjektiv wahrgenommenen Gefuhle fur unsere Zwecke hochstwahrscheinlich unbrauchbar«, stellte O'Mara fest. Dann druckte er auf den Kommunikator und sagte: »Ist der Padre schon zuruck? Gut, dann schicken Sie ihn herein.« An Hewlitt gewandt, fuhr er fort: »Wir mussen jetzt einige medizinische Angelegenheiten klaren, so da? Ihre Anwesenheit nicht langer erforderlich ist. Au?erdem bin ich mir sicher, da? ich Sie mehr in Verlegenheit gebracht habe, als es Ihnen lieb und fur einen einzigen Tag vertraglich ist. Danke furIhre Hilfe. Padre Lioren wird Sie jetzt in die Kantine begleiten.«
Im selben Augenblick, als der Tarlaner den Raum betrat, blieb er wie angewurzelt stehen und starrte Hewlitt mit all seinen vier Augen direkt in dessen immer roter werdendes Gesicht. Hewlitt erwiderte den Blick und wollte etwas sagen, hatte aber Angst, sich erneut lacherlich zu machen.
»Hewlitt, was ist denn?« erkundigte sich O'Mara in einem Ton, der sich uberhaupt nicht mehr sarkastisch anhorte, sondern eher von Mitleid und Besorgnis gepragt war. »Sie haben uber viele Jahre die Erfahrung machen mussen, da? Ihnen von der medizinischen und psychiatrischen Zunft kein Wort geglaubt wird, und deshalb hatte ich gehofft, da? ich Ihre Gefuhle mit meiner etwas grobschlachtigen Art nicht verletzen konnte. Unter diesen Umstanden kommt mir Ihre Reaktion etwas anormal vor. Jetzt erzahlen Sie mir doch bitte, was Sie mir nur au?erst ungern verraten wollen.«
Hewlitt zogerte noch mit der Antwort, doch dann zeigte er auf Lioren und sagte: »Dieses vage Gefuhl des Wiedererkennens, das ich Ihnen eben zu beschreiben versucht hatte, stammt vom Padre.«
»Das kann ich nur voll und ganz bestatigen«, bekraftigte Prilicla.
Zum ersten Mal seit dem Betreten von O'Maras Buro sah Hewlitt den Chefpsychologen mit den Augen zucken.
25. Kapitel
O'Mara schwang sich auf dem Sessel herum, damit er den in der Tur stehenden Padre besser sehen konnte, und fragte ihn: »Verbergen Sie etwas vor uns, Padre?«
Lioren verdrehte ein Auge in Richtung des Psychologen und hielt die anderen drei auf Hewlitt gerichtet, als er antwortete: »Jedenfalls nicht bewu?t. Fur mich kommt das alles genauso uberraschend wie fur Sie. Ihre Anweisung lautete, da? die Mitarbeiter des psychologischen Teams das hier gefuhrte Gesprach zur spateren Analyse drau?en mit anhoren sollten. Da ich von der AUGL-Station vorzeitig zuruckgekehrt bin, habe ich auch Patient Hewlitts Schilderung seiner Gefuhle bezuglich der Katze mitbekommen. Ich… ich brauche erst mal etwas Zeit, um daruber nachzudenken.«
»Dann tun sie das«, ermunterte ihn O'Mara. »Aber versuchen Sie bitte, beim Sortieren Ihrer Gedanken nichts wegzulassen.«
»In Ordnung.« Lioren schien sich durch die letzte Bemerkung des Chefpsychologen nicht sonderlich beleidigt zu fuhlen, es sei denn, das Verdrehen eines Auges an die Decke galt auf Tarla bereits als abfallige Geste. Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: »Wahrend meiner Tatigkeit hier am Hospital empfinde ich sehr oft unterschwellige und zumeist kaum zu beschreibende Gefuhle fur meine Schutzlinge, sowohl fur die Patienten als auch fur die Mitarbeiter; umgekehrt gilt ubrigens haufig dasselbe. Obwohl wir Tarlaner korperlichen Kontakt zwischen fremden Wesen absto?end finden, so halte ich es doch fur notwendig, jemandem einfach die Hand zu halten oder ihn zu streicheln, um Gefuhle zu vermitteln, die fur die betroffenen Personen zu schwierig auszudrucken sind. Bevor Hewlitt von der Existenz einer von ihm empfundenen Bindung zwischen ihm und seiner Katze erzahlte und mir klar wurde, da? zwischen uns beiden und der ehemaligen Patientin Morredeth eine ahnliche Verbindung besteht, habe ich die ganze Angelegenheit uberhaupt nicht fur wichtig gehalten. Doch jetzt stellt sich alles ganzlich anders dar, denn anscheinend bin ich zu einemneuen Wirt fur die Virenkreatur geworden. Ich wei? sogar, wie und wann diese Ubertragung stattgefunden haben mu?.
Damals ist mir an dem Zwischenfall naturlich nichts Ungewohnliches aufgefallen. Die Beschadigung des Fells ist fur eine junge Kelgianerin eine doppelte Tragodie. In den Augen dieser Spezies handelt es sich nicht nur um eine ha?liche korperliche Entstellung, durch die eine zukunftige Paarung praktisch ausgeschlossen ist, sondern auch um eine ernsthafte Beeintrachtigung ihres wichtigsten Kommunikationsmittels. Von dem Zeitpunkt an, an dem Patientin Morredeth erfuhr, da? es sich um einen dauerhaften Zustand handeln wurde, bedurfte sie dringend seelischen Beistands. Wie die meisten zivilisierten Planetenbevolkerungen verfugen auch die Kelgianer uber verschiedene religiose Uberzeugungen, deren Grundzuge mir einigerma?en vertraut sind, doch Morredeth billigte keine davon. Wahrend meiner taglichen Besuche konnte ich ihr deshalb nur ganz allgemein Trost spenden und mich mit ihr unterhalten. Dazu gehorte naturlich auch der neueste Krankenhausklatsch uber irgendwelche Patienten oder Mitarbeiter, um sie von ihren eigenen Problemen abzulenken. Viel habe ich allerdings nicht damit erreicht, denn die Patientin fiel stets in einen Zustand tiefster Depressionen zuruck. Erst bei dem Treffen, das direkt nach dem unfreiwilligen korperlichen Kontakt mit Patient Hewlitt stattfand, legte sie ein vollig verandertes Verhalten an den Tag.«
Lioren hielt kurz inne, und bei der freudigen Erinnerung an dieses Ereignis geriet sein gro?er, spitz zulaufender Korper unter dem umhangahnlichen Mantel leicht ins Zittern, eher er sich wieder beruhigte.