Flut der Fanpost kummern mussten. Seine Privatsekretarin war eine hubsche einundzwanzigjahrige Blondine namens Sherry. Ihr Korper musste von einem Sexbesessenen erschaffen worden sein, und Toby bestand darauf, dass sie kurze Rocke und nichts darunter trug. Es ersparte beiden eine Menge Zeit.

Die Premiere von Toby Temples erstem Kinofilm war bemerkenswert gut uber die Buhne gegangen. Sam Winters und Clifton Lawrence

waren im Urauffuhrungstheater. Anschlie?end gingen alle zu Chasen, um uber den Film zu diskutieren.

Nachdem das Geschaft zustande gekommen war, hatte Toby seine erste Begegnung mit Sam genossen. »Es ware billiger gewesen, wenn Sie meine Telefonanrufe erwidert hatten«, meinte Toby, und er erzahlte Sam, wie er versucht hatte, ihn zu erreichen.

»Mein Pech«, sagte Sam zerknirscht.

Jetzt, bei Chasen, wandte sich Sam an Clifton Lawrence. »Wenn Sie nicht gerade einen Arm und ein Bein von mir verlangen, wurde ich gern fur eine neue dreiteilige Filmserie mit Toby abschlie?en.«

»Nur einen Arm. Ich werde Sie morgen fruh anrufen«, antwortete der Agent. Er blickte auf seine Uhr. »Ich muss weg.«

»Wohin gehen Sie?« fragte Toby.

»Ich treffe mich mit einem anderen Klienten. Ich habe andere Klienten, mein Junge.«

Toby sah ihn sonderbar an und sagte dann: »Naturlich.«

Die Kritiken am nachsten Morgen glichen Hymnen. Jeder Kritiker prophezeite, Toby Temple werde beim Film ein ebenso gro?er Star wie beim Fernsehen werden.

Toby las alle Besprechungen und rief dann Clifton Lawrence an.

»Gratuliere, mein Junge«, sagte der Agent. »Haben Sie den Reporter und Variety gelesen? Das sind geradezu Liebesbriefe.«

»Hab ich. Es ist wie im Schlaraffenland, und ich bin eine gro?e, fette Ratte. Kann es fur mich noch etwas Schoneres geben?«

»Ich habe Ihnen ja gesagt, dass Ihnen eines Tages die Welt gehoren wurde, Toby, und nun ist es soweit. Sie haben's geschafft.«

»Cliff, ich hatte gern mit Ihnen gesprochen. Konnten Sie herkommen?«

»Naturlich. Um funf Uhr konnte ich's einrichten und -«

»Ich meine jetzt.«

Ein kurzes Zogern, dann antwortete Clifton: »Ich habe Verabredungen bis -«

»Oh, wenn Sie zu beschaftigt sind, vergessen Sie's.« Und Toby legte auf.

Eine Minute spater rief Clifton Lawrences Sekretarin an und sagte: »Mr. Lawrence ist auf dem Weg zu Ihnen, Mr. Temple.«

Clifton Lawrence sa? auf Tobys Couch. »Um Himmels willen, Toby. Sie wissen, dass ich fur Sie nie zu beschaftigt bin. Ich habe nicht geahnt, dass Sie mich gleich sprechen wollten, sonst hatte ich keine anderen Verabredungen getroffen.«

Toby starrte ihn schweigend an und lie? ihn schwitzen. Clifton rausperte sich und sagte: »Nun reden Sie schon! Sie sind mein Klient Nummer eins. Wissen Sie das nicht?«

Und das stimmt, dachte Clifton. Ich habe ihn zu dem gemacht, was er ist. Er ist meine Schopfung. Und ich genie?e seinen Erfolg genauso wie er.

Toby lachelte. »Bin ich das wirklich, Cliff?« Er konnte formlich sehen, wie die Spannung aus dem Korper des kleinen Agenten wich. »Ich fing schon an zu zweifeln…«

»Was soll das hei?en?«

»Sie haben so viele Klienten, dass ich manchmal den Eindruck habe, Sie kummern sich nicht genug um mich.«

»Das ist nicht wahr. Ich widme Ihnen mehr Zeit als -«

»Ich wurde es gern sehen, dass Sie nur noch mich vertreten, Cliff.«

Clifton lachelte. »Sie scherzen.«

»Nein. Ich meine es ernst.« Toby sah das Lacheln aus Cliftons Gesicht schwinden. »Ich glaube, ich bin wichtig genug, um meinen eigenen Agenten zu haben – und wenn ich sage, meinen eigenen Agenten, dann meine ich nicht jemanden, der fur mich keine Zeit hat, weil er sich um ein Dutzend andere Leute kummern muss. Es ist wie beim Gruppensex, Cliff. Irgend jemand bleibt immer mit einem Stander zuruck.«

Clifton musterte ihn einen Augenblick und sagte dann: »Machen Sie uns einen Drink.« Wahrend Toby zur Bar hinuberging, sa? Clifton grubelnd da. Er kannte das wirkliche Problem – es lag weder an Tobys Egoismus noch an seiner ubersteigerten Selbsteinschatzung.

Es hatte mit Tobys Einsamkeit zu tun. Toby war der einsamste Mann, den Clifton je kennengelernt hatte. Clifton hatte miterlebt, wie Toby sich Frauen dutzendweise gekauft hatte und ebenso versucht hatte, sich mit verschwenderischen Geschenken Freunde zu kaufen. Stets bezahlte Toby alle Rechnungen. Clifton hatte einmal einen Musiker zu Toby sagen horen: »Sie haben es nicht notig, sich Liebe zu kaufen, Toby. Jeder liebt Sie sowieso.« Toby hatte ihm zugezwinkert und geantwortet: »Warum etwas riskieren?«

Der Musiker wurde nie mehr in Tobys Show beschaftigt.

Toby wollte, dass jeder ihm alles gab. Er war von einer Gier besessen, und je mehr er errang, desto starker wurde seine Gier.

Clifton hatte gehort, dass Toby gleichzeitig mit einem halben Dutzend Madchen ins Bett ging, um seinen Hunger zu stillen. Aber naturlich funktionierte das nicht. Was Toby brauchte, war ein Madchen, und das hatte er nie gefunden. Also spielte er weiter mit der gro?en Zahl.

Er hatte das verzweifelte Verlangen, immer Menschen um sich zu haben.

Einsamkeit. Toby fuhlte sie nur dann nicht, wenn er vor seinem Publikum stand, wenn er dessen Beifall vernehmen und dessen Liebe spuren konnte. Es war alles so einfach, dachte Clifton. Wenn Toby nicht auf der Buhne stand, schleppte er sein Publikum mit sich herum. Er war stets von Musikern und Handlangern und Textern und Showgirls und abgetakelten Komikern und wen er sonst in seinen Umkreis ziehen konnte umgeben.

Und nun wollte er Clifton Lawrence. Ganz.

Clifton betreute ein Dutzend Klienten, aber deren Gesamteinkommen war nicht viel gro?er als Tobys Einkommen aus Auftritten in Nachtklubs, im Fernsehen und in Filmen; denn die Abschlusse, die Clifton fur Toby erzielen konnte, waren phantastisch. Trotzdem traf Clifton seine Entscheidung nicht des Geldes wegen. Er traf sie, weil er Toby Temple liebte und Toby ihn brauchte. So wie er Toby brauchte. Clifton erinnerte sich, wie schal sein Leben gewesen war, bevor Toby auftauchte. Jahrelang hatte er vor keiner neuen Aufgabe gestanden. Er war auf der Woge alter Erfolge geschwommen. Und er dachte jetzt an die knisternde Spannung, die Toby um sich verbreitete, den Spa? und das Gelachter und die herzliche Kameradschaft, die sie miteinander verband.

Als Toby zu Clifton zuruckkam und ihm seinen Drink reichte, hob Clif-ton das Glas und sagte: »Auf uns beide, mein Junge.«

Es war eine Zeit der Erfolge und des Amusements und der Parties, und Toby war immer »obenauf«. Die Leute erwarteten von ihm, dass er komisch war. Ein Schauspieler konnte sich hinter den Worten Shakespeares oder Shaws oder Molieres verstecken, und ein Sanger konnte auf die Hilfe von Gershwin oder Rodger and Hart oder Cole Porter zahlen. Ein Komiker jedoch war ganz auf sich gestellt. Seine einzige Waffe war sein Witz.

Toby Temples Stegreifwitze wurden bald in ganz Hollywood beruhmt. Auf einer Party fur den hochbetagten Begrunder eines Studios wurde Toby gefragt: »Ist er tatsachlich schon einundneunzig?«

Toby erwiderte: »Aber ja. Und wenn er hundert wird, wird er bestimmt gegen zwei andere eingetauscht.«

Bei einem Dinner erzahlte ein beruhmter Arzt, zu dessen Patienten viele Stars gehorten, einer Gruppe von Schauspielern einen langatmigen und gequalten Witz.

»Doc«, bat Toby, »unterhalten Sie uns nicht – retten Sie uns!« Eines Tages brauchte das Studio fur einen Film Lowen, und als Toby sie in einem Lastwagen ankommen sah, schrie er gellend: »Christen – noch zehn Minuten!«

Tobys derbe Scherze wurden legendar. Eines Tages sagte ein Produzent zu ihm: »Wie ich hore, finden bei Ihnen dauernd wilde Parties statt. Ich habe noch nie eine Hollywood-Orgie mitgemacht.«

Prompt antwortete Toby: »Sie haben Gluck. Freitagabend findet bei mir wieder so was statt. Sie brauchen sich nicht um ein Madchen zu bemuhen. Die sind haufenweise da. Alle nackt.«

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