»Jill, das ist Sam Winters, Hauptling der Pan-Pacific-Studios.«
»Ich wei?, wer Mr. Winters ist«, sagte Jill.
»Jill ist Schauspielerin, Sam, eine verdammt kluge Schauspielerin. Sie konnten sie verwenden. Geben Sie Ihrer Bude ein bisschen Klasse.«
»Ich werde es mir merken«, erwiderte Sam hoflich.
Toby griff nach Jills Hand und hielt sie fest. »Kommen Sie, meine Liebe«, sagte er. »Ich mochte, dass Sie alle kennenlernen.«
Noch ehe der Abend voruber war, hatte Jill drei Filmbosse, ein halbes Dutzend bedeutender Produzenten, drei Regisseure, einige Autoren, mehrere Zeitungs- und Fernsehkolumnisten und ein Dutzend Stars kennengelernt. Wahrend des Dinners sa? Jill zur Rechten von Toby. Sie lauschte den verschiedenen Unterhaltungen und genoss das Gefuhl, zum erstenmal dazuzugehoren.
»… das Dumme an diesen Klassikern ist, dass bei einem Misserfolg die ganze Gesellschaft draufgehen kann. Fox ist bis uber die Ohren verschuldet und muss abwarten, wie Cleopatra lauft.«
»… haben Sie schon den neuen Billy-Wilder-Film gesehen? Sensationell!«
»So? Ich fand ihn besser, als er mit Brackett zusammenarbeitete. Bra-ckett ist Klasse.«
»Billy besitzt Intelligenz.«
»… schickte ich also letzte Woche Peck einen Krimi, und er ist ganz wild darauf. Er sagte, er werde mir in ein oder zwei Tagen endgultig Bescheid geben.«
»… bekam ich diese Einladung, den neuen Guru, Krishi Pramana-nada, kennenzulernen. Und was soll ich Ihnen sagen, meine Liebe, es stellte sich heraus, dass ich ihn bereits kannte.«
»… da will man einen Film mit zwei finanzieren, und in dem Augenblick, wo man die Burgschaft hat, sind die Kosten durch die Inflation plus die verdammten Gewerkschaften auf drei oder vier gestiegen.«
Millionen, dachte Jill aufgeregt. Drei oder vier Millionen. Sie erinnerte sich an die endlosen Unterhaltungen uber Pfennigbetrage bei Schwab, wo die Schmarotzer, die Uberlebenden sich gegenseitig mit Krumen von Informationen uber die derzeitigen Vorhaben der Studios futterten. Nun, die Leute an diesem Tisch heute abend waren die echten Uberlebenden, diejenigen, von denen in Hollywood alles abhing.
Das waren die Leute, die ihre Turen verschlossen gehalten hatten, sich geweigert hatten, ihr eine echte Chance zu geben. Jeder an diesem Tisch hatte ihr helfen konnen, hatte ihr Leben andern konnen, aber keiner hatte auch nur funf Minuten Zeit fur Jill Castle ubrig gehabt. Sie sah zu einem Produzenten hinuber, der mit einem neuen Musical-Film angab. Er hatte sich geweigert, mit Jill uberhaupt zu sprechen.
Am anderen Ende des Tisches war ein beruhmter Lustspiel-Regisseur in eine angeregte Unterhaltung mit dem Star seines letzten Films versunken. Er hatte sich geweigert, Jill zu empfangen.
Sam Winters sprach mit dem Direktor einer anderen Gesellschaft. Jill hatte Winters ein Telegramm geschickt, worin sie ihn bat, sich ihren Auftritt in einer Fernsehshow anzusehen. Er hatte sich nicht die Muhe gemacht zu antworten.
Sie wurden fur ihre Geringschatzung und Krankungen bezahlen, sie
und jeder in dieser Stadt, der sie schabig behandelt hatte. Selbst jetzt bedeutete sie diesen Leuten hier nichts, aber das wurde sich andern. O ja. Eines Tages wurden sie bezahlen.
Das Essen war vorzuglich, aber Jill war zu sehr in Anspruch genommen, als dass sie bemerkte, was sie a?. Nach dem Dinner stand Toby auf und sagte: »Auf jetzt! Wir mussen uns beeilen, sonst fangt der Film ohne uns an.« Jill am Arm, ging er in den gro?en Vorfuhrraum, wo sie sich einen Film ansehen wurden.
Der Raum war so eingerichtet, dass sechzig Personen bequem auf Couchen und in Sesseln die Vorfuhrung ansehen konnten. Ein offener Schrank mit Su?igkeiten stand auf der einen Seite des Eingangs, auf der anderen ein Popcorn-Automat.
Toby hatte sich neben Jill gesetzt. Sie wusste wahrend der ganzen Vorstellung, dass seine Augen mehr auf ihr als auf der Leinwand ruhten. Als der Film zu Ende war und das Licht anging, wurden Kaffee und Kuchen serviert. Eine halbe Stunde spater begann sich die Party aufzulosen. Die meisten Gaste mussten fruh in ihren Studios sein.
Toby stand an der Haustur und verabschiedete sich von Sam Winters, als Jill im Mantel herankam. »Wo wollen Sie hin?« fragte Toby. »Ich werde Sie nach Hause bringen.«
»Ich habe meinen eigenen Wagen«, antwortete Jill liebenswurdig. »Herzlichen Dank fur den reizenden Abend, Toby.« Damit ging sie.
Toby stand unglaubig da und sah sie fortfahren. Er hatte aufregende Plane fur den weiteren Verlauf des Abends gehabt. Er wollte Jill nach oben ins Schlafzimmer fuhren, und – er hatte sogar die Bander herausgesucht, die er abspielen wurde! Jede Frau, die heute abend hier war, ware mit Freuden in mein Bett gehopst, dachte Toby. Und es handelte sich um Stars, nicht um irgendeine damliche Kleindarstellerin. Jill Castle war einfach zu verdammt blode, um zu begreifen, was sie ausschlug. Was Toby betraf, war es aus. Er hatte seine Lektion gelernt.
Er wurde nie mehr mit Jill sprechen.
Toby rief Jill um neun Uhr am nachsten Morgen an, und es meldete sich der automatische Anrufbeantworter. »Hallo, hier ist Jill Castle. Es tut mir leid, dass ich gerade nicht zu Hause bin. Wenn Sie Ihren Namen und Ihre Telefonnummer angeben, rufe ich Sie nach meiner Ruckkehr an. Bitte warten Sie, bis Sie den Signalton horen. Danke.« Dann kam ein scharfes Piep.
Toby stand da und umklammerte den Horer in seiner Hand, dann schmetterte er ihn auf die Gabel, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Er sollte verdammt sein, wenn er eine Unterhaltung mit einer automatischen Stimme fuhrte. Eine Sekunde spater wahlte er die Nummer noch einmal. Er lauschte wieder auf das Band und sprach dann: »Sie besitzen den nettesten Stimmenubermittler in der Stadt. Sie sollten ihn einpacken. Normalerweise rufe ich Madchen, die essen und dann weglaufen, nicht an, aber ich habe beschlossen, in Ihrem Fall eine Ausnahme zu machen. Was haben Sie zum Dinner heu -« Die Verbindung war unterbrochen. Er hatte fur das gottverdammte Band zu lange gesprochen. Er erstarrte, weil er nicht wusste, was er tun sollte, und sich wie ein Esel vorkam. Es versetzte ihn in Wut, dass er noch einmal anrufen musste, aber er wahlte die Nummer zum drittenmal und sagte: »Wie ich schon sagte, bevor der Rabbi mich beschnitt, wie ware es mit einem Dinner heute abend? Ich werde auf Ihren Anruf warten.« Er hinterlie? seine Nummer und legte auf. Toby wartete voll Unruhe den ganzen Tag und horte nichts von ihr. Um sieben dachte er: Zum Teufel mit dir. Das war deine letzte Chance, Baby. Und diesmal war es endgultig. Er holte sein Privat-Telefonbuch heraus und blatterte es durch. Es stand niemand drin, der ihn interessierte.
26.
Es war die phantastischste Rolle in Jills Leben.
Sie hatte keine Ahnung, weshalb Toby gerade sie besitzen wollte, wo er doch jedes Madchen in Hollywood haben konnte, und es war ihr auch egal. Tatsache blieb, dass er sie wollte. Tagelang war Jill nicht fahig gewesen, an etwas anderes zu denken als an die Dinner-Party und wie jeder – alle diese wichtigen Leute – Toby geschmeichelt hatte. Sie wurden alles fur ihn tun. Nun musste Jill einen Weg finden, dass Toby etwas fur sie tat. Sie wusste, dass sie sehr klug vorgehen musste. Toby hatte den Ruf, dass er jedes Interesse an einem Madchen verlor, sobald er es im Bett gehabt hatte. Jill verbrachte viel Zeit damit, daruber nachzudenken, wie sie sich Toby gegenuber verhalten sollte.
Er rief sie jeden Tag an, aber sie lie? eine Woche vergehen, ehe sie seine Einladung zu einem Abendessen annahm. Er war in einer so euphorischen Stimmung, dass im Studio uber nichts anderes gesprochen wurde.
»Wenn es so etwas uberhaupt gabe«, sagte Toby zu Clifton, »wurde ich annehmen, dass ich verliebt bin. Jedesmal, wenn ich nur an Jill denke, kriege ich eine Erektion.« Er grinste und fugte hinzu: »Und wenn ich eine Erektion kriege, mein Lieber, konnte ich genausogut eine Anschlagtafel auf dem Hollywood Boulevard anbringen.«
Am Abend ihrer ersten Verabredung holte Toby Jill in ihrem Apartment ab und sagte: »Wir haben einen Tisch bei Chasen.« Er war sicher, ihr damit eine Freude zu machen.
»Oh?« Es lag etwas wie Enttauschung in ihrer Stimme.
Er blinzelte. »Wurden Sie gern woanders hingehen?« Es war Sonnabend abend, aber Toby wusste, dass er