uberall einen Tisch bekommen wurde: bei Perino, im Ambassador, im Derby. »Sagen Sie's nur.«
Jill zogerte und sagte dann: »Sie werden lachen.«
»Nein, werde ich nicht.«
»Bei Tommy.«
Toby wurde von einem der Macs am Schwimmbecken massiert, wahrend Clifton Lawrence zusah. »Sie werden es nicht glauben«, erzahlte Toby, noch immer verblufft. »Wir stellten uns in dieser Hamburger-Bude zwanzig Minuten lang an. Wissen Sie, wo zum Teufel Tommy ist? In der Unterstadt von Los Angeles. Die einzigen Leute, die in die Unterstadt von Los Angeles kommen, sind illegale Einwanderer aus Mexiko. Sie ist verruckt. Ich bin bereit, hundert Piepen an sie zu verschwenden, mit franzosischem Champagner und dem ganzen Getue, und stattdessen kostet mich der Abend zwei Dollar und vierzig Cents. Ich wollte sie danach zu Pip mitnehmen. Wissen Sie, was wir stattdessen taten? Wir gingen am Strand von Santa Monica spazieren. Ich kriegte Sand in meine Guccis. Kein Mensch wandert bei Nacht den Strand entlang.« Er schuttelte voller Bewunderung den Kopf. »Jill Castle. Nehmen Sie ihr das ab?«
»Nein«, sagte Clifton trocken.
»Sie wollte nicht auf einen kleinen Schlummertrunk zu mir hinaufkommen, so dass ich annahm, ich wurde bei ihr eine Schlafstelle finden, logisch?«
»Logisch.«
»Falsch. Sie lie? mich nicht mal uber die Turschwelle. Ich bekam einen Kuss auf die Wange und fand mich auf dem Heimweg, allein. Was ist denn das fur eine Nacht in der Stadt fur Charlie-Superstar?«
»Werden Sie sie wiedersehen?«
»Was denken Sie? Darauf konnen Sie sich verdammt verlassen!«
Danach waren Toby und Jill beinahe jeden Abend zusammen. Wenn Jill Toby sagte, sie konne ihn nicht sehen, weil sie zu tun habe oder einen Anruf fruh am Morgen erwarte, war Toby verzweifelt. Er rief Jill ein dutzendmal am Tag an.
Er fuhrte sie in die zauberhaftesten Restaurants und die exklusivsten Privatklubs in der Stadt. Als Gegenleistung nahm Jill ihn in das alte Speisehaus in Santa Monica und das Trancas Inn und das kleine franzosische Familienbistro namens Taix mit und zu Papa de Carlos und zu allen anderen abgelegenen Orten, die eine hart kampfende Schauspielerin ohne Geld kennenlernt. Toby war es egal, wohin er ging, solange Jill bei ihm war.
Sie war die erste Person in seinem Leben, die ihm das Gefuhl der Einsamkeit zu vertreiben vermochte.
Toby furchtete sich jetzt beinahe, mit Jill ins Bett zu gehen, aus Angst, die Verzauberung wurde weichen. Und trotzdem begehrte er sie mehr, als er jemals in seinem Leben eine Frau begehrt hatte. Einmal, am Ende eines gemeinsam verbrachten Abends, als Jill ihm einen fluchtigen Gutenachtkuss gab, griff er ihr zwischen die Beine und sagte: »Gott, Jill, ich werde noch verruckt, wenn ich dich nicht haben kann.« Sie zog sich zuruck und sagte kalt: »Wenn du das willst, kannst du es dir uberall in der Stadt fur zwanzig Dollar kaufen.« Sie schlug ihm die Tur vor der Nase zu. Danach lehnte sie sich an die Tur, zitternd vor Furcht, dass sie zu weit gegangen sein konnte. Sie lag die ganze Nacht wach und grubelte.
Am nachsten Tag schickte Toby ihr ein Brillantarmband, und Jill wusste, dass alles in Ordnung war. Sie sandte das Armband mit ein paar Worten zuruck, die sie sich sorgfaltig uberlegt hatte: »Trotzdem – vielen Dank. Du gibst mir das Gefuhl, sehr schon zu sein.«
»Es hat mich dreitausend gekostet«, sagte Toby stolz zu Clifton, »und sie schickt es zuruck!« Er schuttelte unglaubig den Kopf. »Was halten Sie von einem solchen Madchen?«
Clifton hatte ihm genau sagen konnen, was er von ihr hielt, aber alles, was er sagte, war: »Sie ist in der Tat ungewohnlich, mein Lieber.«
»Ungewohnlich!« rief Toby aus. »Jedes Weibsstuck in dieser Stadt ist scharf auf alles, worauf es seine hei?en kleinen Hande legen kann. Jill ist das erste Madchen, das ich kennengelernt habe, das sich einen Dreck um materielle Dinge schert. Machen Sie mir einen Vorwurf, dass ich verruckt nach ihr bin?«
»Nein«, sagte Clifton. Aber er machte sich Sorgen. Er wusste alles uber Jill und fragte sich, ob er nicht fruher hatte deutlich werden sollen.
»Ich hatte nichts dagegen, wenn Sie Jill als Klientin annehmen wurden«, sagte Toby zu Clifton. »Ich wette, sie konnte ein gro?er Star werden.«
Clifton parierte das geschickt, aber bestimmt: »Nein, danke, Toby. Ein Superstar am Hals ist genug«, sagte er lachend.
Am Abend wiederholte Toby diese Bemerkung Jill gegenuber.
Nach seinem erfolglosen Versuch achtete Toby darauf, das Thema Bett nicht mehr anzuschneiden. Und wenn er ehrlich war, musste er zugeben, dass er stolz auf Jill war, weil sie sich ihm verweigerte. Alle anderen Madchen, mit denen er gegangen war, waren Fu?matten gewesen. Jill nicht. Wenn Toby etwas tat, was Jill nicht fur richtig hielt, sagte sie ihm das. Eines Abends fuhr Toby einen Mann an, der ihn wegen eines Autogramms belastigte. Spater sagte Jill: »Wenn du auf der Buhne sarkastisch bist, Toby, bist du komisch, aber diesen Mann hast du beleidigt.«
Toby war zuruckgegangen und hatte sich bei dem Mann entschuldigt.
Jill sagte ihm auch, dass das viele Trinken nicht gut fur ihn sei. Er setzte seinen Alkoholkonsum herab. Sie machte gelegentlich eine kritische Bemerkung uber seine Anzuge, und er wechselte die Schneider. Toby erlaubte Jill, Dinge zu sagen, die er von niemandem sonst in der Welt hingenommen hatte. Niemand hatte je gewagt, ihn herumzukommandieren oder zu kritisieren.
Ausgenommen naturlich seine Mutter.
Jill weigerte sich, von Toby Geld oder teure Geschenke anzunehmen,
aber er wusste, dass sie nicht viel Geld haben konnte, und ihre Haltung machte ihn noch stolzer auf sie. Eines Abends, als Toby in Jills Apartment darauf wartete, dass sie sich zu einem Dinner umzog, bemerkte er einen Stapel Rechnungen im Wohnzimmer. Toby steckte sie in die Tasche und wies Clifton am nachsten Tag an, sie zu bezahlen. Toby kam sich vor, als hatte er einen Sieg errungen. Aber er wollte etwas Gro?es, etwas Entscheidendes fur Jill tun. Und plotzlich wusste er, was er tun wurde.
»Sam – ich mochte Ihnen einen ganz gro?en Gefallen tun!«
Vorsicht vor Stars, die einem Geschenke machen wollen, dachte Sam Winters gequalt.
»Sie haben wie verruckt nach einem Madchen fur Kellers Film gesucht, stimmt's?« fragte Toby. »Nun, ich habe eines fur Sie.« »Eine, die ich kenne?« fragte Sam.
»Sie haben sie in meinem Haus kennengelernt. Jill Castle.« Sam erinnerte sich an Jill. Schones Gesicht, gute Figur und schwarzes Haar. Viel zu alt, um den Teenager in dem Keller-Film zu spielen. Aber wenn Toby Temple durchaus wollte, dass man Probeaufnahmen von ihr machte, wurde Sam ihm den Gefallen tun. »Schicken Sie sie heute nachmittag zu mir«, sagte er.
Sam sorgte dafur, dass bei Jill Castles Probeaufnahmen sorgfaltig gearbeitet wurde. Man gab ihr einen der besten Kameramanner des Studios, und Keller leitete personlich die Probe.
Sam sah sich am nachsten Tag die Aufnahmen an. Wie er vermutet hatte, war Jill zu reif fur die Rolle. Davon abgesehen, war sie nicht schlecht. Was ihr fehlte, war Charisma, der Zauber, der von der Leinwand ausstrahlt.
Er rief Toby Temple an. »Ich habe mir heute fruh Jills Probeaufnahmen angesehen, Toby. Sie ist fotogen, und sie kann ihren Text sprechen, aber sie ist keine Hauptdarstellerin. Sie konnte mit kleineren Rollen Erfolg haben; wenn sie allerdings ihr Herz daran hangt, ein Star zu werden, ist sie, glaube ich, auf dem falschen Dampfer.«
Toby holte Jill an jenem Abend ab, um sie zu einem Essen zu Ehren eines beruhmten englischen Regisseurs, der eben in Hollywood eingetroffen war, mitzunehmen. Jill hatte sich sehr darauf gefreut.
Sie offnete Toby die Tur, und im selben Augenblick, in dem er eintrat, wusste sie, dass etwas nicht stimmte. »Du hast etwas uber meine Probeaufnahmen erfahren«, sagte sie.
Er nickte widerstrebend. »Ich habe mit Sam Winters gesprochen.« Er erzahlte ihr, was Sam gesagt hatte, und versuchte, den Schlag zu mildern.
Jill stand da, horte zu und sagte kein Wort. Sie war ihrer Sache so sicher gewesen. Die Rolle hatte so richtig geschienen. Wie aus dem Nichts kam die Erinnerung an den goldenen Pokal im Schaufenster des Waren-
hauses. Das kleine Madchen hatte vor Verlangen und Verlust Schmerzen gelitten; Jill spurte jetzt dieselbe