»Es ist eine wundervolle Show«, sagte Jill. »Es hat mir soviel Spa? gemacht, sie vorzubereiten. Alle waren so nett.« Sie verstummte kurz und fugte wie beilaufig hinzu: »Fast alle.«

»Was meinst du damit?« Tobys Stimme klang scharf. »Wer war nicht nett zu dir?«

»Niemand, Liebling. Ich hatte es nicht erwahnen sollen.«

Aber schlie?lich erlaubte sie Toby, es ihr zu entlocken, und am nachsten Tag wurde Eddie Berrigan, der Besetzungschef, gefeuert.

In den folgenden Monaten erfand Jill diese und jene Geschichte uber weitere Besetzungschefs auf ihrer Liste, und einer nach dem anderen verschwand. Jeder, der sie einst ausgenutzt hatte, wurde bu?en mussen. Es war, dachte sie, wie beim Paarungsritus mit der Bienenkonigin. Sie hatten alle ihr Vergnugen gehabt, und jetzt mussten sie sterben.

Sie nahm Sam Winters aufs Korn, den Mann, der Toby gesagt hatte, sie habe kein Talent. Sie sagte nie ein Wort gegen ihn; im Gegenteil, sie lobte ihn Toby gegenuber. Aber sie lobte immer andere Studio-Chefs ein kleines bisschen mehr… Die anderen Gesellschaften hatten Programme, die fur Toby besser geeignet waren… Regisseure, die ihn wirklich verstanden. Jill fugte hinzu, sie konne sich nicht helfen, aber sie glaube, dass Sam Winters Tobys Talent nicht wirklich schatze. In Kurze war auch Toby dieser Meinung. Nachdem Clifton Lawrence fort war, hatte Toby niemanden mehr, mit dem er sich unterhalten konnte, au?er Jill. Als Toby beschloss, seine Filme bei einer anderen Gesellschaft zu drehen, glaubte er, es sei seine eigene Idee. Aber Jill sorgte dafur, dass Sam Winters die Wahrheit erfuhr. Vergeltung.

Es gab einige Leute in Tobys Umgebung, die der Meinung waren, Jills Einfluss konne nicht von Dauer sein, sie sei nur ein zeitweiliger Eindringling, eine vorubergehende Laune. Also tolerierten sie sie oder behandelten sie mit kaum verhullter Verachtung. Das war ihr Fehler. Jill schloss einen nach dem anderen aus. Sie wollte niemanden in der

Nahe haben, der in Tobys Leben wichtig gewesen war oder der ihn gegen sie beeinflussen konnte. Sie sorgte dafur, dass Toby seinen Anwalt und seine Public-Relations-Firma wechselte, und stellte Leute nach ihrer eigenen Wahl ein. Sie wurde die drei Macs und Tobys Gefolge von Handlangern los. Sie wechselte alle Dienstboten aus. Es war jetzt ihr Haus, und sie war darin die Herrin.

Eine Party bei den Temples war zur begehrtesten Sache der Stadt geworden. Jeder, der etwas galt, war da. Schauspieler mischten sich mit Angehorigen der Oberen Zehntausend, mit Gouverneuren und Direktoren machtiger Wirtschaftsunternehmen. Die Presse war immer vollzahlig anwesend, eine Art Bonus fur die glucklichen Gaste. Nicht nur, dass sie zu den Temples gingen und sich wunderbar amusierten, es erfuhr auch jeder, dass sie bei den Temples gewesen waren und sich wunderbar amusiert hatten.

Wenn die Temples nicht Gastgeber waren, waren sie Gaste. Es gab eine wahre Flut von Einladungen. Sie wurden zu Premieren, Wohltatigkeitsessen, politischen Veranstaltungen, Eroffnungen von Restaurants und Hotels eingeladen.

Toby hatte es genugt, allein mit Jill zu Hause zu bleiben, aber sie ging gerne aus. An manchen Abenden mussten sie auf drei oder vier Parties gehen, und sie hetzte Toby von einer zur anderen.

»Himmel, du hattest Unterhaltungschef beim Fernsehen werden sollen«, sagte Toby lachend.

»Ich tu's fur dich, Liebling«, erwiderte Jill.

Toby machte einen Film fur MGM und hatte einen aufreibenden Arbeitsplan. Eines Abends kam er spat und erschopft nach Hause und fand seine Abendgarderobe fur ihn herausgelegt. »Wir gehen doch nicht schon wieder aus, Baby? Wir sind nicht einen einzigen Abend in dem ganzen gottverfluchten Jahr zu Hause geblieben!«

»Es ist der Hochzeitstag der Davis. Sie waren schrecklich beleidigt, wenn wir nicht aufkreuzten.«

Toby lie? sich aufs Bett fallen. »Ich habe mich auf ein hubsches hei?es Bad und einen ruhigen Abend gefreut. Nur wir beide.«

Aber Toby ging zu der Party. Und weil er immer »aufgekratzt«, immer der Mittelpunkt sein musste, schopfte er aus seinem riesigen KraftReservoir, bis jeder lachte und applaudierte und jedem erzahlte, was fur ein uberaus komischer Mann Toby Temple war. Spat in jener Nacht, als Toby im Bett lag, konnte er nicht schlafen; sein Korper war ausgelaugt, aber sein Geist durchlebte wieder die Triumphe des Abends, Satz fur Satz, Gelachter um Gelachter. Er war ein sehr glucklicher Mann. Und alles verdankte er Jill. Wie ware Tobys Mutter von ihr begeistert gewesen.

Im Marz bekamen sie eine Einladung zu den Filmfestspielen in Cannes.

»Kommt nicht in Frage«, sagte Toby, als Jill ihm die Einladung zeigte. »Das einzige Cannes, zu dem ich gehe, ist mein Badezimmer. Ich bin mude, Liebling. Ich habe mir den Hintern abgearbeitet.«

Jerry Guttmann, Tobys Public-Relations-Mann, hatte Jill gesagt, es bestunde eine gute Chance, dass Tobys Film ausgezeichnet werden wurde, und es ware gut, wenn Toby anwesend ware.

Kurzlich hatte Toby geklagt, dass er immer mude sei und doch nicht schlafen konne. Nachts nahm er Schlaftabletten, durch die er am anderen Morgen benommen war. Jill bekampfte das Gefuhl der Mudigkeit, indem sie ihm Benzedrin zum Fruhstuck verabreichte, so dass Toby genugend Energie hatte, um den Tag zu uberstehen. Jetzt schien der Kreislauf von Aufputschmitteln und Beruhigungsmitteln seinen Tribut von ihm zu fordern.

»Ich habe die Einladung schon angenommen«, sagte Jill zu Toby, »aber ich werde sie ruckgangig machen. Kein Problem, Liebling.«

»Fahren wir doch einen Monat nach Palm Springs hinunter und legen uns einfach in die Seife.«

Sie sah ihn verstandnislos an. »Was?«

Er sa? still da. »Ich meinte Sonne. Ich wei? nicht, warum Seife herauskam.«

Sie lachte. »Weil du so komisch bist.« Jill druckte ihm die Hand. »Auf jeden Fall, Palm Springs klingt wundervoll. Ich bin zu gerne mit dir allein.«

»Ich wei? nicht, was mit mir los ist«, seufzte Toby. »Ich habe einfach nicht mehr genug Saft. Ich glaube, ich werde alt.«

»Du wirst nie alt werden. Du wirst mich noch uberleben.«

Er grinste. »Ich schatze, mein Penis wird immer noch weiterleben, wenn ich schon langst gestorben bin.« Er rieb sich den Hinterkopf und sagte: »Ich glaube, ich werde ein Nickerchen machen. Um ehrlich zu sein, ich fuhle mich nicht ganz auf dem Posten. Wir haben heute abend doch keine Verabredung, nicht wahr?«

»Nichts, was ich nicht verschieben konnte. Ich werde die Dienstboten wegschicken und das Dinner fur dich heute abend selbst kochen. Nur fur uns beide.«

»He, das wird gro?artig sein.«

Er sah sie hinausgehen und dachte: Mein Gott, ich bin der glucklichste Bursche, der je gelebt hat.

Sie gingen spat zu Bett in jener Nacht. Jill hatte Toby ein warmes Bad und eine auflockernde Massage gemacht, seine ermudeten Muskeln geknetet und die Spannung von ihm genommen.

»Ah, das ist wundervoll«, murmelte er. »Wie bin ich nur ohne dich ausgekommen?«

»Kann ich mir nicht vorstellen.« Sie kuschelte sich an ihn. »Toby, erzahl mir von den Filmfestspielen in Cannes. Wie sind sie? Ich bin noch nie dagewesen.«

»Es ist nur eine Clique kleiner Betruger, die aus aller Welt zusammenstromen, um sich gegenseitig ihre miserablen Filme aufzuschwatzen. Es ist die gro?te Hochstapelei in der Welt.«

»Das klingt aufregend«, sagte Jill.

»Nun ja, in gewisser Hinsicht ist es aufregend. Der Ort ist voll von Originalen.« Er musterte sie einen Augenblick. »Willst du wirklich zu diesen damlichen Filmfestspielen?«

Sie schuttelte schnell den Kopf. »Nein, wir werden nach Palm Springs fahren.«

»Zum Teufel, wir konnen jederzeit nach Palm Springs fahren.«

»Wirklich, Toby, es ist nicht wichtig.«

Er lachelte. »Wei?t du, warum ich so verruckt nach dir bin? Jede andere Frau in der Welt hatte mich geplagt, mit ihr zu den Festspielen zu reisen. Du brennst darauf, dorthin zu kommen, aber sagst du etwas? Nein. Du mochtest mit mir zu den Springs fahren. Hast du schon abgesagt?«

»Noch nicht, aber -«

»Tu's nicht. Wir fahren nach Indien.« Ein verdutzter Ausdruck trat auf sein Gesicht. »Sagte ich Indien? Ich meine – Cannes.«

Als ihre Maschine in Orly landete, wurde Toby ein Uberseetelegramm ausgehandigt. Sein Vater war im Altersheim gestorben. Es war zu spat fur Toby, zur Beerdigung zu fahren. Er traf Vorkehrungen, dass ein neuer Flugel dem Heim angefugt wurde, der nach seinen Eltern benannt werden sollte.

Die ganze Welt war in Cannes.

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