Ich habe eine Liste von uber einem Dutzend Mannern, mit denen Sie im vergangenen Jahr geschlafen haben. Vielleicht gibt es noch mehr. Wenn ich eine solche Liste habe, konnen Sie Gift darauf nehmen, da? Curtis Randalls Anwalt auch eine hat.«
Loretta Marshal erstarrte. »Was ist mit Blutproben, all diesen Dingen...?«
»Blutgruppentests sind in der Beweisfuhrung nur dann zugelassen, wenn sie beweisen, da? der Beklagte nicht der Vater sein kann. Ansonsten sind sie juristisch nicht entscheidend.«
»Es geht mir wirklich nicht um mich. Ich mochte nur Melanie beschutzt wissen. Es ist nur gerecht, da? Curtis sich um seine Tochter kummern mu?.«
Jennifer zogerte, wog ihre Entscheidung ab. Sie hatte Loretta Marshal die Wahrheit gesagt. Vaterschaftsfalle waren schwierig, um nicht zu sagen, unangenehm und schmutzig. Mit dieser Frau im Zeugenstand hatten die Verteidiger ein gefundenes Fressen. Sie wurden eine Parade ihrer Liebhaber vor Gericht auftreten lassen, und ehe alles vorbei war, wurde sie als Hure dastehen. Es war nicht gerade die Art Fall, in die Jennifer hineingezogen werden wollte. Auf der anderen Seite glaubte sie Loretta Marshal. Sie war keine gewohnliche Goldgraberin, die einen Liebhaber ausnehmen wollte. Sie war davon uberzeugt, da? Curtis Randall der Vater ihres Kindes war. Jennifer traf eine Entscheidung.
»Einverstanden«, sagte sie, »wir werden's mal versuchen.«
Jennifer traf eine Verabredung mit Roger Davis, dem Rechtsanwalt von Curtis Randall. Davis war Partner in einer gro?en Wall-Street-Kanzlei, und die Bedeutung seiner Position lie? sich an seiner geraumigen Ecksuite ablesen. Er war aufgeblasen, arrogant und Jennifer auf Anhieb unsympathisch. »Was kann ich fur Sie tun?« fragte er. »Wie ich schon am Telefon ausfuhrte, bin ich wegen Loretta Marshal hier.«
Davis sah sie an und fragte ungeduldig: »Und?« »Sie bat mich, eine Vaterschaftsklage gegen Curtis Randall anzustrengen. Ich wurde es vorziehen, das nicht zu tun.«
»Sie waren verdammt blod, wenn Sie es taten.« Jennifer hielt sich unter Kontrolle. »Wir wollen den Namen Ihres Mandanten nicht vor Gericht zerren. Sie wissen sicher, da? solche Falle immer ziemlich ekelhaft werden. Deswegen sind wir bereit, einen vernunftigen au?ergerichtlichen Vergleich zu akzeptieren.«
Roger Davis bedachte Jennifer mit einem eisigen Lacheln.
»Darauf gehe ich jede Wette ein. Weil Sie namlich nichts in der Hand haben. Gar nichts.«
»Ich denke schon.«
»Mi? Parker, ich habe keine Zeit, Su?holz zu raspeln. Ihre Mandantin ist eine Nutte. Sie schlaft mit allem, was sich bewegt. Ich habe eine Liste von Mannern, mit denen sie im Bett war. Sie ist so lang wie mein Arm. Sie glauben, mein Klient konnte ramponiert werden? Ihr Klient wird zerstort, Mi? Parker. Sie ist Lehrerin, soweit ich wei?. Gut, wenn wir mit ihr fertig sind, wird sie nirgendwo mehr lehren konnen, solange sie lebt. Und ich sage Ihnen noch etwas. Randall glaubt, da? er der Vater des Babys ist. Aber Sie werden es nie beweisen konnen, nicht in einer Million Jahren.« Jennifer sa? zuruckgelehnt, das Gesicht ausdruckslos, und horte zu.
»Nach meiner Meinung hatte Ihre Klientin von jedem Mitglied der Dritten Armee geschwangert werden konnen. Sie wollen einen Vergleich? Gut. Ich sage Ihnen, was wir tun werden. Wir kaufen Ihrer Klientin Anti- Baby-Pillen, damit es nicht noch mal vorkommt.«
Jennifer stand auf. Ihre Wangen brannten. »Mr. Davis«, sagte sie, »diese kleine Rede wird Ihren Mandanten eine halbe Million Dollar kosten.« Und sie verlie? den Raum.
Ken Bailey und drei Gehilfen konnten nichts uber Curtis Randall herausfinden, das sich gegen ihn verwenden lie?. Er war Witwer, eine Stutze der Gesellschaft, und er hatte kaum sexuelle Abenteuer.
»Der Hurensohn ist der reinste Puritaner«, beklagte sich Ken Bailey. Sie sa?en um Mitternacht im Konferenzraum, wenige Stunden bevor der Vaterschaftsproze? beginnen sollte. »Ich habe mit einem der Anwalte in Davis' Buro gesprochen, Jennifer. Sie werden unsere Klientin in der Luft zerrei?en. Sie bluffen nicht.«
»Warum haltst du deinen Hals fur dieses Madchen hin?« fragte Dan Martin.
»Ich bin nicht hier, um ihr Geschlechtsleben zu beurteilen, Dan. Sie glaubt, da? Curtis Randall der Vater ihres Babys ist. Ich meine, sie glaubt wirklich daran. Sie will das Geld fur ihre Tochter - nicht fur sich. Ich denke, Sie verdient ihren Proze?.«
»Wir denken nicht an sie«, antwortete Ken. »Wir denken an dich. Du hast eine Glucksstrahne. Jedermann beobachtet dich. Ich glaube, dies ist ein aussichtsloser Fall. Du stellst dir selber ein schlechtes Zeugnis aus.«
»La?t uns ins Bett gehen«, sagte Jennifer. »Ich sehe euch morgen im Gericht.«
Die Verhandlung lief noch schlechter, als Ken vorhergesagt hatte. Jennifer hatte Loretta Marshal ihr Baby mit in den Gerichtssaal bringen lassen, aber jetzt fragte sie sich, ob das nicht ein taktischer Fehler gewesen war. Hilflos mu?te sie zusehen, wie Roger Davis einen Zeugen nach dem anderen in den Stand rief und jeden von ihnen zwang, zuzugeben, da? er mit Loretta Marshal geschlafen hatte. Jennifer wagte nicht, sie ins Kreuzverhor zu nehmen. S ie waren Opfer, und sie machten ihre Aussage in aller Offentlichkeit nur, weil man sie dazu gezwungen hatte. Jennifer konnte nichts tun, als dabeizusitzen, wahrend der Name ihrer Mandantin in den Schmutz gezogen wurde. Sie beobachtete die Gesichter der Geschworenen und bemerkte die wachsende Feindseligkeit darin. Roger Davis war zu klug, um Loretta Marshal zur Hure zu stempeln. Er mu?te es auch nicht. Die Geschworenen taten es fur ihn. Jennifer hatte ihre eigenen Leumundszeugen herbeigeschafft, deren Aussage n Loretta Marshals gute Arbeit als Lehrerin hervorhoben, die bestatigten, da? sie regelma?ig zur Kirche ging und eine gute Mutter war; aber all das wirkte gegenstandslos angesichts der Schar ihrer Liebhaber. Jennifer hatte gehofft, die Sympathie der Jury dadurch gewinnen zu konnen, da? sie die hoffnungslose Lage einer jungen Frau, die von einem reichen Playboy betrogen und dann verlassen worden war, als sie ein Kind bekommen hatte, in den dramatischsten Farben schilderte. Aber der Verlauf der Verhandlung machte ihr diesen Schachzug unmoglich.
Curtis Randall sa? am Tisch des Angeklagten. Er hatte von einem Besetzungsburo ausgewahlt sein konnen. Er war ein elegant aussehender Mann Ende Funfzig, mit grauen Haarstrahnen und einem sonnengebraunten, ebenma?igen Gesicht. Er stammte aus einer gehobenen Gesellschaftsschicht, gehorte den richtigen Clubs an, war reich und erfolgreich. Jennifer ahnte, wie die weiblichen Geschworenen ihn im Geist auszogen.
Sicher, dachte Jennifer. Sie denken, da? sie es wert waren, mit unserem Charmebolzen ins Bett zu gehen, aber nicht diese Was-findet-er-blo?-an-ihr-Schlampe mit ihrem zehn Monate alten Baby im Arm. Unglucklicherweise sah das Kind nicht im geringsten aus wie sein Vater. Nicht einmal wie seine Mutter, was das betraf. Es hatte jedem gehoren konnen.
Als hatte er ihre Gedanken gelesen, sagte Roger Davis zu der Jury: »Da sitzen sie, meine Damen und Herren, Mutter und Kind. Ja, aber wessen Kind? Sie haben den Beklagten gesehen. Ich fordere jeden hier im Saal auf, eine einzige Ahnlichkeit zwischen dem Angeklagten und dem Kind nachzuweisen. Wenn mein Klient der Vater des Kindes ware, gabe es doch wenigstens ein Zeichen dafur. Irgend etwas in den Augen, der Nase, dem Kinn. Wo ist die Ahnlichkeit? Es gibt keine, und zwar aus einem ganz einfachen Grund. Der Angeklagte ist nicht der Vater des Kindes. Nein, ich furchte, wir haben hier den klassischen Fall eines losen Frauenzimmers, das nicht aufgepa?t hat, schwanger geworden ist und sich dann uberlegt hat, welcher Liebhaber am ehesten in der Lage ware, die Rechnungen zu bezahlen.«
Seine Stimme wurde sanfter. »Nun, niemand von uns ist hier, um uber sie zu richten. Wie Loretta Marshal ihr Privatleben gestaltet, ist ihre eigene Sache. Die Tatsache, da? sie Lehrerin ist und die Entwicklung kleiner Kinder beeinflussen kann, nun, auch das gehort nicht zu meinem Wirkungsbereich. Ich bin nicht hier als Moralapostel. Ich bin lediglich hier, um die Interessen eines unschuldigen Mannes zu schutzen.« Jennifer betrachtete die Jury, und sie hatte das deprimierende Gefuhl, da? sie vollig auf Curtis Randalls Seite war. Jennifer glaubte Loretta Marshal immer noch. Wenn das Baby wenigstens wie sein Vater ausgesehen hatte! Aber Roger Davis hatte recht. Es bestand nicht die geringste Ahnlichkeit. Und er hatte darauf geachtet, da? es jedem auffiel.
Jennifer rief Curtis Randall in den Zeugenstand. Es war ihre einzige Chance, den Schaden wieder auszumerzen, der bereits angerichtet war, und dem Proze? eine andere Wendung zu geben. Sie betrachtete den Mann im Zeugenstand einen Augenblick lang. »Sind Sie je verheiratet gewesen, Mr. Randall?«
»Ja. Meine Frau kam bei einem Brand ums Leben.« Die Sympathie der Geschworenen stieg noch.
Verflucht! Jennifer fuhr schnell fort. »Sie haben nicht noch einmal geheiratet?«
»Nein. Ich habe meine Frau sehr geliebt, und ich...«
»Hatten Sie und Ihre Frau Kinder?«
»Nein. Leider konnte sie keine haben.« Jennifer deutete auf das Baby. »Dann ist Melanie Ihr einziges...«
»Einspruch!«