»Einbruch in einen Schmuckladen.«
Drei Uhr drei?ig
Die Pfandleihe lag an der Ecke Second Avenue und 124. Stra?e in Spanish Harlem. Es war ein heruntergekommenes, zweistockiges Gebaude. Das Geschaft lag im ersten Stock, die Wohnungen daruber. Gus Stavros erwachte davon, da? der Strahl einer Taschenlampe in sein Gesicht leuchtete. Instinktiv tastete er nach dem Alarmknopf neben seinem Bett. »Das wurde ich lieber lassen«, sagte eine Stimme. Der Strahl wanderte weiter, und Gus Stavros setzte sich im Bett auf. Er sah zwei Manner zu beiden Seiten des Betts stehen und wu?te, da? der Rat gut gewesen war. Ein Riese und ein Liliputaner. Stavros spurte, wie sich sein Asthmaanfall vorbereitete.
»Ihr konnt alles nehmen, was ihr wollt. Es ist unten«, keuchte er. »Ich werde mich nicht bewegen.« Der Riese, Joseph Colella, sagte: »Steh auf. Langsam.« Gus Stavros erhob sich, bedacht darauf, keine plotzlichen Bewegungen zu machen.
Der kleine Mann, Salvatore Fiore, hielt ihm ein Stuck Papier unter die Nase. »Dies ist die Nummer einer Quittung. Wir wollen die Ware sehen.«
»Ja, Sir.« Gus Stavros ging nach unten, gefolgt von den beiden Besuchern. Erst vor sechs Monaten hatte Stavros ein ausgeklugeltes Alarmsystem einbauen lassen. Er hatte blo? auf einige Knopfe zu drucken oder auf bestimmte Stellen im Fu?boden zu treten brauchen, und schon ware Hilfe unterwegs gewesen. Er tat nichts davon, denn sein Instinkt sagte ihm, da? er dann tot gewesen ware, bevor jemand ihn erreicht hatte. Seine einzige Chance bestand darin, den beiden Mannern zu geben, was sie haben wollten. Er hoffte nur, da? er nicht an einem gottverdammten Asthmaanfall sterben wurde, ehe er sie los war.
Er schaltete das Licht im Erdgescho? ein, und sie gingen in den vorderen Teil des Geschafts. Gus Stavros hatte keine Ahnung, worum es sich drehte, aber er wu?te, es hatte wesentlich schlimmer kommen konnen. Wenn diese Manner nur hier gewesen waren, um ihn zu berauben, hatten sie die Pfandleihe ausraumen und langst wieder weg sein konnen. Anscheinend interessierten sie sich nur fur ein bestimmtes Stuck. Er fragte sich, wie sie das neue Alarmsystem an Turen und Fenster umgangen hatten, aber er zog es vor, nicht zu fragen.
»Beweg deinen Hintern«, sagte Colella. Gus blickte noch einmal auf die Nummer der Quittung und sah dann seine Unterlagen durch. Er fand, was er suchte, nickte zufrieden, ging zu einem gro?en Tresorraum und offnete ihn, die beiden Manner dicht hinter sich. Stavros suchte ein Regal ab, bis er einen schmalen Umschlag gefunden hatte. Er wandte sich den beiden Mannern zu, offnete den Umschlag und nahm einen gro?en Diamantring heraus, der im Licht der Deckenlampe funkelte.
»Das ist er«, sagte er. »Ich habe ihm funfhundert dafur gegeben.« Der Ring war mindestens zwanzigtausend Dollar wert. »Wem hast du funfhundert gegeben?« fragte Salvatore Fiore. Gus Stavros zuckte mit den Schultern. »Hier kommen jeden Tag Hunderte von Kunden herein. Der Name auf dem Umschlag lautet John Doe.«
Fiore zauberte ein Bleirohr aus dem Nichts hervor und schmetterte es Gus Stavros gegen die Nase. Brullend vor Schmerzen sturzte Stavros zu Boden. Er drohte, in seinem eigenen Blut zu ertrinken.
Fiore fragte sanft: »Wer, sagtest du, hat ihn dir gebracht?« Um Atem ringend, keuchte Stavros: »Ich kenne seinen Namen nicht. Er hat ihn mir nicht gesagt. Ich schwore es bei Gott.«
»Wie sah er aus?«
Das Blut rann in Gus Stavros Kehle, da? er kaum sprechen konnte. Er kampfte mit der Bewu?tlosigkeit, aber er wu?te, wenn er in Ohnmacht fiel, wurde er nie wieder aufwachen. »Lassen Sie mich uberlegen«, flehte er. Stavros versuchte, sich zu konzentrieren, aber er war so benebelt vor Schmerzen, da? es ihm schwerfiel. Er zwang sich, das Bild des Kunden, der eintrat, den Ring hervorholte und ihm zeigte, wieder vor sein inneres Auge zu holen. Langsam nahm es Konturen an.
»Er - er war blond und mager...« Er wurgte etwas Blut herunter. »Helfen Sie mir hoch.«
Salvatore Fiore trat ihn in die Rippen. »Sprich weiter.«
»Er hatte einen Bart, einen blonden Bart...«
»Erzahl uns von dem Stein. Woher stammt er?« Trotz der wilden Schmerzen zogerte Gus Stavros. Wenn er redete, wurde er ein toter Mann sein - spater. Wenn er nicht redete, wurde er jetzt sterben. Er entschlo? sich, seinen Tod so lange wie moglich hinauszuschieben. »Er stammt aus dem Tiffany-Job.«
»Wer war bei dem Job au?er dem blonden Burschen noch dabei?«
Das Atmen fiel Gus Stavros immer schwerer. »Mickey Nicola.« »Wo konnen wir Nicola finden?«
»Keine Ahnung. Er - er wohnt mit einem Madchen in Brooklyn.«
Fiore hob den Fu? und versetzte Stavros' Nase einen leichten Sto?. Gus Stavros brullte vor Schmerz.
Joseph Colella fragte: »Wie hei?t die Schlampe?«
»Jackson. Blanche Jackson.«
Vier Uhr drei?ig
Das Haus war etwas von der Stra?e zuruckgesetzt. Ein niedriger wei?er Lattenzaun umgab einen gepflegten Garten. Salvatore Fiore und Joseph Colella trampelten durch die Blumen und bahnten sich ihren Weg zur Hintertur. Sie brauchten weniger als funf Sekunden, um sie zu offnen. Sie traten ein und bewegten sich auf die Treppe zu. Aus dem Schlafzimmer uber ihren Kopfen konnten sie das Quietschen von Bettfedern und die Stimmen eines Mannes und einer Frau horen. Sie zogen ihre Revolver und stiegen lautlos die Treppe hinauf. Die Frauenstimme sagte: »Oh, mein Gott, du bist gro?artig, Mickey! Tu mir weh, Baby, bitte, tu mir weh.«
»Das ist alles fur dich, Schatzchen, jeder Zentimeter. Komm noch nicht.«
»Oh, nein«, stohnte die Frau. »Wir wollen zusammen kom...« Sie offnete die Augen und schrie. Der Mann wirbelte herum, wollte unter das Kissen greifen, entschied dann aber dagegen.
»Okay«, sagte er. »Meine Geldborse ist in der Hose auf dem Stuhl. Nehmt sie und verpi?t euch. Ich bin beschaftigt.« Salvatore Fiore sagte: »Wir wollen deine Geldborse gar nicht, Mickey.«
Der argerliche Ausdruck auf Mickey Nicolas Gesicht veranderte sich. Er setzte sich im Bett auf. Er bewegte sich vorsichtig und versuchte, die Situation zu begreifen. Die Frau hatte das Bettlaken uber ihre Bruste gezogen. Ihr Gesicht war eine Mischung aus Wut und Furcht.
Nicola schwang vorsichtig seine Beine aus dem Bett und blieb auf dem Rand sitzen, bereit zu einem Blitzstart. Sein Glied war schlaff geworden. Er beobachtete die beiden Manner. Er wartete auf eine Gelegenheit. »Was wollt ihr?«
»Arbeitest du mit Frank Jackson?«
»Soll das ein Witz sein? Fickt euch selber!« Joseph Colella blickte seinen Partner an. »Schie? ihm die Eier ab!« Salvatore Fiore hob den Revolver und zielte.
Mickey Nicola schrie: »Warte eine Minute! Ihr mu?t verruckt sein!« Er blickte in die Augen des kleinen Mannes und sagte rasch: »Ja, Mann, ich habe mit Jackson gearbeitet.« Die Frau rief argerlich: »Mickey!«
Er fuhr wutend zu ihr herum. »Halt's Maul! Glaubst du, ich will ein gottverdammter Eunuch werden?« Salvatore Fiore wandte sich der Frau zu und fragte: »Du bist Jacksons Schwester, oder nicht?«
Ihr Gesicht war rot vor Wut: »Ich habe den Namen noch nie gehort.«
Fiore hob seinen Revolver und bewegte sich naher an das Bett heran. »Du hast genau zwei Sekunden, und wenn du dann das Maul nicht aufmachst, findet ihr euer Gehirn an die Wand gespritzt wieder.«
Etwas in seiner Stimme lie? einen eisigen Schauer uber ihren Rucken laufen. Er hob seinen Revolver noch mehr, und das Blut wich aus dem Gesicht der Frau. »Sag ihnen, was sie wissen wollen,«, schrie Mickey Nicola. Der Revolverlauf pre?te sich gegen die linke Brust der Frau. »Nicht! Frank Jackson ist mein Bruder, ja!«
»Wo konnen wir ihn finden?«
»Ich wei? nicht. Ich habe keinen Kontakt zu ihm. Ich schwore bei Gott, da? ich es nicht wei?! Ich...« Der Zeigefinger spannte sich am Abzug. »Clara!« schrie sie. »Clara mu? es wissen! Fragen Sie Clara!« Joseph Colella fragte: »Wer ist Clara?«
»Eine - eine Kellnerin, die Frank kennt.«
»Wo konnen wir sie finden?«
Jetzt gab es kein Zogern mehr. Die Worte sprudelten hervor. »Sie arbeitet in einer Bar namens The Shakers in Queens.« Ihr Korper begann zu zittern.
Salvatore Fiore betrachtete die beiden, nickte und sagte dann hoflich: »Ihr konnt jetzt weiterficken. Guten Tag.« Und damit verschwanden die beiden Killer.
Funf Uhr drei?ig
Clara Thomas, geborene Thomaschevsky, stand im Begriff, die Erfullung ihres Lebenstraums zu erleben.