mochte, da? du ihn verteidigst.«

Jennifer spurte Schmerz und Wut daruber, da? er sie immer noch zu benutzen versuchte, in sich aufsteigen. Gleichmutig sagte sie: »Es tut mir leid, Michael. Ich habe dir schon einmal gesagt, ich kann mich nicht mit - mit deinen... Freunden einlassen.«

Michael lachelte kalt. »Kennst du die Geschichte von dem kleinen Lowenjungen in Afrika? Es la?t seine Mutter zum erstenmal allein, um zum Flu? hinunterzulaufen und zu trinken, und noch ehe es angekommen ist, wird es von einem Gorilla niedergeschlagen. Wahrend es noch versucht, wieder auf die Beine zu kommen, wird es von einem Leoparden beiseitegesto?en. Eine Elefantenherde trampelte es halb zu Tode. Das Junge taumelt schlie?lich vollig erschuttert nach Hause und sagt: ›Wei?t du was, Mama - das da drau?en ist ein Dschungel!‹«

Er schwieg. Auch Jennifer schwieg. Das war tatsachlich ein Dschungel da drau?en, dachte Jennifer, aber sie hatte sich immer herausgehalten oder nur bis zum Rand vorgewagt, und sie hatte die Moglichkeit zur Flucht besessen, wann immer sie wollte. Sie hatte die Regeln aufgestellt, und ihre Klienten mu?ten sie befolgen. Aber jetzt hatte Michael Moretti das alles uber den Haufen geworfen. Es war sein Dschungel. Jennifer hatte Angst davor, nicht mehr herauszufinden. Und doch, wenn sie daran dachte, was er fur sie getan hatte, verlangte er nicht allzu viel. Sie wurde ihm diesen einen Gefallen erweisen.

38

»Wir ubernehmen den Fall Vasco Gambutti«, informierte Jennifer Ken Bailey.

Ken blickte Jennifer unglaubig an. »Gambutti gehort zur Mafia! Er ist einer von Michael Morettis Killern. Solche Mandanten nehmen wir gewohnlich nicht.«

»Diesen nehmen wir.«

»Jennifer, wir konnen es uns nicht leisten, uns mit der Organisation einzulassen.«

»Gambutti hat wie jeder andere das Recht auf einen fairen Proze?.« Die Worte klangen sogar in ihren eigenen Ohren hohl. »Ich lasse nicht zu, da? du...«

»So lange dies meine Firma ist, treffe ich die Entscheidungen.« Sie sah, wie ein uberraschter und verletzter Ausdruck in seine Augen trat.

Ken nickte, drehte sich um und verlie? das Buro. Jennifer hatte ihn am liebsten zuruckgerufen, um ihm alles zu erklaren. Aber wie? Sie war nicht einmal sicher, da? sie es sich selbst erklaren konnte.

Als Jennifer sich das erste Mal mit Vasco Gambutti traf, versuchte sie, in ihm nur einen weiteren Mandanten zu sehen. Sie hatte schon vorher Klienten vertreten, die des Mordes beschuldigt waren, aber irgendwie war es diesmal etwas anderes. Dieser Mann war ein Mitglied des organisierten Verbrechens, eines Syndikats, das das Land um Milliarden Dollar zur Ader lie?, eines Geheimbundes, der, um sich zu schutzen, auch vor Mord nicht zuruckschreckte. Die Beweislast gegen Gambutti war uberwaltigend. Er war bei einem Uberfall auf ein Pelzgeschaft uberrascht worden und hatte einen Polizeibeamten getotet, der ihn festzunehmen versuchte. Die Morgenzeitungen verkundeten, da? Jennifer Parker die

Verteidigung ubernehmen wurde. Richter Lawrence Waldman rief sie an und fragte: »Stimmt das, Jennifer?«

Jennifer wu?te sofort, worauf er sich bezog. »Ja, Lawrence.« Eine Pause. »Ich bin uberrascht. Sie wissen naturlich, wer er ist.«

»Ja, ich wei? Bescheid.«

»Sie begeben sich auf gefahrlichen Boden.«

»Nicht wirklich. Ich tue nur einem Freund einen Gefallen.«

»Ich verstehe. Seien Sie vorsichtig.«

»Das werde ich«, versprach Jennifer.

Erst hinterher fiel ihr auf, da? er kein Wort uber ihr gemeinsames Abendessen verloren hatte.

Nachdem sie das Material, das ihr Stab zusammengetragen hatte, durchgegangen war, stellte Jennifer fest, da? sie uberhaupt nichts in der Hand hatte.

Vasco Gambutti war auf frischer Tat bei einem Raububerfall in Tateinheit mit Mord ertappt worden, und es gab keine mildernden Umstande. Daruber hinaus hatten Geschworene immer eine starke Aversion gegen Polizistenmorder. Sie rief Ken Bailey zu sich und gab ihm Instruktionen. Er sagte nichts, aber Jennifer spurte seine Mi?billigung und war betrubt. Sie schwor sich, da? sie nie wieder fur Michael arbeiten wurde.

Ihr Privatapparat klingelte, und sie hob ab. Michael sagte: »Hallo, Baby. Ich habe Lust auf dich. Sei in einer halben Stunde bei mir.«

Sie sa? da, lauschte und fuhlte bereits seine Umarmung, den Druck seines Korpers gegen den ihren. »Ich komme«, sagte sie. Der Schwur war vergessen.

Der Gambutti-Proze? dauerte zehn Tage. Die Presse war in voller Starke aufmarschiert, um Staatsanwalt Di Silva und Jennifer Parker wieder einmal in offener Schlacht zu sehen. Di Silva hatte seine Hausaufgaben sorgfaltig erledigt. Er vertrat seine Position bewu?t unterkuhlt und uberlie? es den Geschworenen, aus den Andeutungen, die er fallenlie?, sich in ihrer Phantasie noch gro?ere Schreckensszenen auszumalen als die von ihm beschriebenen.

Jennifer horte den Zeugenaussagen schweigend zu und gab sich nur selten die Muhe, Einspruch zu erheben. Sie wartete mit ihrem Zug bis zum letzten Verhandlungstag. Es gab eine Faustregel im Strafrecht, nach der man den Spie? umdrehen und dem Klager den Proze? machen mu?te, wenn man eine schwache Verteidigungsposition hatte. Da Jennifer keine Moglichkeit sah, Vasco Gambutti wirklich zu verteidigen, schlug sie Scott Norman, den getoteten Polizeibeamten, ans Kreuz. Ken Bailey hatte alles nur Wissenswerte uber Scott Norman ausgegraben. Sein Fuhrungszeugnis war nicht gerade gut, aber Jennifer lie? es noch zehnmal schlechter aussehen. Norman war zwanzig Jahre bei der Polizei gewesen, und wahrend dieser zwanzig Jahre war er dreimal wegen unnotiger Gewaltanwendung vom Dienst suspendiert worden. Er hatte einen unbewaffneten Verdachtigen angeschossen und beinahe getotet, er hatte einen Betrunkenen in einer Bar zusammengeschlagen, und ein dritter Mann mu?te im Krankenhaus zusammengeflickt werden, nachdem Norman eine hausliche Streitigkeit geschlichtet hatte. Obwohl diese Zwischenfalle sich uber ein Periode von zwanzig Jahren verteilten, lie? Jennifer es aussehen, als hatte der Verstorbene eine verachtenswerte Handlung nach der anderen begangen. Jennifer hatte eine ganze Reihe von Zeugen aufgeboten, die gegen Scott Norman aussagten, und Robert Di Silva konnte nichts dagegen tun.

In seinem Schlu?pladoyer sagte er: »Bitte vergessen Sie nicht, meine Damen und Herren Geschworenen, da? nicht der Beamte Scott Norman hier vor Gericht stand. Scott Norman ist das Opfer. Er wurde von dem Angeklagten, Vasco Gambutti, getotet.«

Aber noch wahrend der Staatsanwalt sprach, wu?te er, da? seine Bemuhungen sinnlos waren. Jennifer hatte Scott Norman als genauso verachtenswert und wertlos hingestellt wie Vasco Gambutti. Er war nicht mehr der anstandige Polizeibeamte, der sein Leben gegeben hatte, um ein Verbrechen zu verhindern. Jennifer Parker hatte das Bild so verzerrt, da? das Opfer nicht besser wirkte als der angeklagte Killer. Die Jury sprach den Angeklagten nicht schuldig des Mordes ersten Grades und verurteilte ihn wegen Totschlags. Es war eine betaubende Niederlage fur Staatsanwalt Di Silva, und die Medien verkundeten mit Freuden einen weiteren Sieg fur Jennifer Parker.

»Zieh dein Chiffonkleid an. Wir feiern«, wies Michael sie an. Sie a?en in einem Fischrestaurant im Village zu Abend. Der Eigentumer schickte eine Flasche seltenen Champagners an den Tisch, und Michael und Jennifer prosteten sich zu.

»Ich bin sehr zufrieden.«

Aus Michaels Hand war das wie ein Ritterschlag. Er legte eine kleine, rotwei? verpackte Schachtel in ihre Hande. »Mach es auf.«

Er sah zu, wie sie die goldene Kordel aufknupfte und den Deckel der Schachtel abhob. Innendrin lag ein Ring mit einem gro?en, von Diamanten eingefa?ten, viereckig geschliffenen Smaragd.

Jennifer starrte ihn an. Sie wollte protestieren. »Oh, Michael!« Sie sah den stolzen, vergnugten Ausdruck auf seinem Gesicht.

»Michael - was soll ich nur mit dir machen?« Und sie dachte: Oh, Jennifer, was mache ich erst mit dir? »Du

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