»Das werde ich auch tun. Deswegen bin ich hier. Ich gehe.« Seine Worte trafen Jennifer wie ein Faustschlag. »Das kannst du nicht tun. Du hast eine falsche Meinung von Michael. Wenn du ihn kennen wurdest, mu?test du...« Im gleichen Augenblick wu?te Jennifer, da? sie einen Fehler begangen hatte.
Ken blickte sie traurig an und sagte: »Er hat dich wirklich eingewickelt, was? Es gab eine Zeit, da wu?test du, wer du warst. Das ist das Madchen, das ich in Erinnerung behalten mochte. Sag Joshua in meinem Namen auf Wiedersehen.« Und Ken Bailey war verschwunden.
Jennifer spurte, wie ihr Tranen in die Augen traten, und ihre Kehle zog sich zusammen, so da? sie kaum atmen konnte. Sie legte den Kopf auf den Tisch und schlo? die Augen, um den Schmerz zu verbannen.
Als sie die Augen wieder offnete, war die Nacht hereingebrochen. Das Buro lag im Dunkeln, abgesehen von dem unheimlichen roten Gluhen der Lichter der Stadt vor dem Fenster. Jennifer ging ans Fenster. Die Stadt sah aus wie ein Dschungel bei Nacht, kaum erhellt von einem verloschenden Lagerfeuer, das die herankriechenden Schrecken fernhalten sollte. Es war Michaels Dschungel, und kein Weg fuhrte heraus.
43
Der mit larmenden, singenden Delegierten aus dem ganzen Land gefullte Cow Palace in San Francisco erinnerte an ein Irrenhaus. Drei Kandidaten wetteiferten um die Nominierung zum Prasidentschaftskandidaten, und jeder hatte sich in den Vorwahlen gut geschlagen. Aber der Star, der alle anderen ubertraf, war Adam Warner. Im funften Durchgang war er einstimmig nominiert worden. Seine Partei hatte endlich einen Kandidaten, auf den sie stolz sein konnte. Der amtierende Prasident und Fuhrer der Oppositionspartei hatte den Tiefpunkt seiner Glaubwurdigkeit erreicht und wurde von der Mehrheit des Volkes abgelehnt.
»Falls du nicht gerade in den Abendnachrichten deinen Schwanz rausholst und die Kamera anpinkelst«, meinte Stewart Needham zu Adam, »wirst du der nachste Prasident der Vereinigten Staaten sein.«
Nach der Nominierung flog Adam nach New York, um sich im Regency Hotel mit Needham und verschiedenen einflu?reichen Mitgliedern der Partei zu treffen. Ebenfalls anwesend war ein Mann namens Blair Roman, Chef der zweitgro?ten Werbeagentur des Landes. Stewart Needham sagte: »Blair wird fur die Offentlichkeitsarbeit wahrend deines Wahlkampfes verantwortlich sein, Adam.«
»Kann Ihnen gar nicht sagen, wie froh ich bin, an Bord zu sein«, grinste Blair Roman. »Sie werden mein dritter Prasident.«
»Wirklich?« Adam war nicht sonderlich beeindruckt von Roman.
»Lassen Sie mich einen kurzen Uberblick uber die Spielregeln geben.« Blair Roman begann im Raum auf und ab zu marschieren, wobei er einen imaginaren Golfstock schwang. »Wir werden das Land mit Fernsehspots uberschwemmen und von Ihnen das Image des Mannes aufbauen, der Amerikas Probleme losen kann. Big Daddy - allerdings ein junger, gutaussehender Big Daddy. Mitgekommen, Mr. President?«
»Mr. Roman...« »Ja.«
»Wurde es Ihnen etwas ausmachen, mich nicht Mr. President zu nennen?«
Blair Roman lachte. »Entschuldigung. Kleiner Ausrutscher, A. W. Ich sehe Sie schon jetzt im Wei?en Haus. Glauben Sie mir, ich wei?, Sie sind der Richtige fur den Job, sonst wurde ich bei dieser Kampagne gar nicht mitmachen. Ich bin zu reich, um fur Geld zu arbeiten.«
Achtung vor Leuten, die behaupten, zu reich zu sein, um fur Geld zu arbeiten, dachte Adam.
»Wir wissen, da? Sie der Richtige fur den Job sind, nun mussen wir es nur noch dem Volk beibringen. Wenn Sie bitte einmal einen Blick auf die Tabellen werfen, die ich vorbereitet habe, so werden Sie feststellen, da? ich das Land in verschiedene ethnische Territorien aufgeteilt habe. Wir schicken Sie an die Schlusselplatze, wo Sie auf die Tranendrusen drucken konnen.«
Er beugte sich vor und sagte Adam ernsthaft ins Gesicht: »Ihre Frau ist dabei ein gro?er Aktivposten. Die Frauenzeitschriften werden verruckt nach Material uber Ihr Familienleben sein. Wir werden Sie vermarkten, A. W.« Adam fuhlte, wie er langsam gereizt wurde. »Und wie stellen Sie sich das vor?«
»Ganz einfach. Sie sind ein Produkt, A. W. Wir werden Sie verkaufen wie jedes andere Produkt. Wir...« Adam wandte sich an Stewart Needham. »Stewart, konnte ich dich einen Moment allein sprechen?«
»Sicher.« Needham blickte die anderen an und sagte: »Wir legen eine Pause zum Abendessen ein. Um neun Uhr treffen wir uns wieder hier. Wir reden dann weiter.« Als die beiden Manner allein waren, sagte Adam: »Jesus, Stewart! Dieser Mann macht einen Zirkus aus der Sache. ›Sie sind ein Produkt, A. W. Wir werden Sie verkaufen wie jedes andere Produkt.‹ Er widert mich an.«
»Ich wei?, wie du dich fuhlst, Adam«, sagte Stewart Needham beschwichtigend, »aber Blair erzielt Erfolge. Als er sagte, du seist sein dritter Prasident, hat er keinen Witz gemacht. Jeder Prasident seit Eisenhower hat seine Kampagne von einem Werbeburo steuern lassen. Ob es dir gefallt oder nicht, ein Wahlkampf mu? verkauft werden. Blair Roman kennt die Psychologie der Massen. So geschmacklos es sein mag, die Wirklichkeit ist, da? du verkauft, vermarktet werden mu?t, wenn du in ein offentliches Amt gewahlt werden willst.«
»Ich hasse das.«
»Es ist ein Teil des Preises, den du bezahlen mu?t.« Er trat zu Adam und legte ihm einen Arm um die Schulter. »Du darfst nie das Ziel aus den Augen verlieren. Du willst das Wei?e Haus? Einverstanden. Wir tun alles, was wir konnen, um dich hineinzubringen. Aber du mu?t auch etwas dazu beitragen. Und wenn es unumganglich ist, mu?t du als Clown in einem Zirkus auftreten.«
»Brauchen wir diesen Blair Roman wirklich?«
»Wir brauchen einen Blair Roman. Blair ist der Beste, den wir kriegen konnen. La? mich das machen, Adam. Ich halte ihn so weit wie moglich von dir fern.«
»Das wu?te ich sehr zu schatzen.«
Die Kampagne begann. Am Anfang standen ein paar TV-Spots und personliche Auftritte, aber nach und nach wurde das ganze Land umspannt. Wohin man auch ging, Senator Adam Warner war bereits in Farbe und Breitwand da. In jedem Bundesstaat konnte man ihn im Fernsehen sehen, im Radio horen oder an Plakatwanden bewundern. Gesetz und Ordnung waren eines der Hauptanliegen der Kampagne, und Adams Ausschu? zur Untersuchung des organisierten Verbrechens wurde stark in Anspruch genommen. Adam nahm Fernsehspots von sechzig Sekunden, drei und funf Minuten Lange auf, die fur verschiedene Teile des Landes bestimmt waren. Die fur West Virginia produzierten Spots hatten die Arbeitslosigkeit und die gro?en unterirdischen Kohlevorkommen zum Inhalt, die das Land wohlhabend machen konnten; fur Detroit wurden Kommentare uber die Zerstorung der Stadte ausgewahlt; in New York war das Thema die steigende Kriminalitat.
Blair Roman vertraute Adam an: »Sie brauchen die wunden Punkte nur zu beruhren. Sie mussen die Schlusselthemen gar nicht ausfuhrlich diskutieren. Wir verkaufen das Produkt, und das sind Sie.«
Adam erwiderte: »Mr. Roman, es interessiert mich nicht, was Ihre verdammten Statistiken sagen. Ich bin keine Erdnu?butter, und ich mochte auch nicht so verkauft werden. Ich werde ausfuhrlich uber diese Dinge reden, weil ich das amerikanische Volk fur intelligent genug halte, da? es mehr daruber horen will.«
»Ich wollte nur...«
»Ich mochte, da? Sie versuchen, eine Diskussion zwischen mir und dem Prasidenten zu arrangieren.« Blair Roman sagte: »Gut. Ich werde mich sofort mit den Jungs des Prasidenten in Verbindung setzen, A. W.«
»Noch etwas«, sagte Adam. »Ja? Was?«
»Horen Sie auf, mich A. W. zu nennen.«
44
Bei der Post war eine Einladung der Amerikanischen Anwaltsvereinigung zu ihrem jahrlichen Konvent in Acapulco. Jennifer steckte mitten in einem halben Dutzend Falle, und normalerweise hatte sie die Einladung ignoriert, aber der Konvent fand wahrend Joshuas Ferien statt, und sie dachte, da? Joshua Acapulco bestimmt gefallen wurde.
Sie trug Cynthia auf: »Sagen Sie zu. Ich will drei Reservierungen.«
Sie wurde Mrs. Mackey mitnehmen.