Ski und glitt schlie?lich sogar ohne Bretter auf den Fersen uber das Wasser. Den Rest des Nachmittags verbrachten sie damit, faul im Sand zu liegen oder zu schwimmen.
Auf dem Ruckweg nach Las Brisas im Jeep kuschelte sich Joshua an Jennifer und sagte: »Wei?t du was, Mama? Ich glaube, heute war wahrscheinlich der schonste Tag meines ganzen Lebens.«
Michaels Bemerkung blitzte in ihr auf: Ich mochte Ihnen sagen, da? dies die schonste Nacht meines Lebens war.
Am Montag stand Jennifer fruh auf und zog sich an, um zum Kongre? zu gehen. Sie entschied sich fur einen flie?enden, langen dunkelgrunen Rock und eine schulterfreie, mit gro?en roten Rosen bestickte Bluse, die ihre Sonnenbraune sehen lie?. Sie musterte sich im Spiegel und war zufrieden. Trotz der Tatsache, da? Joshua sie bereits fur jenseits von Gut und Bose hielt, wirkte sie eigentlich eher wie seine schone, vierunddrei?ig Jahre alte Schwester. Sie lachte uber sich und dachte, da? dieser Urlaub eine gute Idee gewesen war. Mrs. Mackey trug sie auf, sich um Joshua zu kummern, wahrend sie arbeitete, und ihn nicht zu lange in die Sonne zu lassen.
Der riesige Kongre?komplex bestand aus einer Gruppe von funf Gebauden, die durch uberdachte Terrassen miteinander verbunden waren. Er erhob sich auf einer leuchtenden Grunanlage von uber funfunddrei?ig Morgen, deren gepflegte Rasenflachen mit prakolumbianischen Statuen geschmuckt waren. Der Konvent des Anwaltsvereins wurde im Teotihuacan, der Haupthalle, abgehalten, die rund siebentausendfunfhundert Menschen fa?te.
Jennifer ging zur Rezeptionstheke, trug sich ein und betrat die riesige Halle. In der Menge erblickte sie Dutzende von Freunden und Bekannten. Fast alle hatten sich statt konservativer Geschaftsanzuge fur bunte Freizeithemden und Hosen entschieden, so da? es wirkte, als verbringe hier jeder seinen Urlaub.
Jennifer hatte an der Tur ein Programm erhalten, aber nicht hineingeschaut, weil sie in ein Gesprach mit Bekannten vertieft gewesen war.
Eine tiefe Stimme drang aus dem Lautsprecher. »Achtung, bitte! Wurden S ie sich bitte alle hinsetzen? Achtung, bitte! Wir wurden gern anfangen. Wurden Sie sich bitte hinsetzen!«
Nur zogernd losten sich die kleinen Gruppen auf, als die einzelnen Teilnehmer ihre Sitze suchten. Jennifer blickte auf und sah, da? ein halbes Dutzend Manner auf das Podium gestiegen waren. In der Mitte war Adam Warner. Jennifer stand wie erstarrt, als Adam zu dem Stuhl am Mikrofon ging und sich hinsetzte. Ihr Herz schlug wild. Sie hatte Adam das letzte Mal in dem kleinen italienischen Restaurant gesehen, an dem Tag, an dem er ihr gesagt hatte, da? Mary Beth schwanger war.
Ihr erster Impuls war, zu fliehen. Sie hatte keine Ahnung gehabt, da? Adam hier sein wurde, und sie konnte den Gedanken nicht ertragen, ihm plotzlich gegenuberzustehen. Da? Adam und sein Sohn in derselben Stadt waren, erfullte sie mit Panik. Sie wu?te, da? sie die Halle schnell verlassen mu?te. Sie wollte sich gerade umdrehen, als der Vorsitzende uber den Lautsprecher verkundete: »Wenn sich auch die letzten von Ihnen noch setzen konnten, waren wir soweit.« Alle anderen hatten sich hingesetzt, nur Jennifer stand noch. Um nicht aufzufallen, glitt sie in einen Sitz, fest entschlossen, bei der ersten Gelegenheit hinauszuschlupfen. Der Vorsitzende sagte: »Wir fuhlen uns geehrt, als Gastredner heute einen Kandidaten fur das Prasidentenamt der Vereinigten Staaten unter uns zu haben. Er ist Mitglied der New Yorker Anwaltskammer und einer der profiliertesten Manner im amerikanischen Senat. Meine Damen und Herren, ich bin stolz, Ihnen unseren prominenten Gast vorstellen zu durfen: Senator Adam Warner!
Adam Warner stand auf, von warmem Applaus begru?t, trat ans Mikrofon und lie? seine Augen uber das Auditorium schweifen. »Danke, meine Damen und Herren.«
Adams Stimme war voll und kraftig. Eine hypnotisierende Aura von Autoritat umgab ihn. Die Stille in der Halle war vollkommen.
»Es gibt eine Vielzahl von Grunden, aus denen wir heute hier versammelt sind.« Adam machte eine Pause. »Einige von uns schwimmen gern, andere tauchen lieber...« Eine Welle anerkennenden Gelachters rollte zum Rednerpult vor. »Aber der Hauptgrund fur unsere Anwesenheit liegt im Austausch von Ideen, Erfahrungen und neuen Vorstellungen. Rechtsanwalte sind heute mehr Angriffen ausgesetzt als zu irgendeiner Zeit, an die ich mich erinnern konnte. Sogar der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofes hat unseren Berufsstand scharf kritisiert.«
Jennifer war begeistert davon, wie er sich durch das kleine Wort uns zu einem Teil der im Saal versammelten Manner und Frauen machte. Sie lie? seine Worte an sich vorbeirauschen, zufrieden, ihn nur ansehen, seine Stimme, seine Bewegungen wahrnehmen zu konnen. An einer Stelle hielt er inne und fuhr sich mit den Fingern durch das Haar, und Jennifer fuhlte einen Stich. Genauso fuhr sich Joshua oft durch das Haar. Adams Sohn war nur wenige Meilen entfernt, und Adam wurde es nie erfahren.
Seine Stimme schwoll an. »Einige von Ihnen sind Strafverteidiger. Ich mu? gestehen, da? ich diesen Zweig immer als den aufregendsten unseres Berufsstandes betrachtet habe. Strafverteidiger haben es nicht selten mit Leben und Tod zu tun. Es ist ein sehr ehrenwerter Beruf, auf den wir alle stolz sein konnen. Allerdings...«, seine Stimme wurde hart, »... sind einige von ihnen auch eine Schande fur den Eid, den sie geleistet haben.« Jennifer bemerkte, da? Adam sich jetzt distanzierte, indem er sie statt uns sagte. »Das amerikanische System der Rechtsprechung basiert auf dem Recht eines jeden Burgers auf einen fairen Proze?. Aber wenn man sich uber das Gesetz lustig macht, wenn Anwalte ihre Zeit und Energie, ihre Phantasie und ihr Talent darauf verschwenden, dieses Recht herauszufordern und die Gerechtigkeit zu pervertieren, dann ist es an der Zeit, da? etwas getan wird.« Jedes Gesicht im Raum war nach vorn gerichtet, wo Adam mit flammenden Augen seine Rede hielt. »Meine Damen und Herren, ich spreche aus personlicher Erfahrung und aus tiefer Sorge uber einiges, was um mich herum passiert. Gegenwartig fuhre ich den Vorsitz in einem Senatsausschu? zur Untersuchung des organisierten Verbrechens in den Vereinigten Staaten. Mein Komitee ist immer wieder enttauscht und frustriert worden von diesen Menschen, die sich fur machtiger halten als die hochste unserer Behorden. Ich habe bestochene Richter gesehen, habe die Angst in den Gesichtern der Familien von Zeugen bemerkt und miterlebt, wie Schlusselzeugen plotzlich verschwunden sind. Das organisierte Verbrechen in unserem Land ist wie eine todliche Python, die unsere Wirtschaft erwurgt, unsere Gerichte verschlingt und unser aller Leben bedroht. Die gro?e Mehrheit aller Anwalte sind ehrliche Manner und Frauen, die ihre Arbeit auf anstandige Weise erledigen. Aber ich warne diejenigen, die glauben, ihr Recht sei besser als unser Recht. Sie begehen einen schweren Fehler, und Sie werden fur diesen Fehler bezahlen.
Danke.« Als Adam sich setzte, brach tobender Applaus los, der sich zu einer stehenden Ovation steigerte. Jennifer sprang mit den anderen auf und klatschte, aber die letzten Worte gingen ihr nicht aus dem Kopf. Es war, als hatte Adam sie ganz personlich angesprochen. Jennifer wandte sich um und drangte sich durch die Menge zum Ausgang.
Als sie die Tur fast erreicht hatte, wurde sie von einem mexikanischen Kollegen begru?t, mit dem sie vor einem Jahr zusammengearbeitet hatte. Galant ku?te er ihr die Hand und sagte: »Welch eine Ehre, Sie wieder einmal in unserem Land zu haben, Jennifer. «Ich bestehe darauf, da? Sie heute abend mit mir essen.«
Jennifer und Joshua wollten an diesem Abend ins Maria Elena gehen, um sich die einheimischen Tanzer anzusehen. »Es tut mir leid, Luis. Ich bin schon verabredet.« Seine gro?en, feuchten Augen zeigten seine Enttauschung. »Dann morgen?«
Bevor Jennifer antworten konnte, war ein Staatsanwalt aus New York an ihrer Seite.
»Hallo Sie«, sagte er. »Wieso treiben Sie sich mit dem einfachen Volk herum? Wie war's, wenn Sie heute mit mir zu Abend essen wurden? Ich kenne eine mexikanische Disco namens Nepentha mit einem von unten beleuchteten Glasboden und einem Spiegel an der Decke.«
»Klingt faszinierend, danke. Aber ich habe schon etwas vor.« Wenige Augenblicke spater fand sie sich umgeben von Anwalten aus dem ganzen Land, mit denen und gegen die sie im Lauf der Zeit gearbeitet hatte. Sie war eine Beruhmtheit, und jeder wollte mit ihr sprechen. Es dauerte eine halbe Stunde, ehe sie sich freimachen konnte. Sie eilte durch die Lobby, und als sie auf einen der Ausgange zuging, sah sie plotzlich, wie Adam sich inmitten eines Pulks von Journalisten und Sicherheitsbeamten auf sie zubewegte. Sie versuchte, sich zuruckzuziehen, aber es war zu spat. Adam hatte sie entdeckt.
»Jennifer!«
Fur einen Moment erwog sie, so zu tun, als hatte sie ihn nicht gehort, aber sie konnte ihn nicht vor allen anderen in Verlegenheit bringen. Sie wurde ihn kurz begru?en und dann schnell wieder verschwinden.
Sie sah Adam auf sich zukommen, horte, wie er die Presse abwimmelte. »Mehr habe ich nicht zu sagen, meine Damen und Herren.«
Einen Herzschlag spater beruhrte er ihre Hand, blickte ihr in die Augen, und es war, als hatten sie sich nie