Am dritten Mai leuchtete eine frische Inschrift von dem Frauleinsfelsen. A + B = !!!

Melnikowa und Jewremow kamen nicht in die Schule.

Ich unterrichtete, aber in mir kochte es. Ich wei? nicht, was ich mit dem „Kunstler' getan hatte, wenn er mir an diesem Morgen unter die Augen geraten ware. Die Schuler witterten meine Stimmung. Kein Blick stahl sich zur Fensterscheibe, niemand lachte. Die Klasse sa? still, war nicht ganz bei der Sache.

Als es lautete, warf ich wutend hin: „Nach dem Unterricht ist Versammlung', und rannte hinaus.

Die nachste Stunde hatte ich in einer anderen Klasse. Zwanzig Minuten nach Beginn vernahm ich aufgeregtes Gemurmel, das von drau?en kam. Ich trat ans Fenster. Vor der Felswand hatte sich eine Menschenmenge eingefunden. Ich traute meinen Augen nicht, aber es war eine Tatsache: Das A und das halbe B hatte jemand mit schwarzer Farbe uberpinselt.

Zwei Manner schleppten einen Jungen. Ich konnte die Gesichter nicht erkennen, wu?te jedoch, da? sie Boris Jewremow trugen. Sie bewegten sich auf die Poliklinik zu. Ich stand am Fenster und hatte zu sprechen aufgehort.

Als ich an den Tisch zuruckging, trafen mich viele verstandnislose Blicke.

„Ich mu? euch fur eine Viertelstunde allein lassen', sagte ich, „verhaltet euch still.'

Wie ich war, ohne Mantel, rannte ich aus der Klasse, den Berg hoch, auf dem die Klinik stand. Den Pfortner, der sich mir in den Weg stellte, schob ich beiseite. Im Operationssaal wusch sich ein Mann in wei?em Kittel die Hande. Boris war nicht zu sehen.

„Was ist mit dem Jungen?' Der Arzt drehte sich um.

Er runzelte die Stirn und sagte: „Junger Mann, auf seine Kinder mu? man besser achtgeben.'

„Es ist nicht meiner.'

„Naturlich', entgegnete der Arzt nachdenklich, „fur einen so gro?en Jungen sind Sie zu jung. Was suchen Sie dann im Operationssaal?'

„Ich bin sein Lehrer.'

„Also mu? man auf seine Schuler besser achtgeben', brummte der Arzt, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen. Er wusch sorgfaltig seine Hande, jeden Finger einzeln.

„Ich habe Sie gebeten, mir zu sagen, was mit ihm ist', erwiderte ich gereizt. Ich hatte ihn ohrfeigen konnen.

„Nichts Besonderes.' Der Arzt zog die eine Hand heraus und bearbeitete die andere. „Er hat gro?es Gluck gehabt. Das Schultergelenk ist ausgekugelt. Wenn wir es einrenken, wird er etwas schreien, aber das geht voruber. Und jetzt seien Sie so liebenswurdig und verlassen Sie den Saal.'

„Danke, schonen Dank, Herr Doktor', rief ich erfreut.

Als ich wieder in der Schule war, naherte sich die funfte Stunde ihrem Ende. Die Schuler empfingen mich mit gro?en Augen.

Sie wu?ten schon Bescheid. Das sah ich ihnen an.

„Was machen wir nun?' fragte ich.

Sie schwiegen betreten.

„Juri Wassiljewitsch', lie? sich endlich einer vernehmen, „wird er wieder gesund?'

„Das wei? ich nicht. Daruber hattet ihr euch vorher den Kopf zerbrechen sollen.'

„Wir sind es nicht gewesen. Wir nicht. Niemand wei? was.' Wie auf Kommando kamen die Kinder nach vorn, umringten meinen Tisch und schrien durcheinander. In diesem Larm verstand man sein eigenes Wort nicht.

Ich lie? den Blick uber die Gesichter gleiten, fand darauf Entrustung, gekrankten Stolz, Zorn.

Nein, aus meiner Klasse war es wirklich keiner, dachte ich erleichtert. Dann sah ich plotzlich Bokow.

Er schrie nicht wie die anderen, sondern stand ganz hinten und starrte schweigend auf den Fu?boden.

„Ruhe!' forderte ich.

Die Klasse nahm keine Notiz davon.

„Ruhe! Ich wei?, wer es gewesen ist.'

Das Getose ri? ab wie eine Radiosendung, wenn man den Apparat ausschaltet.

„Setzt euch hin!'

Sie zerstreuten sich aufreizend langsam.

„Ich wei? es. Aber der Betreffende soll den Mut haben, sich zu melden.'

Schweigen.

„Nun gut, dann werde ich jeden einzeln fragen. Skopin, du?'

„Nein.'

„Bogatyrewa?'

„Aber, Juri Wassiljewitsch!'

„Radushny?'

Radushny stie? gerauschvoll die Luft aus und schuttelte den Kopf.

„Klenow?' 

„Juri Wassiljewitsch, wie konnen Sie...' 

„Bokow?' 

Bokow stand auf. Seine Lippen zitterten. Fur einen Augenblick tat er mir leid. 

„Warum — ich? Nein, ich...'

Ja oder nein?'

„Guckt euch doch seine Stiefel an', brullte Radushny, „da klebt ja noch die Farbe dran.'

Im Nu waren alle wieder auf den Beinen.

„Juri Wassiljewitsch', flehte Bokow mit bruchiger Stimme, „kann ich es Ihnen allein sagen, drau?en „Nein, hier, vor allen.'

Bokow wandte sich ab. Mit gesenktem Blick schlich er zur Tur.

„Kinder, er hat seine Mappe vergessen', rief Kostja.

Mehrere Schuler sturzten an seine Bank. Die Tasche, die daraufliegenden Hefte, der Fullfederhalter, das angeknabberte Fruhstucksbrot — alles flog durch den Raum und fiel vor der Tur nieder. Bokow buckte sich nicht. Er stakste hinaus. Die Klasse schwieg.

Am Abend sprach mich Bokow auf der Stra?e an. „Juri Wassiljewitsch, ich war es nicht, Ehrenwort, ich nicht.'

„Warum bist du dann aus der Klasse gerannt und hast uns nichts erklart?'

„Wegen der Farbe. Ich habe blo? die Buchse gehalten. Zufallig ist etwas auf meine Filzstiefel getropft. Aber geschrieben habe ich nicht, nur dabeigestanden.'

„Wer hat geschrieben?'

„Ein Bekannter von mir. Er geht in eine andere Schule. Richtige Freunde sind wir gar nicht. Ich habe ihm die Geschichte erzahlt, und er wollte gleich schreiben. Da habe ich die Farbe besorgt und angeruhrt. Entschuldigen Sie, Juri Wassiljewitsch, aber das kommt nie wieder vor. Ich will auch alles ehrlich sagen, wie es gewesen ist. Wenn Sie wollen, gebe ich Ihnen die Adresse. Rote Stra?e zehn, die Wohnung...'

„Ich brauche keine Adresse', unterbrach ich ihn. „Bokow, ich denke, es ist besser, wenn du uns verla?t. Auf eigenen Wunsch.'

„Ich habe doch alles ehrlich zugegeben', heulte Bokow.

Am anderen Tag kam seine Mutter. Sie trug dem Direktor die Bitte vor, ihren Sohn an eine andere Schule zu versetzen. Mir ging sie geflissentlich aus dem Weg. Der Direktor erhob keine Einwande. Im Sommer wurde die Inschrift trocken und brocklig. Der Herbstregen spulte sie fort. Boris ist langst wieder gesund. Er sitzt mit Anja auf

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