schlie?lich wieder den Hauptstrom erreichen, so da? man bei Betrachtung einer Specialkarte meinen konnte, ein Gewimmel von kleinen Aalen um den Matteraal vor sich zu sehen. Seine unangebauten Ufer, die immer niedriger werden und mit der Alluvialebene der Umgebung fast zusammenflie?en, weisen weiter nichts mehr als Sandbanke und da und dort ein etwas hoheres, von der Stromung benagtes Stuckchen Land mit hohem Rohricht auf.

Noch dreihundert Meilen (480 Kilometer) vom Meere entfernt, kam der »Black Warrior« an der Mundung des Rothen Flusses voruber, an der Ecke, wo sich, nahe bei dem Fort Adam, die beiden Staaten beruhren, und schwamm nunmehr im Gebiete von Louisiana.

Dazwischen unternahmen sie Ausfluge auf ihrer eleganten Dampfyacht. (S. 386.)

Hier grollen und rauschen zahlreiche Stromschnellen, denn von Cairo aus vermindert sich die Breite des Flusses ohne Unterbrechung bis zu seinem Delta. Da zur Zeit aber noch ein mittelhoher Wasserstand herrschte. konnte der »Black Warrior« diese ohne Gefahr des Auflaufens passieren.

Von Natchez aus trifft man bis nach New Orleans hin auf keine nennenswerthen Stadte, hochstens mit Ausnahme von Baton Rouge, das aber auch nur einen gro?en Marktflecken von zehntausendfunfhundert Einwohnern bildet. Hier ist aber der Sitz der Gesetzgebenden Korperschaft des Staates, die parlamentarische Hauptstadt Louisianas, wahrend, ahnlich wie in so vielen anderen Staaten der Union, New Orleans nur die bedeutendste Stadt, das wichtigste Verkehrscentrum ist. Baton Rouge hat ubrigens eine freundliche, gesunde Lage, ein nicht zu verachtender Vorzug in einem Lande, das so haufig vom gelben Fieber heimgesucht wird. Nach Donaldsonville giebt es dann nur noch Weiler, eigentlich eine Reihe von Billen und Landhausern, die den gro?en amerikanischen Strom bis zu seinem Eintritt in New Orleans begleiten.

Das vom ersten franzosischen Kaiserreich fur zwanzig Millionen Francs an die Amerikaner verkaufte Louisiana nimmt unter den Staaten der Bundesrepublik nur den drei?igsten Rang ein. Seine der Mehrzahl nach schwarze Bevolkerung zahlt aber uber elfhunderttausend Seelen. Das Land mu?te gegen die Ueberschwemmungen des Mississippi durch hohe Deiche geschutzt werden, vor allem in seinem niedrigen Theile, wo die Zuckerfabrikation so betrachtlich ist, da? es in diesem Erwerbszweige allen anderen Staaten voransteht. Im Nordwesten sind die durch den Rothen Flu? und dessen Zuflusse bewasserten Landereien schon allein uberschwemmungsfrei und fur alle Zweige des Landbaues geeignet. Louisiana liefert auch Eisen, Steinkohle, Ocker und Gips; Zuckerrohrfelder und Orangen-, Citronen-und Apfelsinenanpflanzungen giebt es im Ueberflu?. Dazu besitzt es undurchdringliche Walder, worin Baren, Panther und Wildkatzen hausen und in zahllosen Creeks viele Alligatoren vorkommen.

Nach einer Reise von sieben Tagen seit der Abfahrt aus Great Salt Lake City nahm New Orleans das Titbury’sche Ehepaar am Abend des 11. Juni in seinen Mauern auf. Inzwischen war der Ausfall des Wurfelns vom 4., 6. und 8. Juni, Harris T. Kymbale, Lissy Wag und Hodge Urrican betreffend, bekannt gegeben worden. Die Lage Hermann Titbury’s erfuhr dadurch freilich keine Verbesserung, da von den Genannten niemand bestimmt worden war, ihn in dem Gasthause des neunzehnten Feldes abzulosen.

O, ware er nicht gezwungen gewesen, sich in diese fur den Geldbeutel verderbliche Stadt zu begeben, hier noch fast sechs Wochen zu verweilen, oder hatten ihn die Wurfel durch eine gunstigere Augenzahl unterstutzt, so ware es ihm ja vielleicht moglich geworden, in eine Reihe mit seinen Partnern zu kommen.

Beim Verlassen der Landungsbrucke bemerkten Herr und Frau Titbury sogleich einen prachtig ausgestatteten Wagen, der offenbar einige Fahrgaste vom »Black Warrior« erwartete. Sie wollten ihren Weg inde? zu Fu?e zurucklegen und lie?en nur ihr Gepack durch einen Commissionar nach dem Excelsior Hotel bringen. Nun stelle man sich aber ihre Ueberraschung vor – eine Ueberraschung, zu der sich eine wahre Herzbeklemmung gesellte – als ihnen sofort ein rabenschwarzer Hausdiener entgegenkam.

»Mister und Mistre? Titbury, wenn ich nicht irre?…

– Das sind wir…« antwortete Titbury.

Aha, die Zeitungen hatten also ihre Abfahrt aus Utah, ihre Beruhrung von Omaha, ihre Schiffsreise an Bord des »Black Warrior« und ihre bevorstehende Ankunft in New Orleans gemeldet. Und sie, die doch nicht wunschten, in dieser Weise erwartet zu werden, sollten sie den stets kostspieligen Unbequemlichkeiten des Beruhmtseins wirklich nicht entgehen konnen?…

»Was wollen Sie von uns? fragte Titbury etwas murrischen Tones.

– Diese Equipage steht zu Ihrer Verfugung.

– Wir haben keine Equipage bestellt.

– Nach dem Excelsior Hotel kommt niemand anders als zu Wagen, antwortete der rabenschwarze Neger mit einer Verbeugung.

– Das fangt ja gut an!« murmelte Titbury mit einem schweren Seufzer.

Da es nun einmal nicht Sitte sein sollte, in einfacherer Weise nach dem genannten Hotel zu kommen, erschien es am rathsamsten, den eleganten Landauer zu besteigen. Das Ehepaar nahm also darin Platz, wahrend Koffer und Reisesack durch einen Omnibus befordert wurden. In der Canal Street vor einem schonen Gebaude, einem wahren Palaste, angelangt, an dessen Vordergiebel die Worte »Excelsior Hotel Company, limited« glanzten und dessen Flur in blendender Beleuchtung strahlte, hielt der Wagen an, und ein Lakai beeilte sich, dessen Thur zu offnen.

Bei ihrer Ermudung und Besturzung beachteten die beiden Titburys fast gar nicht den feierlichen Empfang, der ihnen vom Hotelpersonal zutheil wurde. Ein Haushofmeister in schwarzer Kleidung fuhrte sie nach ihrem Zimmer. Ganz geblendet, sahen sie jetzt gar nichts von der verschwenderischen Pracht, die sie umgab; erst am nachsten Morgen machten sie sich ernstere Gedanken uber die ganz au?erordentliche Einrichtung des Hotels.

Nach ruhig verbrachter Nacht in dem mit vornehmer Bequemlichkeit ausgestatteten Zimmer, dessen Doppelfenster das Gerausch von der Stra?e ausschlossen, erwachten sie unter dem milden Schimmer einer elektrischen Gluhlampe, die die ganze Nacht hindurch gebrannt hatte. Das durchsichtige Zifferblatt einer kostbaren Standuhr zeigte die achte Stunde.

Am Kopfende des breiten Bettes, worin sie traumselig geschlafen hatten, befand sich, fur die Hand bequem erreichbar, eine Reihe von Tastern, die nur auf einen Fingerdruck warteten, um das Stubenmadchen oder den Zimmerkellner herbeizurufen. Durch andere Taster konnte man sich ein Bad, das erste Fruhstuck oder die Morgenzeitungen bestellen, und – was Reisende, die fruhzeitig aufstehen mu?ten, vor allem bedurften – auch das Zimmer wieder dem Tageslicht offnen lassen.

Auf den letzterwahnten Knopf druckte jetzt der krumme Zeigefinger der Frau Titbury.

Sofort wichen die dichten Stores der Fenster mechanisch auseinander, drau?en hoben sich die Persiennes in die Hohe und die Strahlen der Morgensonne flutheten in das schone Zimmer.

Herr und Frau Titbury starrten einander an. Sie wagten kein einziges Wort zu sprechen, und legten sich nur die stumme Frage vor, ob ihnen hier nicht jedes Wort eines gesprochenen Satzes schon einen Piaster kosten werde.

Der Luxus im Zimmer war ganz unerhort: Mobel, Tapeten, Teppiche, selbst die broschierten Seidenpolster an der Wand – alles von unvergleichlicher Pracht.

Das Ehepaar erhob sich und betrat ein angrenzendes Cabinet mit erstaunlichem Comfort; da fanden sich Waschtoiletten mit Hahnen fur warmes, laues und kaltes Wasser, Pulverisateure, die seine, wohlriechende Tropfchen zu spruhen bereit waren, verschiedenfarbige Seifen von kostlichstem Wohlgeruch, Schwamme von unvergleichlicher Weichheit und Handtucher von schneeiger Wei?e.

Nachdem sie sich angekleidet hatten, wagten sich die beiden Leutchen durch die weiteren Raumlichkeiten – eine vollstandige Wohnung. Dabei gelangten sie nach einem gro?ern Speisezimmer, dessen Tisch mit Silber-und Porzellangeschirr beladen war. nach einem Empfangssalon mit unerhort luxuriosem Mobiliar, Kronleuchter, Gemalden von Meisterhand, kunstvollen Bronzen und Gardinen aus goldgestickter chinesischer Seide, ferner nach einem Damenzimmer mit Piano und gro?er Notenauswahl, der Tisch mit beliebten Romanen und Albums mit Photographien vieler Gegenden Louisianas bedeckt, daneben nach einem Herrenzimmer mit ganzen Sto?en amerikanischer Revuen und den verbreitetsten Journalen der Union, Vorrathe von Briefpapier mit dem Namen des Hotels am Kopfe und selbst eine kleine Schreibmaschine, deren Claviatur bereit war, unter dem Finger des Reisenden zu fungieren.

»Das ist die Hohle Ali Baba’s! rief Frau Titbury ganz bezaubert.

– Ja, und die vier Rauber sind nicht weit, setzte ihr Gatte hinzu, wenn’s nur nicht gar noch weit mehr

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