»Die Sache ist also die«, fuhr Rumata fort. »Vor drei Tagen sollte ich mich mit meinem Freund, einem edlen Don aus Irukan, am Platz der Schweren Schwerter treffen. Aber wir trafen nicht zusammen. Er ist verschwunden. Und ich wei? genau, da? er die irukanische Grenze wohlbehalten uberquert hat. Vielleicht wei?t du etwas uber sein weiteres Schicksal?«

Waga antwortete lange nicht. Die Banditen rausperten sich und seufzten. Dann rausperte sich auch Waga.

»Nein, edler Don«, sagte er. »Uns ist nichts bekannt uber eine solche Sache.«

Rumata stand sofort auf.

»Ich danke dir, mein Bester«, sagte er. Er schritt in die Mitte des Zimmers und lie? einen Sack mit zehn Goldstucken auf das Pult fallen. »Ich lasse das hier mit der Bitte: Wenn dir irgend etwas zu Ohren kommt, la? mich davon wissen.« Er beruhrte seine Kappe. »Leb wohl!«

Knapp vor der Tur blieb er stehen und sagte nachlassig uber die Schulter:

»Du sagtest da etwas von gelehrten Leuten. Mir ist eben etwas eingefallen. Ich habe so das Gefuhl, da? man durch die Bemuhungen des Konigs von Arkanar selbst innerhalb eines ganzen Monats nicht einmal einen einzigen anstandigen Bucherwurm fassen wird. Und ich mu? in der Hauptstadt eine Universitat grunden, weil ich ein Gelubde abgelegt habe, als ich dort von der Pest geheilt wurde. Wenn du also Bucherwurmer fangst, dann sei so gut und verstandige vorher mich und dann erst Don Reba. Es konnte sein, da? ich den einen oder andern fur meine Universitat nehme.«

»Das wird nicht billig sein«, warnte Waga mit su?licher Stimme, »die Ware ist rar, und man kann sie nicht abliegen lassen.«

»Die Ehre ist teurer«, sagte Rumata hochtrabend und ging hinaus.

3

Es ware doch au?erst interessant, dachte Rumata, diesen Waga einzufangen und auf die Erde zu schaffen. Technisch ist das keine Schwierigkeit. Man konnte das sofort durchfuhren. Was aber wurde er auf der Erde anfangen? Rumata versuchte sich vorzustellen, was Waga auf der Erde tun wurde. In ein helles Zimmer mit spiegelblanken Wanden und Klimaanlage, das nach Nadelwald oder Meer duftete, wirft man eine riesige zottige Spinne. Die Spinne pre?t sich gegen den blitzenden Fu?boden, bewegt ruckartig ihre bosen, fieberhaft verkrampften Augen hin und her und – was bleibt ihr uber? – kriecht seitlich und immer seitlich in den allerletzten Winkel, krummt sich zusammen und stellt drohend ihre giftigen Kiefer zur Schau. Vor allem wurde Waga naturlich nach Unzufriedenen, sozialen Au?enseitern suchen. Und ebenso selbstverstandlich wurde sich der allerdummste Unzufriedene der Erde als viel zu rein und ungeeignet fur seine Zwecke erweisen. Der Alte wurde regelrecht verfallen. Vielleicht sogar auch umkommen. Aber – wer kennt ihn denn schon? Denn das ist ja das Heikle an der Sache, die Psyche dieser Monstren gleicht einem dunklen Wald. Heiliger Micky! Sich darin zurechtzufinden ist schwieriger als bei den nonhumanoiden Zivilisationen. Alle ihre Handlungen kann man erklaren, es ist aber hollisch schwer, ihre Handlungen zu prognostizieren. Ja, moglicherweise wurde Waga auch aus Gram sterben. Vielleicht aber wurde er sich umsehen, sich irgendwie anpassen, rasch begreifen, was wohin gehort, und wurde in irgendeinen Naturpark als Waldgeist gehen. Es ist doch unmoglich, da? er nicht irgendeine kleine unbedeutende Leidenschaft haben sollte, die ihm hier nur hinderlich ist, die dort aber zum Kern seines Lebens werden konnte. Mir scheint, er liebt Katzen. Im Schluckaufwald, sagt man, hat er eine ganze Herde, und ein eigener Mann betreut sie dort. Und er bezahlt den Mann sogar dafur, obwohl er ein alter Geizkragen ist und ihn einfach mit Drohungen hinhalten konnte. Aber was er auf der Erde mit seiner ungeheuerlichen Machtgier anfangen wurde, ist mir unverstandlich!

Rumata hielt vor einer Taverne an und wollte eben hineingehen, als er bemerkte, da? ihm einer seiner Geldbeutel fehlte. Vollig verwirrt stand er vor dem Eingang – er konnte sich nicht um die Welt an solche Dinge gewohnen, obwohl ihm das nicht zum erstenmal passierte – und kramte lange in allen seinen Taschen. Im ganzen hatte er drei Sackchen gehabt, zehn Goldstucke in jedem. Eins hatte er dem Prokurator, Vater Kin, gegeben, das zweite Waga. Das dritte war verschwunden. Seine Taschen waren leer. Vom linken Hosenbein hatte man ihm alle goldenen Spangen sorgfaltig abgeschnitten, und vom Gurtel war der Dolch verschwunden. Da bemerkte er, da? in einiger Entfernung zwei Sturmowiki stehengeblieben waren, ihn anstarrten und hohnisch grinsten. Dem Mitarbeiter des Instituts fur Experimentalgeschichte konnten sie den Buckel herunterrutschen, der edle Don Rumata jedoch wurde grun und blau vor Wut. Eine Sekunde lang verlor er die Kontrolle uber sich. Er ging auf die beiden Grauen zu, seine Hand hob sich wie von selber drohend empor und ballte sich zur Faust. Offenbar waren in seinem Gesicht schreckliche Veranderungen vor sich gegangen, denn die Spotter durchlief ein eisiges Schauern, ihre Augen blieben wie bei Paralytikern mitten im Lacheln stecken, und sie fluchteten in die Taverne. Rumata erschrak. Ihm war plotzlich so elend zumute wie nur einmal zuvor, als er – damals noch als Reservekosmonaut – die ersten Anzeichen von Malaria spurte. Man konnte sich nicht erklaren, woher die Krankheit plotzlich kam, und schon nach zwei Stunden hatte man ihn mit ein

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