Zeit.« – »Das hei?t also, er wei? nicht, da? er schuldig ist? Aber was bedeutet das schon, ob er von seiner Schuld wei? oder nicht? Ich, ich wei?, da? er schuldig ist!« – »Aber was wirst du mit Vater Zupik anfangen? Der wurde viel dafur geben, wenn jemand Don Reba erschlagen wurde. Du schweigst? Man wird viele umbringen mussen, nicht?« – »Ich wei? nicht, vielleicht auch viele, einen nach dem andern. Alle, die die Zukunft verhindern!« – »Alles schon dagewesen. Man hat die Leute vergiftet, man warf selbstgebastelte Bomben. Und nichts hat sich verandert.« – »Und doch hat sich etwas geandert. So wurde die Strategie der Revolution geschaffen.« – »Was schert dich die Strategie der Revolution? Du willst doch nur toten!« – »Ja, ich will toten!« – »Und bringst du das fertig?« – »Gestern habe ich Dona Okana getotet. Ich wu?te, da? ich sie toten wurde, schon als ich mit der Feder hinter dem Ohr zu ihr kam, und ich bedaure nur, da? ich sie sinnlos getotet habe. Man hat mir das hier beinahe schon beigebracht.« – »Das ist aber schlecht. Das ist bedenklich und gefahrlich. Erinnerst du dich an Sergej Koschin, an George Lenni oder an Sabine Kruger?« – Rumata fuhr sich mit der Hand uber die schwei?bedeckte Stirn. Da grubelst du und denkst du und zermarterst dir dein Hirn – und was dabei herauskommt ist ein gro?er Mist … Er sprang vom Stuhl hoch und ri? das Fenster auf. Die Lichtergruppen in der dunklen Stadt gerieten in Bewegung, rannen auseinander und liefen in Ketten dahin, verschwanden hinter den unsichtbaren Hausern und tauchten wieder auf. Ein unbestimmtes Tosen entstand uber der Stadt, entferntes, vielstimmiges Gebrull. Zwei Brande loderten auf und beleuchteten die benachbarten Dacher. Irgend etwas explodierte im Hafen. Es ging los. In wenigen Stunden wurde es sich herausstellen, was die Union zwischen den Grauen und der Nachtarmee bedeutet, ein widernaturliches Bundnis zwischen Kramern und Raubern. Und es wird sich herausstellen, was Don Reba damit erreicht hat und welche neue Provokation er sich ausgedacht hat. Mit einfacheren Worten: wen man heute abschlachtet. Am allerwahrscheinlichsten war es der Beginn einer Nacht der langen Messer, die Vernichtung der angeschlagenen Fuhrerschaft der Grauen und zugleich die Ausrottung der Barone, die sich gerade in der Stadt befanden, sowie der unangenehmsten ubrigen Aristokraten. Was wohl mit Pampa ist, dachte er. Wenn er nur nicht schlaft. Er schlagt sich schon durch …

Er fand keine Zeit, seinen Gedanken weiter nachzuhangen. Die Tur begann unter Faustschlagen zu drohnen, und mit uberschlagender Stimme brullte jemand: »Aufmachen! Aufmachen!« Rumata schob den Riegel zuruck. Ein halbbekleideter Mann, blau vor Schreck, sturzte ins Zimmer, fa?te Rumata an der Weste und schrie mit bebender Stimme:

»Wo ist der Prinz? Budach hat den Konig vergiftet! Die irukanischen Spione haben einen Aufruhr entfacht in der Stadt! Rettet den Prinzen!« Es war der Hofminister, ein dummer Mensch, ein unterwurfiger Diener seines Herrn. Er stie? Rumata zur Seite und sturzte sich ins Schlafgemach des Prinzen. Die Frauen begannen zu kreischen. Inzwischen aber drangen schon die schwei?uberstromten Fratzen der Sturmowiki in grauen Hemden durch die offenen Turen und schwangen ihre schartigen Beile. Rumata zog seine beiden Schwerter. »Zuruck!« sagte er kaltschnauzig.

Hinter seinem Rucken drang ein kurzer, unterdruckter Schrei aus dem Schlafzimmer an sein Ohr. Die Sache steht schlecht, dachte Rumata. Ich verstehe nichts mehr. Er sprang mit einem Satz in die Ecke und verbarrikadierte sich hinter dem Tisch. Schweratmend fullten die Sturmowiki das Zimmer. An die funfzehn Mann waren es schon. In der vordersten Reihe machte sich ein Leutnant in einer engen grauen Uniform mit gezucktem Dolch zu schaffen. »Don Rumata?« fragte er, nach Luft ringend. »Ihr seid verhaftet, Gebt Eure Schwerter her.«

»Holen Sie sie doch selbst!« sagte Rumata und schielte zum Fenster.

»Ergreift ihn!« krachzte er.

Funfzehn Mann, betrunken und mit Beilen ausgerustet – das ist nicht zu viel fur einen Menschen, der uber eine Kampftechnik verfugt, die hier erst in dreihundert Jahren bekannt sein wird. Der Haufen sturmte an und wogte wieder zuruck. Am Boden blieben einige Beile, zwei Sturmowiki krummten sich vor Schmerz, druckten ihre angeschlagenen Hande vorsichtig gegen den Magen und trollten sich in die hinteren Reihen. Rumata beherrschte die Facherverteidigung perfekt: Vor den Angreifenden wirbelte der Stahl wie ein dichter, glanzender Vorhang, und es schien unmoglich, diesen Vorhang zu durchdringen. Die Sturmowiki zogen sich zuruck und blickten einander unentschlossen an. Ein scharfer Geruch von Bier und Zwiebel ging von ihnen aus.

Rumata schob den Tisch weg, lie? die Grauen nicht aus den Augen und ging die Wand entlang vorsichtig zum Fenster. Aus den hinteren Reihen kam ein Messer auf ihn zugeflogen, verfehlte ihn aber. Rumata lachte wieder, setzte einen Fu? auf das Fensterbrett und sagte: »Untersteht euch noch einmal, und ich haue euch die Hande ab. Ihr kennt mich ja …«

Sie kannten ihn. Sie kannten ihn sehr gut, und keiner von ihnen ruhrte sich vom Fleck, trotz des Murrens und Fluchens der Offiziere, die sich ubrigens auch sehr vorsichtig verhielten. Rumata schwang sich auf das Fensterbrett, wobei er ihnen weiter mit seinen Schwertern drohte, als ihn im selben Augenblick von der Stra?e eine schwere Lanze gegen den Rucken schlug. Der Schlag war schrecklich. Er durchschlug zwar nicht das Metalloplasthemd, fegte ihn aber vom Fensterbrett und warf ihn zuruck auf den Fu?boden. Seine Schwerter hatte Rumata nicht losgelassen, sie konnten ihm aber in dieser Lage nicht mehr helfen. Das ganze Geschmei? warf sich gleichzeitig auf ihn. Zusammen wogen sie wahrscheinlich mehr als eine Tonne, waren aber einer dem andern im Weg, und so gelang es ihm, wieder auf die Beine zu kommen. Seine Faust fuhr zwischen jemandes feuchte Lippen, irgendeiner zappelte wie ein gebissener Hase unter seiner Achsel, und Rumata schlug und schlug um sich mit Ellbogen, Fausten und Schultern (schon lange hatte er sich nicht so frei gefuhlt), aber er konnte sie nicht abschutteln. Einen Knauel von Korpern hinter sich herschleppend, kam er doch bis zur Tur und befreite sich endlich von den Sturmowiki, die sich in seine Beine verkrallt hatten. Dann fuhlte er einen schmerzhaften, wuchtigen

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