»Unser alter und uberaus konsequenter Feind«, sagte Don Reba. »Ein Feind …? Erhangen …!« konstatierte Vater Zupik heiser. »Und Ihre Meinung, Bruder Aba?« fragte Don Reba und wandte sich mit einem warnendem Blick dem Dickwanst zu. »Sie wissen … ich habe sogar irgendwie …«, Bruder Aba lachelte ziemlich kindlich und verloren und fuhr mit seinen kurzen Armen in der Luft herum. »Irgendwie, wissen Sie, ist es mir eigentlich ganz egal. Aber vielleicht sollte man ihn trotzdem nicht hangen? … Vielleicht verbrennen, wie, was denken Sie, Don Reba?«
»Warum nicht«, sagte Don Reba versonnen.
»Sie verstehen«, fuhr Bruder Aba in seiner Verzweiflung fort und warf Don Rumata ein eigentumlich freundliches Lacheln zu. »Im allgemeinen erhangt man das Gesindel, kleine Fische … Wir aber mussen vor dem Volk respektvolle Beziehungen zu den hohen Standen wahren. Er ist ja trotz allem ein Spro? aus altem Adel, ein bedeutender irukanischer Spion … ein irukanischer, nicht wahr, ich habe mich doch nicht geirrt? …« Er nahm vom Tisch ein Blatt Papier und stierte kurzsichtig hinein. »Ah, und au?erdem noch ein soanischer … Nun, um so schlimmer!«
»Dann eben verbrennen«, stimmte Vater Zupik ein. »Gut«, sagte Don Reba. »Wir sind uns einig. Verbrennen!«
»Ubrigens glaube ich, Don Rumata kann sich sein Los erleichtern!« sagte Bruder Aba. »Versteht Ihr mich, Don Reba?«
»Wenn ich ehrlich bin, nicht ganz.«
»Sein Vermogen! Mein edler Don, sein Vermogen! Die Rumatas sind ein marchenhaft reiches Geschlecht …!«
»Sie haben wie immer recht«, sagte Don Reba.
Vater Zupik gahnte, bedeckte seinen Mund mit der Hand und schielte auf die schweren lila Vorhange rechts vom Tisch. »So, dann beginnen wir halt in aller Form«, sagte Don Reba mit einem Seufzer.
Vater Zupik schielte noch immer auf die Vorhange. Offensichtlich wartete er auf etwas ganz Bestimmtes und hatte uberhaupt kein Interesse an dem Verhor. Was ist das fur eine Komodie? dachte Rumata. Was soll das bedeuten?
»Nun, mein edler Don«, sagte Don Reba und wandte sich an Rumata, »es ware au?erordentlich angenehm, Ihre Antworten auf einige Fragen zu horen, die uns interessieren.«
»Nehmen Sie mir die Fesseln von den Handen«, sagte Rumata. Vater Zupik fuhr zusammen und fuhrte mit den Lippen zweifelnde Kaubewegungen durch. Bruder Aba wiegte aufgeregt den Kopf. »Nun?« sagte Don Reba und blickte zuerst auf Bruder Aba und dann auf Vater Zupik. »Ich verstehe euch schon, meine Freunde. Indessen, wenn man die Umstande in Betracht zieht, die Don Rumata wahrscheinlich erraten wird …«, mit einem bedeutungsvollen Blick streifte er die Reihen der Maueroffnungen unterhalb der Decke. »Nehmt ihm die Fesseln ab«, sagte er im gleichen ruhigen Tonfall.
Unhorbar trat jemand von hinten an Rumata heran. Er fuhlte, wie ein paar merkwurdig weiche, geschickte Finger seine Hande beruhrten, und er horte, wie die Stricke durchschnitten wurden. Bruder Aba zog mit einer fur sein Aussehen unglaublichen Behendigkeit eine riesige Kriegsarmbrust unter dem Tisch hervor und legte sie vor sich hin, geradewegs auf die Papiere. Rumatas Arme fielen wie zwei lange Zopfe kraftlos an seinem Korper herab. Sie waren fast gefuhllos.
»Also fangen wir an«, sagte Don Reba munter. »Ihr Name, Geschlecht, Rang?«
»Rumata, aus dem Geschlecht der estorischen Rumatas. Edler Hofling seit zweiundzwanzig Generationen.«
Rumata blickte um sich, setzte sich auf ein Sofa und begann seine Handgelenke zu massieren. Bruder Aba schnappte aufgeregt nach Luft und legte auf ihn an. »Ihr Vater?«
»Mein edler Vater – kaiserlicher Rat, unterwurfiger Diener und personlicher Freund des Kaisers.«
»Ist er am Leben?«
»Er ist gestorben.«
»Wann?«
»Vor elf Jahren.«
»Wie alt sind Sie?«
Rumata fand keine Zeit zur Antwort. Hinter dem lila Vorhang drangen plotzlich Gerausche hervor, und Bruder Aba blickte sich argwohnisch um. Vater Zupik erhob sich langsam und lachte bose. »Nun, da haben wir’s, meine Herren …«, wollte er schadenfreudig beginnen.
Hinter dem schweren Vorhang sprangen drei Manner hervor, die Rumata hier am allerwenigsten erwartet hatte. Vater Zupik ging es offenbar ebenso. Es waren kraftstrotzende Monche in schwarzen Kutten mit uber die Augen gezogenen Kapuzen. Rasch und gerauschlos sprangen sie auf Vater Zupik zu und ergriffen ihn an den Ellbogen.
»Ah …! Teufel …!« brachte er irgendwie hervor. Todliche Blasse uberzog sein Gesicht. Zweifellos hatte er etwas ganz anderes erwartet.
»Was meinen Sie, Bruder Aba?« erkundigte sich Don Reba gelassen und neigte sich ein wenig dem Dickwanst zu. »Ja