»So gestehen Sie also?« sagte Don Reba schnell. »Was denn?« fragte Rumata erstaunt.
Sie verharrten eine Zeitlang und blickten einander schweigend in die Augen.
»Ich fahre fort«, sagte Don Reba. »Zur Befreiung all dieser Seelenverderber wurden von Ihnen, Don Rumata, nach meinen bescheidenen und unvollkommenen Rechnungen nicht weniger als drei Pud oder neunundvierzig Kilogramm Gold ausgeschuttet. Ich will nicht davon sprechen, da? Sie sich durch diesen Kontakt mit den unreinen Kraften Ihre Seele fur alle Ewigkeit besudelt haben. Und ich will auch nicht daruber sprechen, da? Sie wahrend der ganzen Zeit Ihres Aufenthalts innerhalb der Grenzen des Konigreichs von Arkanar von Ihren estorischen Besitzungen keinen Kupfergroschen erhalten haben; ja, und aus welchem Grund auch? Wozu einen Toten mit Geld versorgen, und sei es auch ein Verwandter? Aber Ihr Gold, Ihr Gold!«
Er offnete eine Schatulle, die unter einem Sto? Papieren am Tisch begraben war, und nahm eine Handvoll Goldmunzen mit dem Profil Pitz VI. heraus.
»Allein dieses Gold wurde schon hinreichen, Sie auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen!« schrie er. »Dieses Gold ist vom Teufel! Menschliche Hande sind nicht imstande, ein Metall von solcher Reinheit zu erzeugen!«
Er durchbohrte Rumata formlich mit seinem Blick. Ja, dachte Rumata, ehrlich, diese Runde geht an dich. Das haben wir nicht bedacht. Und das mu? man ihm lassen, er hat es als erster bemerkt.
Das mu? man ihm hoch anrechnen … Aber Don Reba wurde plotzlich wieder ganz klein. In seiner Stimme klangen teilnahmsvoll vaterliche Tone:
»Und uberhaupt benehmen Sie sich sehr, sehr unvorsichtig, Don Rumata. Die ganze Zeit war ich so um Sie besorgt … Sie sind ein solcher Duellant, ein solcher Stankerer! Hundertsechsundzwanzig Duelle in funf Jahren! Und nicht ein einziger Toter … Schlie?lich und endlich konnte man daraus seine Schlusse ziehen. Ich zum Beispiel habe es getan. Und nicht nur ich! Heute nacht zum Beispiel hat Bruder Aba – nun, man soll nicht ubel reden von Toten, aber er war ein sehr grausamer Mensch, und ich konnte ihn eigentlich nie recht leiden … Nun also, Bruder Aba hat fur Ihre Verhaftung nicht die geschicktesten Manner, sondern die dicksten und starksten ausgesucht. Und er sollte recht behalten. Einige ausgerenkte Arme, verdrehte Halse, gar nicht zu reden von den eingeschlagenen Zahnen … Und Sie stehen hier vor mir! Aber Sie konnten ja nicht wissen, da? Sie um Ihr Leben kampften. Sie sind ein Meister! Sie sind zweifelsohne das beste Schwert des Reiches. Sie haben zweifelsohne Ihre Seele dem Teufel verkauft, denn nur in der Holle kann man diese unwahrscheinliche, marchenhafte Meisterschaft im Kampf erlernen. Ich bin sogar bereit zuzugeben, da? Ihnen diese Fahigkeit nur unter der Bedingung verliehen wurde, niemanden zu toten. Obwohl ich mir schwer vorstellen kann, wozu der Teufel eine solche Bedingung stellen sollte … Aber daruber sollen sich unsere Scholastiker den Kopf zerbrechen …«
Ein dunner, hoher Schrei wie von einem Ferkel unterbrach ihn. Er blickte ungehalten auf die schweren lila Vorhange. Hinter den Vorhangen ging ein Handgemenge vor sich. Man horte dumpfe Schlage und den Schrei »Loslassen, loslassen!«, und noch einige heisere Stimmen, Gefluche und Ausrufe in einem unverstandlichen Dialekt. Da ri? der Vorhang mit einem Krachen auseinander und fiel herab. Ins Kabinett torkelte auf allen vieren ein glatzkopfiger Mann mit blutendem Kinn und wild aufgerissenen Augen. Hinter den heilgebliebenen Vorhangen streckten sich riesige Tatzen hervor, fa?ten den Mann an den Fu?en und zogen ihn wieder zuruck. Rumata erkannte ihn – es war Budach. Er schrie wie ein wildes Tier:
»Betrogen …! Man hat mich betrogen …! Das war doch Gift! Warum denn …?«
Sie zerrten ihn in die Dunkelheit. Ein Mann in Schwarz fa?te eilig nach dem heruntergerissenen Vorhang und richtete ihn wieder zurecht. In der plotzlichen Stille horte man hinter dem Vorhang ekelerregende Gerausche – irgend jemand erbrach sich dort. Rumata verstand.
»Wo ist Budach!« fragte er scharf.
»Wie Sie sehen, ist ihm irgendein Malheurchen geschehen«, antwortete Don Reba, aber man merkte ihm deutlich an, da? er seine fruhere Sicherheit zu verlieren drohte.
»Vernebeln Sie mir nicht den Kopf«, sagte Rumata. »Wo ist Budach?«
»Ach, Don Rumata«, sagte Don Reba und wiegte seinen Kopf. Er fand seine Fassung wieder. »Wozu brauchen Sie Budach? Sind Sie vielleicht mit ihm verwandt? Sie haben ihn doch nicht ein einziges Mal in Ihrem Leben gesehen.«
»Horen Sie, Reba!« sagte Rumata wutend. »Ich scherze nicht mit Ihnen. Wenn mit Budach irgendwas passiert, verrecken Sie wie ein Hund! Ich erwurge Sie!«
»Das konnen Sie nicht«, sagte Don Reba rasch. Er war sehr bla?.
»Sie sind ein Dummkopf, Reba. Sie verstehen sich vorzuglich auf Intrigen, aber eigentlich haben Sie von nichts eine Ahnung. Niemals in Ihrem Leben haben Sie sich noch auf ein so gefahrliches Spiel eingelassen wie jetzt. Und das ist Ihnen nicht einmal bewu?t!« Don Reba krummte sich uber den Tisch, seine kleinen Augen brannten wie gluhende Kohlen. Rumata fuhlte, da? er selber noch nie so sehr in Todesgefahr geschwebt hatte wie jetzt. Man zeigte die Karten. Bald mu?te sich herausstellen, wer in diesem Spiel die Oberhand gewinnen wurde. Rumata spannte