»Geh, Tikkirej«, wies Stasj an, »schlaf dich aus…«
Ich war schon an der Tur, als mich seine Frage einholte:
»Tikkirej… sag mal…«
Ich schaute zuruck.
»Hast du wirklich vor, auf Neu-Kuweit zu bleiben? Willst du nicht dein Gluck auf einem anderen Planeten versuchen?«, fragte Stasj.
Ich wunderte mich. »Mir gefallt es hier sehr gut. Und fur einen neuen Flug habe ich kein Geld. Ist Neu- Kuweit etwa ein schlechter Planet?«
»Ein guter«, stimmte Stasj zu, »ein wenig eingerostet, aber gut. Okay, mach dir daruber keine Gedanken! Gute Nacht.«
Ich ging. Er setzte sich ans Terminal und, so nahm ich an, verga? mich augenblicklich. Lion war mir nicht bose. Kein bisschen. Im Gegenteil, er war von diesem Abenteuer begeistert.
»Hat er wirklich noch alle Tassen im Schrank?«, fragte er geschaftig. »Es gibt solche Irren, die andauernd glauben, dass sie verfolgt werden. Sie benutzen keine Kreditkarten, an den Terminals schalten sie alle Zugange aus…«
»Er benutzt eine Kreditkarte«, nuschelte ich. »Nein, er ist eigenartig, aber nicht verruckt. Vielleicht hat er auch wirklich Feinde?«
»Dann ist es gefahrlich«, entschied Lion, »aber interessant. Wei?t du was? Wir klettern aufs Dach deines Hauses und sonnen uns. Von dort aus musste alles gut zu sehen sein. Dann gehen wir ins Cafe am Moteleingang. Von dort aus kann man auch beobachten. Und danach… danach setzen wir uns noch irgendwohin. Wir durfen nicht den ganzen Tag an einer Stelle bleiben, sonst ist es offensichtlich, dass wir aufpassen.«
»Ich teile das Geld mit dir, das mir Stasj gibt«, versprach ich.
Ich fragte Stasj nicht um Erlaubnis und berichtete Lion alles aus Eigeninitiative. Denn ich vertraute Lion und war mir sicher, dass er niemandem davon erzahlte.
Wir kauften Cola und Popcorn, zogen den Videoscreen auf das Flachdach meines Cottage, damit es nicht langweilig wurde, und begannen mit dem Sonnenbad. Ich habe eine ziemlich dunkle Haut, Lion auch, sodass wir keine Angst vor Sonnenbrand hatten. Seine Mutter gab uns trotzdem Sonnencreme.
»Du hast uberhaupt Gluck mit Abenteuern«, meinte Lion, der in der Hocke sa? und sich seine Knie eincremte. »Du besitzt die echte Staatsburgerschaft des Imperiums, das ist Nummer eins. Ich muss noch zwei Jahre lang wie ein Schwachkopf mit dem Kinderausweis herumlaufen. Dann bist du als Modul auf einem Raumschiff geflogen! Das ist Nummer zwei! Du bist fast an einer Allergie gestorben und hast dabei Freundschaft mit einem echten Kapitan geschlossen! Das sind drei und vier! Und jetzt hilfst du, einen Dieb aufzuspuren. Funf!«
»Du hilfst auch, einen Dieb aufzuspuren«, beruhigte ich ihn.
»Das ist nur deinetwegen«, erkannte Lion ehrlich. »Klasse, dass wir uns kennengelernt haben, stimmt’s?«
»Naturlich stimmt das!«
Wir fanden einen interessanten Fernsehkanal uber verschiedene Planeten, schauten zu und tranken Cola. Lion kommentierte die Ubertragung lebhaft. Er war zwar auch noch nicht auf diesem Planeten gewesen, hatte dafur aber auf einer Raumstation gewohnt, an der die verschiedensten Raumschiffe anlegten. Dort hatte er alle Au?erirdischen kennen gelernt und sich mit ihnen unterhalten.
Er hatte einen alteren Freund, der fruher in der Armee des Imperators gedient hatte und dessen Onkel auf Edem lebte.
»Dort ist es auch schon, der Onkel hat uns ein Video geschickt«, erklarte Lion. »Aber es ist schwer, dorthin einzuwandern, bei ihnen gibt es auch so eine hohe Geburtenrate. Der Onkel hat schon sechs Kinder, aber er muss sich noch drei anschaffen. Das nennt sich Besiedelung des Planeten nach der intensiven Methode…«
Ich horte ihm schon nicht mehr zu. Ich schaute am Screen vorbei zum Cottage von Stasj.
Ein junger Mann naherte sich ihm, machte sich eine Sekunde lang an der Tur zu schaffen und ging hinein!
»Es ist so weit…«, flusterte ich, »Lion, hast du das auch gesehen?«
»Was?« Er sprang gleich auf.
»Irgendein junger Mann ist ins Cottage eingedrungen! Als ob er einen Schlussel hatte, ist er vollig unbefangen zur Tur und dann hineingegangen!«
»Ich habe doch hingeschaut…«, argerte sich Lion, »aber ich habe doch hingeschaut! Bei mir ist es immer so, wenn ich ins Erzahlen komme, verpasse ich die interessantesten Dinge!«
Mir fiel ein, dass ich diesen jungen Mann schon einmal gesehen hatte. Er hatte gleich nach mir eingecheckt.
»Komm, wir bleiben hier«, sagte ich, »er wird kaum lange drinbleiben…«
Aber er blieb sehr lange im Cottage. Es verging eine halbe Stunde, eine Stunde. Lion begann mich skeptisch anzusehen, dann fragte er:
»Du hast dich nicht geirrt?«
Ich schuttelte den Kopf. Lion seufzte und legte sich auf den Rucken. Ihm war es naturlich langweilig auf dem Dach, zumal er den Verbrecher nicht einmal gesehen hatte.
»Ich werde schlafen und meinen Bauch sonnen«, entschied er, »wenn etwas Interessantes passiert, sag Bescheid.«
In diesem Augenblick wurde die Tur des Cottage geoffnet, der ungebetene Gast ging hinaus und bewegte sich schnell zu einer dichten Hecke, die langs der Hauptallee angepflanzt war.
»Jetzt ist er hinausgegangen«, sagte ich stolz.
Lion drehte sich eilig um und reckte den Hals. »Wo?«
»Na da, er versteckt sich in den Strauchern!« Ich zeigte mit der Hand dorthin.
»Aber wo denn, ich sehe nichts!«
»Na da!«, heulte ich auf. »Bist du blind?«
Der Verbrecher hatte sich bereits geschickt durch die Hecke gezwangt und hinter den Zweigen versteckt.
»Ich glaube, du hast einen Sonnenstich«, meinte Lion, »ehrlich.«
»Was sagst du da, hast du nichts gesehen?«
»No. Niemanden.«
Wir schauten einander durchdringend an.
Lion zweifelnd und beleidigt und ich… ich sicherlich auch zweifelnd.
»Ehrenwort, er kam aus dem Cottage heraus!«, rief ich. »Du hast dich nur zu spat umgedreht, als er sich schon in die Hecke schlug.«
»Ich habe doch diese Hecke gesehen, dort war niemand.«
»Du glaubst mir nicht?«, fragte ich.
Lion zogerte. Lustlos sagte er: »Ich glaube dir. Aber ich habe eine normale Sehkraft. Ich hatte es auch gesehen. Vielleicht war das ein Dshedai?«
»Wer?«
»Na, ein galaktischer Ritter, ein Dshedai. Warst du nie im Kino?«
»Ah…«, ich erinnerte mich, »das sind die, die mit Schwertern gekampft haben und sich unsichtbar machen konnten? Aber das ist doch ein Marchen.«
Lion wedelte mit den Handen: »Nicht doch, das ist kein Marchen! Es gibt solche Spinner, sie leben auf dem Avalon. Sie nennen sich galaktische Ritter, fliegen durchs ganze Imperium und kampfen fur die Gerechtigkeit.«
»Und warum sind sie dann Schwachkopfe? Kannst du mir das bitte erklaren?«
»Na deshalb, weil niemand sie braucht. Das ist so eine Art Sekte, verstehst du? In Wirklichkeit gibt es die Flotte des Imperiums, die Polizei, den Hygienedienst und noch vieles mehr. Sie kummern sich um die Aufrechterhaltung der Ordnung. Aber die Dshedais denken, dass es unbedingt solche Ritter geben muss, die nicht fur den Dienst, sondern fur die Idee arbeiten.«
»Und das sind Dshedais?«
»Na ja, damit macht man sich uber sie lustig«, gab Lion zu, »so als wurde man ›Homo‹ zu einem Menschen