gezeichneter Sattelschlepper mit etwas, das wohl ein Habicht sein sollte, auf der Seite und einem bizarren Fahrer mit
Wer mehr als die Begru?ungsseite sehen wollte, hatte die Wahl zwischen vier, funf Moglichkeiten, darunter Kontaktadresse, Frachttarife und Empfehlungen von zufriedenen Kunden. Tess ubersprang sie und klickte auf die letzte, die SEHEN SIE SICH DIE NEUESTE ERGANZUNG UN-SERER FLOTTE AN! lautete. Und als das Foto erschien, fiel das letzte Stuck des Puzzles an seinen Platz.
Die Aufnahme war viel besser als die andere, die Ramona Norville auf der Treppe vor der Bibliothek zeigte. Auf diesem Foto sa? Tess’ Vergewaltiger am Steuer eines auf Hochglanz polierten Frontlenkers, eines Sattelschleppers der Marke Peterbilt, auf dessen Tur in verschnorkelter Zierschrift RED HAWK TRUCKING COLEWICH, MASSACHUSETTS stand. Diesmal trug er seine braune Mutze mit den Bleichmittelflecken nicht, und der auf diese Weise sichtbare blonde Burstenhaarschnitt machte ihn seiner Mutter auf fast unheimliche Weise noch ahnlicher. Sein frohliches Mir-konnen-Sie-vertrauen-Grinsen kannte Tess von gestern Nachmittag nur allzu gut. Er hatte es noch zur Schau getragen, als er gefragt hatte:
Der Anblick des Fotos bewirkte, dass das unheimliche Wutserum rascher durch ihren Organismus kreiste. In ihren Schlafen pochte etwas, das eigentlich kein Kopfschmerz war; eigentlich war es sogar angenehm.
Er trug einen roten Glasring.
Die Bildunterschrift lautete: »Al Strehlke, Prasident von Red Hawk Trucking, am Steuer des neuesten Fahrzeugs der
Sie horte, wie er sie eine Schlampe nannte, eine weinerliche Hurenschlampe, und ballte die Hande zu Fausten. Sie grub die Fingernagel in die Handflachen, druckte noch fester zu, genoss den Schmerz.
Und dann gab es noch Ramona Norville. Die stolze Mama des stolzen Papas. Obwohl Tess sich in Bezug auf sie noch nicht ganz sicher war. Teils weil sie nicht glauben wollte, dass eine Frau zulassen konnte, dass einer anderen Frau etwas so Schreckliches zustie?, aber auch weil eine harmlose Erklarung denkbar war. Chicopee war nicht allzu weit von Colewich entfernt, und Ramona wurde die Stagg Road standig als Abkurzung benutzen, wenn sie dorthin fuhr.
»Um ihren Sohn zu besuchen«, sagte Tess und nickte. »Um den stolzen Papa mit dem neuen Peterbilt- Frontlenker zu besuchen. Vielleicht hat sie sogar die Aufnahme von ihm am Steuer gemacht.« Und wieso sollte sie der Gastautorin nicht ihre Lieblingsroute empfehlen?
»Vielleicht spricht sie uber die Strehlke-Phase ihres Lebens nicht mit Fremden«, sagte Tess. »Die Phase, bevor sie kurze Haare und bequeme Schuhe entdeckt hat.« Das war moglich, aber es gab auch die mit Nageln gespickten verstreuten Bretter zu bedenken. Die Falle. Norville hatte sie dorthin geschickt, und die Falle war rechtzeitig aufgestellt worden. Weil sie ihn angerufen hatte? Weil sie angerufen und gesagt hatte:
»Gar nicht«, sagte Fritzy, nachdem er auf ihren Karteischrank gesprungen war. Er machte sich daran, eine Pfote zu putzen.
»Und wenn er ein Foto von einer gesehen hat, die ihm gefallen hat … eine halbwegs attraktive Frau … hat er wahrscheinlich gewusst, dass seine Mutter sie uber die Stagg Road heimschicken …« Sie hielt inne. »Nein, so kann’s nicht gewesen sein. Wie hatte er ohne Input von seiner Mama gewusst, dass ich nicht nach Boston heimfahre? Oder nach New York zuruckfliege?«
»Du hast nach
Das hing logisch zusammen, wenn auch nur an einem hauchdunnen Faden.
Ihrer Ansicht nach gab es nur eine Moglichkeit, das zweifelsfrei festzustellen: durch einen Uberraschungsbesuch bei Ms. Norville. Ihr in die Augen zu sehen, wenn sie Tess sah. Wenn in ihnen nichts als Uberraschung und Neugier wegen der Ruckkehr der Willow-Grove-Autorin - in Ramonas Heim statt in ihre Bibliothek - stand, war das eine
»Das ware etwas anderes, Fritzy? Oder nicht?«
Fritzy betrachtete sie mit cleveren grunen Augen und putzte sich weiter die Pfote. Sie sah harmlos aus, diese Pfote, aber sie besa? verborgene Krallen. Tess hatte sie nicht nur gesehen, sondern manchmal auch gespurt.
Tess wandte sich wieder ihrem Computer zu und suchte diesmal die Website der Books & Brown Baggers. Sie war sich sicher, dass sie eine finden wurde - heutzutage hatte jeder eine Website, es gab zu »lebenslanglich« verurteilte Haftlinge, die eine Website hatten -, und wurde nicht enttauscht. Die Brown Baggers stellten Buchbesprechungen, interessante Nachrichten uber ihre Mitglieder und lockere Zusammenfassungen - nicht ganz Protokolle - ihrer Treffen ins Netz. Tess entschied sich fur Letztere und begann zu scrollen. Sie brauchte nicht lange, um herauszubekommen, dass das Treffen am 10. Juni in Ramona Norvilles Haus in Brewster stattgefunden hatte. Tess war noch nie dort gewesen, aber sie wusste, wo diese Kleinstadt lag, und war erst gestern auf der Fahrt zu ihrem Gig an einem grunen Turnpike-Wegweiser mit der Aufschrift »Brewster« vorbeigefahren. Es lag nur zwei oder drei Ausfahrten sudlich von Chicopee.
Als Nachstes rief sie die Steuerunterlagen der Brewster Township auf und scrollte nach unten, bis sie Ramonas Namen fand. Sie hatte im Vorjahr fur ihr Grundstuck 75 Lacemaker Lane eine Grundsteuer von 913,06 Dollar gezahlt.
»Hab dich, Schatzchen«, murmelte Tess.
»Du musst uberlegen, wie du diese Sache anfangen willst«, sagte Fritzy. »Und wie weit du zu gehen bereit bist.«
»Wenn ich recht habe«, sagte Tess, »vielleicht ziemlich weit.«
Als sie den Computer herunterfahren wollte, fiel ihr noch etwas ein, das sich zu uberprufen lohnte, obwohl vermutlich nichts dabei herauskommen wurde. Sie rief die Homepage des
Sie blieb einen Augenblick sitzen und trommelte mit den Fingern auf ihre Sessellehne, wie sie das immer tat, wenn ihr bei der Arbeit ein Wort, ein Satz oder ein treffender Ausdruck fehlte. Dann suchte sie eine Aufstellung von Zeitungen im Westen und Suden von Massachusetts und fand den
Strehlke war in seiner Garage an einem Dachbalken hangend aufgefunden worden. Er hatte keinen Abschiedsbrief hinterlassen, und Ramona wurde nicht zitiert, aber ein Nachbar sagte, Mr. Strehlke sei wegen
