ihre Kinder zu ernahren, und etwas gegen dahergelaufene Nordamerikaner haben, die ihnen vorschreiben wollen, was sie zu tun und zu lassen haben.«
Sally zog eine Schnute, und Tom bemerkte, dass sie verargert war. Der Wagen schnurrte uber den schillernden As-phalt. Tom schaltete die Klimaanlage ein. Er wurde froh sein, wenn alles voruber war. Sein Leben konnte Komplikationen wie Sally Colorado nicht gebrauchen.
Sally warf ihr goldfarbenes Haar nach hinten und verbrei-tete einen leichten Duft von Parfum und Shampoo. »Trotz-dem stort mich etwas. Es geht mir einfach nicht aus dem Kopf.«
»Was denn?«
»Barnaby und Fenton. Kommt es Ihnen nicht auch seltsam vor, dass die beiden gestorben sind, kurz nachdem sie bei dem angeblichen Raub ermittelt haben? Der Zeitpunkt des
Tom schuttelte den Kopf. »Das ist einfach nur Zufall, Sally.«
»Mir kommt er nicht ganz geheuer vor.«
»Ich kenne die Ski Basin Road, Sally. Und Nun's Corner ist eine geradezu morderische Kurve. Die beiden sind nicht die Ersten, die da ums Leben gekommen sind.«
»Was haben sie uberhaupt in der Ski Basin Road gemacht?
Die Skisaison ist doch langst vorbei.«
Tom seufzte. »Wenn Sie sich solche Sorgen machen, rufen Sie doch einfach mal diesen Hernandez an und erkundigen sich danach.«
»Das werde ich auch.« Sally holte ihr Handy aus der Handtasche und gab eine Nummer ein. Tom horte, wie sie ein halbes Dutzend Mal von einer Telefonistin zur nachsten verbunden wurde, bis sie Hernandez schlie?lich erreichte.
»Hier ist Sally Colorado«, sagte sie. »Erinnern Sie sich an uns ?«
Pause.
»Ich mochte etwas uber den Tod von Barnaby und Fenton wissen.«
Noch eine Pause.
»Was haben die beiden da oben am Ski Basin gemacht?«
Wieder eine lange Wartezeit. Tom ertappte sich dabei, dass er angestrengt lauschte, obwohl er das Gefuhl hatte, es sei reinste Zeitverschwendung.
»Ja, eine tragische Sache«, sagte Sally. »Und wo wollten sie diese Angeltour machen?«
Wieder Stille.
»Danke.«
Sally klappte das Telefon zu und schaute Tom an. Tom hatte ein mulmiges Gefuhl im Magen, denn ihr Gesicht war bleich geworden.
»Sie sind zum Ski Basin raufgefahren, um einer Meldung uber Vandalismus nachzugehen. Es war aber falscher Alarm. Auf dem Ruckweg haben die Bremsen ihres Wagens versagt. Sie wollten die Geschwindigkeit reduzieren, indem sie an der Leitplanke entlanggeschlittert sind, aber die Stra-
?e war einfach zu steil. Als sie Nun's Corner erreichten, hatten sie fast hundertfunfzig Sachen drauf.«
»Gott im Himmel!«
»Nach dem Absturz aus einer Hohe von hundertzwanzig Metern und der Explosion war von dem Wagen nicht mehr viel ubrig. Man geht aber nicht von Sabotage aus. Der Fall ist besonders tragisch, weil Barnaby und Fenton einen Tag spater zu einer gro?en Tarpon-Angeltour aufbrechen wollten.«
Tom schluckte. Dann stellte er die Frage, die er eigentlich gar nicht stellen wollte. »Wohin?«
»Nach Honduras. In einen Ort namens Laguna de Brus.«
Tom verlangsamte, warf einen Blick in den Ruckspiegel, trat auf die Bremse, bis die Reifen kreischten, gab Gas und drehte um.
»Sind Sie verruckt? Was machen Sie denn da?«
»Ich fahre zum nachsten Flughafen.«
»Warum denn?«
»Weil jemand, der zwei Polizisten umbringt, mit Sicherheit auch keine Skrupel hat, meine Bruder zu toten.«
»Glauben Sie, jemand hat von dem versteckten Erbe erfahren?«
»Und ob ich das glaube!« Tom beschleunigte auf den Fluchtpunkt am Horizont zu. »Sieht so aus, als gingen wir gemeinsam nach Honduras.«
13
Philip Broadbent anderte seine Position, um im Innern des Einbaums bequemeren Halt zu finden. Zum vierten oder funften Mal verschob er die weicheren Bundel der Ausrustung, damit sie eine Art Sessel bildeten. Das Boot glitt zwischen zwei schweigenden Mauern aus gruner Vegetation flussaufwarts, der Motor schnurrte, der Bug zerschnitt das glatte schwarze Wasser. Es war wie eine Reise durch eine hei?e grune Grotte, in der man die Echos des furchtbaren Kreischens, die Schreie und Pfiffe der Dschungeltiere vernahm. Moskitos bildeten eine bestandig surrende Wolke um das Boot und reisten ihnen hinterher. Die Luft war schwul und klebrig. Es war, als atme man Moskitosuppe ein.
Philip zog die Pfeife aus der Tasche, klopfte sie an der Bordwand aus und stopfte sie mit Tabak aus der Dunhill-Dose, die er in einer Tasche seiner Barbour-Safari-Khakikleidung aufbewahrte. Er lie? sich Zeit, um sie anzuzunden, dann blies er eine Rauchwolke in den Moskitoschwarm hinein und sah zu, wie sich in der surrenden Masse eine Schneise bildete, die sich, kaum dass der Rauch verzogen war, wieder schloss. Die Moskito-Kuste machte ihrem Namen alle Ehre, denn nicht einmal das Zeug, das Philip sich auf Haut und Kleider gespruht hatte, bot adaquaten Schutz. Au?erdem war es olig und roch abscheulich. Wahrscheinlich sickerte es sogar in seinen Blutstrom ein und vergiftete ihn obendrein.
Philip murmelte eine Verwunschung und erzeugte eine neue Rauchwolke.
Er anderte erneut seine Position. Hier konnte man einfach nicht bequem sitzen. Hauser kam, einen Discman an der Hand, vom Bug des Einbaums zuruck und nahm neben ihm Platz. Er roch nicht nach Insektenspray, sondern nach Rasierwasser. Au?erdem sah er ebenso kuhl und frisch aus, wie Philip sich verschwitzt und klebrig fuhlte. Hauser nahm den Kopfhorer ab und ergriff das Wort.
»Gonz hat den ganzen Tag Spuren von Max' Reise gesammelt. Wenn wir morgen nach Pito kommen, wissen wir mehr.«
»Wie kann man auf einem Fluss Spuren sichten?«
Hauser lachelte. »Es ist eine Kunst, Philip. Eine abgerisse-ne Kletterpflanze hier, ein Landeplatz da, und die Markierung einer Stake auf uberspulten Sandbanken. Der Fluss ist so trage, dass die Spuren an seinem Boden wochenlang erhalten bleiben.«
Philip zog gereizt an seiner Pfeife. Diese eine Folter seines Vaters wollte er noch ertragen, doch dann war er frei. Endlich frei, um sein Leben zu fuhren, ohne dass der alte Arsch sich einmischte, an ihm herumkrittelte und wie der Geiz-hals Dagobert Duck Geldpakete verteilte. Zwar liebte er seinen Vater, und auf einer gewissen Ebene fuhlte er sich aufgrund seiner Krankheit und seines Todes auch schlecht, doch dies anderte nichts an seinen Gefuhlen, was diese Intrige betraf. Sein Vater hatte in seinem Leben viele damliche Dinge getan, aber dies schlug dem Fass den Boden aus.
Dieser pompose Abschied war typisch Maxwell Broadbent.
Philip rauchte und schaute den vier Soldaten zu, wie sie im vorderen Teil des Bootes mit einem schmierigen Karten-spiel zockten. Das andere Boot mit den restlichen acht Soldaten war ihnen etwa funfzig Meter voraus und legte eine ubel riechende Spur blauer Abgase uber das Gewasser.
Gonz, der leitende
Plotzlich stie? ein Soldat am Bug ihres Einbaums einen Schrei aus. Er war aufgestanden und deutete aufgeregt auf etwas, das im Wasser schwamm. Hauser zwinkerte Philip zu, sprang auf die Beine, zuckte die an