Schutzma?nahmen nicht zu einem Ergebnis. Unter einer Bedingung: Jeder hat bei Arbeiten au?erhalb des Kraftfeldes einen abgeschutzten Mann hinter sich, der ihn standig beobachtet. Keinen aus den Augen verlieren — das ist oberster Grundsatz auf Regis iu.“

„Welcher Gruppe teilen Sie mich zu?“

„Mochten Sie beim ›Kondor‹ arbeiten? Wie ich sehe, nicht. Gut. Bleiben die Stadt oder die Wuste. Sie durfen wahlen.“

„Ich wahle die Stadt, Astrogator. Ich glaube noch immer, da? das Geheimnis dort verborgen ist.“

„Moglich. Sie nehmen also morgen — nein, es ist ja schon heute, drau?en dammert es bereits — Ihre Gruppe von gestern.

Ich gebe Ihnen einige Arctane mit. Ein paar Handlaser waren auch nicht verkehrt. Ich habe namlich den Eindruck, da? es aus geringer Entfernung wirkt.“

„Was eigentlich?“

„Wenn ich das wu?te… Ach so, eine Kuche nehmen Sie auch mit, damit Sie vollig unabhangig sind und notfalls ohne Proviantzufuhr vom Raumschiff arbeiten konnen.“

Die rote, kaum warmende Sonne war uber das Firmament gerollt. Die Schatten der grotesken Bauten wurden langer und verschmolzen miteinander. Der Wind wehte die Wanderdunen zwischen den Metallpyramiden von einer Stelle zur anderen. Vom Dach eines schweren Gelandefahrzeugs aus beobachtete Rohan durch das Fernrohr Gralew und Chen, die sich au?erhalb des Schutzfeldes am Fu?e einer schwarzlichen „Honigwabe“ zu schaffen machten.

Der Riemen, an dem sein Handlichtwerfer hing, schnitt in den Nacken ein. Ohne die beiden Manner aus den Augen zu lassen, schob er ihn so weit wie moglich nach hinten. Der Plasmabrenner in Chens Hand funkelte wie ein winziger, aber spruhender Brillant. Aus dem Wageninnern drang das Rufzeichen zu ihm, das sich in gleichma?igen Abstanden wiederholte, aber er wandte nicht ein einziges Mal den Kopf. Er horte den Fahrer antworten.

„Navigator! Befehl des Kommandanten! Wir sollen sofort zuruck!“ schrie Jarg aufgeregt und steckte den Kopf durch das Turmluk.

„Zuruck? Warum?“

„Das wei? ich auch nicht. Sie senden dauernd das Ruckkehrsignal und schon viermal EV.“

„EV? Oje, ich bin ganz steif! Dann mussen wir uns aber beeilen. Geben Sie mir das Mikrofon und holen Sie die Blinkfeuer heraus.“

Zehn Minuten spater waren alle Leute aus der Au?enzone bereits in den Fahrzeugen. Rohan trieb seine kleine Kolonne zu der hochsten Geschwindigkeit an, die in dem hugeligen Gelande moglich war. Blank, der jetzt bei ihm als Funker arbeitete, reichte ihm plotzlich die Kopfhorer.

Rohan stieg in den stahlernen Leib des Fahrzeugs, wo es nach hei?em Plast roch, und horte beim Surren des Ventilators, dessen Luftzug ihm die Haare durcheinanderwehte, die Funkspruche mit, die zwischen Gallaghers Gruppe in der Westwuste und dem „Unbesiegbaren“ gewechselt wurden.

Ein Gewitter schien heraufzuziehen. Schon seit dem Morgen hatten die Barometer niedrigen Luftdruck angezeigt, aber erst jetzt krochen flache, dunkelblaue Wolken uber den Horizont hoch. Oben war der Himmel klar. An atmospharischen Storungen mangelte es wahrlich nicht — es knisterte derma?en in den Kopfhorern, da? nur Morseverbindung moglich war. Rohan fing eine Gruppe verschlusselter Signale auf. Er hatte sich zu spat eingeschaltet und wu?te nicht, worum es ging. Er verstand lediglich, da? auch Gallaghers Gruppe mit Hochstgeschwindigkeit zuruckkehrte, da? an Bord des Raumschiffes Alarmbereitschaft befohlen war und alle Arzte an ihre Platze beordert worden waren.

„Alarmbereitschaft fur die Arzte“, sagte er zu Ballmin und Gralew, die ihn erwartungsvoll ansahen. „Ein Unfall, aber sicherlich nichts Ernsthaftes. Vielleicht hat es einen Erdrutsch gegeben, und jemand ist verschuttet worden.“

Er sagte das, weil bekannt war, da? Gallaghers Leute an einer bei der Gelandeerkundung bestimmten Stelle geologische Ausgrabungen vornehmen sollten. Im Grunde aber glaubte er selbst nicht, da? es sich um einen gewohnlichen Arbeitsunfall handelte.

Knapp sechs Kilometer waren sie vom Raumschiff entfernt, aber die andere Gruppe war offensichtlich viel fruher zuruckgerufen worden, denn als sie die steile, schwarze Silhouette des „Unbesiegbaren“ erblickten, uberquerten sie ganz frische, von Raupenfahrzeugen stammende Spuren, die sich bei diesem Wind keine halbe Stunde gehalten hatten.

Sie naherten sich der Grenze des Au?enfeldes und riefen die Steuerzentrale, die ihnen den Durchgang offnen sollte.

Sie mu?ten erstaunlich lange auf Antwort warten. Endlich leuchteten die ublichen blauen Signale auf, und sie fuhren in die Schutzzone ein. Die Gruppe vom „Kondor“ war schon da. Also war sie es gewesen, die vor ihnen hereingeholt worden war, und nicht Gallaghers Geologen. Neben der Rampe und in der Einfahrt standen Raupenfahrzeuge im Wege, Menschen liefen planlos durcheinander, bis an die Knie im Sand einsinkend. Automaten blinkten mit Scheinwerfern.

Es dammerte bereits. Zunachst fand sich Rohan in diesem Wirrwarr nicht zurecht. Plotzlich sturzte aus der Hohe ein greller Lichtstrahl herab. Der gro?e Scheinwerfer verwandelte die Rakete in einen riesigen Leuchtturm. Der Scheinwerfer hatte weit hinten in der Wuste eine Lichterkolonne aufgespurt, die hin und her tanzte, als ware eine ganze Kriegsflotte im Anzug. Wieder flammten die Leuchtfeuer des Kraftfeldes auf, und es offnete sich. Die Maschinen standen noch nicht, da sprangen Gallaghers Manner schon in den Sand. Von der Rampe rollte ein zweiter Scheinwerfer heran und durch das dichte Spalier der abgestellten Maschinen schritt eine Gruppe von Leuten mit einer Trage, auf der jemand lag.

Als sie an Rohan vorbeikamen, stie? er seine Vordermanner zur Seite und erstarrte. Im ersten Moment glaubte er wirklich an einen Unfall, aber dem Mann auf der Trage waren Arme und Beine gefesselt.

Er wand sich so, da? die Stricke achzten, mit denen er gebunden war, und gab dabei mit weit aufgerissenem Mund furchtbare, winselnde Laute von sich. Die Gruppe war den Lichtkegeln der Scheinwerfer gefolgt und entfernte sich immer weiter, aber das menschenunahnliche jaulen, unvergleichbar allem, was er jemals gehort hatte, drang noch immer zu ihm, der jetzt im Dunkeln stand. Der wei?e Fleck mit den Gestalten darin wurde kleiner, glitt die Rampe hinauf und verschwand in dem schwarz gahnenden Loch der Ladeluke. Rohan erkundigte sich, was denn vorgefallen sei, aber in seiner Nahe waren nur Leute von der „Kondorgruppe“, die genausowenig wu?ten wie er.

Eine ganze Weile verging, bevor er so weit zu sich gekommen war, da? er einigerma?en Ordnung schaffen konnte.

Die Maschinenkolonne setzte sich wieder in Bewegung und zog larmend die Rampe hinauf, am Fahrstuhl flammten die Lichter auf, die Schar derer, die unten warteten, wurde kleiner.

Als einer der letzten fuhr Rohan mit den schwerbeladenen Arctanen hinauf, deren unerschutterliche Ruhe ihm als besonders gehassiger Spott erschien. Im Schiffsinnern war das anhaltende Klingeln der Informatoren und der Telefone zu horen, an den Wanden leuchteten noch immer die Alarmsignale fur die Arzte, doch bald darauf erloschen sie.

Die Gange leerten sich. Ein Teil der Besatzung fuhr in die Messe hinunter. Er horte Gesprache auf dem Gang und hallende Schritte. Ein verspateter Arctan strebte stampfend der Roboterabteilung zu. Schlie?lich hatten sich alle zerstreut.

Er aber blieb wie gelahmt zuruck, als hatte er keine Hoffnung mehr, das Geschehene jemals zu begreifen, und als ware er plotzlich zu der Erkenntnis gelangt, da? es fur all das keine Erklarung gab und niemals geben wurde.

„Rohan!“

Gaarb stand vor ihm. Der Anruf ruttelte ihn wach. Er zuckte zusammen.

„Ach Sie, Doktor? Haben Sie es auch gesehen? Wer war das?“

„Kertelen.“

„Was? Unmoglich!“

„Ich habe ihn fast bis zuletzt gesehen.“

„Bis zuletzt?“

„Ich war mit ihm zusammen“, sagte Gaarb mit unnaturlich ruhiger Stimme. Rohan sah die Ganglampen in seinen Brillenglasern funkeln.

„Bei der Expeditionsgruppe in der Wuste?“ stie? er hervor.

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