Jazon rausperte sich. „Das Feld ist mit zweieinhalb getestet worden.“
„Das hort sich schon anders an. Haben Sie das mitbekommen, Rohan? Wenn die Wolkenwand Sie bis an diese Grenze druckt, dann rucken Sie aus. Am besten nach oben.
Im ubrigen kann ich Ihnen ohnehin nicht alles vorweg sagen…“ Er blickte auf die Uhr. „Acht Stunden nach dem Start lasse ich Sie uber alle Wellenbereiche rufen. Sollte das erfolglos sein, dann versuchen wir, entweder uber trojanische Satelliten oder optisch Verbindung aufzunehmen. Wir lasern im Morsealphabet. Ich habe noch nicht gehort, da? das nicht geklappt hatte. Aber wir mussen mehr einkalkulieren, als wir bisher gehort haben. Wenn auch die Laser nicht ausreichen, dann starten Sie drei Stunden spater und kommen zuruck. Wenn ich nicht da bin…“
„Sie wollen starten?“
„Unterbrechen Sie mich nicht, Rohan! Nein, das habe ich nicht vor, aber es hangt ja nicht alles von uns ab. Sollte ich nicht mehr hier sein, so begeben Sie sich bitte auf Planetenumlaufbahn.
Haben Sie das mit einem Superkopter schon mal gemacht?“
„Jawohl. Zweimal im Delta der Leier.“
„Gut. Sie wissen also, da? es ein bi?chen kompliziert, aber durchaus moglich ist. Die Umlaufbahn mu? stationar sein.
Die genauen Daten gibt Ihnen Strom vor dem Start. Auf der Umlaufbahn warten Sie 36 Stunden auf mich. Melde ich mich in dieser Zeit nicht, so kehren Sie auf den Planeten zuruck.
Sie fliegen zum ›Kondor‹ und versuchen, ihn in Betrieb zu setzen. Ich wei?, wie das klingt, aber Ihnen wird nichts anderes ubrigbleiben. Wenn Sie dieses Kunststuck fertiggebracht haben, kehren Sie mit dem ›Kondor‹ auf die Erde zuruck und erstatten dort Bericht. Noch Fragen?“
„Ja. Darf ich Kontakt mit diesen… mit dem Zentrum aufnehmen, das die Wolke steuert, wenn es mir gelingt, es ausfindig zu machen?“
„Auch das uberlasse ich Ihnen. Jedenfalls mu? das Risiko in vernunftigen Grenzen bleiben. Ich wei? naturlich gar nichts, aber ich glaube, dieses Dispositionszentrum ist nicht auf der Oberflache des Planeten. Im ubrigen scheint es mir fraglich, da? es existiert. “
„Wie meinen Sie das?“
„Wir horen doch uber Funk das ganze elektromagnetische Spektrum ab. Wenn jemand diese Wolke mit Hilfe von Strahlen steuerte, so wurden wir entsprechende Signale registrieren.“
„Das Zentrum kann in der Wolke gesteckt haben.“
„Mag sein. Ich wei? es nicht. Jazon, ist es moglich, da? es eine Art von Fernverbindung gibt, die unabhangig ist von elektromagnetischen Wellen?“
„Nein, das gibt es nicht — wenn Sie nach meiner Meinung fragen.“
„Wonach sollte ich sonst fragen?“
„Was ich wei?, das ist nicht gleichbedeutend mit dem, was existiert oder existieren konnte. Wir kennen keine solche Art. Das ist alles.“
„Telepathie…“, bemerkte einer im Hintergrund.
„Dazu habe ich nichts zu sagen“, entgegnete Jazon trokken.
„Jedenfalls ist im erforschten Teil des Kosmos nichts dergleichen entdeckt worden.“
„Meine Herren, wir konnen unsere Zeit nicht mit nutzlosen Diskussionen vergeuden. Holen Sie Ihre Leute zusammen, Rohan, und bereiten Sie den Superkopter vor.
Die ekliptischen Bahnangaben erhalten Sie in einer Stunde von Strom. Kollege Strom, bitte, berechnen Sie eine konstante Umlaufbahn mit Sooo Apogaum.“
„Jawohl, Astrogator.“
Der Astrogator offnete einen Spalt breit die Tur der Steuerzentrale.
„Wie steht's, Terner? Nichts?“
„Nichts, Astrogator. Das hei?t Knackgerausche. Eine Menge statischer Storungen, sonst nichts.“
„Keine Spur von Emissionsspektrum?“
„Keine Spur.“
Das bedeutet, da? keine der beiden Maschinen noch Waffen benutzt, da? sie aufgehort haben zu kampfen, dachte Rohan. Wenn sie die Aktion mit Laserfeuer oder auch nur mit Induktionswerfern fortsetzten, dann wurden die Me?gerate des „Unbesiegbaren“ das auf eine Entfernung von etlichen hundert Kilometern feststellen.
Rohan war zu sehr von der dramatischen Situation gefesselt, als da? ihn der Auftrag des Astrogators beunruhigt hatte. Im ubrigen hatte er gar keine Zeit dazu gehabt. In dieser Nacht tat er kein Auge zu. Alle Einrichtungen des Superkopters waren zu uberprufen, zusatzliche Tonnen Treibstoff mu?ten getankt, Vorrate und Waffen mu?ten verladen werden, so da? sie mit Muhe und Not zur festgesetzten Stunde fertig wurden. Und die siebzig Tonnen schwere, zweistockige Maschine hob sich, Sandwolken aufwirbelnd, in die Luft und flog pfeilgerade nach Nordosten, als der Rand der roten Sonnenscheibe eben am Horizont auftauchte. Gleich nach dem Start stieg Rohan auf funfzehn Kilometer Hohe. Im Bereich der Stratosphare konnte er Hochstgeschwindigkeit entwickeln, au?erdem war er dort weniger in Gefahr, der schwarzen Wolke zu begegnen.
Das nahm er zumindest an.
Vielleicht hatte er recht, vielleicht war es aber auch nur ein glucklicher Zufall — jedenfalls setzten sie eine knappe Stunde spater in der schragen Sonne uber einem versandeten Krater, dessen Boden noch im Morgendammer lag, zur Landung an. Bevor die nach unten ausbrechenden, hei?en Gassaulen Sandfontanen hochschleuderten, alarmierten die Bildoperateure die Navigationskabine mit der Meldung, etwas Verdachtiges im nordlichen Kraterteil entdeckt zu haben. Die schwere Flugmaschine hielt an, leicht zitternd wie auf einer unsichtbaren, gespannten Feder, und aus funfhundert Meter Hohe wurde die Stelle einer eingehenden Betrachtung unterzogen.
Der Bildschirm des Vergro?erers zeigte auf graubraunem Hintergrund winzige Rechtecke, die sich in geometrischer Anordnung um ein gro?eres, stahlgraues Rechteck gruppierten.
Rohan erkannte gleichzeitig mit Gaarb und Ballmin, die neben ihm am Steuer sa?en, die Fahrzeuge von Regnars Expedition.
Ohne zu zogern und unter Beachtung aller Vorsichtsma?regeln landeten sie nicht weit davon entfernt. Die Teleskopbeine des Superkopters arbeiteten noch und knickten gleichma?ig ein, als das Fallreep bereits hinabgelassen wurde und zwei mit einem beweglichen Kraftfeld abgeschirmte Aufklarungsmaschinen ausgesandt wurden. Das Kraterinnere ahnelte einer flachen Schussel mit schartigen Randern. Eine schwarzbraune Lavakruste bedeckte den zentralen Vulkankegel.
Um die anderthalb Kilometer zuruckzulegen — so viel betrug ungefahr die Entfernung —, brauchten die Aufklarungsfahrzeuge wenige Minuten. Die Funkverbindung war ausgezeichnet. Rohan sprach mit Gaarb, der in dem ersten Transporter war.
„Die Steigung hort auf, gleich werden wir sie sehen“, sagte Gaarb einige Male, und plotzlich schrie er: „Da sind sie! Ich sehe sie!“ Ruhiger fugte er hinzu: „Anscheinend alles in Ordnung. Eins, zwei, drei, vier — alle Maschinen sind da. Aber warum stehen sie in der Sonne?“
„Und die Leute? Sehen Sie die Leute?“ erkundigte sich Rohan, der mit zusammengekniffenen Augen vor dem Mikrofon sa?.
„Ja. Etwas bewegt sich dort… zwei Manner. Da, noch einer… und einer liegt im Schatten… Ich sehe sie, Rohan!“
Seine Stimme entfernte sich. Rohan horte ihn etwas zu seinem Fahrer sagen. Dann ertonte ein dumpfes Echo vom Abschu? einer Rauchrakete. Gaarbs Stimme war wieder da.
„Das war zur Begru?ung. Der Rauch wurde ein bi?chen in ihre Richtung geweht. Gleich wird er sich verteilen. Jarg, was ist dort? Was ist los? He, ihr da!“
Sein Schrei fullte auf einmal die ganze Kabine und brach ab. Rohan vernahm Motorengerausch, das immer schwacher wurde und bald darauf verstummte, dann waren Laufschritte zu horen, undeutliche, durch die Entfernung gedampfte Rufe, ein Aufschrei, ein zweiter, schlie?lich trat Stille ein.
„Hallo, Gaarb! Gaarb!“ wiederholte er mit starren Lippen.
Die Schritte im Sand naherten sich, der Lautsprecher knarrte.
„Rohan!“ Gaarbs Stimme klang fremd, er keuchte. „Rohan!
Dasselbe wie bei Kertelen! Sie sind nicht bei Sinnen, sie erkennen uns nicht, sie sprechen nicht… Rohan, horen Sie mich?“