bekommen. Er ist auch so schon ha?lich genug.

Der verruckte Wissenschaftler beugt sich zum Kafig vor und starrt mich an.

Einige Zeit ist verstrichen, der Wissenschaftler ist verschwunden. Es gelingt mir endlich, mich aufzurichten, zum Trog zu humpeln. Ich verrichte meine Notdurft. Die Exkremente eines Gorillas sind staubtrocken, ohne

eine Spur von Flussigkeit. Ich wei? nicht, was ich gegessen habe – oder besser gesagt, was der ehemalige Besitzer dieses Korpers zu sich genommen hat.

Als ich fertig bin, lege ich mich wieder hin. Mein Kopf tut weh, mein Korper auch. Ich schlafe ein.

Irgendwann spure ich wieder eine Nadel, die meine Haut durchsticht. Ich bin zu schwach, um mich zu wehren. Mein Schlaf ist voller verschwommener Alptraume.

Ich erwachte, als das Licht des Morgens durch meine Lider drang. Ich streckte mich. Mein linker Arm schmerzte, war rings um den Einstich der Injektionsnadel angeschwollen. Hinter den Gitterstaben des Kafigs sah ich einen Medizinschrank mit leeren Flaschen. Intravenose Ernahrung erspart Zeit und Muhe.

Ich stand auf, ging zur Latrine, trat auf den Hebel, und Wasser kam aus dem Hahn. Ich wusch mir das Gesicht. Das kalte Wasser fuhlte sich nicht so an wie fruher, wenn ich mich gewaschen hatte. Wie fruher, als ich noch ein Mensch gewesen war… Es fuhlte sich an, als ware noch eine zweite Haut auf meine normale Gesichtshaut geklebt – eine Lederhaut. Ich zerrte mit ungeschickten Fingern an meinen Wangen, ballte die Hande, versuchte die Zehen zu bewegen.

Wieder trat ich auf das Pedal, hielt meine behaarte Hand, die so gro? wie ein Notizblock war, unter den Wasserstrahl. Der Raum war hell, von einer unsichtbaren Lichtquelle erleuchtet.

Ich beobachtete, wie sich der Trog fullte, wie das Wasser uber meine Hand lief. Es war, als wurden Bache durch einen Miniaturwald flie?en. Dann nahm ich den Fu? vom Pedal, starrte in den Wasserspiegel.

Gorillaaugen. Winzig. Eine niedere, zuruckweichende Stirn. Ein Kopf wie ein Pflasterstein. Dick. Ha?lich. Ich setzte mich auf den Boden und bog die Zehen nach innen. Ich konnte es nicht glauben. Ich blieb sitzen, bis mir bewu?t wurde, wie ich in dieser Stellung aussehen mu?te. Wie ein Gorilla. Ein Gorilla, der versucht, die Ratsel des Universums zu losen. Ich stand auf und begann langsam in meinem Kafig auf und ab zu gehen. Dann stellte ich mich vor die Gitterstabe, streckte beide Hande hindurch. Das tun keine Gorillas. Das tun nur Menschen.

Gorilla, Gorilla…

Der menschlichste, der furchterlichste Affe. Niemand glaubte die Geschichten, die die Eingeborenen erzahlten. Die alten Manner aus den Waldern. Sie leben dort, sie schlagen sich auf die Brust, sie jagen einen davon, sie toten. Sie haben Zahne, so gro? wie Messer. Punkts hat uber sie geschrieben. Die Romer haben sie gekannt, spater die Spanier und die Portugiesen. Und auch sie haben es nicht geglaubt.

Zwei Gorillas… Der eine lebte in der Ebene, im Regenwald, der andere auf den Bergen. Doch sie starben, als ihnen die Menschen das Land wegnahmen.

Der Gorilla ist gro?. Er sieht wild aus. Bestialisch – vielleicht, weil er dem Menschen so ahnlich ist und doch so weit von ihm entfernt. So stark, so schwer. Ein Mensch, grotesk verformt, wie in einem Alptraum.

Der Gorilla will kampfen, und doch ist er scheu. Er schlagt sich auf die Brust, weil er nichts Besseres zu tun wei?. Die ausgewachsenen Mannchen beschutzen die Weibchen und die Jungen. Normalerweise laufen sie davon und greifen nicht an.

Seht euch den Gorilla an, den Schrecken des Dschungels, den Killer aus dem Kongo, den Konig der Affen. Gorilla, Gorilla…

Der verruckte Wissenschaftler hie? Hudson.

So nannte ihn der unsympathische Assistent am nachsten Tag.

Ich beobachtete die beiden, als sie in den Raum kamen und sich miteinander unterhielten.

Dann stand ich auf.

»Sehen Sie?« rief Hudson. »Er steht auf zwei Beinen.«

Ich ging zu den Gitterstaben, gestikulierte mit beiden Handen. Ich wollte wissen, warum.

Hudson beobachtete mich aufmerksam.

»Sehen Sie?« sagte er zu Tuleg. »Er versteht uns. Er ist immer noch ein Mensch.«

Ich fuhlte mich unsicher. Ich konnte nicht gut auf zwei Beinen gehen. Aber ich wu?te auch nicht, wie man auf allen vieren geht. Jedenfalls nicht auf die Art, wie man es als Mensch tun wurde. Da ich nicht wu?te, was ich tun sollte, setzte ich mich einfach auf den Boden.

»Er ist etwas durcheinander«, meinte Hudson. »Aber er wird noch viel lernen.«

»Und wer wird ihm was beibringen?« fragte Tuleg.

»Wir«, sagte Hudson.

Zum erstenmal lag Autoritat in seiner Stimme.

Die Tage verstrichen. Sie ernahrten mich immer noch intravenos und machten mich mit Drogen fertig.

Und dann begann Hudson mit mir zu sprechen, wie mit einem Kind.

Ich versuchte zu reden. Was dabei herauskam, klang wie nnnngnnnnnnnnnnng.

Ich wollte schreiben. Ich bewegte die Hande, als ob ich schreiben wurde.

Hudson brachte mir Bleistift und Papier und lachelte glucklich.

Meine Finger waren wie Holzklotze. Mein Daumen war wie ein Schmiedehammer. Zu einem Buchstaben brauchte ich eine ganze Seite. Ich versuchte es immer wieder.

»Du wirst es schon noch lernen«, sagte der verruckte Wissenschaftler. »Mach dir keine Sorgen.«

Ich warf den Bleistift auf den Boden und zerri? das Papier mit ungeschickten Fingern. Nicht einmal das konnte ich richtig, und so blieb mein Wutausbruch wirkungslos.

»Nicke, wenn du mich verstehst«, sagte er.

Ich nickte.

Hudson lachte und klatschte in die Hande. »Du verstehst mich!« rief er und begann zu hupfen. »Du verstehst mich!«

Ich nickte weiter, und nun freute ich mich auch.

»Warte, das mu? ich Tuleg erzahlen«, sagte er und rannte aus dem Zimmer. Ich stand enttauscht vor den Gitterstaben. Wir hatten Kontakt miteinander aufgenommen, wenn auch auf primitive Art. Und nun war er davongelaufen – einfach davongelaufen.

Ich wollte nicht allein sein. Ich schrie. Ich brullte. Ich ruttelte an den Staben, bis sich alles in meinem Kopf drehte. Ich mu?te mich setzen. Zitternd sank ich auf den Boden.

Ich entdeckte, da? Gorillas weinen konnen.

Ich hielt den Bleistift in der Hand und wiegte mich in den Schlaf.

Am nachsten Morgen fand ich heraus, was hier nicht stimmte. Dr. Hudson war wahnsinnig – wirklich wahnsinnig. Ich hatte mir nie zuvor uber die sogenannten verruckten Wissenschaftler Gedanken gemacht. Nun war ich dazu gezwungen. Er mu?te den Verstand verloren haben, sonst hatte er nicht so ein Experiment gemacht. Aber das war nicht der einzige Ausdruck seines Wahnsinns. Nein. Er war vollig verruckt. Er war davongelaufen, als wir einen Weg gefunden hatten, uns zu verstandigen. Er hatte sich bemuht, einen Gorilla aus mir zu machen, und dann hatte er versucht, wieder den Menschen in mir an die Oberflache zu holen. Und in dem Augenblick, als ihm das gelungen war, hatte er mich vergessen. Er war verruckt.

Tuleg kam herein und schlo? die Tur.

Ich sa? da, mit dem Bleistift in der Hand, die Zehen nach innen gebogen, die Beine flach auf dem Boden. Ich starrte ihn an.

Er stand mit verschrankten Armen vor mir. Mit seinem Glatzkopf erinnerte er mich an Boris Karloff, der den Scharfrichter im »Tower von London« gespielt hat.

Er sagte nichts. Dann ging er zum Schrank in der Ecke und nahm einen langen dunnen Stock heraus.

Ich sprang auf. So etwas hatte ich schon einmal gesehen.

»Ha, ha, ha!« rief er. »Du wei?t also, was ein Stachelstock ist.«

Er kam auf mich zu, bewegte den Kopf so, da? er immer Blickkontakt mit mir hatte, zwischen den Gitterstaben hindurch. Er schob den Stock in den Kafig. Die Spitze verspruhte einen grellen Funken. Mir war, als sei ich zugleich gestochen und geschlagen worden. Ich brullte und sprang zuruck.

Doch er war schneller als ich, und der Stock beruhrte mich immer wieder…

Ich schrieb mit dem Bleistift, obwohl er mir immer wieder elektrische Schlage versetzte und dabei lachte. Ich zitterte am ganzen Korper.

NEIN schrieb ich, und er sah es, schlug mir den Bleistift aus der Hand. Ich griff danach, und er hieb auf

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