behaarten Finger.
Ich fuhr zusammen, als hatte ich wieder einen elektrischen Schlag bekommen.
»Du brauchst dich nicht zu furchten«, sagte sie. »Ich will dir helfen, so gut ich kann.«
Sie beugte sich zu mir, hielt meine Hand fest.
»Meinem Vater geht es nicht gut«, erklarte sie und sah mir in die Augen. »Er ist krank – in mancher Beziehung.«
Sie ku?te meine Finger, direkt uber den Nageln, ku?te die Haare zwischen dem Daumen und dem Zeigefinger.
Verruckt… Sie ist auch verruckt…
Ich sitze in der Ecke meines Kafigs, den Rucken an die Stabe gelehnt, die Beine vor mir ausgestreckt. Ich blicke auf meine behaarten Knie.
Ich denke nach.
Zuerst hat man diese Filme gedreht. Ich habe sie alle gesehen, in jenem anderen Leben. Der Gorilla ist das personifizierte Grauen, der anthropoide Killer, der Manner und Kinder ermordet und Frauen vergewaltigt.
Der Penis eines ausgewachsenen Gorilla ist nur zwei Zoll lang. Fragen Sie mich. Ich mu? es ja wissen.
»Der Riesengorilla« – »Der wei?e Pongo« – »Nabongo« – »Killer Gorilla«.
In Edgar Allan Poes »Mord in der Rue Morgue« war ich Old Man Pong, der Orang-Utan. Im Film war ich der Gorilla. Bela Lugosi. Armer, alter Bela Lugosi, der eine Rolle nach der anderen ubernahm, lauter Rollen, in denen er nichts weiter zu tun hatte, als drohend zu
lachen. »Der Affe« – »Die Ruckkehr des Affenmenschen« – »Das Affenmadchen« – »Gefangene wilde Frau«…
In »Slash Gordon« trug ich ein Horn am Kopf. Und dann »Konga«, »Unbekannte Insel«, »Der machtige Joe Young«…
»King Kong«…
Ich dachte an Blanche, und ich traumte von Fay Wray. Auch wenn Blanche ihr gar nicht ahnlich sieht. Ich sehe Skull Island vor mir. Fur sie kampfe ich mit dem Tyrannosaurier. Ich rei?e einem Flugsaurier die gro?en Schwingen aus. Ich stehe auf dem Empire State Building, brulle wutend die Menschen an, die da unten stehen.
Und dann sturze ich auf die Stra?e hinab.
Warum sind die Gorillas immer hinter schonen Madchen her?
Warum? Warum?
Tuleg hatte mir wieder weh getan.
Ich zitterte und bebte, als Blanche nach mir sah.
Sie nahm einen Schlussel von der Werkbank, offnete meinen Kafig, kam zu mir herein. Stohnend lag ich auf dem Boden.
»O Roger, Roger!« sagte sie und bettete meinen Kopf in ihren Scho?. »Ich tote ihn. Ja, ich werde ihn toten, wenn er dir noch einmal weh tut. Mein Vater mu? ihn wegschicken.«
Sie wusch meine Wunden, strich Salbe darauf, streichelte mich.
»Ich wei?«, sagte sie und wiegte mich sanft in ihren Armen, »ich wei?. Es ist ja alles wieder gut.«
Aber da irrte sie sich. Tuleg kam herein. Er blieb abrupt stehen, als er sie in meinem Kafig sah.
»Kommen Sie heraus!« schrie er dann und sturzte in den Kafig. Er zog sie von mir weg, zerrte sie hinaus, schlug die Tur des Kafigs hinter sich zu. Der Schlussel fiel zu Boden, er schob ihn mit der Fu?spitze beiseite. Ich versuchte aufzustehen. Aber ich hatte solche Schmerzen.
Endlich gelang es mir, mich aufzurappeln.
»Ihr Vater ist tot«, sagte Tuleg. »Er wurde vollig verruckt, tobte wie ein Wilder, und dann starb er.«
»O nein!« rief sie und rannte aus dem Labor.
Tuleg folgte ihr.
Wenige Minuten spater hore ich einen Schrei. Den Schrei einer Frau, und dann noch einen – und noch einen.
»Nein, nein!« schreit Blanche, als sie zur Tur hereinsturzt. Die Kleider hangen ihr in Fetzen vom Leib. Drau?en klingt Tulegs Gelachter auf. Dann kommt auch er herein. In einer Hand halt er einen Stoffstreifen. Einen Streifen ihres Kleides.
Ich werfe mich brullend gegen die Gitterstabe. Tuleg lacht, er packt Blanche und schleift sie hinter die Werkbank.
Ich schmettere meine Fauste gegen die Tur des Kafigs, schiebe meine Schulter zwischen die Gitterstabe. Ich stemme mich dagegen.
Immer wieder…
Immer wieder…
Ich mu? den Mord mit ansehen. Und dann die Vergewaltigung.
Erst dann sehe ich den Schlussel. Ich kann ihn nicht erreichen. Ich versuche es. Blanche spurt nichts mehr. Tuleg stohnt.
Der Bleistift… Ich packe ihn, schiebe ihn zwischen zwei Stabe hindurch. Tuleg hort das Klirren, als ich den Bleistift durch den Schlusselring aus Messing stecke. Aber er ist zu beschaftigt, um darauf zu achten.
Jetzt habe ich den Schlussel, und ich stecke ihn ins Schlusselloch.
Ich drehe den Schlussel herum. Das Schlo? knirscht.
»Nein«, sagt Tuleg und richtet sich hinter der Werkbank auf. Seine Zuge, die zuvor grotesk verzerrt waren, sind jetzt entspannt. Er rei?t sich von der Leiche los.
Er geht zu seiner Maschinenpistole.
Doch ich bin schneller, schneide ihm den Weg ab. Er ist halbnackt. Er sturzt zur Tur hinaus, wirft sie hinter sich zu. Ich hore, wie er die Treppe hinauflauft.
Die Tur teilt sich vor mir wie ein Vorhang, Splitter fliegen nach allen Seiten.
Es ist ein schones Haus. Tuleg hat das Telefon erreicht, schreit eine Adresse in die Sprechmuschel. Er wirbelt herum, seine Augen verengen sich, als er versucht, mit einem Messer nach mir zu stechen.
Ich spure nichts. Ich packe ihn und werfe ihn zu Boden. Ich bin vierhundert Pfund schwer und bestehe fast nur aus Muskeln und Sehnen, und er ist ein Papierpuppchen. Das Telefon prallt gegen das Treppengelander. Tuleg versucht zu schreien.
Ich stehe auf seinem Kopf, auf seinem Nacken. Als er nach mir treten will, halte ich mit beiden Handen seine Beine fest. Ein Sprung – noch einer. Dann ist er tot.
Ich trage Blanche Hudsons Leiche auf den Armen, und die Luft ist erfullt vom Klang der Sirenen, die auf mich zukommen.
Ich trage sie in den Garten, in dem ein Aussichtsturm steht. Von da oben kann man sicher den ganzen Canyon uberblicken. Wahrscheinlich kann man auch die Stelle sehen, wo sich mein Auto uberschlagen hat.
Ich habe auch die Thompson-Maschinenpistole mitgenommen.
Ich lege Blanches Leiche in einen Laubengang, bedecke ihren nackten Korper mit den Fetzen ihres Kleides, so gut es geht. Sie ist schon im Tod – wenn man von den Blutflecken absieht.
Das Haus beginnt zu brennen. Tuleg wird in der Holle schmoren, wie der Doktor es ihm gewunscht hat.
Funf Lastwagen, Polizeiautos, Zuschauermengen…
Ah…
Zwei Polizisten laufen schreiend auf mich zu… Der eine biegt um die Ecke des Garagenhauschens, sieht die Leiche und bleibt stehen. Seine Augen weiten sich, als ich ihm die Kehle durchbei?e.
Eine Banane, zwei Bananen, drei Bananen, vier…
Der zweite Polizist entdeckt mich und zieht seine Pistole. Ich breche ihm den Arm, schlage ihm mit dem Griff der Maschinenpistole den Schadel ein. Ein brennender Schmerz in meiner Wange, eine Biene scheint vorbeizufliegen. Kugeln – so viele Kugeln. Pop pop pop pop…
Sie sind hinter mir her. Ich werde es ihnen zeigen. Sie furchten sich vor der Gestalt, in der mein Geist wohnt. Ich werde ihnen zeigen, wie ahnlich sie mir sind. Ich werde ihnen meine Zahne zeigen.
Ich habe die Maschinenpistole. Lebend werden sie mich nicht kriegen. Ihr habt mich hinter den »Three