Larm erschutterte die Ohren der Menschen, zerschmetterte Fenster, lie? Hauser einsturzen, donnerte in prahlerischer Rachsucht.

Grune Schlammfontanen stiegen zah und langsam auf. Tiefe Wunden offneten sich, zeigten meergrune, dunkle Tiefen, die sich wellenartig bewegten, dann schlossen sie sich wieder, ohne Narben. Ziegel brockelten von einem Sims, Glas klirrte an zerbrochenen Fenstern. Die Menschen liefen verwirrt umher und starrten fasziniert auf den Tod. Und der Zoologe Heinrich Sturm stand allein da, ein grauer alter Fels, gegen den das wilde Durcheinander brandete, an dem es sich brach, und er sah nur den goldenen Korper Maria Elsa Sturms, die nachtblauen Augen, die vollen Lippen…

Lange Wellen rollten schlafrig vom fernen Blau des Golfstroms heran, schwollen an, sanken in sich zusammen, schwollen wieder an, uberspulten in cremigem, weichem Schaum den knochenwei?en Sand. Eine Welle nach der anderen kam heran, hob und senkte sich, stieg immer hoher an, als sich die Flut heranwalzte. Die Wellen stiegen so hoch in den Himmel empor, da? sie den meergrunen Grabhugel uberspulten, die rotgeaderte Ungeheuerlichkeit badeten. Und die roten Bachlein verbla?ten, wurden rosa, dann grau – und dann leuchtend wei?. Die Wellen wuschen das Ding, kitzelten seinen monstrosen Gaumen, schmeichelten ihm. Schlie?lich versank es in den Wellen und verlie? den wei?en Strand von Miami, der leer und nackt dalag, leer bis auf die Haufen von Knochen und bunten Stoffetzen.

Viele Kameras hatten entlang der meilenlangen Kampflinie geklickt, wahrend das Ungeheuer gierig fra?, Mikrofone hatten die Todesschreie aufgenommen, die uber Tausende von zitternden Lippen kamen. Aber nicht meine Kamera…

Die Menschen wandten sich ab, von Grauen uberwaltigt, drehten sich wieder um, starrten erneut in entsetzter Faszination auf die wei?en Hugel, auf die Gebeine von Mannern, Frauen und Kindern. Aber ich nicht.

Andere Augen sahen diese Vision des Unglaublichen. Andere Lippen erzahlten mir davon, wenn ich fragte. Ich sah den Zoologen Heinrich Sturm nicht, als er der Masse grinsender Totenschadel den Rucken kehrte und sich mit muden Schritten dem Strom der Menschen anschlo?, als er mit zerknitterten, heimlich gesammelten Scheinen die Schulden der verstorbenen Maria Elsa Sturm, des ebenfalls verstorbenen Rudolf Walter Weltmann bezahlte.

Ich sah den Zoologen Heinrich Sturm nicht, als er das Hotel verlie?, mit seinem abgewetzten Koffer, der von Etiketten ubersat war, mit seinem runden schwarzen Hut, mit seinen dicken dunklen Brillenglasern. Ich sah ihn nicht, als er verschwand.

Und niemand, der ihn sah, kummerte sich um ihn.

Jetzt gab es niemanden mehr, der sich um ihn kummerte.

Aus dem Suden kamen Geruchte von einem Gott!

In den Anden war ein Gerucht von einem goldenen Gott entstanden, von einem Gott, der die Berge uberquerte, dessen Fauste Zorn und Rache verspruhten. Ein Gott, wutend uber die Menschen und ihre Werke.

Ein Gott, der sich rachen wollte an den Menschen, die den Boden und die Felsen und das Metall versklavt hatten. Ein Gott, der neidisch war auf die Macht der Menschen uber die seelenlose Materie.

Ein Gott, der gewachsen war, wie ein Berg wachst, mit berstenden, sich aufturmenden, verschiebenden Massen, die sich allmahlich zu einem harmonischen Gebilde formen. Im goldenen Schadel des Gottes lag wachsende Weisheit, in seinen Kristallfausten wachsende Macht. Es war ein Gott der Schwachen, der die Schwache verachtete, aber mitleidlos die Starke verfolgte, ein Gott, der uber Adobehutten hinwegstieg, um die Wellblechdacher der Minenhutten zu zertrampeln, die am Rand einer klaffenden Wunde im alten Fleisch der Erde standen.

Ein Gott mit einer Macht, die greifbar und grausam war – und der winselnden Doktrine von der Liebe des wei?en Menschen zu allen Menschen vollig fremd. Es war ein Gott, der ohne Stimme aus der Ferne sprach, von Dingen, die alte Erinnerungen weckten, den alten Stolz im Blut der kleinen braunen Manner wachriefen- und in jenen anderen Mannern, in deren Adern das Blut brauner Konige flo?.

Es war ein Gott der Gerechtigkeit – ein Gott der Revolution.

Ein Gott, der die Menschheit wieder in Angst und Schrecken versetzen sollte.

Im Suden – Revolution. Kleine braune Menschenmassen uberschwemmten die Berge, ergossen sich in die Taler, schlugen und traten, stachen und brandschatzten. Revolution in kleinen Orten ohne Namen. Revolution in schmutzigen Dorfern, mit Namen, alter als Amerika, Revolution in Stadten mit stolzen kastilischen Namen, in Stadten, wo wei?e Frauen promenierten und wei?e Manner ihnen schone Augen machte, wo braune Menschen Staub im Rinnstein waren.

Revolution in Catamarcam, in Tucuman, in Santiago del Estero. Revolution ein halbes Tausend Meilen weiter entfernt, in Potosi, in Cochabamba, in Quillacolla. Eine Revolution, die die koniglichen Stadte der Anden uberflutet – Santiago, La Paz, Quito, Bogota. Eine Revolution, die sich wie eine Seuche an das Ruckgrat eines Kontinents heranpirscht, die sich in die Seelen rasender brauner Krieger aus den Bergen, aus der Pampas, aus den oden Wusten und dampfenden Dschungeln fra?. Das Blut brauner Ahnen geriet auch unter wei?er Haut in Wallung, hinter blauen Augen. Wie eine Flamme durchzuckte die Revolution die Braunen und Wei?en, die fast Wei?en, die Halbwei?en, die kaum Wei?en, sie alle erinnerten sich an das Blut ihrer alten Konige im Federnschmuck. Gewehre gegen Macheten, Bajonette gegen Messer, mit Rasierklingen gewetzt. Giftgas gegen Giftpfeile.

Und auf der Spur der Revolution die Schritte eines goldenen Gottes…

Die Revolution breitete sich aus, uber die Grenzen von Chile nach Argentinien und Bolivien, ins Peru der Inkas. Die Revolution verlie? den hei?en Trog des Amazonas im Landesinneren, uberschwemmte Brasilien, die Guyanas, Ecuador, Kolumbien, Venezuela. Die Revolution versperrte den Panama-Kanal, fullte den noch gro?eren Kanal von Managua mit blutigen Leichen, durchzog die dunklen Walder von Honduras, Guatemala und Yucatan. Ein Kontinent war uberwaltigt, und niemand wu?te, warum, und das Gerucht von dem goldenen Gott verbreitete sich nur flusternd.

Manner wie ich gingen hin, um zu sehen und zu horen, um zu erzahlen, was sie gesehen und gehort hatten. Manner wie ich schlichen in die verlassenen Orte, uber die die Revolution hinweggesturmt war, und fanden Leere, fanden einen Kontinent, zertrampelt von den fliehenden, blutenden Fu?en kleiner brauner Manner, vernichtet von einer Angst, die gro?er war als Todesangst, zerbrochen und zerschmettert unter den gnadenlosen Sohlen des goldenen Gottes.

Ein Dorf, dann eine Stadt – eine Nation, dann ein Kontinent – und die Armeen der wei?en Nationen wurden entlang der Grenze von Mexiko mobil gemacht, in den durren Bergen des amerikanischen Sudwestens, beobachteten, warteten, furchteten etwas, das niemand kannte. Ein Halsband aus Stahl um den Hals der wei?en Zivilisation…

Umstande, die sich wiederholen, werden zu Phanomenen. Phanomene, die sich wiederholen, werden zu Gesetzen. Ich fand einen Umstand, der sich immer von neuem wiederholte, der phanomenal wurde – und dann gesetzma?ig. Ein Mann mit rotem Haar und Knollennase, der sich in den Luften auskannte wie ein Vogel, und ein alter Mann, der durch dunkle Glaser starrte und etwas in seinen Bart murmelte…. Wie sie zusammengekommen waren, wu?te niemand. Wohin sie gingen, konnte man nur erraten. Die Schwingen ihres gro?en Flugzeugs glitten aus dem Sonnenuntergang heran, schimmerten silberwei? in der Mittagssonne. Sie kamen und gingen, und niemand fragte sie nach dem Woher und Wohin.

Krieg am Rande Amerikas. Krieg zwischen wei?en und braunen Menschen. Und hinter den braunen stand ein Wesen, das mehr war als ein Mensch. Der Tod regnete vom Himmel auf die kleinen braunen Manner herab, die sich in der offenen Wuste zusammengerottet hatten, auf die grunen Dschungel, wo sie sich vielleicht versteckten, auf ode Felsen, durch die sie vielleicht Tunnels gegraben hatten. Der Tod vergiftete die Flusse und die in den Fels gehauenen Hohlen. Der Tod lag wie ein gelber Nebel in den Arroyos und ergo? sich in Schluchten, wo braune Manner hinter Felsblocken und in Felsspalten verborgen lagen. Flammen strichen uber das Gesicht von Mexiko hinweg, und die braunen Horden zerstreuten sich und traten den Ruckzug an, fluchteten in wilden Haufen. Die Wut der Wei?en flammte nun auf, wo die Wut der Braunen gegluht hatte. Die eine Holle war zu Ende, die neue begann.

Und dann ertonte aus Tehuantepec ein Trompetenschall, ordnete die wirren braunen Haufen, stellte sich der wei?en Rachewelle entgegen. Die Herausforderung eines Gottes…

Flugzeuge drohnten im wolkenlosen blauen Himmel uber Oaxaca, ubersaten die Berge mit gnadenlosem Tod. Hofliche, nette Generale sa?en beisammen und tranken und unterhielten sich in einem halben Dutzend

Вы читаете King Kongs Rivalen
Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату