schnell erkannt, woraufhin sie schrie: »So auch nicht! Klappe zu!« Sie fuchtelte mit ihrer Hand, und gleichzeitig fiel die Tur mit einem lauten Knall ins Schloss. Ich versuchte, die Klinke herunterzudrucken, doch Kezia Mason schrie: »Davonstehlen willst du dich, stimmt's?« Aus dem Griff wurde eine Hand, die meine eigene Hand so kraftvoll umschloss und druckte, dass ich Schwierigkeiten hatten, mich zu befreien.

Ich wandte mich ihr wieder zu, wahrend ich nach Luft schnappte und meine Hand massierte.

»Ich wei?, wer Sie sind«, warnte ich sie.

»Na, das ist ja eine Ehre, Trottel«, erwiderte sie, nickte mir zu und lachelte mich gefahrlich an. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Pickerings Augapfel inzwischen an dem Stuhlbein bis auf den Teppich gerutscht war, doch ich konnte mich nicht uberwinden, direkt dorthin zu sehen.

»Keiner von Ihnen kommt hier so ohne weiteres raus«, sagte ich mit hoher Stimme. »Oben warten Leute auf uns, und wenn wir nicht in ein paar Minuten zuruck sind ...«

»Sie brauchen uns nicht zu drohen, mein Freund«, sagte der junge Mr. Billings. Er klang traurig und mude, als habe er fruher einmal so gekampft, wie ich es jetzt tat, das aber vor langer Zeit resigniert aufgegeben. »Meine Gefahrten konnen von niemandem aufgehalten oder verhaftet werden. Wenn Sie sich mit dieser Tatsache erst einmal abgefunden haben, werden Sie merken, dass Sie mit ihnen viel besser zurechtkommen.«

»Gut gesprochen«, sagte Kezia Mason und schenkte mir ein Lacheln, das auf eine ironische Weise betorend sein sollte.

Das Madchen begann wieder zu wimmern, dann stie? es kurzatmige leise Schreie aus.

»Was haben Sie mit ihr vor?«, fragte ich.

»Glauben Sie, dass Sie das irgendetwas angeht?«, erwiderte der junge Mr. Billings.

»Ich lebe hier, ich soll auf dieses Haus aufpassen.«

»Aber dieses ... dieses Kind ... hat mit Ihnen uberhaupt nichts zu tun.«

Plotzlich stohnte Pickering: »Hilf mir, Gott! Oh Gott! Hilf mir!« Dann sank er auf die Knie. Kezia Mason warf ihm einen desinteressierten Blick zu und wandte sich wieder mir zu.

»Nichts als Gossenschlampen hier, wei?t du das nicht, Trottel? Nichts, woruber du dir den Kopf zerbrechen musst.«

»Was haben Sie mit ihr vor?«, wiederholte ich meine Frage, horte aber, wie sehr meine Stimme zitterte.

»Sie geht zu einem Picknick«, sagte Kezia Mason. »Das ist alles. Nichts, woruber du dich aufregen musst. Ein Picknick. Das ist die ganze Wahrheit.«

»Mr. Billings?«, fragte ich.

Der junge Mr. Billings senkte den Kopf und vermied es, mir in die Augen zu sehen. »Ja, das ist korrekt. Sie geht zu einem ... Picknick.« Das letzte Wort spie er aus, als klebe es wie dreckiger Schlamm in seinem Mund. Er machte sich keine

Muhe, sein Unbehagen zu verbergen, dass er an einer offen-sichtlichen Luge beteiligt war.

Ich deutete wutend auf Brown Jenkin. »Und das da? Geht das da mit zum Picknick?«

Augenblicklich zuckte Brown Jenkins Nase, und er gab ein schreckliches Kreischen von sich. Er bohrte seine Klauen in die Ruckenlehne eines Stuhls und riss den Stoff auf, sodass die Fullung herauskam. Einen entsetzlichen Moment lang dachte ich, er wurde das Madchen fallen lassen und sich auf mich sturzen.

»Das da?«, fauchte er. »Was denkst du, Dummkopf? Bastardbastard parle comme ca!«

Ich trat etwas zuruck und sah, dass sich auch der junge Mr. Billings mit erhobenem Stock zuruckzog. Doch Brown Jenkins Kreischen holte das Madchen aus der Erstarrung, das mich ansah und mit einem Mal verstand. Es schrie los und streckte mir die Arme entgegen. Brown Jenkin, der bereits vor Wut kochte, schuttelte das Kind mit roher Gewalt und kreischte es an: »Silenzio! Double-whore! Tais-toi! Ich rei?e dir die Speiserohre raus!«

Ich kann nicht sagen, dass ich daran dachte, irgendetwas Mutiges zu tun. Ich dachte nicht mal: Was soll's? Ich stie? einfach nur Kezia Mason mit meiner Schulter aus dem Weg, sprang auf das Sofa und versetzte Brown Jenkin einen Tritt in die Gegend seines Schlusselbeins.

Brown Jenkin lie? das Kind fallen und kreischte noch entsetzlicher, wahrend er mich mit seinen vollig wei?en Augen anstarrte. Seine Nasenlocher blahten sich auf, er fletschte die Zahne. Ich sprang wieder auf den Fu?boden und lief schwer atmend um das Sofa. Ich wusste nicht, was ich als Nachstes machen sollte, aber ich ging davon aus, dass Brown Jenkin eine sehr konkrete Vorstellung davon hatte, was er mit mir anstellen wollte. Er fletschte seine Zahnreihen, die luckenhaft und verfarbt, aber offensichtlich scharf genug waren, um sich durch Fleisch und Knochen zu bei?en. Ich sprang von einem Fu? auf den anderen, wahrend ich versuchte, das Sofa zwischen ihm und mir zu haben, was nicht so einfach war. Brown Jenkin bewegte sich so rasch von einer Seite des Sofas zur anderen, dass ich das Gefuhl hatte, zu halluzinieren. Oder zu traumen.

»Bastardbastard, rantipole-rider, oui ? Paviansaugling! Ich rei?e dir deine Speiserohre raus, ja? Ja? I slice you, yes? Zerschneiden, ja?«

Dieses kaum verstandliche, aber hasserfullte Kauderwelsch wurde von einem plotzlichen Vorsturmen dieses entsetzlichen Brown Jenkin begleitet, das mich dazu veranlasste, drei Schritte nach hinten zu machen. Dabei trat ich mit dem Absatz so gegen den Rand des Kamins, dass die Schureisen mit einem verheerenden Larm durch die Luft wirbelten.

»Zuruck!«, befahl Kezia Mason Brown Jenkin. »Er gehort mir, er gefallt mir.«

Doch Brown Jenkin schnaubte und kicherte und schlug nach mir. Seine Klauen bohrten sich durch meinen Pullover und rieben wie Stacheldraht uber meine Haut. Der Schmerz war so durchdringend, dass ich dachte, er habe mir den Arm abgerissen. Als ich meine Hand hob und vor lauter Schmerzen nach Luft rang, erkannte ich, dass er aber gerade mal meine Haut angeritzt hatte.

»David?«, stohnte Reverend Pickering, der mit leeren Augenhohlen noch immer auf dem Teppich kniete. »David, sind Sic verletzt?«

»Mir geht's gut, Dennis. Ich komme Ihnen gleich zu Hilfe.«

»Was passiert hier, David? Sie mussen uns hier rausbringen, horen Sie mich? Wir mussen hier weg! Das hier ist Teufelswerk! «

»Ach, halt deine verdammte Klappe, du alter Klepper«, herrschte Kezia Mason ihn an. »Wie wurde es dir gefallen, wenn dir dein Hirn aus den Ohren geschossen kommt?«

Trotz Kezias Warnung folgte Brown Jenkin mir kichernd und immer wieder nach mir schlagend. In meiner Panik griff ich hinter mich und bekam einen der schweren Schurhaken zu fassen, zog ihn aus dem Feuer und verbreitete einen Ascheregen auf dem Boden - und traf Brown Jenkin an der Schulter. Es gab einen dumpfen Aufprall, so als wurde man ein dickes Samtkissen treffen, und ohne Vorwarnung rieselte ein Schauer aus gelblich wei?en Lausen aus seinem Mantel auf den Teppich.

»Aggh, fucker-fucker!«, schrie Brown Jenkin, wahrend er aufstampfte und umherwirbelte. »Tu as my Schulterblatt gebroch'!«

Ich holte noch einmal mit dem Schurhaken aus, doch in dem Moment, in dem sich das schwere Eisen uber meinem Kopf befand, hob Kezia Mason eine Hand. Der Haken wurde mir aus den Fingern gerissen und quer durch das Zimmer geschleudert. Er bohrte sich tief in die Tur, wo er vibrierend stecken blieb.

»Du bist jetzt ruhig, Brown Jenkin«, warnte Kezia Mason ihn. »Sonst lasse ich meinem Arm freien Lauf, Versager. Dieser Gentleman gehort mir.«

Brown Jenkin reagierte mit einem abscheulichen Durcheinander aus Kichern, Schnaufen und Spucken, dann schleppte er sich widerwillig fort von mir, wahrend er sich mit seinen entsetzlichen klauenartigen Fingern hinter dem Ohr kratzte. »Ich habe sore now, bellissima. Je suis malade. Show me pity, yes? Hall, hah, hah!«

»Verzieh dich, du und deine kleinen Begleiter!«, zischte Kezia Mason ihm zu. Sie zischte wie der Kessel einer Dampflok, und zum ersten Mal bemerkte ich, dass sich Brown Jenkin vor ihr furchtete.

In genau diesem Augenblick machte ich etwas, was ich noch im gleichen Moment fast bedauerte. Ich warf mich mit aller Kraft gegen Brown Jenkin. Allmachtiger, zwanzig Jahre war es her, dass ich zum letzten Mal Rugby gespielt hatte, aber ich hatte es nicht verlernt. Mit einem unglaublich harten Rugbysto? brachte ich Brown Jenkin

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