Sie waren fast sofort auf ihre Vorfuhrung gekommen, die sich noch wirksamer gestalten lie?, als sie dahinterkamen, da? die Leute auf den meisten Planeten den kleinen Drachen fur ein exotisches Tier hielten.

* * *

Marquoz doste in der Kabine, wahrend Zigeuner auf Deck spazierenging. Der Chugach erwachte mit einem Schnauben und einem winzigen Rauchwolkchen, das aus seinen Nustern drang, als die Tur aufging und der Mann hereinkam. In einem Raumschiff gab es keine Vortauschung, ein Haustier zu sein; Raumfahrer erkannten in der Regel alle Rassen.

Ein Reptillid schnellte hoch.

»So? Hast du etwas gefunden, was auf den letzten dreitausend Schiffen nicht vorhanden war?«

Zigeuner lie? sich auf die Koje sinken, seufzte und knurrte:»Nein. Ich bin im Passagierraum gewesen, und da war eine von diesen Superfrauen — die mit Schweifen, du wei?t schon — und plapperte ihr religioses Zeug. Vielleicht hatte ich da auch einsteigen sollen — viel Geld und wenig Arbeit. Fruher bin ich ja mal Gesundbeter gewesen.«

Beide Drachenlider schnellten hoch.

»Du? Gesundbeter?«Wieder das rauchende Schnauben, diesmal in spottischer Belustigung.

Zigeuner nickte mit seinem zottigen Kopf.

»Ja. Gro?e Sache. Ein, zwei Gehilfen in der Menge, damit du echte Heilungen vorweisen kannst, und so weiter. Wenn du jemand wirklich heilst, machst du ein Vermogen, wenn nicht, na, dann liegt es daran, da? eben nicht genug geglaubt worden ist. Das ist uberhaupt das Geheimnis bei diesen Maschen — die Schuld am Versagen mu? man dem Gimpel zuschieben.«

»Hast du wirklich jemanden geheilt?«fragte Marquoz skeptisch, aber voll Interesse.

»O sicher, hier und dort den einen oder anderen«, erwiderte Zigeuner sachlich. »Der Geist kann viele Krankheiten selbst heilen, wenn der Betreffende wirklich daran glaubt. Mann, ich kann nach Wunsch bei mir eine Blutung stoppen und mich weigern, Schmerz anzuerkennen — die Masche mit der Nadel.«

Der Chugach nickte.

»Wie du das machst, ist mir immer noch nicht klar. Mu? eine Verschiedenheit bei unseren beiden Rassen sein. Wenn du mir irgendwo eine Nadel reinsteckst, tut das verdammt weh. Ich spure die Dreel-Impfung immer noch.«

»Nein, ich glaub’ nicht, da? das was Rassisches ist«, sagte Zigeuner leise lachend. »Ich glaube, das kann jeder mit einem brauchbaren Hirn. Eigentlich ist das nur Willenskraft.«

»Wie du meinst«, sagte Marquoz achselzuckend. »Von meiner Rasse kommt da keiner in die Nahe. Ich glaube, es steckt mehr dahinter, als du meinst — etwas, das Menschen und vielleicht noch ein paar andere konnen, aber nicht wir, so wenig, wie du Feuer und Rauch schnauben kannst.«

»Schon gut.«Zigeuner seufzte und wechselte das Thema. »Diese Olympierin ist wahrhaftig ein Prachtexemplar. Alle Attribute jeder Traumfrau, die sich irgendeiner ausdenken kann, aber sie sagt mir nichts. Sie hat etwas an sich — vom Pferdeschweif naturlich immer abgesehen —, das einfach nicht menschlich ist. In mancher Beziehung halte ich sie fur viel weniger menschlich als dich, Marq.«

Der Chugach lachte in sich hinein.

»Vielleicht sollte ich zu ihr raufgehen.«Er verstummte kurz und schnaubte ein wenig. »Ob sie mich auch fragen wurde, ob ich Nathan Brazil bin?«

»Vermutlich. Ich wei? aber nicht, was sie tun wurde, wenn du es zugeben wurdest. Verruckte Religion. Mochte nur wissen, wie Brazil das aushalt? Vermutlich ist er irgendwo ganz tief untergetaucht, um seine Ruhe zu haben, der arme Kerl.«

Die Saurierlider stiegen hoch.

»Du glaubst wirklich, da? es eine solche Person gibt?«

»Aber sicher«, erwiderte Zigeuner. »Er und ich haben uns vor zwei Jahren vollaufen lassen, bevor diese Sektensache gro? wurde und sich ausbreitete. Ein verdammt netter Kerl. Mochte wissen, wie diese fremden Schonheiten dazu gekommen sind, sich so auf ihn zu versteifen.«

Marquoz schwieg lange Zeit nachdenklich, dann sagte er:»Zigeuner, bist du sicher, da? es eine solche Person gibt? Ich meine, er hat dir nicht einfach was vorgeschwatzt? Die Sekte gibt es immerhin schon seit gut zehn Jahren.«

»Nein, er war wirklich Brazil. Ich war in seinem Schiff — ein Frachter wie der hier, nur viel alter und lauter.«Er zog die Brauen zusammen. »Warte mal — die ›Stepkin‹ — nein, stimmt nicht. Die ›Stehekin‹, glaube ich. Kein Luxus, spartanische Kajuten, alles altmodisch, aber das Ding konnte enorm viel schleppen, und er hielt es in Ordnung. Auf seinem Pilotenschein stand Brazil. Wir machten immer Witze daruber — den Erneuerungsmarken nach schien er schon ewig zu leben. Hmm… Vielleicht ist das der Grund, warum sie so an ihm kleben. Beinahe eine legendare Gestalt, glaube ich. Der alteste Pilot im Dienst, obwohl er mir wie funfundzwanzig oder drei?ig vorkam. Kannte Raumfahrer, die behaupteten, ihre Vater und Gro?vater hatten ihn gekannt. Manche Leute kommen einfach als Gluckspilze auf die Welt — ich vermute, da? er Verjungungen einfach besser vertragt als die meisten Leute.«

Der Drache nickte.

»Wie sah er aus, dieser Brazil?«fragte er.

»Kleiner Kerl«, meinte Zigeuner achselzuckend. »Kann nicht schwerer gewesen sein als sechzig, funfundsechzig Kilogramm, und war einen Kopf kleiner als ich. Lange, schwarze Haare, ungepflegter Bart. Zog sich gern grell, aber schlecht an und rauchte ganz stinkige Stumpen. Au?erlich ein harter Bursche, aber tief innen ganz weich, das spurte man. Ich mochte aber nicht mit ihm raufen oder ihn unter den Tisch saufen mussen. Immer voller Leben. Er schien nichts und niemanden ernst zu nehmen. Aber ganz tief innen, wo das Weiche war, mu? er ein ganz Ernster gewesen sein — kalt, berechnend, reiner Geist und nackte Emotion. Wenn man ihn sah, war’ man nie draufgekommen, aber bei einem Kampf hatt’ ich ihn gern auf meiner Seite.«

Marquoz nickte aufmerksam. Zigeuner hatte ohne Rucksicht auf seine Vorliebe fur schwulstiges Gerede eine enorme Menschenkenntnis und tauschte sich fast nie.

»Mochte wissen, was die Olympierin sagen wurde, wenn du ihr das erzahlst?«

Zigeuner richtete sich auf der Koje kerzengerade auf.

»Guter Gott! Das wurde ich nie wagen! Ich bekame eins auf den Schadel und wurde zu einem Verhor in einen der Tempel geschmuggelt werden! Ein paar Freunde von mir sind auf diese Weise verschwunden, da sie zu nah an diese Damen drankamen. Marquoz hob abwehrend die kleine Reptilienhand. »Schon gut, schon gut, ich frage ja nur.«Marquoz lachte. »Aber im Ernst, ich glaube wirklich, die Kom-Polizei sollte sich einmal grundlich mit ihm befassen. Wenn er die freie Seele ist, wie du behauptetest, konnte er mit der Sekte selber Geld verdienen.«

Zigeuner lachte nun seinerseits spottisch.

»Wohl kaum! Nein, wenn ich ihn richtig einschatze, ist er verschwunden und hat sich so vergraben, da? die beste Polizei ihn nicht findet. Au?erdem kenne ich ein paar Kom-Bonzen, die versucht haben, an die Unterlagen uber ihn heranzukommen. Nichts zu machen.«

»Du meinst, es gibt keine?«

»Naturlich gibt es welche«, sagte Zigeuner ungeduldig. »Jeder hinterla?t ellenlange Spuren. Selbst mich konnte man durch einen Computervergleich von Ticket- und Reiseinformationen mit Schiffs-Flugplanen im ganzen Kom-Bereich verfolgen. Nein, diese Art von Sperre gibt es nur bei Leuten, die in etwas verwickelt sind, wovon nie jemand etwas erfahren soll. Womit er zu tun gehabt haben mag, wei? ich nicht, aber er ist ganz gewi? nicht der Typ, ein Agent fur die Kom-Polizei oder irgend jemand anderen zu sein. Irgendwo jedoch hat er fur dieses Schiff bezahlt.«

»Geruchte hast du aber horen konnen?«meinte Marquoz.

»Ja. Zumeist jenes, da? er jedes Ratsmitglied, das Entscheidungen zu fallen vermochte, in der Hand hatte. Um diesen Brazil ist etwas ausgesprochen Fragwurdiges. Es gibt auch viele Geschichten uber ihn, da? er an Brennpunkten auftaucht und uberall sein Suppchen kocht.«

Marquoz nickte.

»Jeder, der in der Lage ist, seine gesamte Vergangenheit von der Kom-Leitung blockieren zu lassen, wurde sich sehr gut verstecken konnen, nicht?«

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