»Nein, habt ihr nicht. Durchaus nicht. Was deine Gemeinde im Auge hat, sind menschliche Welten. In nicht-menschlichen Gebieten sind die Akoluthen nicht sehr beliebt — und genau dort konnte man der Sekte doch am besten ausweichen.«

Obie schwieg kurze Zeit.

»Die Kosten meiner Konstruktion waren astronomisch hoch«, sagte er dann, »mein Erbauer war vielleicht das gro?te Genie der Menschheit. Ich kann jede Berechnung in einem so kurzen Zeitraum bewaltigen, da? er dem organischen Hirn unbegreiflich ist. Vielleicht verraten Sie mir, warum ich daran nicht gedacht habe.«

»Ganz einfach«, sagte Mavra trocken. »Obie, dein Problem ist, da? du denkst wie ein menschliches Wesen, nur schneller.«

»Also gut«, gab der Computer zuruck. »Was nun? Im Kom-Gebiet gibt es viele nicht-menschliche Welten, die mit den menschlichen verbundet sind, und wir haben weder die entsprechenden Archive noch das geeignete Personal, das die Daten beschaffen konnte.«

»Ich wurde mich mit den verbundeten und assoziierten Welten nicht abgeben«, erklarte Marquoz. »Wenn er ausschlie?lich dort tatig ware, brauchte er sich nicht umzumelden. Nein, er halt sich im Kom-Bund selbst auf, also bei einer von sehr wenigen Rassen. Einige konnen wir sofort ausscheiden — zum Beispiel meine eigene, die ausschlie?lich von einer nationalisierten Reederei bedient wird; weiterhin die nicht-organischen Jungs, weil die ganz anderen Handel treiben; auch die nicht auf Kohlenstoff beruhenden, nach meiner Meinung. Er hat den menschlichen Sektor gemieden, weil er nicht die ganze Zeit in seinem Schiff sitzen wollte. Er hatte Lust, unter die Leute zu gehen, also dort, wo wir ohne kunstliche Hilfen die Luft atmen und den Schnaps saufen konnen. Damit wird das Feld aber ziemlich klein, nicht?«

»Das finde ich auch«, sagte Obie. »Das Schema ist bestandig. In meinen Speichern stellte ich fest, da? er schon immer eine Vorliebe fur Rhone-Zentauren gehabt hat — die auf der Schacht-Welt Dillianer genannt werden. Sie entsprechen auch allen anderen Punkten —, obwohl das seinerseits ein Problem ist, weil die Rhone selbst eine raumfahrende, sich ausdehnende Rasse sind, beinahe so gro? wie die Menschheit, moglicherweise alter und viel weiter verbreitet. Ohne die Hilfe der Gemeinde wird es verzweifelt schwer sein, ihn aufzuspuren. Er hat gut gewahlt.«

»Ich glaube nicht, da? das so schwer sein kann«, sagte Mavra plotzlich. »Ich wei? zwar nichts von ihnen und ihrer Kultur — ich bin nur einmal kurz in Dillia gewesen, was nicht zahlt —, aber wenn die Rhone sehr weit fortgeschritten sind, haben sie ihre eigene Burokratie und zentralen Steuerungen. Sie fuhren irgendwo Aufzeichnungen und verstehen davon gewi? soviel wie die Menschen.«

»Schlimmer konnen sie kaum sein«, schnaubte Marquoz.

Sie lachelte und nickte.

»Dann suchen wir also diese Daten.«

Alle Blicke richteten sich auf Marquoz. Er seufzte.

»Also gut«, sagte er. »Ich will sehen, was ich tun kann.«

Es erforderte zehn Tage und einen kleinen Einbruch. Die Rhone, weit besser organisiert als der Kom-Bund selbst, verlangten in funf zentralen Marinebezirk-Amtern Schiffslisten, damit diese, wenn sie uberfallig waren, aufgespurt werden konnten. Die menschlichen Kom-Gebiete forderten lediglich, da? das Schiff vor dem Abflug an zwei Stellen Unterlagen einreichte; in vielen Fallen unterblieb selbst das.

Als Rhone getarnt und mit sauberlich gefalschten Anweisungen versehen, schickte man sieben von der Nautilus-Besatzung zu jedem Marinebezirk. Sie mu?ten einen Marineoffizier von mittlerer Rangstufe finden, der Zugang zu Verkehrsunterlagen hatte. Je dienstjunger er war, desto besser — solange er die Codes und Parolen kannte und die richtigen Ausweise besa?, auf welche die Rhone sich besonders verlie?en.

Als die Informationen eintrafen, lie? Marquoz von Obie einen Computerausdruck anfertigen, damit die anderen ein Hilfsmittel besa?en. Der dritte Bezirk zeigte deutlich, was sie suchten, wie Obie ihnen sofort hatte mitteilen konnen, wenn er gefragt worden ware. Er verstand die Leute aber gut genug, um ihnen ein paar kleine Siege zu uberlassen.

»Da steht es«, sagte Marquoz und wies auf eine einzelne Zeile. »›Jerusalem‹, HC 23 A 768744, Klasse M, umgebaut, Ankunft Meouit 27 HYR. Mu? nichts Wertvolles befordert haben, weil alle Verschlusselungen fehlen. Vermutlich Korn oder Bier oder dergleichen.«

Mavra lachelte.

»Soviel ich wei?, wurde Nathan Brazil gegen eine Ladung Bier nichts einzuwenden haben.«

»Ich auch nicht«, gab der kleine Drache zuruck. »Das Datum 27 HYR entspricht, glaube ich, dem 24. Juni. Das ware in funf Tagen. Wei? jemand, wo dieses Meouit ist?«

»Obie wei? es«, sagte Mavra zuversichtlich. »Ich glaube, wir werden vor ihm da sein.«Sie seufzte. »Es ist wohl an der Zeit, einen Kriegsrat einzuberufen. Wir wissen jetzt, wo der Mann, fur den wir ihn halten, in funf Tagen sein wird. Wir mussen aufpassen, da? wir das nicht verpatzen.«

Sie versammelten sich erneut. Auf einer Seite der Brucke befand sich der fast nie benutzte Haupt- Kontrollraum. Obie uberwachte sich und die gigantische Maschinerie von Nautilus jetzt ganz allein. Auf der anderen Bruckenseite lag der kleine Raum mit der Parabolschussel und dem instrumentenubersaten Balkon. Das war Zinders Labor gewesen, und Obie bevorzugte den Ort als sein ›Buro‹, sein wahres ›Zuhause‹, fur Sitzungen.

Funf Olympierinnen versammelten sich in ihren gro?en Umhangen, drei Aphrodites und zwei Athenen, dazu Mavra, Zigeuner und Marquoz.

Als sie alle sa?en, Marquoz ausgenommen, der nirgends anders sa? als auf seinem Schwanz, eroffnete Obie die Konferenz.

»Zuerst mochte ich das Selbstverstandliche aussprechen«, begann er. »Wir sind auf direktem Kurs unterwegs nach Meouit. Mit einem Raumschiff wurden wir Wochen brauchen. Ich warte auf die Mitteilung der Besatzung an der Oberflache, da? unsere anderen Gaste fur das, was wir den ›Fall‹ nennen, gesichert sind. So wird es sich anfuhlen — als sturzten Sie einen tiefen Schacht hinunter. Bitte, erschrecken Sie nicht; das geht voruber. Selbst ich verspure dabei Unbehagen, vor allem, seit es den Ri? im Raum-Zeit-Kontinuum gibt. Gut. Sie durfen zuallererst nicht vergessen, da? wir trotz der monatelangen, harten Arbeit nur mutma?en, Rabbi Korf sei in Wahrheit Nathan Brazil. Es besteht eine, wenn auch von mir gering eingeschatzte Moglichkeit, da? Korf Korf ist. Darauf mussen wir fur alle Falle vorbereitet sein.«

»Du hast Krafte«, sagte eine der Olympierinnen. »In manchen Fallen kannst du sogar Leute von irgendwo hierherbefordern. Warum tust du das nicht einfach auch mit Korf, um jedes Problem zu umgehen? Wir konnten hier bei geringem Risiko feststellen, was wir wissen mussen.«

»Was Sie sagen, trifft zu«, raumte Obie ein, »aber nur bis zu einem gewissen Grad. Um, wie Sie sagen, Individuen hierherzubefordern, mu? ich da unten einen Sensor haben, der auf den Betreffenden eingepeilt ist. Mavra ist in den Fallen, die Sie kennen, dieser Brennpunkt gewesen, aber wir konnen nicht sicher sein, da? wir nah genug herankommen und lange genug an der Stelle bleiben konnen, um das zu ermoglichen. Vergessen Sie, bitte, auch nicht, da? dieser Mann, wenn er Nathan Brazil ist, wie ein Mensch aussehen, aber etwas sein wird, das wir nicht sind — Teil eines anderen Universalplanes. Wir sind alle — alle miteinander — Nebenerscheinungen der markovischen Gleichungen. Unsere Wirklichkeit wird aufrechterhalten von dem gro?en Computer, den die Markovier konstruiert haben, dem Schacht der Seelen. Nathan Brazil dagegen nicht. Er ist von diesem Computer unabhangig, au?er darin, da? er ihm hilft, die von Brazil gewahlte Erscheinungsform beizubehalten, und ihn vor dem Tod zu schutzen. Er konnte ihn auch davor schutzen, von mir heraufgeholt zu werden. Er konnte mich schwer beschadigen, wahrend ich versuche, Brazil zu befordern, obwohl er nicht zu den Grundgleichungen gehort. Das durfen wir nicht riskieren, jedenfalls so lange nicht, bis wir mehr wissen. Nein, direktes Handeln ist nicht zu umgehen. Wir mussen ihn uberzeugen, da? er zu uns kommen mu?.«

»Dann sehe ich ein schweres Problem voraus«, warf Mavra ein. »Er hat sich gro?e Muhe gegeben, nicht entdeckt zu werden. Wenn er merkt, da? wir ihm auf die Schliche gekommen sind, wird er fluchten, und wir finden ihn vielleicht nie rechtzeitig. Wir mussen vorsichtig und im geheimen vorgehen — alle Fluchtwege mussen abgeschnitten sein.«

»Das ist lacherlich!«schnaubte eine der Athenen. »Wenn ER gefragt wird, ob ER wirklich Nathan Brazil sei, wird SEIN gro?er Plan Erfullung finden, und ER wird SEINE wahre Macht zeigen.«

»Woher wi?t ihr das so genau?«fuhr Mavra auf. »Ja, ja, alles hat sich bisher so ergeben, wie euer Glauben das behauptet — aber vielleicht braucht es da doch ein bi?chen mehr. Denkt daran, da? er bis vor ungefahr einem Dutzend Jahren an der Offentlichkeit war und unverhullt aufgetreten ist. Er mu? allein von Zollbeamten mindestens

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