morgen um sechs abfliegen.«
Sie widerstand der Versuchung vorzuschlagen, sich zum Abendessen zu treffen. Das Rhone-Essen unterschied sich vom menschlichen betrachtlich, und au?erdem wurde er seine eigenen koscheren Mahlzeiten einnehmen mussen, wenn er Korf blieb.
»Warum kommen Sie hier nicht vorbei, wenn Sie frei sind? Irgendwann heute nachmittag oder am fruhen Abend«, schlug sie vor. »Ich habe nicht viel anderes zu tun.«
»In Ordnung, wenn Sie mir den Weg beschreiben«, erwiderte er unbeirrt. »Sagen wir, in einer Stunde? Ich nehme an, Sie befinden sich in der Nahe der Hafenbehorde.«
»Ganz nah«, bestatigte sie und beschrieb ihm genau den Weg. Sie verabschiedeten sich mit den ublichen Floskeln, dann wandte sie sich den anderen zu. »Was haltet ihr denn
Marquoz lachte trocken.
»Das war sehr unterhaltsam. Man mu? sich das vorstellen! Sie sind eine Schwindlerin, er ist ein Schwindler, jeder wei? es vom anderen — und trotzdem klang das Gesprach vollig uberzeugend. Ich hatte Euch beinahe selbst geglaubt. Nicht zu fassen!«Er lachte in sich hinein.
»Glauben Sie, da? er kommt?«fragte die Olympierin nervos.
Marquoz nickte.
»Ganz bestimmt. Auf jeden Fall. Die Sache macht ihm auch noch Spa?, merken Sie das nicht?«Er wurde plotzlich ernst. »Aber er wird nicht blind daherkommen. Wenn er da druben die Stra?e herunterkommt und uber den Platz geht, konnen Sie sicher sein, da? er bewaffnet ist und ausgerustet mit einem Sack voll Tricks und da? er vermutlich seine Freunde schon in Stellung gebracht hat. Das ist ein gefahrlicher Mann — so tollkuhn in eine Falle zu laufen, die er kennt. Wir sollten ihn nicht wieder unterschatzen.«
Sie waren sich alle einig. Mavra ging zur Tur und offnete sie ein wenig. Es lag Schneematsch auf den Stra?en und war immer noch ein wenig kalt, aber die Wolken waren aufgerissen, und die Sonne schien so hell auf den Schnee, da? die Augen schmerzten.
»Oben auf dem Dach ist Talgur mit einem Betaubungsgewehr samt Zielfernrohr«, sagte Mavra und deutete auf die einzelnen Stellen. »Da druben ist Galgan, ebenso bewaffnet, dort auf dem Turm, oder was das sein soll, Muklo. Dazu wir hier, wahrend Tarl und Kibbi ihn beschatten. Sollte genugen.«Sie schlo? die Tur.
»Zuviel«, fauchte eine olympische Stimme hinter ihnen. Betaubungsstrahlen fauchten zuckend durch das Lagerhaus, als wohlverteilte Olympierinnen die Besatzungsmitglieder Mavra und Marquoz muhelos niederschossen. Die Athene schaute sich befriedigt um, dann wandte sie sich den anderen zu. »Die drei auf dem Dach. Ihr wi?t, was ihr zu tun habt.«
Sie nickten und hasteten zu den Ausgangen im ersten Stock hinaus, mit denen sie sich vertraut gemacht hatten. Nach weniger als zehn Minuten waren alle wieder da.
»Sie schlafen, bis es dunkel wird«, versicherte eine der Aphrodites.
»Die Punkte waren gut ausgewahlt«, stellte die Anfuhrerin fest. »Geht auf das Dach und den Turm — das sind die besten Stellen, gleichgultig, welchen Weg er nimmt. Schie?t die Beschatter nieder und jeden anderen, der in den Weg kommt, auch. Volle Betaubung!«
»Und wenn sie gegen Betaubung gepanzert sind?«fragte eine der Olympierinnen.
»Dann totet sie.«
»Wo werden Sie sein?«
»Auf dem Platz drau?en«, erwiderte sie. »Ich werde eine Statue werden, bis er nah genug herankommt, da? man ihn beruhren kann. Dann und erst dann werde ich die Heilige Frage stellen.«Sie lachelte breit, wahrend ihre Augen fanatisch funkelten. »Und diesmal wird die Antwort die wahre sein, Schwestern! Erlosung und Paradies warten auf uns!«
Die Anfuhrerin blickte uber den Platz. Alles war bereit, stellte sie fest; ihre Schwestern befanden sich in Stellung, und sie selbst verschmolz mit dem Schatten einer hohen Statue fast zur Unsichtbarkeit. Solange sie sich nicht bewegte, wurde niemand sagen konnen, wo sie stand. Die Kalte storte sie nicht im geringsten; auf Olympus hatte das Schneegestober von Meouit als Hochsommer gegolten. Der dumme, kleine Echsen-Polizist und das arrogante Weibsbild, die Brut des Bosen und seiner Helfer, waren zum Schweigen gebracht. Ihr Wort! So, als binde ein Wort, das man dem Bosen verpfandete. Die Heilige Mutter hatte recht gehabt. Sie hatte das alles sorgfaltig geplant, und sie selbst und ihre Schwestern hatten es ausgefuhrt. Fehler waren keine gemacht worden. Alles war vollkommen. Tatsachlich hatte sie zwei Fehler gemacht. Einer davon war begreiflich; ihre Religion erlaubte ihr nicht den Glauben, Nathan Brazil werde andere einsetzen, um unliebsame Uberraschungen zu verhindern; auf anderen Dachern sa?en jetzt drei sehr grimmige Raumfahrer, mit denen er sich in der vergangenen Nacht in Verbindung gesetzt hatte, und verfolgten alles. Das scheinbare Verschwinden der Anfuhrerin mitten auf dem Platz hatte sie uberrascht, aber die anderen, die ihre Waffen nach unten richteten, waren deutlich sichtbar.
Der zweite Fehler bestand darin, vergessen zu haben, da? der Betaubungspegel auf die durchschnittliche menschliche Korpermasse eingestellt war; Rhone, was Mavra und alle ihre Besatzungsmitglieder jetzt waren, hatten viel gro?ere Leiber und bedurften einer starkeren Ladung. Was Menschen — und trotz seines Gewichts auch Marquoz — stundenlang niederwarf, begann bei den betaubten Rhone, Mavra eingeschlossen, im Lagerhaus nach drei?ig Minuten abzuklingen. Es war etwa so, als erwache man mit einer Korperzelle nach der anderen, aber Bewu?tsein, Schmerz und Bewegungsfahigkeit kehrten langsam in sie zuruck.
Der Mann, der sich fur David Korf ausgab, stand zwei Hauserblocks entfernt und blickte die Stra?e hinunter. Ich komme mir vor wie Grenzer-Rabbi, der Zwei-Colt-Weise aus dem Talmud, dachte er Absurderweise. Er hatte einen gro?en Teil der Polsterung entfernt und konnte ihn blitzschnell abwerfen. Die Taschen waren aufgeschnitten, so da? seine Hande darin auf zwei uberaus wirksamen Kom-Maschinenpistolen ruhten, bei denen man nicht einmal mehr zu zielen brauchte. Sie waren von der Sorte, wie eigentlich nur Polizisten sie haben durften.
Er sprach in das Funkgerat in der rechten Hand.
»Wie sieht es aus, Paddy?«
»Tja, Unschuldige sind keine dabei, auch wenn’s stort«, erwiderte eine heisere Stimme. Die meisten alten Raumfahrer hatten irgendeine Macke; Paddy, dessen Steckenpferd Folksongs waren, hatte vor langer Zeit entschieden, da? er Ire sei, und verhielt sich auch so, trotz der Tatsache, da? er eine der schwarzesten Afrikanerhaute besa?, die je erblickt worden waren. »Sieht sich ganz nach ’ner Versammlung aus.«
»Und andere Schiffe sind auch nicht gelandet«, stellte Brazil fest. »Also? Sind die anderen Jungs soviel wert wie du?«
»Kannste dich drauf verlassen, Nate«, gab Paddy zuruck. »Auf’m Dach sitzen sich scheint’s ’n paar von den Superweibern.«
Brazil war erstaunt.
»Olympierinnen? Hier! Verdammt! Also doch die Narrensekte!«Er war beinahe enttauscht. Er hatte sich etwas Interessanteres erhofft. Paddys Antwort weckte seine Hoffnungen indessen wieder.
»Nein, sieht so aus, als war’n die Puppen auf die anneren los. Uberall auf’n Dachern liegen die toten oder bewu?tlosen Pferdchen. Schein’ Menge Leute hinner dir her zu sein, Natty!«
Das sah schon besser aus.
»Habt ihr die Olympierinnen?«fragte er. »Wie viele?«
»Drei, die wir auf’n Dachern seh’n. ’s konn’ mehr sein, aber wenn ’se da sinn’, gehn’ se nich’ auf dich los.«
Das war zu schaffen. Alle anderen wurden im Lagerhaus sein. Wenn er Gluck hatte, war die Schmutzarbeit von den Olympierinnen geleistet worden, und er brauchte sich nur mit ihnen und nicht mit dem unbekannten Gegner abzugeben — falls es zwei verschiedene Gruppen waren, und danach sah es jetzt aus.
»Knallt los und betaubt sie tief, wenn ihr mich seht«, befahl er. »Sie sind nicht menschlich und vertragen viel, also her mit dem ganzen Saft.«