Callan fuhrte seine Kampfgruppe durch die grell erleuchteten Stra?en und schnitt Drohnen mit kalter, beinahe klinischer Prazision in Stucke. Er gestattete sich nicht, von den zusammenbrechenden, bonbonfarbenen Hausern abgelenkt zu werden, den weichen, wogenden Stra?en oder den endlosen Wellen von Drohnen, die mit teuflischer und bosartiger Schadenfreude uber seine Leute herfielen. Er schnitt sich einen Pfad mitten durch sie hindurch, mit sturer Entschlossenheit in Richtung des beinahe vollendeten Turms im Zentrum der Stadt vorruckend. Callan hatte vielleicht ein freches Mundwerk und keinen Respekt vor Autoritaten, aber nichts lenkte ihn von seinem Ziel ab, wenn er drau?en im Feld war.

Der Blaue Elf hielt sich in seiner Nahe und bewachte Callans Rucken mit uberraschendem Konnen und ebensolcher Entschiedenheit. Er hatte kein Schwert oder Pistole, nur einen schlanken Zauberstab, den er aus dem Nichts heraus hergezaubert hatte. Ach, dieses alte Ding, hatte er leichthin gesagt. Ist schon lange in der Familie. In der Ghoulstadt hatte er bisher eine ganze Reihe kleiner, aber erstaunlich effektvoller magischer Tricks angewandt, die die Drohnen auf Armeslange von ihm fernhielten. Es hatte mich nicht sonderlich uberraschen sollen, dass Blue wusste, wie man kampft. Er konnte diese ganzen Jahre bei der Art von Feinden, die er sich gemacht hatte, ohne ein paar entsprechende Fahigkeiten nicht uberlebt haben.

Callan fuhrte seine Leute durch sein Beispiel immer weiter nach vorn, er lie? einfach nicht zu, dass er von irgendetwas, was die Damonen ihm entgegenwerfen konnten, aufgehalten oder auch nur gebremst wurde. Seine goldenen Klingen hoben sich und fielen wieder und Blut flog durch die Luft. Er kam hartnackig immer weiter voran, brachte sie alle durch reine Kriegskunst und beinahe brutale Entschlossenheit dichter und dichter an den Turm heran. Ihm zuzusehen machte mich stolz, ein Drood zu sein. Dazu waren wir da: Den guten Kampf zu kampfen und die bosen Jungs im Namen der Menschheit fertigzumachen.

Die Drohnen besa?en auch hier ihre gluhenden Schwerter, aber auch andere ahnlich schreckliche Waffen, doch der Blaue Elf sorgte dafur, dass sie alle nicht nahe genug herankamen, um den Droods Schaden zuzufugen. Er fuchtelte mit seinem Zauberstab in der Luft herum - ein schlanker Stab aus Elfenbein, in den elbische Zeichen geschnitzt waren - und wohin er auch zeigte, sah es fur die Drohnen ubel aus. Wieder und immer wieder. Blue runzelte grimmig die Stirn und konzentrierte sich, sprang hierhin und dorthin, um sicherzugehen, dass er selbst nicht einmal in die Nahe der Gefahr kam, aber ich hatte das Gefuhl, dass er dennoch das alles genoss.

Immerhin war er ein Halbelb, mit dem den Elben angeborenen Talent fur Tod und Zerstorung.

Ohne Verluste schafften sie es bis an den Fu? des Turms, bevor alles schiefzugehen begann. Der Turm erhob sich uber ihnen, wie ein zerfetzter Blitz aus unirdischer Technologie und organischen Komponenten, mit gottlicher Kraft in den Boden gerammt. Seine Form ergab keinen Sinn, weil er mehr raumliche Dimensionen aufwies als das menschliche Gehirn verarbeiten konnte. Wieder war da das eindeutige Gefuhl, dass das Ding auf irgendeine Art lebendig und wachsam war, und wusste, dass wir kamen. Callan platzierte die Bombe am Fundament des Turms. Der Blaue Elf sah ihm dabei uber die Schulter, wahrend die gerustete Truppe eine Barriere bildete, um die herankommenden Drohnen fernzuhalten.

Callan stellte den Timer ein, stand auf und nickte dem Blauen Elf zu. Und dann erstarrte jedes einzelne Mitglied der Kampftruppe, brach zusammen und lag still da. Keine Warnung, kein ersichtlicher Grund, keine Drohne mit einer Waffe. Einfach so lagen zweihundert gerustete Droods bewegungslos auf dem Boden. Ich konnte nicht einmal sagen, ob sie tot oder lebendig waren. Callan sah ihn bose an und schwang seine goldenen Klingen hier- und dorthin. Doch der Blaue Elf tippte Callan mit seinem Zauberstab nur elegant auf die Schulter und Callan ging in die Knie.

»Tut mir leid, Alter«, sagte der Blaue Elf. »Aber ich war nie sehr gut darin, mit anderen zusammenzuspielen. Und du hast etwas, das ich brauche.«

Wir alle sahen hilflos zu, als Blue seinen Zauberstab auf Callans Nacken legte und dann irgendwie … Callan den Torques wegnahm. Sein Mund offnete sich weit zu einem Schrei, aber kein Ton war zu horen. Er kniete immer noch, aber er war jetzt wieder nur ein einfacher Mensch, ohne seine gestohlene Rustung. Der Blaue Elf sah auf den Reif in seiner Hand und betrachtete ihn von allen Seiten. Dann wandte er sich auf dem Bildschirm direkt zu uns und lachelte beinahe traurig.

»Ich wei? Eddie, du hast mir vertraut. Das war ja wirklich sehr nett und alles, aber dieser Torques wird mir ermoglichen, vor den Elbenrat zu treten. Ich hab's dir gesagt, am Ende ist es die Familie, die bleibt. Und nie, niemals darfst du einem Elben vertrauen. Wir haben immer eigene Plane.«

Er drehte sich so lange um sich selbst, bis er verschwunden war. Alle Droods wurden auf der Stelle wieder lebendig, au?er Callan, der zusammengebrochen war und krampfend auf dem Boden lag. Die Drohnen drangen vor.

Irgendwie brachten die Droods Callan da raus. Sie kampften sich aus Lud's Drum hinaus, aber die Drohnen zwangen sie, um jeden Zentimeter zu kampfen. Die ganze Zeit tickte die Bombe. Sie kamen durch Merlins Spiegel wieder zuruck, brachten den bewusstlosen Callan mit und ich schlug die Tur in genau dem Moment zu, als die Bombe losging. Fur einen Augenblick kam ein Licht hindurch, das so grell war, dass ich es fuhlen konnte und das den ganzen Lageraum erzittern lie?, aber das Portal schloss sich gerade noch rechtzeitig, um uns zu schutzen. Lud's Drum war vernichtet und mit ihm das Nest und der Turm.

Sie brachten Callan in die Krankenstation. Schock, meinten sie. Gott wei?, wie es sich anfuhlte, wenn einem der Torques weggerissen wurde. Ich fragte Seltsam, ob die Elben den Torques fur sich dazu bringen konnten zu funktionieren und er fragte: Was sind Elben? Was die Sache nicht gerade klarte. Wir wurden uns spater am Blauen Elfen rachen. Keiner bestiehlt die Droods und lebt lange, um damit anzugeben.

Nach all diesem Drama ging eigentlich alles wie geplant. Die Kampfgruppen eroberten eine Ghoulstadt nach der anderen. Sie verwendeten dabei alle die Taktik, die wir entwickelt hatten: Ein Nest nach dem anderen wurde zusammen mit den Turmen zerstort. Alle Bomben des Waffenmeisters explodierten und wir verloren keinen einzigen weiteren Drood an die Drohnen. Keine ublen Uberraschungen mehr, keine beangstigenden Waffen, nur Droods, die ihren Job taten und die Welt sicherten. Die Stunden vergingen langsam, standig gingen und kamen goldene Gestalten durch Merlins Spiegel. Die Drohnen kampften weiterhin wie wild und wir mussten um jeden Sieg ringen. Aber immer noch, Schritt fur Schritt, gewannen wir. Frische Manner und Frauen kamen, um die Droods zu ersetzen, die von zu vielen Angriffen ermudet waren, und weiter ging's. Die ganze Familie war bereit, zu kampfen, wenn das notig war. Die Krankenstation wurde gut damit fertig. Wir hatten sogar schon das Ende vor Augen, als schon wieder alles zu Rattenschei?e wurde.

Ein Kommunikationsoffizier sprang plotzlich auf und schrie der Matriarchin seine neueste Information zu. Der ganze Lageraum wurde still, um nichts zu verpassen.

»Es ist Truman!«, rief er. »Die ganze Zeit hat er die Drohnen der Abscheulichen in seiner neuen Untergrund-Basis gehabt und hat einen Turm gebaut! Er muss fast fertig sein, denn seine Prasenz ist in diesem Augenblick durch die Schutzschirme gebrochen! Der Turm ist so machtig geworden, dass Truman ihn nicht mehr langer verstecken kann. Er ist fast so weit, ein Portal zu offnen und die Eindringlinge hineinzubringen! Alles war umsonst!«

»Ruhe, Mann«, schnappte die Matriarchin. »Ich dulde keine emotionalen Ausbruche dieser Art in meinem Lageraum! Jemand soll diesen Mann hinsetzen und ihm eine starke Tasse Tee bringen. Edwin, wer von unseren Hauptakteuren kann noch eine Kampfgruppe fuhren?«

Ich prufte das. Der Seneschall und Mr. Stich waren immer noch dabei, ein Nest in Nordchina auszurauchern. Callan war noch immer in der Krankenstation. Und Giles Todesjager, der personlich uber drei?ig Angriffe gefuhrt hatte, lag auf einer Trage neben Callan, zu erschopft, um noch einmal loszuziehen, auch wenn er das nie zugeben wurde. Das lie? nur Harry und Roger Morgenstern ubrig. Sie machten gerade eine kurze Pause zwischen zwei Angriffen und erzahlten hingerissenen jungeren Droods ubertriebene Geschichten von ihren Missionen. Ich lie? sie in den Lageraum bringen und erklarte die Situation. Harry sah so aus, als wolle er jeden Moment ausspucken.

»Nur einmal hatte ich gern, das alles so lauft wie geplant.«

»Fuhlst du dich dem gewachsen?«, fragte ich.

»Ich hab ja wohl keine Wahl, oder?«, fragte er. »Na gut, stell eine Kampfgruppe aus den Besten zusammen, die noch stehen konnen, und ich bringe sie dorthin.« Er sah mude und erschopft aus, aber sein Rucken war noch immer gerade und sein Blick immer noch konzentriert. Er stie? Roger mit dem Ellbogen in die Rippen. »Wer hatte das gedacht, was? Der Au?enseiter der Familie Harry Drood meldet sich freiwillig, um die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Hattest du drauf gewettet, Gro?mutter?«

Martha sah ihn unbewegt an. »Naturlich. Du bist James' Sohn.«

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