ihnen und peppte die Verbindungen mit einem zusatzlichen Schuss magischer Unterstutzung auf. Harry fuhr plotzlich zu mir herum.
»So also wusstest du vor allen anderen von Penny und Mr. Stich. Du hast zugesehen. Du perverser kleiner Voyeur, du. Wen hast du sonst noch die ganze Zeit durchs Schlusselloch beobachtet?«
»Ich fuhre die Familie«, sagte ich ruhig. »Ich beobachte jeden.«
Harry sah Mr. Stich an, der an der Seite stand. »Wir mussen etwas wegen ihm unternehmen, Eddie.«
»Wenn du eine Idee hast, was und vor allem,
»Wir werden ihn aber nicht immer brauchen«, sagte Harry.
»Nein«, sagte ich. »Das werden wir nicht.«
»Es ist Zeit«, sagte die Matriarchin und wir alle sahen in ihre Richtung. Sie stand aufrecht und autoritar vor uns, eine grauhaarige Kriegskonigin. Sie richtete ihren kalten Blick auf mich. »Alle Truppen sind versammelt und bereit. Alle Vorbereitungen wurden getroffen. Gib das Kommando, Edwin.«
»In Ordnung«, sagte ich und drehte mich zu Merlins Spiegel um. »Zeig mir die Gegenwart«, sagte ich. »Zeig mir das Innere der Ghoulstadt, deren Turm der Fertigstellung am Nachsten ist.«
Unsere Spiegelbilder verschwanden aus dem Spiegel und wurden durch wirbelnde Energiemuster ersetzt, die den Augen wehtaten. Merlins Spiegel stie? durch die Dimensionssperre, die das Nest der Abscheulichen vom Rest der Welt trennte, und dann war sie da, die infizierte Stadt, durch den Spiegel klar erkennbar. Ich hatte noch nie eine selbst gesehen, sondern nur Beschreibungen gehort und Berichte gelesen. Es reichte nicht aus, um einen auf die Wirklichkeit vorzubereiten. Fur das, was einmal eine menschliche Stadt, ein menschlicher Ort gewesen war. Jetzt war sie es nicht mehr.
Das Licht in der Ghoulstadt war schmerzhaft grell; es leuchtete grimmig und war fur menschliche Augen beinahe nicht auszuhalten. Die Drohnen jedoch, die durch die Stra?en schlurften und hasteten, schien es nicht zu storen. Sie sprachen nicht miteinander und sahen sich nicht einmal an. Das war nicht notwendig. Alle ihre Gedanken stammten aus dem Kollektivbewusstsein des Nests, aus dem Massenbewusstsein. Sie sahen nicht einmal mehr menschlich aus, oder sie hatten vergessen, wie man das tat. Selbst die Gebaude in der Ghoulstadt sahen infiziert aus. Sie beugten sich in falschen Winkeln vor, Holz und Stein und Ziegel sahen verrottet aus, krank und irgendwie beseelt von eigenem, eitrigem Leben. Seltsame Lichter leuchteten hinter den Fenstern, als waren sie ungesund und fremdartige Silhouetten taten schreckliche, fremdartige Dinge.
»Die Schwerkraft fluktuiert ebenfalls«, sagte Callan, der neben mir stand. Das erste Mal klang er niedergeschlagen, beinahe verunsichert. »Oben und Unten, Rechts und Links konnen sich jederzeit und ohne Warnung verandern. Richtungen haben keine Bedeutung. Die Stra?en winden und wenden sich, als hatten sie ein Eigenleben, und auf einmal drehen sie sich um hundertachtzig Grad und du stehst wieder da, wo du losgegangen bist. Die Drohnen allerdings betrifft das nicht. Vielleicht, weil sie nicht mehr wie wir denken. Die Luft ist kaum atembar, selbst, wenn man sie durch die goldene Maske filtert: Sie stinkt nach Blut und verfaultem Fleisch und Verfall. Alle Drohnen hier sind tot oder sterben gerade, ausgebrannt durch die Energien, die sie in sich tragen. Wenn ich einmal sterbe und fur all die Dinge, die ich fur diese Familie getan habe, zur Holle fahre, dann wird mir die wenigstens bekannt vorkommen.«
»Hast du denn deine Medikamente mal wieder nicht genommen, Callan?«, fragte der Blaue Elf.
»Mit mir ist gar nichts verkehrt!«, sagte Callan argerlich. »Die Ghoulstadte sind das Verkehrte! Und man muss sich auf sie vorbereiten, auf alles, was einem da begegnen kann. Oder wir werden diese verdammten Turme nie erreichen.«
»Die Rustung wird helfen«, sagte der Waffenmeister brummig, der jetzt mit seiner Verkabelung an Merlins Spiegel fertig war. »Vertraut auf die Rustung und euer Training und ihr werdet alles schon hinkriegen. Lampenfieber ist normal vor so einer Mission. Als ich noch ein Frontagent war, habe ich mir jedes Mal die Seele aus dem Leib gekotzt, bevor ich uber die Berliner Mauer nach Ostdeutschland bin. Ich schwore, ich habe einmal in die Toilette geguckt und da meine eigene Niere im Becken schwimmen sehen.«
»Vielen Dank, Onkel Jack«, sagte ich.
»Ein Organ, dachte ich, das kann doch nicht wirklich mein eigenes Organ sein, oder doch?«
Er schnuffelte und sah Merlins Spiegel mit professioneller Zustimmung an. »Was man auch immer uber die Satansbrut Merlin sagen kann - und es sind ganze Bucher uber ihn geschrieben worden -, damit hat er gute Arbeit geleistet.«
»Die Drohnen konnen uns nicht sehen und horen?«, fragte Mr. Stich. »Sie haben keine Ahnung, dass wir ihnen zusehen?«
»Gar keine«, sagte der Waffenmeister heiter. »Ich habe euch das perfekte Uberraschungsmoment ermoglicht. Also macht was draus.«
Giles Todesjager zog sein gro?es Schwert und beinahe sofort wichen alle ein wenig zuruck, um ihm ein wenig Raum zu geben.
»Es ist Zeit«, sagte er. »Lasst uns loslegen.«
»Er ist ja nicht gerade El Cid, oder?«, meinte der Blaue Elf. »Wann hatten wir das letzte Mal eine wirklich feurige Motivationsrede? Ich fuhle mich ganz entschieden so, als konnte ich ein wenig Inspiration gebrauchen. Genau jetzt.«
Giles sah ihn an. »Versau es nicht, oder ich zieh' dir das Fell uber die Ohren.«
»Ein echter Drood«, meinte der Blaue Elf.
Ich befahl Merlins Spiegel, ein Portal in die vier Hauptnester zu offnen und einer nach dem anderen erwachten die gro?en Bildschirme zum Leben und zeigten die Ghoulstadte; die Verbindungen des Waffenmeisters funktionierten. Ich sah mich einmal um, sagte im Stillen
Die unterschiedlichen Angriffe auf die Nester geschahen gleichzeitig, verteilt auf die verschiedenen Bildschirme. Man konnte sie selbst dann nicht alle verfolgen, wenn man es versuchte. Zu vieles geschah gleichzeitig. Aber hier ist Schlacht fur Schlacht das, was passierte, erzahlt von den Uberlebenden.
Das erste, was der Waffenmeister tat, war, Molly zu helfen, Merlins Spiegel zu versiegeln, damit zwar noch Droods, aber keine Drohnen mehr hindurchkamen. Wir konnten keinem der Abscheulichen erlauben, zu entkommen. Sie wurden ausnahmslos sterben mussen. Auch wenn alles, was den Drohnen passierte, nicht ihre Schuld war, denn sie hatten ja nicht darum gebeten, infiziert zu werden. Nein, es war unser Fehler, der der Droods, die die Abscheulichen zuerst in unsere Realitat gebracht hatten.
Es war unser Mull, den wir aufraumen mussten.
Giles Todesjagers Ghoulstadt war fruher eine kleine Stadt namens Heron's Reach in Neuseeland gewesen. Eine sehr kleine Stadt, umgeben von Schafweiden, so weit von jeder Stra?e entfernt, dass bisher niemandem aufgefallen war, dass sie fehlte. Wir aber wussten es. Wir sind Droods, wir wissen alles. Heron's Reach sah aus, als sei es ursprunglich ein hubscher Ort gewesen. Jetzt stromten infizierte Drohnen unter einem fremdartigen Licht, das so grell war, dass es keine Schatten warf, durch die engen Stra?en wie Maden in einer Wunde. Viele der Drohnen waren deformiert, verzerrt und verbogen durch die andersdimensionalen Krafte, die sich in ihr Fleisch gebrannt hatten und alle bewegten sich mit der geisterhaften Symmetrie eines Vogelschwarms.
Sie alle unterbrachen das, was sie gerade taten, in genau dem Moment, in dem Giles und seine Kampfgruppe aus dem Nichts erschienen, die nachsten Drohnen umrannten und sie ohne eine Sekunde zu zogern gnadenlos niedersabelten. Die Drohnen drangen einheitlich nach vorn und warfen sich der Invasionsmacht