einen Eingang zum Weg der Verdammnis beschworen, sobald du so weit bist, aber … Eddie, sie ist erschopft. Ich meine, sie ist total von der Rolle. Da ist nur noch Mut und Entschlossenheit, die sie aufrecht halten. Ich wei? nicht, wo sie war oder mit wem sie verhandeln musste, um die Geheimnisse des Weges in die Finger zu kriegen, aber sie hat einen hohen Preis gezahlt.«
»Dann mussen wir so bald wie moglich los«, sagte ich. »Molly, Ute muss mit uns kommen. Schafft sie das?«
»Sie sagt ja«, meinte Molly und zuckte mit den Achseln. »Ich kann's ihr nicht verbieten. Und du wurdest es auch nicht, oder, Eddie?«
»Wir brauchen sie«, sagte ich bestimmt. »Die Welt braucht sie.«
»Lustig«, sagte Molly. »Die hat Ute noch nie gebraucht.« Sie sah mich nachdenklich an. »Was ist mit mir? Brauchst du mich dabei? Kannst du mir so nah an einem Turm vertrauen, wenn man meinen Zustand bedenkt?«
Ich lachelte sie an. »Ich brauche dich immer, Molly. Glaubst du wirklich, ich wurde ohne dich irgendwohin gehen?«
»Du warst schon immer ein gro?es Weichei, Eddie Drood.« Und sie kusste mich leidenschaftlich, hier vor allen anderen. Einige klatschten, ein paar jubelten. Molly lie? mich schlie?lich los und lachelte den anderen su? zu.
Glucklicherweise kam Mr. Stich in diesem Moment herein und schlenderte so gelassen in den Lageraum wie eine tickende Bombe, der Seneschall direkt neben ihm. Der Seneschall hatte eine Waffe in einer Hand und seinen Blick starr auf Mr. Stich gerichtet, der hoflich vorgab, das nicht zu bemerken. Nach seinen vielen Ausflugen aufs Schlachtfeld sah der Seneschall zerschlagen und verletzt aus. Er war hier und da dick verpflastert, aber sein Rucken war immer noch durchgedruckt und der Kopf hoch erhoben. Fur ihn war Schwache immer etwas, das nur bei anderen vorkam. Und wenn man fair war, sah er immer noch so aus, als konne er mit einer ganzen Armee im Alleingang fertig werden und die Uberlebenden heulend zu ihren Mamis schicken. Mr. Stich, das musste man zugestehen, sah aus … wie er immer aussah. Ruhig, kalt, und vollkommen unerschuttert. Nicht ein Blutfleck war an ihm zu sehen, oder der kleinste Riss an seiner viktorianischen Abendkleidung. Selbst sein Zylinder glanzte auf eine elegante und selbstgefallige Art.
Ich wollte etwas danach werfen, einfach so aus Prinzip.
Stattdessen winkte ich beide zu mir heruber und erklarte ihnen die Situation. Mr. Stich runzelte leicht die Stirn, als ich den Weg der Verdammnis erwahnte, als wurde der Name in ihm eine Saite zum Klingen bringen, aber er hatte nichts zu sagen. Der Seneschall allerdings war sofort Feuer und Flamme. Bei dem Gedanken daran, noch mehr Stress machen zu konnen, leuchteten seine Augen auf.
»Alles fur die Familie!«, sagte er. »Und ich muss sagen, die Familie macht wirklich viel mehr Spa?, seit du wieder zuruck bist, Junge.«
»Diese neue Mission«, meinte Mr. Stich. »Werde ich noch mehr Leute toten konnen?«
»Das ist beinahe sicher«, sagte ich.
»Und gibt es eine Chance, dass ich auch getotet werde?«
»Das ist auch beinahe sicher.«
»Umso besser«, meinte Mr. Stich. »Ich bin dabei.«
Der Ruf hallte durch den ganzen Larm im Lageraum und wir sahen uns alle sofort nach dem um, der ihn ausgesto?en hatte. Einer vom Kommunikationsstab stand uber seiner Arbeitskonsole und wies mit zitterndem Finger darauf. Sein Vorgesetzter war sofort an seiner Seite, schubste ihn wieder in seinen Stuhl, um dann uber seine Schulter auf das zu sehen, was da uber den Bildschirm zuckte. Der Rest des Kommunikationsstabs kontrollierte panisch die eigenen Computer, Kristallkugeln und Wahrsagebecken und alle redeten fieberhaft aufeinander ein. Ein heulender Alarm ging plotzlich los und die Matriarchin befahl, ihn sofort abzustellen. »Ich kann mich selbst ja nicht einmal mehr denken horen«, sagte sie scharf. »Ah ja, das ist besser. Also, was ist hier los? Redet mit mir, Leute! Was ist es denn genau, was hier
»Wird das Herrenhaus angegriffen?«
»Sieht so aus«, sagte der Kommunikationsoffizier. Es war Howard Drood, effizient wie immer. Er war aus dem Einsatzraum an die Spitze des Lageraums versetzt worden, um die Angriffe auf die Nester zu koordinieren. »Etwas versucht, sich in unsere Realitat zu drangen, genau hier, durch alle Schutzschilde des Herrenhauses hindurch. Was ich fur unmoglich gehalten hatte, wenn es nicht gerade jemand versuchte.«
»Konnte es Truman sein, oder die Eindringlinge?«, fragte ich. »Die einen Praventivschlag gegen uns loslassen?«
»Ja. Nein. Vielleicht. Ich wei? es nicht! Die Bildschirme konnen nichts mit dem anfangen, was da passiert.« Howards sonst schon finsterer Gesichtsausdruck verstarkte sich noch, als er die Monitore studierte. »Ich habe solche Daten noch nie gesehen. Was auch immer das ist, es kommt wie ein geolter Blitz auf uns zu. Es hat sich schon durch die au?eren Verteidigungen geboxt und es kommt direkt auf uns zu.«
Ich ging im Geist schnell die Attacken durch, die es bereits aufs Herrenhaus gegeben hatte, als das Herz noch hier gelebt hatte. Wir hatten nie wirklich herausgefunden, was dahintersteckte. Hatten die Unbekannten sich diesen Moment ausgesucht, um wieder anzugreifen, wenn wir am schwachsten und verletztlichsten waren?
»Seltsam, sag was«, meinte ich. »Wei?t du, wer oder was das ist?«
»Nein, Eddie.« Seine Stimme in meinem Kopf war uberraschend angespannt. »Es kommt aus einer Richtung, die ich nicht orten kann. Es kommt von au?erhalb allem, was ich als Realitat bezeichnen wurde. Es ist nicht sehr gro?, aber es scheint sehr entschlossen. Und nein, Eddie, ich kann es nicht aufhalten.«
Giles Todesjager hatte sein Langschwert gezogen und sah sich nach einem Feind um. Um nicht zuruckzustehen, zog der Seneschall mit jeder Hand eine Pistole.
»Steckt das weg!«, bellte die Matriarchin sofort. »In meinem Lageraum tragt keiner eine Waffe! Wer wei?, was ihr mit dem Equipment anstellt.«
Giles steckte sein Schwert in die Scheide und verbeugte sich. Der Seneschall lie? seine Waffen wieder verschwinden, verschrankte fest die Arme vor der Brust und setzte eine entschiedene »Seht-ihr-ich-schmolle- nicht-obwohl-ich-Grund-dazu-hatte«-Miene auf. Die Matriarchin seufzte horbar.
»Steh da nicht rum, Seneschall! Aufrusten, los! Jeder rustet auf!«
Sie hatte recht. Wir alle sprachen leise die aktivierenden
Der Himmel moge allen helfen, die es wagen, die Droods auf ihrem eigenen Territorium anzugreifen.
Ein Stimmengewirr erhob sich im Lageraum, als Techniker verschiedener Couleur zu verstehen versuchten, was da vor sich ging. Was auch immer da kam, es schlug sich durch eine Schicht der Verteidigungen nach der anderen und die Spannung in der Luft tat beinahe korperlich weh. Martha Drood, die ebenfalls das erste Mal, seit ich mich erinnern konnte, aufgerustet hatte, ging von Station zu Station, spahte uber Schultern und lie? hier ein Wort der Warnung, dort ein unterstutzendes Murmeln horen, wie es gerade gebraucht wurde. Wenn es so weit kam, dass sie die Truppen anfuhrte, dann sa?en wir wirklich in der Tinte. Ein anschwellender Ton war jetzt von drau?en zu horen, scharf und deutlich, als kame er von unschatzbar weit weg naher.
»Es ist hier«, rief Howard. »Es materialisiert!«
»Wo?«, fragte Martha. »Wo genau im Herrenhaus?«
»Hier!«, schrie Howard. »Direkt hier in diesem verdammten Lageraum!«
Der anschwellende Ton wurde noch schriller, eine zitternde Vibration, die in unseren Kopfen widerhallte,