summte in organisiertem Chaos. Janitscharen Jane ubte mit der halben Familie Militarmanover. Eingeteilt in Gruppen, die so knackige, effiziente Namen wie Alpha, Beta und Omega trugen, rannten Manner und Frauen die Wiesen herauf und herunter, schrien ihre Schlachtrufe hinaus und erschreckten damit die Greifen. Eine Gruppe griff die andere mit falscher Munition, Holzschlagern und sogar blanken Fausten an und dann versammelten sich alle wieder vollig fertig unter Janes gebellten Befehlen. Ich beobachtete das alles von einem bequemen Liegestuhl aus und fand, dass sie wirklich eine gute Figur machten. Auch wenn sie dabei die sorgfaltig gepflegten Rasenflachen verwusteten. Das Gartner-Team hatte bereits samtliche Spaten hingeschmissen und sich zum gemeinsamen Schmollen und Lastern in den Schuppen verzogen.

Janitscharen Jane hielt die Familie jetzt schon seit zwei Wochen mit diesen Ubungen auf Trab und ich musste zugeben, dass die ganze Familie sich bei militarischer Disziplin und dem Training wohlfuhlte wie ein Fisch im Wasser. Wir waren alle von klein auf darauf trainiert, den guten Kampf zu kampfen, aber die Rustungen hatten es uns einfach gemacht. Es ist nicht schwierig, mit ein paar Soldaten fertig zu werden, wenn man eine Rustung hat, die einen schnell und stark macht und einen davor bewahrt, verletzt zu werden. Trotzdem zeigen nicht viele die Begabung. Das ist der Grund, warum die Frontagenten in der Familie immer nur einen kleinen Teil ausmachten.

Das Training ohne die Rustung war etwas komplett anderes. Man konnte verletzt werden, und der Gegner ebenfalls. Uberraschenderweise hatte das nicht so viele Familienmitglieder abgeschreckt, wie ich vermutet hatte. Im Gegenteil, sie hatten sich begeistert auf die Moglichkeit gesturzt. Weil es sich … echt anfuhlte. Ihre Bemuhungen fuhlten sich einfach realer an. Und sie beteten Jane formlich an, die alles getan hatte, was die Droods schon immer getan hatten und noch mehr, und das ohne die Hilfe einer Familienrustung.

Penny kam uber den Rasen geschlendert, um mir Gesellschaft zu leisten; sie sah in einem blendend wei?en Sommer-Outfit trotz der Sommerhitze kuhl und konzentriert aus. Sie stand uber mir und ich bot ihr ein Glas Champagner aus der offenen Flasche an, die kuhl in einem Eimer voll Eis neben mir stand. Sie schnaubte geringschatzig.

»Bist du sicher, dass es bequem genug fur dich ist, Eddie? Hast du alles, was du brauchst? Vielleicht sollte ich schnell zurucklaufen und noch einen Fu?schemel fur dich holen!«

»Oh, das wurdest du tun?«, fragte ich. »Ich ware dir ja so dankbar!«

»Schlag dir das aus dem Kopf.« Penny sah auf die Manner und Frauen, die in ihren Gruppen aufgeregt hin und her flitzten und sich mit hochstem Eifer und Begeisterung aufeinander warfen. »Es scheint, als gewohnten sie sich dran, nicht wahr?«

»Verdammt richtig«, sagte ich. »Ich bin schon vom Zusehen erschopft. Und was noch wichtiger ist, das Ganze ist verflixt gut fur die Familienmoral. Alles, was sie erreichen, haben sie selbst erreicht, nicht dank ihrer Rustung. Es tut Wunder fur ihr Selbstbewusstsein.«

Penny sah mich an. »Und das ist genau der Grund, warum du Janitscharen Jane hierher gebracht hast.«

»Um ein Beispiel zu setzen, ja. Ich habe der Familie den Boden unter den Fu?en weggezogen, als ich ihnen die goldenen Rustungen wegnahm. Ihren Stolz, ihr Selbstvertrauen und ihren Glauben an sich selbst. Janitscharen Jane prugelt es ihnen wieder ein, und sie lieben es.«

»Ich nehme an, du hast gesehen, dass Harry sich das alles aus gebuhrendem Abstand ebenfalls ansieht, zusammen mit seinen traditionalistischen Kumpels?«

»Naturlich«, erwiderte ich. »Er will an nichts teilnehmen, was ich organisiere, aber er verpasst nichts von dem, was passiert. Er macht sich wahrscheinlich Notizen fur seinen regelma?igen Bericht an die Matriarchin. Sie darf nicht dabei erwischt werden, dass sie selbst Interesse bekundet, aber seit er hier ist, dient Harry als ihre Augen und Ohren.«

»Ich hab dir gesagt, wir hatten ihn in den Inneren Zirkel aufnehmen sollen«, sagte Penny. »Man sollte seine Feinde nah bei sich behalten und so.«

»Nein«, sagte ich rundheraus. »Ich vertraue ihm nicht.«

»Das sagst du standig, aber du willst mir nicht sagen, warum.« Penny wartete, aber ich hatte nicht mehr zu sagen. Sie seufzte tief. »Na gut, sein bester Freund ist ein Hollengezucht, aber du bist mit der Hexe der Wilden Walder zusammen. Und die hast du auch in den Inneren Zirkel gelassen.«

»Ich vertraue Molly«, sagte ich. »Zum Teufel, ich vertraue sogar dir, Penny, mein Liebling. Harry dagegen ist vielleicht ein wenig zu sehr wie ich selbst. Ausgekocht, verschlagen und immer nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht.«

»Du hast sogar den Seneschall in den Inneren Zirkel gebracht«, sagte Penny. »Und du hasst seinen Schneid. Und du wei?t sehr gut, dass er alles, was wir sagen, der Matriarchin hinterbringt.«

»Cyril ist anders«, sagte ich. »Ich kann ihm vertrauen, dass er das Wohl der Familie uber alles andere setzt. Sogar uber die Matriarchin.«

»Nun. Ich hasse es wirklich sehr, diese wichtige Faulenzerei zu unterbrechen, der du dich so hingebungsvoll widmest, aber ich bin geschickt worden, um dich energisch daran zu erinnern - und das mit Gewalt, wenn notwendig -, dass es Zeit fur ein Treffen des Inneren Zirkels im Sanktum ist. Wir haben endlich die Liste der Kandidaten fur die neuen Rustungen fur dich zur Prufung.«

»Wurde ja auch Zeit«, sagte ich und stand ungrazios aus dem Liegestuhl auf. Nicht allzu weit entfernt, verloren zwei Teams von Ubungskriegern die Geduld und sprangen aufeinander zu, walzten sich krakeelend uber den Rasen hin und her, mit fliegenden Fausten, Tritten und gelegentlichen Bissen. Janitscharen Jane eilte hinuber, um sie auseinanderzuprugeln und ich entschied mich, sie sich selbst zu uberlassen. Sie wurden eben ohne meinen moralischen Zuspruch auskommen mussen.

Wir trafen uns im Sanktum und unter dem beruhigend roten Leuchten des sich manifestierenden Seltsam. Wir hatten uns alle an den Namen gewohnt, obwohl es hartnackig darauf bestand, dass Ethel viel besser zu ihm passe. Irgendwo muss man ja eine Grenze ziehen. Der Waffenmeister war naturlich schon da, der Seneschall ebenfalls. Molly wartete an der Tur, als Penny und ich ankamen. Sie sah Penny lange und ein wenig giftig an und ich glattete die Wogen, indem ich meinen Arm durch ihren steckte, als wir den Rest des Inneren Zirkels betraten.

»Jacob fehlt noch«, sagte der Waffenmeister, ohne sich lang mit den ublichen Hallos und Wie-Geht's aufzuhalten. »Es ist zwei Wochen her, dass ihn irgendjemand gesehen hat. Er ist nicht in der alten Kapelle und selbst die kopflose Nonne hat klagend gefragt, was denn mit ihm passiert ist. Was sie allerdings an ihm findet … Ich glaube langsam, dass ihm etwas passiert ist.«

»Konnte ihm uberhaupt etwas passieren?«, fragte Penny. »Ich meine, er ist tot. Seit Jahrhunderten.«

»Es ist viel wahrscheinlicher, dass er etwas plant«, grummelte der Seneschall. Seitdem er sich als Cyril geoutet hatte, war die Tonlage seiner Stimme deutlich dunkler geworden. »Zweifellos etwas Ubles und Mieses, das er schrecklich lustig findet.«

»Jacob kann auf sich selbst aufpassen«, sagte ich entschieden. »Ich bin sicher, er wird wieder auftauchen, wenn er gebraucht wird. Ob wir das wollen oder nicht. In der Zwischenzeit - Penny hat mir gesagt, dass ihr euch endlich auf eine Liste von moglichen Kandidaten fur eine neue Rustung geeinigt habt.«

»Ja, endlich«, meinte der Waffenmeister und funkelte jeden gleicherma?en an. »Wir sind nach einem entsprechenden Prozess, reiflicher Uberlegung, Schreien und Haareraufen auf funfzig Namen gekommen.«

»Das hei?t«, fugte der Seneschall duster hinzu, »dass es auch an der Zeit ist, um uber unseren ersten Angriff zu reden. Wir mussen unsere Starke zeigen, so bald wie moglich. Der Welt beweisen, dass wir stark und geeint sind, und nach wie vor eine Macht, mit der man rechnen muss.«

»Nein«, sagte Penny sofort. »Wir sind noch nicht so weit. Wir brauchen mehr Zeit, mehr Training und verdammt viel mehr als funfzig Torques, bevor wir erfolgreich ins Feld ziehen konnen.«

»Das sieht fur mich aber schon ganz gut aus«, sagte ich sanft. »Und ausnahmsweise bin ich der gleichen Meinung wie der Seneschall - also streicht den Tag rot im Kalender an. Wir mussen etwas Gro?es und Aggressives tun und wir mussen es bald tun. Einige Politiker und andere Feinde werden zunehmend unruhig. Aus aller Welt treffen Berichte ein uber Sabelrasseln zwischen verschiedenen Landern, Invasionen und Einmarsche. Damals, als wir noch mit goldener Faust regiert haben, passierte so etwas nicht und alle waren nett zueinander. Dann sind da all die ublichen Verdachtigen, die immer wieder hier und da fur Arger sorgen, nur um mal auszuprobieren, wie weit sie gehen konnen. Dr. Delirium, das Kalte Eidolon und Truman in seiner neuen Basis, wo auch immer das ist. Ich kann ubrigens nicht glauben, dass wir da noch nicht mehr wissen. Erinnert mich daran, dass ich da noch in ein

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