gewinnen«, erwiderte ich. »Aber … du musst gewusst haben, dass ich das vorhabe. Warum hast du mir nichts gesagt?«
»Weil ich mich nicht daran erinnere!« Der Geist des alten Jacob sah traurig auf den leeren Fernseher und kurze Bilder des lebenden Jacob in seiner eigenen Zeit flackerten uber den staubigen Bildschirm, und er tat all die alltaglichen Dinge, die die Lebenden taten … doch es war nur ein Potpourri von Erinnerungen, nach einem kurzen Moment wieder verschwunden.
»So viel meiner Vergangenheit ist fur mich verloren«, sagte Jacob sanft. »Mein Leben ist heute so lange her. Nachdem ich starb, habe ich Jahrhunderte hier verbracht, nur mit Sitzen und Warten. Ich habe auf die wichtigen Dinge gewartet, die ich zu tun hatte - und habe so lange gewartet, dass ich schlie?lich vergessen habe, worauf ich eigentlich wartete. Ich wusste, dass du wichtig bist, von dem Moment an, als ich dich als Kind zum ersten Mal gesehen habe. Ich habe mich tatsachlich daran erinnert, dass ich dir helfen musste, die Kontrolle uber die Familie von der Matriarchin zu erringen, aber ich wei? immer noch nicht, warum. Da ist noch etwas anderes, weshalb ich hier bin, Eddie, als nur die Zerstorung des Herzens. Da ist etwas, das ich tun muss, etwas Wichtiges … Aber ich wei? nicht, was!« Er sah auf und fixierte mich mit stahlernem Blick. »Aber ich erinnere mich jetzt an etwas, Eddie. Du hast mich hierhergebracht, in diese Zeit, um zu sterben. Du bist derjenige, der mich zu dem macht oder machen wird, was ich bin.«
»Aber … wie?«, fragte ich. Meine Kehle war ausgetrocknet, meine Stimme nur ein Flustern.
»Ich wei? es nicht. Lass uns nur hoffen, dass es ein guter Tod sein wird. Fur die Familie.«
»Nein«, sagte ich. »Ich werde das nicht zulassen.«
»Das kannst du nicht verhindern. Du darfst es nicht einmal.«
»Ich konnte dich zuruckschicken. Dein lebendes Ich. Wir offnen einfach das Tor und …«
»Aber das wirst du nicht tun. Weil du mich brauchst.«
»Jacob …«, sagte ich.
Er nickte schroff. »Ich wei?, Junge. Ich wei?.«
»Du warst mein erster wirklicher Freund«, sagte ich. »Und abgesehen von Onkel James, die einzige wirkliche Familie, die ich je hatte. Du und James wart die Einzigen, die mir je etwas bedeutet haben. Und jetzt sagst du mir, dass ich auch fur deinen Tod verantwortlich sein soll? Nein. Nein, ich kann das nicht zulassen. Nicht schon wieder. Ich habe schon einen Vater getotet, ich kann nicht noch einen toten!«
»Die Zeit ist nicht fix«, sagte Jacob freundlich. »Aber … wenn ich nicht sterbe, wie ich soll, werde ich nicht hier sein, wenn du es brauchst. Werde nicht hier sein, um dir zu helfen, das Herz zu besiegen. Die Familie kommt immer an erster Stelle, Eddie. Ich bin froh, dass ich dich getroffen habe, mein Junge. Du warst es wert, darauf zu warten. Du bist der Sohn, den ich nie hatte. Und jetzt trockne deine Augen und tu, was du tun musst. Das Ganze hat einen Zweck, eine Bestimmung, die wir zu erfullen haben. Zumindest daran erinnere ich mich.«
»Warum hast du mir das verheimlicht?«, fragte ich, als ich meine Stimme wieder im Griff hatte.
»Weil ich das Gefuhl hatte, dass etwas Schlimmes passieren wurde. Ich brauche Zeit fur mich, ungestort, um mich selbst dazu zu bringen, mich zu erinnern, was ich tun soll. Bevor es zu spat ist. Komm nicht, um nach mir sehen, Eddie. Und sag meinem lebenden Ich nichts von … mir. Nur fur den Fall, dass du nach einem Ausweg suchst.«
Er grinste und zwinkerte mit einem gluhenden Auge, verschwand aus seinem Sessel und lie? mich in der Kapelle allein.
Wenn man bedachte wie der erste Versuch, mit der Zeit herumzuspielen, gelaufen war, war ich nicht scharf darauf, es ein weiteres Mal zu probieren. Aber Notwendigkeit, Pflicht und Jacobs Ermutigung trieben mich an. Ich brauchte immer noch Hilfe, vielleicht mehr denn je und der einzige Platz, an dem ich noch suchen konnte, war unter den zukunftigen Sprosslingen meiner Familie. Au?erdem war ich wie immer stur. Also lie? ich Merlins Spiegel wieder los und instruierte ihn, mir die Zukunft zu zeigen.
»Zeig mir, wie das Herrenhaus in hundert Jahren aussieht«, sagte ich. Das schien mir sicher genug zu sein.
Das Portal offnete sich und zeigte mir ein Bild des Herrenhauses, gro? und stolz auf seinen weiten Parkflachen. Das alte Haus sah verdammt viel gro?er aus. Komplette neue Flugel waren angebaut worden und ein gro?er Steinturm stand auf jeder Seite. Luftschiffe einer unbekannten Art summten wie schlanke, schwarze Wespen um das Flugfeld hinter dem Haus und da waren Kinder, Hunderte von Kindern, die frei und frohlich auf den grunen Wiesen herumrannten. Und dann anderte sich das Bild plotzlich und zeigte mir ein anderes Herrenhaus. Es war eine Ruine; zerbrochener Stein und zerbrockelnde Ziegel, alle Fenster dunkel. Der Park war ein wuchernder Dschungel seltsamer und fremder Pflanzen, die sich bis zum Herrenhaus selbst hinzogen wie eine solide grune Welle. Kriechpflanzen krochen aus den Fenstern, Baume barsten aus zerbrochenem Mauerwerk. Von der Familie keine Spur, nirgendwo.
Das Bild wechselte erneut. Diesmal war das Herrenhaus wie ich es kannte fort und war durch eine gewaltige, technische Struktur ersetzt worden, ganzlich aus glanzendem Stahl und Silber und gro?en blitzenden Fenstern bestehend. Wirbelnde Energien flossen um hohe schimmernde Turme und seltsame Maschinen hupften uber die sauberlich geschnittenen Grunflachen. Uber den ganzen Ort flogen Engel voll schrecklicher Schonheit, sangen Kriegslieder und schienen heller als die Sonne …
Die Bilder vor mir anderten sich laufend, schneller und schneller. Alles Mogliche, wahrscheinliche zukunftige Zeiten. Alle gleich real, gleich wahrscheinlich oder unwahrscheinlich. Ich befahl dem Spiegel, damit aufzuhoren, dachte eine Weile nach und befahl ihm dann, ein Bild des Herrenhauses in einer Zukunft zu zeigen, in der die Familie darin versagt hatte, die Eindringlinge aufzuhalten.
Diesmal stand das Herrenhaus allein und verlassen auf einer endlosen, verstrahlten Ebene. Kein Lebenszeichen irgendwo, nichts von Horizont zu Horizont, und der wolkenverhangene Himmel war leer. Staub fiel langsam zu Boden, endlos, ungestort selbst von der kleinsten Brise. Kein Anzeichen irgendeines lebenden Wesens. Nichts bewegte sich. Der Himmel war von einem dunklen und dusteren Violett, wie eine Prellung.
Eine tote Welt.
Mir war kalt. Kalt bis auf die Knochen, bis in die Seele. Das war es also, was passieren wurde, wenn die Familie versagte. Wenn ich versagte.
Ich wies den Spiegel an, mir zu zeigen, wie das passiert war. Was die Eindringlinge tun wurden, wenn sie kamen. Bilder erschienen und verschwanden wieder, aber ich konnte keines wirklich verstehen. Sie waren zu seltsam, zu verschieden, zu
Die Fremdheit nahm zu, bis ich nicht mehr zusehen konnte. Ich wandte mich ab, und fiel plotzlich von Ubelkeit geschuttelt auf den kalten Steinboden. Hinter mir waren schreckliche Gerausche zu horen. Ich schrie den Spiegel an, er solle aufhoren, meine Augen zusammengepresst, Tranen leckten unter fest geschlossenen Lidern hervor. Und auf einmal erfullte eine wunderbare Stille die Kapelle. Als ich endlich wieder wagte, hinzusehen, war nichts im vor mir schwebenden Spiegel zu sehen au?er meinem eigenen Spiegelbild. Es starrte mich an, und ich sah zum Furchten aus. Ich sah aus, als hatte ich den Krieg bereits hinter mir und hatte verloren.
Ich kam langsam wieder auf die Fu?e. Eine kalte Entschlossenheit zwang alle Schwache aus mir heraus. Ich wurde nicht verlieren. Ich konnte es mir nicht leisten. Ich wurde meine Hilfe aus der Zukunft kriegen, egal, welchen Preis ich zu zahlen hatte, denn die Alternative war so viel schlimmer.
Ich wies Merlins Spiegel an, so weit in die moglichen zukunftigen Zeiten zu gehen wie notig, um mir den einen Abkommling zu zeigen, der am besten geeignet war, einen Krieg gegen die Eindringlinge zu fuhren. Ein Krieger, die Familie in die Schlacht zu fuhren. Ein Menschenfuhrer, sie zu inspirieren. Ein Mann, der alles war … was ich nicht war.
Der Spiegel zeigte mir eine neue Szene, fremdartig genug, um mir den Atem zu rauben. Ein Schlachtfeld auf einem fernen Planeten. Drei Sonnen strahlten in einem grellpinkfarbenen Himmel und schienen auf eine weite