»Ich war in vielen Kriegen an der Front«, sagte der lebende Jacob ein wenig gro?spurig. »Diese geheimen und unsichtbaren Kriege, die immer die Spezialitat der Droods waren, um die Welt zu beschutzen. Ich kann Euch helfen, mit praktischer und mit politischer Vernunft, welche in meinen Tagen mein Fachgebiet war. Die Grundlagen, einen Krieg zu fuhren, sind recht einfach: teile und herrsche, finde die schwachen Punkte heraus und schlage dort zu, und am Wichtigsten: Verwirre jeden anderen so, dass sie nicht wagen, etwas zu tun, weil sie glauben, es sei falsch.«

»Die Welt hat sich seit deiner Zeit etwas geandert«, sagte Callan.

»Danke Jacob«, sagte auch der Waffenmeister. »Ich bin sicher, dein Fachwissen wird sich als wertlos erweisen. Wenn du und William uns nun entschuldigen wollt, wir haben uber private Dinge zu reden.«

William nickte und machte eine Geste, und Merlins Spiegel schrumpfte wieder auf normale Gro?e und steckte sich selbst in meine Jackentasche. Zum Gluck diesmal ohne den verdammten Gong. Der Waffenmeister starrte mich bose an.

»Also, Eddie. Du siehst immer noch gefahrlich selbstzufrieden aus. Lass die nachste Bombe platzen. Wen oder was hat der Spiegel in der Zukunft fur dich gefunden?«

»Ah ja«, sagte ich. »Da wird es etwas kompliziert. Ich habe einen fantastischen zukunftigen Krieger gefunden, und einen entfernten Nachfahren von uns, der sich Giles Todesjager nennt.«

»Todesjager?«, fragte Harry. »Was ist denn das fur ein Name?«

»Er passt zu ihm«, sagte ich. »Fakt ist, ich habe den Mann kampfen sehen. Er ist der Tod auf zwei Beinen und ziemlich fies drauf. Genau, was wir brauchen. Er ist sogar bereit, uns zu helfen. Unglucklicherweise …«

»Ich wusste, es gibt einen Haken«, meinte der Waffenmeister.

»Unglucklicherweise ist er von uns durch die vielen moglichen Zeitlinien getrennt, sodass Merlins Spiegel ihn nicht so ohne Weiteres durchbringen konnte wie Jacob. Ich werde ihn holen mussen. Und das bedeutet, ich brauche den Zeitzug.«

Der Waffenmeister sank nicht gerade zu Boden und verbarg sein Gesicht in den Handen, er sah nur so aus, als wurde er genau das gerne tun.

»Der Zeitzug? Hast du jetzt wirklich auch das letzte Restchen Verstand verloren, Eddie? Du kannst den Zeitzug nicht benutzen. Er ist viel zu gefahrlich!«

»Bitte versuch es auf jeden Fall«, sagte Harry gro?zugig. »Wie auch immer es ausgeht, wir werden nur gewinnen konnen.«

»Arroganz ist nicht sehr schmeichelhaft, Harry«, sagte ich leichthin. »Ich wei?, was ich tue, Onkel Jack.«

Der Waffenmeister schnaubte laut. »Das ware das erste Mal. Naja, wenn du schon gehen musst, dann sei bitte so nett, so viele zukunftige Waffen mitzubringen, wie du kriegen kannst.«

»Todesjager«, meinte Roger Morgenstern. »Teufel auch, ein verdammt guter Name.«

Kapitel Elf

Uber die Zeit

Als ich endlich so weit war, den Zeitzug zu benutzen, war mir der Innere Zirkel dicht auf den Fersen. Glucklicherweise konnte ich sie abhangen, indem ich richtig schnell lief und all meine Kenntnisse uber Abkurzungen und Geheimgange im Herrenhaus ausnutzte. Sie hatten es wirklich besser wissen mussen, als mir zu befehlen, unter keinen Umstanden den Zeitzug zu benutzen. Ich hatte schon immer dieses Problem mit Autoritatspersonen, selbst jetzt, wo ich selbst eine war. Ich lie? ihre erhobenen Stimmen hinter mir und rannte schnell in den hinteren Teil des Herrenhauses, wo sich der alte Hangar befand. Dort bewahrte die Familie die ausrangierten technischen Mirakel auf, die wir heutzutage aus weiser Voraussicht lieber nicht mehr verwenden.

Durch meinen silbernen Torques hindurch stellte ich eine Verbindung mit Seltsam her.

»Hallo, du!«, sagte Seltsam. »Wusstest du, dass der Seneschall dich sucht? Und der Rest deines Inneren Zirkels?«

»Diese Tatsache ist mir nicht entgangen«, sagte ich. »Du musst mir eine Ablenkung verschaffen. Spielst du mit?«

»Ja, klar! Ich konnte etwas Spa? gebrauchen. Deine Familie ist wirklich ganz toll, Eddie, aber die meisten von ihnen sind wirklich sehr ernst.«

»Glaub mir, das wusste ich. Okay, ich brauche dich, um die Nachricht zu ubertragen, dass jedes Familienmitglied seinen neuen Torques bekommt. Der Innere Zirkel und ich haben das gerade beschlossen. Bist du immer noch damit einverstanden?«

»Ja, sicher, je mehr, desto lustiger, sage ich immer.«

»Gut, dann verbreite die gute Nachricht mal und sag jedem, dass sie genau jetzt ins Sanktum kommen sollen.« Ich grinste. »Das sollte die Korridore prima blockieren und den Zirkel davon abhalten, sich in das einzumischen, was ich gerade vorhabe.«

»Oje«, sagte Seltsam. »Willst du wieder etwas Verzweifeltes und Gefahrliches tun?«

»Naturlich. Pass auf den Laden auf, wahrend ich weg bin, Seltsam.«

»Bitte, nenn mich Ethel.«

»Nur uber meine absolut tote Leiche.«

Ich schaffte es, die Hauptkorridore, die sich schon mit jubelnden Familienmitgliedern fullten, zu vermeiden, bis ich endlich in den hinteren Teil des Herrenhauses kam. Zu meiner Uberraschung wartete Molly dort bereits auf mich. Sie begru?te mich mit einer liebevollen Umarmung und einem selbstzufriedenen Lacheln.

»Woher wusstest du, dass ich hier sein wurde?«, fragte ich.

»Ehrlich Su?er, ich bin eine Hexe, schon vergessen? Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat, aber mit Penny zu reden, hat etwas mehr Zeit in Anspruch genommen. Aber ich glaube, ich hab's geschafft, etwas Verstand in ihren hubschen kleinen Kopf zu prugeln. Niemand ist sturer als ein heimlicher Romantiker. Besonders keiner, der es auf sich genommen hat, das Unerlosbare zu erlosen.«

»Also hat sie zugestimmt, Mr. Stich nicht mehr zu treffen?«

»Naja, nicht ganz«, sagte Molly. »Das Beste, was ich erreichen konnte, war das Versprechen, ihn nicht mehr allein zu treffen.«

Ich nickte widerwillig. »Penny ist schon immer halsstarrig gewesen. Ein Familienerbe. Ich habe sowieso keine Ahnung, was sie in ihm sieht.«

»Ich denke, es ist wie bei diesen traurigen, verzweifelten Frauen, die Serienkiller im Gefangnis heiraten wollen. Frauen glauben immer, sie konnen einen Mann andern und mit der Kraft ihrer Liebe das Gute in ihm zum Vorschein bringen. Einige sehen das als Herausforderung, vermute ich. Und Mr. Stich hat dieses dunkle, gefahrliche Verletzten-Ding, das fur ihn spricht. Ich wei?, ich wei?, sieh mich nicht so an, ich wei?, dass er seit uber einem Jahrhundert Frauen abschlachtet und zermetzelt - aber da ist mehr an ihm dran als nur das, Eddie. Ich habe ihn gute Dinge tun sehen. Und du auch.«

»Er ist Mr. Stich. Er totet Frauen. Das ist, was er tut. Wenn er Penny etwas antut …«

»Das wird er nicht. Er hat nie einen meiner Freunde angeruhrt.«

»Wenn er sie totet, dann tote ich ihn. Egal, ob er dein Freund ist oder nicht.«

»Wenn es so weit ist, dann helfe ich dir«, sagte Molly. »Also, warum sind wir hier, Eddie?«

Ich wies auf den langen Hangar aus Glas und Stahl, der gro? und stolz hinter dem Herrenhaus stand, auch wenn er noch ein gutes Stuck entfernt war. Es handelte sich um eine geraumige Konstruktion aus Stahltragern mit einem gewolbten Glasdach, gro? wie mehrere Fu?ballfelder. Die Familie macht keine halben Sachen, selbst wenn es um Museen geht, die kaum noch einer besucht. Ich hakte Molly unter und fuhrte sie zum offenen Eingang.

»Ich habe einen sehr nutzlichen Verbundeten in der Zukunft geortet«, sagte ich. »Unglucklicherweise ist er so weit von uns entfernt, dass wir ihn personlich holen mussen. Und dafur brauchen wir den Zeitzug.«

»Nur wir beide?«, fragte Molly.

»Nun«, sagte ich. »Ich habe nach Freiwilligen gefragt, aber die Antwort war enttauschend. Offenbar hatte jeder andere mehr Verstand. Zeitreisen sind immer gefahrlich und keiner hat seit Ewigkeiten den Zeitzug benutzt. Wahrscheinlich aus gutem Grund. Es ist nicht gerade … das verlasslichste Gerat, das die Familie je gebaut hat.

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