Team keine andere Wahl, als die ganze verdammte Insel in die Luft zu sprengen, damit der Alte wieder in seiner Gruft verschwand und diese versiegelt wurde. Der Name der Insel war Krakatau.

Wie auch immer, Ivor hat die ganze Schuld gekriegt, was wirklich unfair war. Er ist seitdem in Ungnade gefallen.«

»Stopp mal«, sagte Molly. »Wenn keiner den Zug seit dem neunzehnten Jahrhundert gefahren hat, hei?t das, dass du ihn auch nie selbst gefahren hast?«

»Naja, so gesehen nicht«, sagte Tony. »Aber ich wei? alles, was ich wissen muss! Die Pflege und die Bedienung von Ivor sind heilig und werden treuhanderisch weitergegeben, Miss Molly; von Vater zu Sohn, seit Generationen. Eine Familie in der Familie, konnte man sagen. Seid sicher, dass ich jede einzelne Bedienungsanleitung gelesen habe, und die Tagebucher meines Gro?vaters, und ich wei? genau, wie Ivor innen und au?en zusammengesetzt ist. Machen Sie sich keine Sorgen, Miss Molly! Der alte Ivor zerrt schon an den Zugeln und will loslegen! Stimmt's, alter Junge?«

Er tatschelte den schwarzen Stahl wieder vertraulich und Molly und ich zuckten zusammen, als Ivor einen plotzlichen Dampfsto? aus einem Ventil schickte, als wolle er antworten. Vielleicht war es eine Antwort. Es ware nicht das erste Mal gewesen, dass die Familie etwas gebaut hatte, das einen eigenen Verstand besa?.

Nein, lassen Sie mich gar nicht erst von diesem empfindungsfahigen Wasserspender anfangen, der erkennen sollte, wann man durstig war. Er ertrankte drei Leute, bevor wir ihn zu Boden ringen konnten.

»Also los«, sagte ich munter. »Dann lass mal Dampf in den Kessel oder was auch immer du tun musst. Und dann volle Kraft voraus in die Zukunft!«

Tony sah mich mit einem Ausdruck an, der ziemlich leer war. »Du meinst - jetzt sofort?«

»Keine bessere Zeit als jetzt«, erwiderte ich. »Und … da gibt's ein paar Leute, die vielleicht mit uns reden wollen, bevor wir losfahren und ich habe ehrlich gesagt, keine Lust, mit ihnen zu reden. Also je schneller wir aufbrechen, desto besser. Das ist doch kein Problem, oder?«

»Aber nein, Edwin! Gar nicht! Alle Zeitreiseregeln besagen, dass wir nur ein paar Sekunden nach dem Aufbruch wieder hier sein konnen. So wurdest du nicht verpassen, mit den anderen zu reden!«

»Wie erfreulich!«, meinte ich. »Los geht's, Tony.«

»Sagen Sie nichts weiter, Sir!«, sagte Tony und salutierte begeistert vor mir. Er hastete die Leiter ins Fuhrerhaus hoch und explodierte dabei fast vor Freude und nervoser Energie. Das war sein Moment, die gro?e Chance, die endlich gekommen war, und er konnte nicht abwarten loszulegen. Jeder, der weniger enthusiastisch gewesen ware, hatte mir wahrscheinlich eine ganze Menge Fragen gestellt, auf die ich uberhaupt keine guten Antworten gehabt hatte. Ich fuhlte mich ein wenig schuldig, weil ich Tony austrickste, aber nur ein bisschen. Ich hatte schon zu viele andere Dinge, wegen derer ich mich schuldig fuhlen musste. Ich brauchte den Krieger namens Todesjager; die Familie brauchte ihn, und das war alles, was zahlte. Molly und ich folgten Tony die enge Stahlleiter hinauf und in das uberraschend geraumige Fuhrerhaus. Wir traten zuruck, als Tony von einem Stahlhebel zum anderen hastete, sie mit ansteckender Begeisterung und angemessener Frohlichkeit vor- und zuruckschob. Nichts geht uber das Beobachten eines Enthusiasten, der damit angibt, was er am besten kann. Er lehnte sich vor, um eine Reihe von altmodischen Messgeraten zu kontrollieren, die sich uber dem Hauptkessel befanden und tippte ein paar mit seinem Zeigefinger an, bevor er sich breit lachelnd umdrehte.

»Ich halte immer einen bestimmten Druck aufrecht«, sagte er stolz. »Teilweise, weil es gut fur den Kessel ist, teilweise, um auch wirklich bereit zu sein, falls uns der Ruf ereilt … Erlaubt mir, ein paar Minuten lang ein wenig Kohle nachzuschaufeln und dann konnen wir losfahren! Oh ja!«

»Wo sind die Schienen?«, fragte Molly und lehnte sich gefahrlich weit aus dem Fenster des Fuhrerhauses, bevor ich sie zuruckziehen konnte.

»So wie ich es verstehe, gibt es keine«, sagte ich. »Ivor reist in der Zeit, nicht im Raum.« Ich sah zu Tony hinuber. »Du kannst die Waggons hier lassen. Wir werden sie nicht brauchen.«

Sein Gesicht wurde lang. »Aber … sie sind sehr bequem! Eigentlich geradezu kuschelig. Ich poliere den Stahl jeden Tag!«

»Trotzdem«, sagte ich fest.

Tony schmollte und ging dann nach hinten, um die Waggons abzuhangen. Ich sah die verschiedenen Messgerate an, aber sie sagten mir nichts. Und trotzdem konnte ich etwas fuhlen. Mir war, als baue sich ein bestimmter Druck auf, als sammle sich eine kontrollierte Macht. In Ivors Fuhrerhaus zu stehen, war, als stunde man im Maul eines gro?en Monsters, das langsam erwachte. Tony kam ins Fuhrerhaus zuruckgesprungen, offnete die Klappe zum Schlepptender und begann, etwas, das ganz so aussah wie Kohle, in die offene Heizkammer zu schaufeln. Molly und ich sahen ihm eine Weile dabei zu.

»Entschuldige«, sagte Molly. »Aber … wie genau hilft uns das Druckaufbauen in einem Dampfkessel dabei, in der Zeit zu reisen?«

»Oh, das ist keine Kohle, Miss Molly«, sagte Tony und schaufelte noch kraftiger. »Das sind kristallisierte Tachyonen.«

Mollys skeptischer Gesichtsausdruck verstarkte sich. »Aber … Tachyonen sind doch Partikel, die nicht langsamer als Lichtgeschwindigkeit sind, also …«

»Frag nicht«, sagte ich freundlich. »Ich finde es immer besser, nicht zu fragen, wenn man mit so etwas zu tun hat. Die Antworten regen einen nur auf. Allein schon, mir die Probleme vorzustellen, die mit Zeitreisen einhergehen, macht mir Kopfschmerzen. Ich will ganz bestimmt keine Vorlesung uber Quantendampfmechanik horen und du bestimmt auch nicht.«

Es dauerte nicht lang, bis das, was man fur Dampf halten konnte, sich zu vollem Druck aufgebaut hatte. Tony legte schlie?lich seine Schaufel weg, schlug die Klappe zum Ofen zu und wischte sich den Schwei? mit einem rot gepunkteten Taschentuch von der Stirn.

»Alles klar, Miss Molly und Herr Edwin. Aber jetzt brauchen wir ein genaues Ziel, Ivor und ich, wenn wir in zukunftige Zeitlinien reisen. Wir brauchen korrekte raumliche und temporale Koordinaten.«

Ich nahm Merlins Spiegel heraus und instruierte ihn, Ivor zu zeigen, wo und wann er Giles Todesjager finden konnte. Der Spiegel wand sich sofort aus meiner Tasche, dehnte sich gleichzeitig aus und schoss durch die Luft, bis er schlie?lich uber dem anderen Ende des Hangars hing und den ganzen Eingang ausfullte.

»Ich denke, er will uns zeigen, wo es langgeht«, sagte ich.

»Das Ding jagt mir langsam richtig Angst ein«, sagte Molly. »Nichts sollte all das konnen, was dieser Handspiegel da kann. Nicht einmal, wenn Merlin Satansbrut ihn gemacht hat.«

»Pscht«, sagte ich. »Er konnte dich horen.« Ich wandte mich zu Tony um. »Fahr mit Ivor auf das Portal zu, das der Spiegel da geoffnet hat. Dann wird der ihm alle Koordinaten geben, die er braucht.«

»Ich wei? nicht«, sagte Tony zweifelnd.

»Tu's einfach«, sagte ich. »Das ist nicht verruckter als alles andere hier.«

»Ein Mann nach meinem Herzen!«, sagte Tony. »Volldampf voraus, Ivor! Warp Sechs und spar nicht mit Tachyonen!«

Der Zeitzug setzte sich in Bewegung und lie? uns fur einen Moment kurz taumeln. Ivor tuckerte laut und mit Muhe und blies so etwas wie Dampf aus seinem Schornstein aus. Tony schoss vor und zuruck, warf hier und dort einen Hebel um und beobachtete gleichzeitig aufmerksam all die Messgerate und Anzeigen. Man hatte nicht unbedingt das Gefuhl, vorwarts zu fahren, aber der Hangar verschwand langsam hinter uns, je weiter wir in der Zeit vorruckten. Molly und ich hielten uns an den Seiten des Fuhrerhauses fest und sahen uber Ivors spitzen Bug, dass wir unaufhaltsam auf Merlins Spiegel zufuhren, der immer noch vor uns in der Luft schwebte und gro?er und gro?er zu werden schien, gro?er als der Hangar eigentlich sein konnte. Es gab kein Anzeichen fur eine Oberflache des Spiegels, keine Reflexion, kein Anzeichen der Zukunft, in die wir wollten, … nur endlose Nacht, unberuhrt von Mond oder Sternen. Und dann ruckte der Zeitzug nach vorn, Tony jubelte laut vor Begeisterung und wir tauchten in Merlins Spiegel ein, der uns im nachsten Moment verschluckt hatte.

Zuerst war es wie in einem Tunnel. Dunkelheit um uns herum, wahrend eine kleine, altmodische Petroleumlampe das Fuhrerhaus in goldenes Licht tauchte. Das einzige Gerausch war Ivors kraftvolle Maschine, als wir in die Dunkelheit eintauchten. Und dann kamen einer nach dem anderen die Sterne heraus, einzeln oder zu zweit, dann zu Dutzenden, bis wir von gro?en, wogenden Ozeanen von Licht umgeben waren. Jetzt war es, als fuhren wir durchs Weltall, aber nicht durch eines, das ein Astronaut gesehen hatte. Statt der bekannten Sternbilder gab es gro?e Meere von Sternen, die in einem Licht strahlten, das beinahe zu rein und schon war, als dass man es ausgehalten hatte. Kometen segelten an Ivor vorbei, in bunten Farben, wie die Su?igkeiten, die wir

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