vertrauten Gesichtern und beobachten uns …«
»Der Teufel lugt immer«, sagte ich.
»Au?er wenn einen die Wahrheit mehr treffen kann«, sagte Molly.
»Bist du in Ordnung, Molly?«, fragte Seltsam. »Du scheinst irgendwie …«
»Sie ist in Ordnung«, sagte ich.
»Ja«, bestatigte Molly. »Ich bin in Ordnung.«
»Also«, sagte ich. »Truman hat die Seele Albions. Dafur muss er aktiv mit jemandem aus der Familie zusammengearbeitet haben. Seneschall, irgendwelche Ideen?«
»Es gibt immer noch Mitglieder der Null-Toleranz-Fraktion, die offen innerhalb der Familie agieren«, sagte der Seneschall langsam. »Einige konnten auch immer noch Verbindungen zu Truman unterhalten. Innerhalb der Fraktion gibt es solche, die mit seiner Hilfe wieder an die Macht und an eine Position innerhalb der Familie kommen wollen.«
»Einschlie?lich der Matriarchin?«, fragte ich und er nickte widerwillig.
»Und auf welcher Seite stehst du in diesem Fall, Seneschall?«, fragte Harry.
Der richtete sich zu voller Gro?e auf, sein pockennarbiges und verunstaltetes Gesicht war kalt und verschlossen. »Ich beschutze die Familie, gegen alles, das sie bedroht.«
»Die Matriarchin«, sagte ich nachdenklich. »Liebe Gro?mutter Martha. Sie hatte Truman mit den notwendigen Worten versehen konnen, um die Schutzzauber um die Seele zu offnen.«
»Das hatte sie tun konnen«, erwiderte der Seneschall. »Aber ich habe keine Hinweise darauf, dass das passiert ist oder ich hatte etwas unternommen. Meiner Meinung nach sieht Truman die Seele als sein As im Armel, das ihn vor den Eindringlingen beschutzt, wenn sie sich gegen ihn wenden.«
»Ich kriege wieder eine Meldung von Callan«, unterbrach uns Seltsam. »Ich glaube wirklich, das musst du horen, Eddie.«
»Okay, stell ihn durch«, antwortete ich. »Callan, hoffentlich hast du was Gutes fur uns.«
»Das kommt drauf an, was du gut nennst«, sagte Callan. »Truman hat herausgefunden, dass wir hier sind. Und anstatt uns sofort umzubringen, will er, dass ich dir eine Nachricht uberbringe. Er ist bereit, die Seele Albions zu zerstoren, es sei denn, die Drood-Familie begibt sich unter sein Kommando. Besonders will er Zugang und Kontrolle zu den verbotenen Waffen, die unter den Armageddon-Kodex fallen. Scheinbar glaubt er, er kann sie benutzen, um die Eindringlinge aus unserer Realitat fernzuhalten, nachdem er sie dazu benutzt hat, die Welt zu erobern. Der Idiot! Ich hatte jetzt wirklich gern die Erlaubnis, mich zuruckzuziehen, bitte. Ich mag das Gefuhl nicht, dass er genau wei?, wo wir sind. Ich kann formlich spuren, wie sich die Geier versammeln.«
»Du bleibst, wo du bist«, sagte ich. »Sprich mit Truman, versprich ihm alles, halt ihn hin. Solange er glaubt, dass es immer noch eine Chance gibt, wird er nichts unternehmen. Ich werde mich wieder bei dir melden, sobald wir eine Entscheidung getroffen haben. Seltsam, Verbindung kappen.«
»Er spricht immer noch mit dem Lageraum«, sagte Seltsam. »Auch wenn ›brullen‹ der zutreffendere Ausdruck ware. Du liebe Zeit, was fur eine Sprache …«
»Alles der Reihe nach«, sagte ich. »Wir mussen rausfinden, wer die Verrater in der Familie sind.«
»Wir haben keine Zeit fur eine Hexenjagd«, meinte Harry. »Nicht, wenn es so viele wichtige Entscheidungen zu treffen gilt.«
»Klar, dass du sagen wurdest, Harry«, sagte ich. »Ich denke, ich fange damit an, einen netten kleinen Schwatz mit der Matriarchin zu halten. Ich denke, sie wird mit mir reden, wenn ich ihr erst von Sebastian erzahle.«
»Du kannst nicht zu ihr«, sagte Harry. »Sie ist krank. Sie empfangt niemanden.«
»Sie wird mich empfangen«, antwortete ich. »Seltsam, zeig mir, was die Familie wahrend meiner unbeabsichtigten Abwesenheit unternommen hat, um gegen die Abscheulichen vorzugehen. Furs Erste nur die Hohepunkte. Den Rest nehme ich spater nebenher mit. Zeig mir nur, was ich wissen muss.«
Visionen erschienen in Seltsams karmesinrotem Leuchten. Wechselnde Szenen von golden gerusteten Familienmitgliedern in Schlachten mit Drohnen der Abscheulichen in den albtraumartigen Stra?en der Ghoulstadte. Ich sah Dutzende von gerusteten Gestalten gegen Hunderte von Drohnen vorgehen und jeden toten, der nicht zur Familie gehorte. Die Drohnen waren oft schrecklich missgestaltet, Monster, die nur entfernte Ahnlichkeit mit den Menschen hatten, die sie einmal gewesen waren. Die Droods schlugen sie mit goldenen Fausten nieder und rissen die Drohnen Glied fur Glied auseinander. Ein schneller Tod war die einzige Gnade, die sie zu geben hatten. Sie sturmten durch die engen Stra?en, ihre goldene Rustung schimmerte hell in dem grellen, schmerzhaften Licht der Ghoulstadte. Sie zerstorten Gebaude, rissen sie nieder und schleiften sie mit brutaler Gewalt, um sicherzugehen, dass sie nichts, was sich noch darin verstecken mochte, ubersahen. Zuletzt steckten sie die Ruinen in Brand.
Ganze Stadte gingen in Flammen auf. Es wird ja erzahlt, dass Feuer reinigt.
Manchmal waren die Drohnen bereits tot und verfielen, und wurden nur von den unnaturlichen Energien in ihrem Innern aufrechterhalten. Manchmal sahen sie auch aus wie du und ich. Sie kamen auf die Stra?en, bettelten und weinten und wiesen laut auf ihre Unschuld hin. Aber sie waren schon so verandert, dass sie vergessen hatten, wie normale Menschen zu klingen und sich so zu benehmen. Besonders die Kinder. Die gerusteten Droods toteten sie alle. Sie mussten Abscheuliche sein, sonst waren sie nicht in einer Ghoulstadt gewesen.
Manchmal lie?en Familienmitglieder die Rustung fallen, um sich zu ubergeben oder zu weinen oder nur auf dem Burgersteig zu hocken und sich wie zusammengeschrumpft vor- und zuruckzuwiegen.
Wir haben uns nie als Killer gesehen. Das ist nicht die Art der Droods. Wir haben es immer vorgezogen, hinter den Kulissen zu operieren, mit kleinen Anderungen hier und da. Um zu verhindern, dass die ganze Familie so etwas wie das hier tun musste. Geheime Kriege sind eine Sache, Massenmord eine andere. Aber wir waren Droods, und wir waren immer in der Lage gewesen, die schwierigen, notwendigen Dinge zu tun. Um die Menschheit zu beschutzen.
Ich konnte nur hoffen, dass wir keinen Geschmack daran fanden.
Ich sah meine Familie die Turme in den Ghoulstadten vernichten; gro?e, unnaturliche Strukturen, teilweise technischer Natur und teilweise organisch. Manchmal schrien die Turme, wenn sie fielen. Sie fielen und fielen und doch gab es irgendwie immer mehr von ihnen …
Die Visionen endeten. Ich stand schweigend da und dachte nach. Der Seneschall rausperte sich bedeutsam.
»Wir sind weiterhin gehandicapt, weil wir all das vor der breiten Offentlichkeit geheimhalten wollen. Wir konnen nicht erlauben, dass sie wissen, was geschieht. Wir halten die Regierungen und die Politiker bis zu einem gewissen Grad auf dem Laufenden und sie kooperieren. Mehr oder weniger. Weltweite Panik und Chaos sind nicht gerade in unserem Interesse.«
»Jetzt hast du gesehen, wie schlimm es steht«, sagte Harry. »Die Chancen, die wir haben. Vielleicht hat Truman recht. Vielleicht sollten wir den Armageddon-Kodex offnen.«
»Nein«, sagte ich. »Noch nicht.«
»Sag mir, dass du einen wirklich guten Plan hast«, meinte der Seneschall.
»Naja«, sagte ich. »Ich habe zumindest einen Plan.«
Kapitel Dreizehn
Die Wahrheit - und noch ein paar andere Dinge - kommen ans Licht
Ich warf jeden hinaus, so schnell ich konnte, ohne dabei allzu offensichtlich zu sein. Ich schickte Giles Todesjager mit dem Seneschall weg, damit sie neue Trainingsprogramme fur die Familie erstellen konnten. Mit den beiden hatte ich gegen jede Armee auf unsere gewettet. Harry und Roger staksten alleine hinaus, zweifellos, um irgendwo anders wieder Unruhe zu stiften. Keiner von ihnen sah mich auch nur an, wahrend er ging. Und nach einer diskreten Pause sagten Molly und ich auch auf Wiedersehen zu Freddie und Seltsam und suchten uns einen stillen Ort, an dem wir sicher und privat miteinander reden konnten.
Die Leute starrten uns hinterher, als wir durch die Korridore gingen. Keiner jubelte oder buhte uns tatsachlich aus, sie beobachteten uns nur und behielten ihre Gedanken fur sich. Die meisten sahen aus, als wurden sie nur darauf warten, dass man ihnen sagte, was sie am besten tun sollten. Ich wusste genau, wie sie sich fuhlten. Molly und ich kamen schlie?lich zum Hauptspeisezimmer im hinteren Teil des Herrenhauses. Es war