Er hielt mir die Maus hin. »Hier. Lassen Sie nicht zu, dass Mr. Jingles etwas passiert«

»Del, ich bezweifle, dass er zu mir kommt. Er ist nicht...«

»Mais oui, er sagt, er will. Er sagt, er wei? alles uber Sie, Boss Edgecombe, und Sie bringen ihn zu die

Ort in Florida, wo die Mausies ihre Tricks zeigen. Er sagt, er vertraut Ihnen.« Delacroix streckte die

Hand weiter aus, und die Maus trat doch tatsachlich von seiner Handflache auf meine Schulter. Sie

war so leicht dass ich sie nicht durch meinen Uniformrock fuhlen konnte, aber ich spurte sie wie eine

kleine Hitze. »Und Boss? Lassen Sie nicht diesen Bosen an ihn 'eran. Lassen Sie nicht zu, dass der

Bose meiner Maus was antut«

»Okay, Del, ich werde es nicht zulassen.« Die Frage war, was sollte ich im Augenblick mit Mr. Jingles

machen? Ich konnte nicht Delacroix mit einer Maus auf meiner Schulter an den Zeugen vorbeifuhren.

»Ich nehme ihn, Boss«, sagte eine tiefe Stimme hinter mir. Es war John Coffeys Stimme, und es war

unheimlich, dass sie gerade jetzt ertonte, als hatte er meine Gedanken erraten. »Nur fur jetzt. Wenn

Del nichts dagegen hat«

Del nickte erleichtert »Ja, nimm ihn, John, bis diese Dummheit voruber ist - bien Und danach ...« Er

blickte wieder zu Brutal und mir. »Ihr musst sie nach Florida bringen. Zu diese Stadt, die Mouseville

'ei?t«

»Ja, hochstwahrscheinlich tun Paul und ich das zusammen«, sagte Brutal und beobachtete besorgt,

wie Mr. Jingles von meiner Schulter auf Coffeys gewaltige ausgestreckte Handflache trat. Mr. Jingles

tat es ohne Protest und unternahm keinen Fluchtversuch; er huschte so bereitwillig John Coffeys Arm

hinauf, wie er auf meine Schulter getreten war. »Wir nehmen uns etwas von unserem Urlaub. Nicht

wahr, Paul?«

Ich nickte. Del nickte ebenfalls. Seine Augen glanzten, und die Andeutung eines Lachelns spielte um

seine Lippen. »Die Leute zahlen einen Dime, um Mr. Jingles zu sehen. Zwei Cents die Kinder. Ist es

so, Boss Howell?« »So ist es, Del.«

»Sie sind eine gute Mann, Boss Howell«, sagte Del. »Sie auch, Boss Edgecombe. Sie 'aben mich

manchmal angebrullt, oui, aber nur, wenn es sein musste. Ihr seid alle gute Manner au?er diesem

Percy. Ich wunsche, ich konnte euch irgendwo Wiedersehen. Mauvais temps, mauvais chance.«

»Ich muss dir etwas sagen, Del«, erklarte ich ihm. »Die Worte, die ich jedem sagen muss, bevor wir

gehen. Keine gro?e Sache, aber es gehort zu meinem Job. Okay?«

»Oui, Monsieur«, sagte er und schaute Mr. Jingles, der auf John Coffeys breiter Schulter hockte, ein

letztes Mal an. »Au revoir, mon ami«, sagte er und begann heftiger zu weinen, »/e t'aime, mon petit«

Er warf der Maus eine Kusshand zu. Diese Kusshand hatte lustig oder vielleicht einfach grotesk sein

sollen, doch das war sie nicht. Dean starrte von der Gummizelle aus uber den Gang und lachelte

sonderbar. Ich glaube, er war den Tranen nahe. Ich leierte herunter, was ich sagen musste, und als

ich fertig war, trat Delacroix zum letzten Mal aus seiner Zelle.

»Warte noch einen Augenblick, Boss«, sagte Brutal und uberprufte die rasierte Stelle auf Dels Kopf,

wo die Kappe sitzen wurde. Er nickte mir zu. »Gut mit Eversharp rasiert. Wir konnen gehen.«

So machte Eduard Delacroix seinen letzten Spaziergang uber die Green Mile, und kleine Bache von

Tranen und Schwei? rannen seine Wangen hinab, und Donner grollte in der Nacht. Brutal ging links

des Todeskandidaten, ich rechts und Dean hinter ihm.

Schuster wartete in meinem Buro, und die Warter Ringgold und Battle standen in den Ecken auf

Posten. Schuster blickte auf, als Del eintrat lachelte und sprach ihn auf franzosisch an. Es klang

gestelzt fur mich, aber es wirkte Wunder.

Del erwiderte das Lacheln, ging zu Schuster und umarmte ihn. Ringgold und Battle spannten sich an,

aber ich hob die Hande und schuttelte den Kopf.

Schuster horte sich Dels Flut von tranenersticktem Franzosisch an, nickte verstandnisvoll und klopfte

ihm auf den Rucken. Er schaute mich uber die Schulter des kleinen Mannes hinweg an und sagte:

»Ich verstehe kaum ein Viertel von dem, was er sagt«

»Ich bezweifle, dass es was ausmacht«, knurrte Brutal.

»Ich auch, Sohn«, sagte Schuster und grinste. Er war der beste von ihnen, und jetzt wird mir klar,

dass ich keine Ahnung habe, was aus ihm geworden ist. Ich hoffe, er hat seinen Glauben behalten,

was auch immer sonst sich ereignet hat.

Er forderte Delacroix auf, sich hinzuknien, und faltete die Hande. Delacroix folgte seinem Beispiel.

»Not' Pere, qui etes aux ci'eux«, begann Schuster, und Delacroix sprach mit. Sie beteten das

Vaterunser in diesem flussig klingenden Cajun-Franzosisch, bis zu »mais deliverez-nous du mal, ainsi

soit-il.« Unterdessen waren Dels Tranen versiegt, und er wirkte ruhig. Einige Bibelverse (auf englisch)

folgten, und Schuster versaumte nicht die altbewahrte Sache mit dem stillen Wasser. Als das erledigt

war, wollte sich Schuster erheben, doch Del hielt ihn am Armel fest und sagte etwas auf franzosisch.

Schuster horte aufmerksam zu und runzelte die Stirn. Er erwiderte etwas. Del fugte noch etwas hinzu

und schaute dann hoffnungsvoll zu ihm hoch.

Schuster wandte sich mir zu. »Er will noch etwas, Mr. Edgecombe. Ein Gebet bei dem ich ihm wegen

meines Glaubens nicht helfen kann. Ist das in Ordnung?«

Ich blickte auf die Wanduhr und sah, dass es siebzehn Minuten vor Mitternacht war. »Ja«, sagte ich,

»aber es muss schnell gehen. Wir mussen einen Zeitplan einhalten, wissen Sie.«

»Ja, ich wei?.« Er wandte sich wieder Delacroix zu und nickte.

Del schloss die Augen, wie um zu beten, doch einen Moment lang sagte er nichts. Er furchte die Stirn,

und ich hatte das Gefuhl, dass er in der Erinnerung kramte, wie jemand vielleicht in einer kleinen

Dachstube nach einem Gegenstand sucht, den er lange, lange Zeit nicht benutzt (oder benotigt) hat.

Ich schaute wieder zur Uhr und sagte fast etwas - ich hatte es getan, wenn Brutal mir nicht am Armel

gezupft und den Kopf geschuttelt hatte.

Dann begann Del leise, aber schnell in diesem Cajun zu sprechen, das so rund und weich und sinnlich

wie die Brust einer jungen Frau war.

Marie/ Je vous salue, Marie, oui, pleine de grace, lc Seigneur est avec nous; vous etes benie entre

toutes les femmes et mon eher Jesus, le fruit de vos entrailles, est beni.« Er weinte wieder, aber ich

bezweifle, dass ihm das bewusst war. »Sainte Marie, oh ma mere. Mere de Dieu, priez pour moi, priez

pour nous, pauv' pecheurs, maint'ant et a l'heure ,.. l'heure de notre mort L'heure de mon mort.« Kr

atmete tief und zitternd ein. »Ainsi soit-il.«

Durch das Fenster des Buros fiel der grelle, blauwei?e Strahl eines Blitzes, als Delacroix aufstand. Alle

au?er Del zuckten zusammen; er wirkte immer noch in das Gebet vertieft. Er streckte eine Hand aus,

ohne zu sehen, wohin. Brutal ergriff die Hand und druckte sie kurz. Delacroix schaute ihn an und

lachelte ein wenig.

-Nous voyons ...«, begann er und verstummte. Dann sprach er wieder Englisch. »Wir konnen jetzt

gehen, Boss Howell, Boss Edgecombe. Ich bin mit Gott im reinen.«

»Das ist gut«, sagte ich und fragte mich, wie im reinen mit Gott sich Del in zwanzig Minuten fuhlen

wurde. Ich hoffte, dass sein letztes Gebet gehort worden war und Mutter Maria fur ihn mit ganzem

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