Treppe, die in den Tunnel unter der Stra?e fuhrt. Dort konfrontierten Dean und Harry und Brutal und

ich Percy Wetmore angesichts Eduard Delacroix' rauchender Leiche, und wir lie?en Percy sein

Versprechen erneuern, sich nach Briar Ridge zur staatlichen Nervenheilanstalt versetzen zu lassen.

Es gibt immer frische Blumen im Solarium, aber gestern am Mittag roch ich nicht ihren Duft,

sondern den Gestank des verbrannten Fleischs des Toten.

Das Gerausch des Rasenmahers unterhalb des Fensters wurde zum dumpfen Klatschen von Wasser,

das durch die gewolbte Decke des Tunnels tropfte. Der Ausflug begann. Ich war mit Seele und

Verstand, wenn auch nicht mit dem Korper, ins Jahr 1932 zuruckgereist.

Ich lie? das Mittagessen ausfallen, schrieb bis ungefahr sechzehn Uhr, und als ich den Bleistift

hinlegte, schmerzte meine Hand. Ich ging langsam hinab zum Ende des Flurs im ersten Stock. Dort

gibt es ein Fenster, das auf den Parkplatz der Angestellten blickt. Brad Dolan, der Pfleger, der mich an

Percy erinnert - und der stets zu neugierig ist wo ich hingehe und was ich auf meinen Spaziergangen

mache -, fahrt einen alten Chevrolet mit einem Aufkleber ICH HABE GOTT GESEHEN, UND SEIN NAME

WAR NEWT. Der Wagen war weg; Brads Schicht war voruber, und er war zu dem Kaff gefahren, wo

er zu Hause ist. Ich stelle mir einen Wohnwagen mit .Hustler-Faltblattern an den Wanden und

Dixie-Bierdosen in den Ecken vor.

Ich ging durch die Kuche hinaus, in der das Abendessen vorbereitet wurde. »Was haben Sie in dieser

Tragetasche, Mr. Edgecombe?« fragte mich Norton.

»Eine leere Flasche«, sagte ich. »Ich habe entdeckt, dass die Quelle der Jugend dort unten in den

Waldern ist. Ich gehe jeden Nachmittag um diese Zeit dorthin und hole mir ein bisschen Quellwasser.

Ich trinke es vor dem Schlafen. Guter Stoff, das kann ich Ihnen sagen.«

»Moge es Sie jung halten«, sagte George, der andere Koch, »aber schoner werden Sie davon auch

nicht.«

Wir alle kicherten daruber, und ich ging hinaus. Ich ertappte mich dabei, dass ich nach Brad Dolan

Ausschau hielt, obwohl sein Wagen weg war. Ich schalt mich Blodmann, weil er mir so unter die Haut

ging, und uberquerte das Krocketfeld.

Jenseits davon ist ein durftiges, kleines Putting Green, das in den Werbebroschuren von Georgia Pines

viel schoner aussieht, und dahinter windet sich ein Pfad in das Waldchen ostlich des Pflegeheims. An

diesem Pfad stehen ein paar alte Schuppen, von denen heute keiner mehr benutzt wird. Ich ging in

den zweiten Schuppen, der nahe an der hohen Mauer zwischen dem Gelande von Georgia Pines und

dem Georgia Highway 47 steht, und blieb dort fur eine Weile.

An diesem Abend a? ich gut, hockte ein wenig vor dem Fernseher und ging fruh zu Bett. In vielen

Nachten wache ich auf und schleiche mich hinunter in den Fernsehraum, wo ich alte Filme auf dem

American Movie Channel anschaue. In der vergangenen Nacht jedoch nicht; gestern Nacht schlief ich

wie ein Stein und ohne die Traume, die mich verfolgt haben, seit ich meine Abenteuer in Literatur

angefangen habe. All das gestrige Schreiben musste mich erschopft haben. Ich bin nicht mehr der

Jungste, wissen Sie.

Als ich aufwachte und sah, dass der Fleck Sonnenschein, der fur gewohnlich um sechs Uhr morgens

auf den Boden fallt es den ganzen Weg bis hinauf zum Fu? meines Bettes geschafft hatte, stand ich

rasch auf, so alarmiert, dass ich kaum den arthritischen Schmerz in meinen Huften und Knien und

Knocheln bemerkte. Ich zog mich schnell an und eilte in den Flur hinunter zu dem Fenster, durch das

man den Parkplatz der Angestellten uberblicken kann. Ich hoffte, dass der Platz, auf dem Dolan

seinen alten Chevrolet parkt noch leer sein wurde. Manchmal kommt er bis zu einer halben Stunde zu

spat...

Kein Gluck. Der Wagen war da und glanzte rostig in der Morgensonne. Mr. Brad Dolan hatte in der

letzten Zeit einen Grund, punktlich zu sein, nicht wahr? Ja. Der alte Paulie Edgecombe ging am fruhen

Morgen irgendwohin, der alte Paulie Edgecombe tat etwas, und Mr. Brad Dolan wollte herausfinden,

was es war. Was treibst du dort, Paulie? Sag es mir. Er beobachtete mich wahrscheinlich bereits. Es

ware klug, zu bleiben, wo ich war ..., aber das konnte ich nicht.

»Paul?«

Ich fuhr so schnell herum, dass ich fast fiel. Es war meine Freundin Elaine Connelly. Ihre Augen

weiteten sich, und sie streckte die Hande aus, wie um mich aufzufangen. Zum Gluck fur sie bewahrte

ich das Gleichgewicht; Elaines Arthritis ist schrecklich, und ich hatte sie vielleicht wie einen trockenen

Stock in zwei Halften gebrochen, wenn ich in ihre Arme gefallen ware. Die Romantik stirbt nicht wenn

man in das sonderbare Land geht das jenseits der Achtzig liegt aber sie konnen den Schwachsinn a la

Vom Winde verweht vergessen.

»Tut mir leid«, sagte Elaine. »Ich wollte dich nicht erschrecken.«

»Schon gut«, erwiderte ich und schenkte ihr ein schwaches Lacheln. »Das ist ein besseres Aufwachen

als mit kaltem Wasser. Ich sollte dich anheuern, damit du es jeden Morgen machst«

»Du haltst Ausschau nach seinem Wagen, nicht wahr? Dolans Wagen.«

Es hatte keinen Sinn, sie anzulugen, und so nickte ich. »Ich wunsche, ich konnte sicher sein, dass er

druben im Westflugel ist. Ich mochte mich fur eine Weile davonstehlen, aber ich will nicht, dass er

mich sieht«

Sie lachelte - ein Schatten des Lachelns der zauberhaften Fee, die sie als Madchen gewesen sein

musste. »Er ist ein neugieriger Bastard, nicht wahr?«

»Ja.«

»Er ist aber nicht im Westflugel. Ich war schon unten zum Fruhstuck, du Schlafmutze, und ich kann

dir sagen, wo er ist, weil ich ihn gesehen habe. Er ist in der Kuche.«

Ich schaute sie besturzt an. Ich hatte gewusst, dass Dolan neugierig war, aber nicht, wie neugierig.

»Kannst du deinen Morgenspaziergang auslassen?« fragte Elaine.

Ich uberlegte. »Ich konnte es, nehme ich an, aber...«

»Du solltest es nicht.«

»Richtig. Ich sollte es nicht«

Ich dachte: Jetzt wird sie mich tragen, wohin ich gehe, was ich in dem Waldchen zu tun habe, das so

verdammt wichtig ist

Aber das tat sie nicht

Statt dessen schenkte sie mir wieder dieses Feen-Lacheln. Es sah seltsam und absolut wundervoll auf

ihrem ausgemergelten, vom Schmerz gezeichneten Gesicht aus. »Kennst du Mr. Howland?« fragte sie.

»Klar«, sagte ich, obwohl ich ihn selten sah; er ist im Westflugel, was in Georgia Pines fast wie im

Nachbarland war. »Warum?«

»Wei?t du, was das Besondere an ihm ist?«

Ich schuttelte den Kopf.

«Mr. Howland«, sagte Elaine und lachelte breiter denn je, »ist einer von nur funf ubrig gebliebenen

Bewohnern von Georgia Pines, die Erlaubnis zum Rauchen haben. Weil er schon hier war, bevor die

Vorschriften geandert wurden.«

Eine Opa-Klausel, dachte ich. Und welcher Ort passte besser dafur als ein Altenheim?

Elaine griff in die Tasche ihres blauwei? gestreiften Morgenmantels und zog zweierlei hervor: eine

Zigarette und ein Zundholzbriefchen. »Fuchs, du hast die Gans gestohlen«, sang sie mit trallernder,

lustig klingender Stimme. »Die kleine Ellie wird Pipi ins Bett machen.«

»Elaine, was ...«

»Fuhre ein altes Madchen nach unten«, sagte sie, steckte die Zigarette und die Streichholzer in ihre

Tasche zuruck und ergriff mit knorriger Hand meinen Arm. Wir gingen eingehakt uber den Gang. Ich

entschied mich, aufzugeben und mich in ihre Obhut zu begeben. Sie war alt und gebrechlich, aber

nicht dumm. Als wir hinabgingen, mit der glasernen Vorsicht der Relikte, die wir geworden sind, sagte

Elaine: »Warte am Fu? der Treppe. Ich gehe ruber zum Westflugel, zur Toilette, du wei?t, welche ich

meine?«

»Ja«, sagte ich. »Die beim Bad. Aber warum?«

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