und ich gingen zu Whartons Zelle und schauten hinein. Er lag auf der Pritsche und lachelte die Decke
an. Seine Augen waren geoffnet, aber sie wirkten wie gro?e Glaskugeln. Eine Hand ruhte auf seiner
Brust, die andere baumelte schlaff von der Seite seiner Pritsche, und die Knochel rieben uber den
Boden.
»O Mann«, sagte Brutal, »in weniger als einer Stunde von Billy the Kid zu Willie dem Traumer. Ich
frage mich, wie viele dieser Morphiumpillen Dean in die Cola geworfen hat.«
»Genugend«, sagte ich. Meine Stimme zitterte ein bisschen. Ich wei? nicht, ob Brutal es horte, aber
ich bemerkte es. »Los, wir tun es.«
»Willst du nicht warten, bis Wild Bill ohnmachtig. wird?«
»Er ist ohnmachtig, Brutal. Er ist nur zu betaubt, um die Augen zu schlie?en.«
»Du bist der Boss.« Er schaute sich nach Harry um, aber der war bereits zur Stelle. Dean sa?
kerzengerade am Wachpult und mischte die Karten so hart und schnell, dass es an ein Wunder
grenzte, dass sie nicht Feuer fingen, und bei jedem Schnellmischgang warf er einen Blick nach links zu
meinem Buro. Hielt ein Auge auf Percy.
»Ist es soweit?« fragte Harry. Sein langes Pferdegesicht war sehr bleich uber seinem Uniformrock,
aber er wirkte entschlossen.
»Ja«, sagte ich, »wenn wir es durchziehen wollen, ist es an der Zeit.«
Harry bekreuzigte sich und kusste seinen Daumen. Dann ging er zu der Gummizelle, schloss sie auf
und kam mit einer Zwangsjacke zuruck. Er gab sie Brutal. Wir drei gingen uber die Green Mile. Coffey
stand an der Zellentur, schaute uns nach und sagte kein Wort. Als wir zum Wachpult gelangten, hielt
Brutal die Zwangsjacke hinter seinem Rucken, der breit genug war, um sie leicht zu verbergen.
»Viel Gluck«, sagte Dean.
Er war so bleich wie Harry und wirkte ebenso entschlossen.
Percy sa? hinter meinem Schreibtisch. Er sa? auf meinem Schreibtischstuhl und war stirnrunzelnd in
das Buch vertieft, das er in den vergangenen paar Nachten mit sich herumgeschleppt hatte - nicht
Argosy oder Stag, sondern Pflege von geistig Behinderten in Institutionen. Bei seinem
schuldbewussten, beunruhigten Blick bei unserem Eintreten hatte man denken konnen, dass wir ihn
bei der Lekture von „Die letzten Tage von Sodom und Gomorrha“ ertappt hatten.
»Was ist?« fragte er und klappte das Buch hastig zu. »Was wollt ihr?«
»Mit dir reden, Percy«, sagte ich. »Das ist alles.« Aber er las an unseren Mienen viel mehr ab als den
Wunsch eines Gesprachs, und er war blitzschnell auf den Beinen und hetzte - er rannte nicht ganz,
aber fast - zur offenen Tur des Lagerraums. Er dachte, wir waren gekommen, um ihn doch noch zu
verprugeln.
Harry flitzte um ihn herum, schnitt ihm den Weg ab und blockierte die Tur, die Arme vor der Brust
verschrankt.
»Hey!« Percy wandte sich an mich. Er hatte Angst, bemuhte sich jedoch, sie nicht zu zeigen. »Was
soll das?«
»Frag nicht, Percy«, sagte ich. Ich hatte gedacht, ich ware okay - jedenfalls wieder normal -, wenn wir
diese verruckte Sache tatsachlich durchfuhrten, doch das war nicht der Fall. Ich konnte nicht glauben,
was ich tat. Es war wie ein Alptraum. Ich erwartete, dass meine Frau mich wachruttelte und mir
sagte, dass ich im Schlaf gestohnt hatte. »Es wird leichter sein, wenn du es einfach geschehen lasst«
»Was hat Howell hinter seinem Rucken?« fragte Percy mit rauher Stimme, und er drehte sich, um
einen besseren Blick auf Brutal zu bekommen. »Nichts«, sagte Brutal. »Nun ... dies hier ... «
Er zog die Zwangsjacke hinter seinem Rucken hervor und schuttelte sie an seiner Hufte, wie ein
Matador das rote Tuch schwenkt, um den Stier zum Angreifen zu reizen.
Percy starrte ihn aus weit aufgerissenen Augen an, und dann sprang er vorwarts. Er wollte
davonrennen, aber Harry packte seine Arme, und Percy brachte nur einen kurzen Sprung zuwege.
»Lass mich los!« schrie Percy und wollte sich aus Harrys Griff losrei?en. Das gelang ihm nicht. Harry
war fast funfzig Kilo schwerer und hatte die Muskeln eines Mannes, der seine Freizeit mit Pflugen und
Hacken verbrachte, aber Percy schaffte es, Harry halb durch den Raum zu zerren und den
unangenehmen grunen Teppich aufzurauen, den ich immer hatte ersetzen wollen. Einen Moment lang
dachte ich, er bekame sogar einen Arm frei - Panik kann eine hollische Motivation sein.
»Beruhige dich, Percy«, sagte ich. »Es wird leichter, wenn ... «
»Komm mir nicht so, du Blodmann!« brullte Percy, ruckte mit den Schultern und versuchte, seine
Arme loszurei?en. »Lasst mich in Ruhe! Ihr alle! Ich kenne Leute! Gru?e Leute! Wenn ihr nicht
aufhort, musst ihr bis nach South Carolina gehen, nur um eine Mahlzeit in einer Armenkuche zu
bekommen!«
Er sprang wieder vorwarts und stie? mit den Oberschenkel gegen meinen Schreibtisch. Das Buch, in
dem er gelesen hatte,
kleinere Heft, das er darin versteckt hatte, fiel heraus. Kein Wunder, dass Percy schuldbewusst
gewirkt hatte, als wir hereingekommen waren. Es war nicht
fuhlten und sich gut genug benommen hatten, um eine Belohnung zu verdienen. Ich glaube,
ich habe es erwahnt - das kleine Comic-Heft, in dem Olive Oyl es mit jedem au?er mit Sweet
Pea, dem Jungen, treibt.
Ich fand es traurig, dass Percy in meinem Buro gewesen war, um sich einen so blassen Porno
einzuverleiben, und Harry - das, was ich von ihm uber Percys Schulter hinweg sehen konnte -
wirkte leicht angewidert, aber Brutal brach in Gelachter aus, und das nahm Percy die
Kampfeslust, wenigstens vorubergehend.
»Oh, Percy-Boy«, sagte Brutal. »Was wurde deine Mama sagen? Oder - noch besser, was wurde
der Gouverneur sagen?«
Percy war dunkelrot geworden. »Halt die Schnauze. Und lass meine Mutter aus dem Spiel.«
Brutal warf mir die Zwangsjacke zu und neigte sich dicht vor Percys Gesicht »Klar,
Percy-Boy. Streck nur die Arme aus wie ein braver Junge.«
Percys Lippen zuckten, und seine Augen glanzten zu sehr. Mir wurde klar, dass er den Tranen
nahe war. »Das werde ich nicht tun«, sagte er mit bebender Stimme, »und ihr konnt mich nicht
dazu zwingen.« Dann hob er die Stimme und begann, um Hilfe zu schreien. Harry zuckte
zusammen, ich ebenfalls. Wenn wir je nahe daran waren, die ganze Sache fallenzulassen, dann
in diesem Augenblick. Wir hatten vielleicht aufgegeben doch Brutal zogerte keinen Augenblick. Er
trat hinter Percy, so dass er Schulter an Schulter mit Harry war, der immer noch Percys Hande
hinter ihm festnagelte. Brutal packte Percys Ohren und hielt sie fest
»Hor mit dem Brullen auf«, sagte Brutal. »Sonst hast du ein Paar Teebeutellauscher, die einzigartig auf der Welt sind.«
Percy stellte das Brullen ein, stand einfach zitternd da und schaute hinab auf den Umschlag des geschmacklosen Comic-Hefts, das Popeye und Olive zeigte, die es auf eine kreative Weise trieben, die ich noch nie ausprobiert hatte. »Oooh, Popeye« stand in der Sprechblase uber Olivias Kopf. »Uck-uck-uck-uck!« stand in Popeyes Sprechblase. Er rauchte dabei immer noch seine Pfeife.
»Streck die Arme aus«, sagte Brutal, »und lass jetzt die Sperenzchen. Los.« »Das tue ich nicht«, sagte Percy. »Ich tue es nicht, und du kannst mich nicht dazu zwingen.« »Du irrst dich gewaltig, wei?t du«, sagte Brutal. Dann drehte er an Percys Ohren, wie man vielleicht die Knopfe an einem Ofen einstellt An einem Ofen, der nicht backte, wie man es wollte. Percy stie? einen schrillen Schrei des Schmerzes und der Uberraschung aus, und ich hatte viel darum gegeben, ihn nicht horen zu mussen. Es waren nicht nur Schmerz und Uberraschung, wissen Sie; es war Begreifen. Zum ersten Mal in seinem Leben begriff Percy, dass schreckliche Dinge nicht nur anderen Leuten widerfuhren, die nicht das Gluck hatten, mit dem Gouverneur verwandt zu sein. Ich wollte Brutal Einhalt gebieten, aber das konnte ich naturlich nicht die Dinge waren viel zu weit gegangen. Ich konnte mich nur daran erinnern, dass Percy dem armen Delacroix Gott wei? wie viele Qualen zugefugt hatte, nur weil der kleine Franzose ihn