so da? die schief stehenden Masten -einfache, kaum entrindete Stamme - sich unter dem Segeldruck nicht wenig bogen. Zu einem Bruche derselben kam es inde? nicht, und nachmittags gegen drei Uhr wurde der Hato von la Tigra, das Besitzthum des Herrn Marchal, erreicht.
Ware der gastfreundliche alte Herr zu Hause gewesen, so hatten sie gewi?, mit oder ohne, doch wahrscheinlich mit freudiger Zustimmung, sich bei ihm mindestens einen Tag lang aufhalten mussen. Herr Marchal hatte auch ebenso von Jacques Helloch und Germain Paterne verlangt, da? sie ihm, au?er dem bei ihrer Ruckkehr zugesagten, einen zweiten Besuch abstatteten.
Doch wenn die Piroguen ihre Passagiere nicht ans Land setzten, so wollten diese wenigstens ein hubsches Bild des Hato von la Tigra mitnehmen, von dem Germain Paterne eine recht gelungene Photographie aufnahm.
Von diesem Punkte aus gestaltete sich die Fahrt ziemlich schwierig, und sie ware das noch mehr geworden, wenn der Wind nicht seine Richtung und Starke so weit beibehalten hatte, da? er es den Falcas ermoglichte, gegen die Stromung aufzukommen. Die Breite des Orinoco war hier namlich auf kaum zwolfhundert Meter verringert und zahlreiche Klippen durchsetzten noch sein etwas gewundenes Bett.
Alle diese Schwierigkeiten wurden von der erfahrenen Mannschaft der Piroguen aber glucklich uberwunden, und gegen halb sechs Uhr abends lagen die Falcas schon an ihrem fur die Nacht gewahlten Halteplatze, nahe der Mundung des Sinarneo.
Unsern davon erhob sich, bedeckt mit sehr dicht stehenden Baumen und einem fast undurchdringlichen Unterholze, die Insel Macupina. Deren Baumbestand bilden zum Theil Palmas Ilaneras, eine Palmenart, die drei bis vier Meter lange Blatter treibt. Diese Blatter dienen zur Bedachung der indianischen Strohhutten, wenn die Eingebornen zur Zeit des Fischfanges nur ein vorubergehendes Obdach brauchen.
Hier befanden sich augenblicklich grade einige Mapoyos-Familien, mit denen Herr Miguel und Jacques Helloch in Verkehr traten. Sobald die Piroguen angelegt hatten, stiegen sie aus, um sich auf die Jagd zu begeben, von der sie eine reiche Beute heimzubringen hofften.
Wie man es hier immer beobachtet, entflohen die Frauen zunachst bei der Annaherung der Fremden und erschienen nicht eher wieder, als bis sie das lange Hemd ubergeworfen hatten, das sie in beinahe decenter Weise einhullt. Wenige Minuten vorher trugen sie nur den Guayneo, ganz wie die Manner, und hatten als weitere Bedeckung nur noch ihr langes Haar. Diese Indianer verdienen unter den Stammen, die die Bevolkerung des sudlichen Venezuelas bilden, besonders hervorgehoben zu werden. Kraftig, musculos und gut gewachsen, bieten sie ein Bild von strotzender Gesundheit.
Mit ihrer Unterstutzung vermochten die Jager in das dichte Geholz einzudringen, das sich an der Mundung des Sinarneo zusammendrangt.
Zwei Gewehrschusse brachten zwei voll ausgewachsene Bisamschweine zur Strecke, andre wurden im Verlauf der Jagd auf eine Gesellschaft Kapuziner abgegeben - eine Affenart, die diesen Namen eines Monchsordens mit Recht tragt - von der aber kein Exemplar erlegt werden konnte.
»Von den Burschen da, bemerkte Jacques Helloch, kann man nicht grade sagen, da? sie so leicht fallen wie Kartenhauser!
- An diese Vierhander kann man sich in der That nur schwer heranschleichen, sagte Herr Miguel. Wieviel Pulver und Blei hab' ich schon an sie verschwendet, ohne je einen solchen Kerl getroffen zu haben!
- O, das ist bedauerlich, Herr Miguel, denn diese Thiere bieten, richtig zubereitet, dem Feinschmecker einen kostlichen Leckerbissen!«
Das war auch, wie Jean erklarte, Chaffanjon's Meinung: ein ausgenommener, abgesengter und nach Indianerbrauch bei ma?igem Feuer gebratener Affe, der dann eine verfuhrerische goldgelbe Farbe annimmt, ist ein Gericht, wie man ein schmackhafteres schwerlich finden kann.
An diesem Abend mu?te man sich mit den Bisamschweinen genugen lassen, die unter die drei Piroguen vertheilt wurden. Auch der Sergeant Martial hatte wohl kaum den Antheil, den ihm Jacques Helloch uberbrachte, zuruckweisen mogen; eine Aufmerksamkeit, wofur Jean diesem seinen Dank aussprach.
»Wenn unser Landsmann den am Spie?e gebratenen Affen ruhmt, so betont er nicht minder die guten Seiten das Bisamschweines und versichert sogar, bei seiner Expedition nie etwas Besseres gegessen zu haben.
- Damit hat er vollig recht, lieber Jean, erwiderte Jacques Helloch, und wenn man solche Affen nicht hat.
- Dann verzehrt man zur Noth auch Spatzen!« fiel Sergeant Martial ein, der diese Worte gleich einem Danke erachtete.
Die Bisamschweine, in der Indianersprache Boquiros genannt, sind in der That hochst schmackhaft, selbst der Sergeant Martial mu?te das zugeben. Trotzdem erklarte er
Jean, er werde fernerhin nur noch von solchen essen, die er mit eigner Hand erlegt habe.
»Man kann ein derartiges Anerbieten aber doch nicht abschlagen, lieber Onkel. Herr Helloch ist so zuvorkommend.
- Ja wohl, gar zu zuvorkommend, lieber Neffe! Sapperment, ich bin doch auch noch da! Es mag mir nur ein Bisamschwein in Schu?weite kommen, das treffe ich gewi? ebensogut, wie der Herr Helloch!«
Der junge Mann mu?te unwillkurlich lacheln, als er seinem wackern Gefahrten die Hand entgegenstreckte.
»Na, zum Gluck, brummte dieser, werden alle diese Hoflichkeiten, die mir ganz und gar nicht passen, in San-Fernando aufhoren, und ich meine, das ist auch gar nicht zu zeitig«
Am nachsten Morgen ging es mit Tagesanbruch weiter, als die Passagiere noch unter ihrem Deckhause schliefen. Da der Wind noch immer von Norden her wehte, hofften die Schiffer Valdez, Martos und Parchal, wenn sie fruhzeitig aufbrachen, noch denselben Abend in Cariben, etwa vierzig Kilometer unterhalb der Mundung des Meta, anzukommmen.
Der Tag verlief ohne jeden Zwischenfall. Der Wasserstand war noch ziemlich hoch, so da? die Piroguen ohne Schwierigkeiten die oft winkligen Angosturas zwischen den Klippen passieren konnten, die vorzuglich am stromaufgelegenen Ende der Insel Paraguay schroff aufragten. Nach dieser Insel ist auch ein Nebenflu? des rechten Ufers benannt.
Die Fahrtlinie bildet hier eine Art Raudal (Stromschnelle), wogegen in der trocknen Jahreszeit nicht leicht aufzukommen war. In ihrer Lange steht es jedoch weit hinter den andern Raudals zuruck, die die Falcas in der Nahe von Atures, etwa drei?ig Lieues vom Anfang des oberen Orinoco an, uberwinden sollten. Jetzt brauchte also nichts ausgeladen, nichts zu Fu? weiter befordert zu werden, was so viele Beschwerden und Verzogerungen veranla?t.
Das Land am rechten Stromufer bot jetzt einen gegen den fruheren so verschiedenen Anblick, wo ungeheure Ebenen sich bis zum Horizont ausdehnten, an dem man gerade noch das Profil von Gebirgszugen erkannte.
Zwischen deutlich abgegrenzten und eng nebeneinander liegenden Bodenwellen strebten hier isolierte rundliche Hugel empor, Bancos von seltsamem Aufbau - eine orographische Gestaltung, die nach Osten zu in wirkliche Bergketten uberging.
Man glaubte eine Art Ufercordilleren vor sich zu haben, die mit den Ilanos der linken Seite scharf abschnitten. Zwischen jenen Cerros konnte man auch noch die von Carichana unterscheiden, die sich aus dicht bewaldetem, uppig grun erscheinendem Boden erhoben.
Am Nachmittag - das rechte Ufer erschien jetzt abgeflacht -mu?ten die Piroguen nach dem linken hinubersteuern, um durch das Raudal von Cariben, die einzige Fahrstra?e, die der Strom hier bietet, hinauszusegeln.
Im Osten dehnten sich die weiten Sandgrunde aus, wo fruher ein ebenso ergiebiger Schildkrotenfang wie bei la Urbana betrieben worden war. Die ungeregelte, ohne jede Rucksicht fortgesetzte Jagd auf die Chelidonier, von denen die Eingebornen nie genug erlegen konnten, fuhrte aber nach und nach zur volligen Ausrottung der Thiere, mindestens haben sie die Strandgebiete dieses Theiles des Strombeckens ganzlich verlassen. In Folge dessen hat auch das in geringer Entfernung vom Meta, einem der gro?eren Zuflusse des Hauptstromes, recht lieblich gelegne Cariben seine einstige Bedeutung verloren. Statt zu einem Flecken auszuwachsen, ist es jetzt kaum noch ein Dorf und wird schlie?lich noch zu einem der kleinsten Weiler am mittleren Orinoco herabsinken.
Als sie an den granitnen Abhangen einer Insel, namens Piedra del Tigre, voruberfuhren, befanden sich die