kalfatern zu konnen. Mit den Arbeitskraften, die der Commissar dem Schiffer Valdez dazu zur Verfugung zu stellen versprach, mu?te das binnen zwei Tagen beendigt sein.

Es war jetzt um sieben Uhr morgens. Dazu herrschte ein bedeckter Himmel mit hochziehenden, keinen Regen verkundenden Wolken und eine ertragliche Temperatur, die siebenundzwanzig Centigrade nicht uberstieg.

Alle brachen also in der Richtung nach dem unter dichten Baumkronen versteckten Dorfe auf, das etwa funfhundert Meter vom linken Ufer entfernt lag.

Manuel Assomption, Jacques Helloch und Jean gingen auf einem ziemlich breiten, geschickt angelegten und gut unterhaltenen Fu?wege voraus, und der Sergeant Martial folgte ihnen mit Germain Paterne nach.

Unterwegs erweckte der Commissar schon die Bewunderung der Reisenden uber die vielfaltigen Erzeugnisse seines Rancho, dessen Culturen fast bis zum Strome herabreichten und die starke Bestande von Mango- und Citronenbaumen, von Bananen, Cacaostauden und Macanillepalmen aufwiesen. Weiter drau?en sah man noch hochst fruchtbare Bananengarten, Mais- und Maniocfelder, sowie Anpflanzungen von Zuckerrohr und Tabak. Eigentlich lieferten aber die zu den Euphorbiaceen gehorenden Kautschukbaume und Tonkabohnenstrauche, die die auch unter dem Namen Sarrapia vorkommenden langlichen Schoten tragen, die wichtigste Ernte der ganzen Besitzung.

»Wenn Ihr Landsmann jetzt wieder zu uns kommen konnte, wiederholte Manuel ofters, wie verandert wurde er den Rancho von Danaco finden, ganz abgesehen von dem Dorfe, das in weiter Umgebung schon eines der bedeutendsten ist!

- Auch bedeutender als la Esmeralda? fragte Jacques Helloch, der damit ein weiter stromaufwarts liegendes Dorf nannte.

- Gewi?, denn diese kleine Ortschaft ist jetzt verlassen, antwortete der Commissar, wahrend Danaco in erfreulicher Weise aufbluht. Sie werden selbst ebenso urtheilen, wenn Sie an la Esmeralda voruberkommen. Dazu sind die Mariquitarer anstellige und flei?ige Arbeiter, und Sie konnen sich durch den Augenschein uberzeugen, da? ihre Wohnstatten weit besser hergestellt und eingerichtet sind, als die der Mapoyos und der Piaroas des mittleren Orinoco.

- Nun, wandte Jacques Helloch ein, wir haben inde? in la Urbana einen Herrn Mirabal kennen gelernt.

- Ich wei?. ich wei? schon, fiel ihm Manuel Assomption ins Wort, den Besitzer des Hato von Tigra. Das ist ohne Zweifel ein intelligenter Mann, ich hab' ihn schon mehrfach ruhmen horen. Sein Hato wird sich jedoch niemals zu einem

Flecken entwickeln, zu einem solchen erhebt sich aber bald unser Dorf Danaco, bei dem wir in diesem Augenblick angelangt sind.«

Vielleicht war der Commissar etwas eifersuchtig auf die Erfolge des Herrn Mirabal.

»Und wo sich einmal die Eifersucht einnistet.« dachte Jacques Helloch recht zur Zeit fur sich. Manuel Assomption hatte bezuglich des Dorfes, von dem er mit berechtigtem Stolze sprach, ubrigens nur die Wahrheit gesagt.

Zur Zeit bestand Danaco aus etwa funfzig Wohnstatten, worauf man die Bezeichnung Strohhutten nicht wohl anwenden konnte.

Die kleinen Baulichkeiten bestehen aus einem cylindrisch-konischen Theile, der ein mit Palmenblattern bedecktes Dach tragt, woraus noch eine, an ihrem Fu?e mit Pflanzenbuscheln verzierte Spitze hervorragt. Die Wande sind aus fest mit einander verbundenen Zweigen gebildet und mit einer Art Mortel aus fetter Erde berappt, dem vertiefte Linien das Aussehen von Backsteinmauerwerk verleihen.

Zwei einander gegenuberliegende Thuren vermitteln den Eintritt ins Innere, das, statt wie gewohnlich einen Raum, zwei getrennte Stuben fur den Gebrauch ein und derselben Familie bildet und noch ein gemeinschaftliches Zimmer zwischen diesen aufweist. Ein bemerkenswerther Fortschritt gegenuber den gebrauchlichen Indianerhutten, der jede Gemeinsamkeit ausschlie?t; daneben zeigen die Wohnungen einen gleichen Fortschritt in der, wenn auch auf das Nothigste beschrankten Ausstattung, die mit ihren Truhen, Tischen, Schemeln, Bastkorben, Hangematten u. s. w. den Anspruch auf eine gewisse Behaglichkeit verrath.

Bei dem Gange durch das Dorf konnten die Reisenden die mannliche und die weibliche Bewohnerschaft von Danaco sehen, denn weder Frauen noch Kinder suchten bei ihrer Annaherung zu entfliehen.

Die gut gebauten, kraftig und gesund aussehenden Manner lie?en jetzt vielleicht weniger von einer »Localfarbung« erkennen, als zur Zeit, wo ihre Bekleidung nur aus dem durch einen Gurtel zusammengehaltenen Guayneo bestand. Dasselbe galt fur die Frauen, die sich fruher mit einer einfachen, gro?en, mit aus Glasperlen bestehendem Muster verzierten Schurze begnugten, welche uber den Huften durch einen Gurtel aus Perlen befestigt war. Jetzt naherte sich ihre Tracht mehr der der Mestizen oder civilisierten Indianer und verstie? in keiner Weise gegen die Regeln der Schicklichkeit. Bei den Mannern fand man ubrigens ein Aequivalent fur den mexikanischen Poncho, und die Frauen wurden doch ihr Geschlecht ganzlich verleugnet haben, wenn sie nicht um Hand und Fu?gelenk zahlreiche Spangen oder Armbander getragen hatten.

Nach etwa hundert Schritten durch das Dorf fuhrte der Commissar seine Gaste nach links hin, und zwei Minuten darauf standen sie vor der Hauptwohnung Danacos. Vergegenwartige man sich darunter ein Doppelh aus oder vielmehr zwei aneinandergefugte, doch im Innern verbundene Wohnstatten, die sich auf ihrem Unterbau ziemlich hoch erhoben und deren Mauern Fenster und Thuren hatten. Sie waren von einem Gehege aus Flechtwerk umgeben, durch Pallisaden noch weiter geschutzt, und hatten an der Front einen geraumigen Vorhof. Kraftige Baume spendeten ihnen Schatten, und auf beiden Seiten derselben standen besondere Schuppen, worin die Ackergerathe untergebracht wurden, oder Stalle zur Aufnahme der Hausthiere.

Der Empfang fand im ersten Raume einer der beiden Wohnhauser statt, worin sich schon die Gattin Manuel Assomption's mit ihren zwei Sohnen aufhielt, sie eine Mestizin von einem Indianer und einer Brasilianerin, die Sohne ein Paar kraftige Erscheinungen von funfundzwanzig und von drei?ig Jahren, auch von weniger dunkelm Teint, als ihr Vater und ihre Mutter.

Jacques Helloch und seine Begleiter wurden hier ungemein herzlich aufgenommen. Da die ganze Familie spanisch verstand und gelaufig sprach, kam eine Unterhaltung bald und ohne Schwierigkeiten in Gang.

»Und zunachst, wandte sich Manuel an seine Gattin, werden, da die »Gallinetta« hier achtundvierzig Stunden in Reparatur liegt, der Sergeant und sein Neffe bei uns wohnen. Mache ihnen ein Zimmer oder zwei zurecht.

- Zwei, wenn ich bitten darf, sagte eiligst der Sergeant Martial.

- Gut, recht gern zwei, antwortete der Commissar, und wenn Herr Helloch und sein Freund auch im Rancho zu ubernachten wunschen.

- Nein, besten Dank fur Ihre Freundlichkeit, Herr Manuel, erklarte Germain Paterne. Unsre Pirogue, die »Maripare« ist im besten Zustande, und um Ihnen nicht zu viele Muhe zu machen, werden wir heute Abend an Bord zuruckkehren.

- Wie es Ihnen beliebt, meine Herren, erwiderte der Commissar. Sie wurden uns nicht im mindesten belastigen, wir wollen Sie in Ihren Entschlie?ungen aber auch nicht beschranken.«

Dann richtete er das Wort an seine beiden Sohne:

»Wir werden einige unsrer besten Leute hinschicken mussen, um den Mannschaften der Falcas zu helfen.

- O, wir betheiligen uns auch gleich selbst an der Arbeit,« antwortete der altere der beiden Bruder.

Er au?erte diese Worte unter einer gleichzeitigen respectvollen Verbeugung vor Vater und Mutter, ein Beweis von Ehrerbietung, dem man in venezuolanischen Familien fast uberall begegnet.

Nach dem Fruhstuck, wobei es Wild, Fruchte und Gemuse in gro?er Menge gab, fragte Herr Manuel seine Gaste nach dem Zwecke ihrer Reise. Bisher wurde der obere Orinoco kaum von Andern besucht, als von vereinzelten Kaufleuten, die sich meist nur bis zum Cassiquiare, stromaufwarts von Danaco begaben. Noch weiter hinauf horte auch der Handelsverkehr auf dem Strome ganzlich auf, und nur Forschungsreisenden konnte der Gedanke kommen, auch noch bis zu den Quellen vorzudringen.

Der Commissar erstaunte deshalb nicht wenig, als Jean ihm die Veranlassung zu dieser Reise mitgetheilt hatte, bei der ihn seine beiden Landsleute freiwillig begleiteten.

»Sie stehen also im Begriff, Ihren Vater zu suchen? sagte er mit sichtlicher Ruhrung, die seine Sohne und seine Gattin offenbar theilten.

- Ja, Herr Manuel, und wir hoffen, in Santa-Juana seine Spur wiederzufinden.

- Sie haben nicht zufallig von dem Oberst von Kermor reden horen? wandte sich Jacques Helloch jetzt an

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