Spuren zu hinterlassen. Wir werden es schon noch erfahren, wo er sein Zelt aufgeschlagen hat. Ach, wenn wir ihm erst gegenuberstehen, wenn Du Dich in seine Arme sturzest und er erst wei?.

- Da? ich Dein Neffe bin. Dein Neffe!« fiel der junge Mann ein, der immer furchtete, da? seinem Onkel ein unvorsichtiges Wort entschlupfen konnte.

Am Abend legte sich der »Simon Bolivar« an der Barranca fest, auf der sich der kleine Flecken Mapire erhebt.

Die Herren Miguel, Felipe und Varinas wollten unter Benutzung einer Dammerstunde den ziemlich bedeutenden Ort des linken Ufers besichtigen.

Jean hatte sie da gern begleitet, der Sergeant Martial erklarte aber, es scheine ihm nicht gerathen, vom Bord wegzugehen, und so blieb der junge Mann gehorsam zuruck.

Die drei Collegen von der Geographischen Gesellschaft hatten ihren kleinen Ausflug ubrigens nicht zu bereuen.

Von der Anhohe bei Mapire genie?t man eine weite Aussicht stromauf- und stromabwarts und uberblickt nach Norden hin auch die Ilanos, wo die Indianer auf den gro?en, waldumgrenzten Ebenen Maulesel, Pferde und Esel zuchten.

Um neun Uhr schliefen schon alle Passagiere in ihren Cabinen, nachdem sie naturlich die gewohnlichen Vorsichtsma?regeln wegen des Eindringens der unzahligen Muskitos getroffen hatten.

Der nachste Tag wurde von einem unaufhorlichen Platzregen buchstablich ertrankt. Auf dem Spardeck konnte kein Mensch verweilen. Der Sergeant Martial und der junge Mann verbrachten die langen Stunden in dem Salon des Hinterdecks, wo auch die Herren Miguel, Felipe und Varinas Zuflucht gesucht hatten. Hier ware es schwierig gewesen, nichts vom Stand der Atabapo-Guaviare-Orinoco-Frage zu horen, denn die gelehrten Herren fuhrten kein andres Wort im Munde und liebten es, ihren Ansichten recht lauten Ausdruck zu geben. Mehrere Passagiere mischten sich in das Gesprach ein und nahmen fur oder wider den Einen oder den Andern Partei, obwohl man voraussetzen konnte, da? sie nicht selbst bis San-Fernando mitfahren wurden, um jenes geographische Problem losen zu helfen.

»Welches Interesse kann man nur daran haben? fragte der Sergeant Martial seinen Neffen als dieser ihn uber das streitige Thema unterrichtet hatte. Ob ein Flu? nun so oder so hei?t, immer bewegt sich sein Wasser doch nur dem naturlichen Abhang nach.

- Meinst Du, lieber Onkel? erwiderte Jean. Wenn es aber keine derartigen Streitfragen gabe, wozu brauchte man dann uberhaupt Geographen, und wenn es keine Geographen gabe.

- So konnten wir keine Geographie lernen, fiel der Sergeant Martial ein. Jedenfalls werden wir die Gesellschaft dieser Streitkopfe bis nach San-Fernando genie?en.«

In der That mu?te die Fahrt von Caicara aus in einem der Flachboote des mittleren Orinoco fortgesetzt werden, deren Construction ihnen gestattet, uber die zahlreichen Strudel des Stromes hinwegzukommen.

Infolge des abscheulichen Wetters dieses Tages sah man gar nichts von der Insel Tigritta. Wie zur Entschuldigung konnten sich die Tischgaste, beim Fruhstuck wie beim Mittagsmahle, an vorzuglichen Fischen gutlich thun. an den Morocotes, die es hier in ungeheurer Menge giebt und die eingesalzen in gro?en Sendungen nach Ciudad-Bolivar und nach Caracas gehen.

In den letzten Vormittagstunden kam der Dampfer westlich von der Mundung des Caura voruber. Dieser Wasserlauf bildet einen der bedeutendsten Zuflusse des rechten Ufers, stromt von Sudwesten her durch die Gebiete der Panares, Inaos, Arebatos und der Taporitos und bewassert die an Naturschonheiten reichsten Thaler von Venezuela. Die dem Orinoco nahe gelegenen Dorfer sind von gesitteten Mestizen spanischen Ursprungs bevolkert. In den entfernteren siedeln nur wilde Indianer, Viehzuchter, die man Gomeros nennt, weil sie sich auch mit der Einsammlung arzneilich verwendeter Gummiarten beschaftigen.

Jean hatte einen Theil seiner Zeit verwendet, den Bericht seines Landsmanns zu lesen, der bei seiner ersten Reise, 1885, den Orinoco verlie?, um die Ilanos des Caura, wo die Stamme der Ariguas und der Quiriquiripas hausen, kennen zu lernen. Die Gefahren, die diesen damals bedroht hatten, waren fur Jean, wenn er den Oberlauf des Flusses besuchte, gewi? noch dieselben, wenn nicht heute noch schlimmer. So sehr er aber die Energie und den Muth jenes kuhnen Franzosen bewunderte, hoffte er doch nicht minder muthig und energisch zu sein.

Freilich war jener ein Mann in den besten Jahren und er nur ein Jungling - fast noch ein Kind; doch wenn ihm Gott nur Kraft genug verlieh, den Anstrengungen und Muhen einer solchen Reise zu trotzen, so wurde er schon an sein Ziel zu gelangen wissen.

Stromaufwarts von der Mundung des Caura hat der Orinoco immer noch eine erstaunliche Breite - fast von drei Kilometern. Seit drei Monaten schon hatten freilich die Regenzeit und die zahlreichen Nebenflusse an beiden Ufern, die selbst stark gewachsen waren, zur Anschwellung desselben beigetragen.

Trotzdem mu?te der Kapitan des »Simon Bolivar« mit gro?er Vorsicht manovrieren, um nicht jenseits der Insel Tucuragua, etwa in gleicher Hohe mit dem Rio dieses Namens, auf Untiefen zu gerathen. Dennoch streifte der Dampfer dann und wann den Grund, was an Bord stets eine gewisse Unruhe erregte. Doch wenn sein Rumpf das auch ohne Schaden aushielt, da er wie Kustenfahrer ganz flach gebaut war, so konnte man immer noch furchten, da? der Antriebsmechanismus entweder durch Bruch von Schaufeln oder durch Storung der Dampfmaschine Havarien erlitte.

Dieses Mal ging es jedoch ohne Unheil ab, und gegen Abend ankerte der »Simon Bolivar« in einer Bucht des rechten Ufers bei der nicht unbedeutenden Ortschaft Las Bonitas.

Viertes Capitel

Erste Annaherung

In Las Bonitas, der officiellen Hauptstadt des zugehorigen Kreises, wohnt der Militargouverneur uber den Caura, d. h. uber das von diesem gro?en Nebenflusse bewasserte Gebiet. Die Ortschaft liegt am rechten Ufer und etwa an derselben Stelle, die in fruherer Zeit die spanische Mission Altagracia einnahm. Diese Missionare sind die wirklichen Eroberer der spanisch-amerikanischen Besitzungen gewesen und sahen es nicht ohne Eifersucht, da? sich auch Englander, Deutsche und Franzosen darum bemuhten, die Indianer des Innern zu bekehren. Noch heute kommt es aus dieser Ursache zu wiederholten Reibungen zwischen den Verbreitern der christlichen Lehre.

Der Militargouverneur befand sich zur Zeit in Las Bonitas. Mit Herrn Miguel war er personlich bekannt. Auf die Nachricht von dessen Abreise nach dem oberen Orinoco hin, beeilte er sich, sobald der Dampfer angelegt hatte, an Bord zu kommen.

Herr Miguel stellte dem Gouverneur seine beiden Collegen vor. Zwischen den Herren wurden verschiedene hofliche Redensarten gewechselt. Da der Aufenthalt des »Simon Bolivar« bis ein Uhr Mittags dauern sollte, nahmen die reisenden Gelehrten auch eine Einladung zum Fruhstuck in der Amtswohnung des hohen Beamten an.

Um ein Uhr Mittags war es noch Zeit genug zur Wiederabfahrt, denn der Dampfer erreichte dann immer noch am Abend Caicara, wo die Passagiere, die nicht nach San-Fernando oder andern Ortschaften der Provinz Apure zu reisen beabsichtigten, das Schiff verlassen sollten.

Am nachsten Tage, dem 15. August, begaben sich die drei Mitglieder der geographischen Gesellschaft also nach der Wohnung des Gouverneurs. Vor ihnen aber - der Sergeant Martial hatte auf den Vorschlag seines Neffen hin »befohlen«, einmal auszusteigen - schlenderten diese Zwei schon durch die Stra?en von Las Bonitas.

Ein Flecken in diesem Theile Venezuelas bildet immer nicht viel mehr als ein Dorf mit einer Anzahl Hutten, die unter dem dichten Grun der tropischen Pflanzenwelt zerstreut liegen. Da und dort erheben sich Gruppen prachtiger Baume als Zeugen der vegetativen Macht des Erdbodens - Chaparos mit gewundenem Stamme, gleich dem der Olivenbaume, Copernicia-Palmen mit in Garben vereinigten Zweigen, von denen die Blattstiele facherartig herausstehen, MauritiusPalmen, die hier den »Morichal«, d. h. eine Art Sumpf erzeugen, da sie die Eigenschaft haben, das Wasser aus der Erde aufzusaugen und es an ihrem Fu?e, aber recht schmutzig erscheinend, wieder austreten zu lassen.

Ferner gab es hier Copayseren, Saurans und riesenhafte, weit verastelte Mimosen, die sich durch die zarte Structur ihrer Blatter und deren bla?rothe schone Farbung auszeichnen.

Jean und der Sergeant Martial lustwandelten unter diesen Palmenhainen, die von Natur ein regelma?iges Dreieck bildeten, und durch das vom niedrigen Gebusch befreite Unterholz, wo elegante Bouquets von

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