dachte, du hast gesagt, diese Schrift sei eine Falschung, Andre.« »Habe ich, ja.«
»Aber du hast David auch gefragt, ob er den Radionkarbontest noch heute machen kann, nicht?« »Ja ... «
»Und dann bist du hierhergekommen, mit der Linse, weil du dir Sorgen machst...« Sie schuttelte den Kopf, wie um wieder einen klaren Gedanken fassen zu konnen. »Woruber? Was glaubst du, was hier los ist?«
Marek sah sie an. »Ich habe absolut keine Ahnung. Nichts ergibt einen Sinn.«
»Aber du bist besorgt.«
»Ja«, sagte Marek. »Ich bin besorgt.«
Der nachste Tag wurde klar und hei?, eine sengende Sonne brannte von einem wolkenlosen Himmel. Der Professor rief am Vormittag nicht an. Marek versuchte zweimal die Nummer seines Handys, bekam aber immer nur die Mailbox. »Hinterlassen Sie eine Nachricht, ich rufe Sie zuruck.«
Auch von Stern horten sie nichts. Als sie im Labor in Les Eyzies anriefen, erfuhren sie nur, da? er beschaftigt sei. Ein frustrierter Techniker sagte: »Er wiederholt die Tests schon wieder! Inzwischen zum dritten Mal!«
Warum? fragte sich Marek. Er uberlegte, ob er nach Les Eyzies fahren und selbst nachsehen sollte — es waren nur ein paar Kilometer -, beschlo? dann aber, im Lagerhaus zu bleiben fur den Fall, da? der Professor anrief. Er rief nicht an.
Am spateren Vormittag sagte Elsie plotzlich: »Huch!« »Was ist?«
Sie sah sich eben ein anderes Pergament an. »Das war das Dokument in dem Stapel direkt vor dem des Professors«, sagte sie. Marek ging zu ihr. »Was ist damit?«
»Sieht aus, als waren da Tintenspuren vom Stift des Professors drauf. Siehst du, hier und hier?«
Marek zuckte die Achseln. »Er hat es sich wahrscheinlich angesehen, kurz bevor er seine Notiz schrieb.«
»Aber sie sind am Rand«, sagte sie. »Fast wie eine Markierung.« »Eine Markierung von was?« fragte er. »Worum geht es denn in dem Dokument?«
»Es ist ein Traktat uber Naturgeschichte«, antwortete Elsie. »Die
Beschreibung eines unterirdischen Flusses von einem der Monche. Hier steht, da? man vorsichtig sein mu? an bestimmten Stellen, die mit Schritten abgezahlt sind, und so weiter und so fort.« »Ein unterirdischer Flu?...« Marek war nicht interessiert. Die Monche waren die Gelehrten der Gegend gewesen, und sie schrieben oft kleine Abhandlungen uber die ortliche Geographie oder das Schreinerhandwerk, uber die richtige Zeit zum Stutzen von Obstbaumen oder wie man Getreide im Winter am besten lagerte und so weiter. Solche Texte waren bestenfalls Kuriosa und oft falsch. >»Bruder Marcellus hat den Schlussel<«, las sie. »Ich frage mich, was das bedeuten soll. Und genau hier hat der Professor seine Markierung gesetzt. Dann ... irgendwas uber riesige Fu?e ... nein ... des Riesen Fu?e? ... Die Fu?e des Riesen? ... und hier steht
Ruhelos ging Marek nach drau?en und kehrte wieder zuruck. Er war gereizt, nervos.
»Das ist komisch«, sagte sie. »Das Wort
Die Stunden krochen voruber. Der Professor rief nicht an.
Dann war es Mittag, und die Studenten schlenderten zu dem gro?en Zelt, wo alle a?en. Marek stand in der Tur und sah ihnen zu. Sie wirkten sorglos, lachten und boxten einander und machten Witze. Das Telefon klingelte. Er drehte sich sofort wieder um. Elsie nahm ab. Er horte sie sagen: »Ja, er ist hier bei mir...» Er sturzte zu ihr. »Der Professor?«
Sie schuttelte den Kopf. »Nein. Es ist jemand von ITC.« Sie gab ihm den Horer.
»Andre Marek hier«, sagte er.
»Ach ja. Einen Augenblick bitte, Mr. Marek. Mr. Doniger mochte Sie gern sprechen.«
»Wirklich?« »Ja. Wir versuchen seit Stunden, Sie
Eine lange Pause. Klassische Musik spielte. Marek legte die Hand uber den Horer und sagte zu Elsie: »Doniger.«
»Mann«, sagte sie. »Da scheinst du einen Stein im Brett zu haben. Der Oberbo? personlich.« »Warum ruft Doniger mich an?«
Funf Minuten spater wartet er noch immer, als Stern kopfschuttelnd ins Zimmer kam. »Das wirst du nicht glauben.« »Ja? Was?«
Stern gab ihm wortlos ein Blatt Papier. Daraufstand:
638 ± 47 VUZ
»Was soll das sein?«
»Die Datierung der Tinte.«
»Wovon redest du?«
»Die Tinte«, sagte Stern. »Sie ist sechshundertachtunddrei?ig Jahre alt, plus oder minus siebenundvierzig Jahre.« »Was?« sagte Marek.
»Du hast richtig gehort. Die Tinte stammt aus dem Jahr 1361 nach Christus.«
»Ich wei?, ich wei?«, sagte Stern. »Aber wir haben den Test dreimal gemacht. Jeder Zweifel ist ausgeschlossen. Wenn das wirklich der Professor geschrieben hat, dann hat er es vor uber sechshundert Jahren geschrieben.« Marek drehte das Blatt um. Auf der anderen Seite stand: 1361 n. Ch. ± 47 Jahre
Im Horer horte plotzlich die Musik mit einem Klicken auf, und eine angespannte Stimme sagte: »Mr. Marek? Hier Bob Doniger.« »Ja?« sagte Marek.
»Sie erinnern sich vielleicht nicht an mich, aber wir haben uns vor ein paar Jahren kennengelernt, als ich die Ausgrabungsstatte besuchte.« »Ich erinnere mich noch sehr gut«, sagte Marek.
»Ich rufe an wegen Professor Johnston. Wir machen uns Sorgen um seine Sicherheit.« »Ist er verschwunden?«
»Nein, das ist er nicht. Wir wissen genau, wo er ist.«
Etwas in Domgers Tonfall jagte Marek einen Schauer uber den Rucken.
Er sagte: »Kann ich dann mit ihm sprechen?«
»Im Augenblick nicht, furchte ich.«
»Ist der Professor in Gefahr?«
»Das ist schwer zu sagen. Ich hoffe nicht. Aber wir brauchen Ihre Hilfe und die Ihrer Gruppe. Ich habe bereits das Flugzeug abgeschickt, um Sie abzuholen.«
Marek sagte: »Mr. Doniger, es sieht so aus, als hatten wir hier eine Nachricht von Professor Johnston, die uber sechshundert Jahre -« Doniger schnitt ihm das Wort ab. »Bitte nicht uber Handy«, sagte er. Aber Marek fiel auf, da? er absolut nicht uberrascht wirkte. »Bei Ihnen in Frankreich ist jetzt Mittag, nicht?« »Kurz danach, ja.«
»Na gut«, sagte Doniger. »Suchen Sie sich die drei Mitglieder Ihres Teams aus, die die Dordogne-Region am besten kennen. Fahren Sie zum Flugplatz in Bergerac. Packen Sie nicht lange. Sie bekommen von uns alles, was Sie brauchen. Das Flugzeug landet um 15 Uhr Ihrer Zeit und bringt Sie hierher nach New Mexico. Alles klar?« »Ja, aber —« »Bis dann.« Und Doniger legte auf.
David Stern sah Marek an. »Was war denn los?« fragte er. »Hol dir deinen Pa?«, sagte Marek. »Was?«
»Hol dir deinen Pa?. Und dann komm mit dem Auto hierher.« »Fahren wir wohin?« »Ja, das tun wir«, sagte Marek. Und griff nach seinem Funkgerat.
Kate Erickson sah von der Mauerkrone der Burg von La Roque hinunter in den Burghof, den weiten, grasbewachsenen Mittel-punkt der Anlage. Auf dem Rasen wimmelte es von Touristen unterschiedlichster Nationalitaten, alle in Shorts und bunten Hemden. Uberall klickten Kameras.
Unter sich horte sie ein junges Madchen sagen: »Schon wieder eine Burg. Warum mussen wir uns all diese bloden Burgen anschauen, Mom?«
Ihre Mutter antwortete: »Weil Dad sich sehr dafur interessiert.« »Aber die sind doch alle gleich, Mom.« »Ich wei?, Liebling...«
Ein paar Meter entfernt stand der Vater innerhalb einer niedrigen Mauer, die den Umri? eines fruheren Raums definierte. »Und das«, verkundete er seiner Familie, »war der Festsaal.« Kate sah sofort, da? das nicht