wenn es heruntergelassen war, gab es keinen Zutritt zur Burg. Und kein Entkommen.

Betreten hatte er die Burg ohne Schwierigkeiten. Aber er war sich nicht so sicher, ob er auch so einfach wieder herauskommen wurde.

Sie betraten einen gro?en, auf allen Seiten von Steinmauern begrenzten Hof. Viele Pferde standen herum, Soldaten mit kastanienbraunen und grauen Uberwurfen sa?en in kleinen Gruppen zusammen und a?en ihr Mittagsmahl. Oben auf den Mauern erkannte Chris holzerne Wehrgange. Direkt vor ihnen lag ein weiteres Gebaude mit drei Stock hohen Steinmauern und Turmen daruber. Es war eine Burg in der Burg. Der Junge fuhrte ihn darauf zu.

Auf einer Seite stand eine Tur offen. Ein einzelner Wachposten stand davor und a? ein Stuck Huhnchen. Der Junge sagte: »Zu Lady Claire. Sie wunscht den Irischen zu ihren Diensten.«

»So sei es«, brummte der Posten desinteressiert, und sie gingen hinein. Direkt vor sich sah Chris einen Bogengang, der zum Festsaal fuhrte, wo Gruppen von Mannern und Frauen beisammenstanden und redeten. Alle schienen festlich gekleidet, ihre Stimmen hallten von den Steinmauern wider.

Aber der Junge lie? Chris nicht viel Zeit zum Schauen. Er fuhrte ihn eine schmale Wendeltreppe hoch ins zweite Gescho? und dann einen Steinkorridor entlang zu einer Zimmerflucht. Drei ganz in Wei? gekleidete Magde kamen sofort auf den Jun-

gen zugesturmt und umarmten ihn. Sie schienen sehr erleichtert. »Bei der Gnade Gottes, Mylady, Ihr seid zuruck!« Chris fragte: »Mylady?«

Noch wahrend er dies sagte, flog die schwarze Kappe davon, und goldene Haare flossen uber ihre Schultern. Sie machte eine leichte Verbeugung, aus der ein Knicks wurde. »Es tut mir aufrichtig leid, und ich bitte Euch von Herzen, mir diesen Trug zu verzeihen.« »Wer seid Ihr?« fragte Chris verblufft. »Man nennt mich Claire.«

Sie erhob sich und sah ihm direkt in die Augen. Er bemerkte, da? sie alter war, als er gedacht hatte, vielleicht zwei- oder dreiundzwanzig. Und sehr schon.

Chris gaffte nur und schwieg. Er hatte keine Ahnung, was er sagen oder was er tun sollte. Er war verlegen und kam sich toricht vor. In diesem Schweigen trat eine der Magde vor, knickste und sagte: »Wenn es Euch beliebt, dies ist die Lady Claire of Eltham, Witwe des jungst verschiedenen Sir Geoffrey of Eltham und Erbin gro?er Landereien in Guyenne und Middlessex. Sir Geoffrey starb an den Wunden, die er in Poitiers erlitt, und jetzt ist Sir Oliver — der Herr dieser Burg — Myladys Vormund. Sir Oliver meint, sie musse wieder heiraten, und hat Sir Guy de Malegant erwahlt, einen Edelmann von gro?em Ansehen in dieser Gegend. Aber Mylady verweigert sich dieser Verbindung.«

Claire drehte sich um und warf dem Madchen einen warnenden Blick zu. Doch das Madchen achtete nicht darauf und plapperte weiter. »Mylady sagt vor aller Welt, da? Sir Guy nicht die Mittel hat, ihre Landereien in Frankreich und England zu verteidigen. Aber Sir Oliver erwartet ein Brautgeld aus dieser Verbindung, und Guy hat -« »Elaine.«

»Mylady«, sagte das Madchen und trat zuruck. Sie gesellte sich wieder zu den anderen Magden, die in einer Ecke flusterten und sie offensichtlich tadelten.

»Genug geredet«, sagte Claire. »Hier ist mein Retter an diesem Tag, Squire Christopher de Hewes. Er hat mich bewahrt vor den

Nachstellungen Sir Guys, der sich mit Gewalt nehmen wollte, was ihm bei Hofe aus freien Stucken nicht gewahrt wird.«

Chris sagte: »Nein, nein, das war uberhaupt nicht so —«

Er brach ab, als er merkte, da? alle ihn mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen anstarrten.

»Furwahr, er spricht merkwurdig«, sagte Claire, »denn er kommt aus einem abgelegenen Teil des Landes Eire. Und er ist bescheiden, wie es einem Edelmann geziemt. Er hat mich in der Tat gerettet, und so werde ich ihn heute meinem Vormund vorstellen, sobald Sir Christopher angemessen gewandet ist.« Sie wandte sich einem der Madchen zu. »Hat nicht unser Pferdemeister, Squire Brandon, dieselbe Gro?e? Geh und hol mir sein blaues Wams, seinen silbernen Gurtel und seine besten wei?en Beinlinge.« Sie gab dem Madchen einen Beutel. »Bezahle ihm, was er verlangt, aber mach schnell.«

Das Madchen eilte davon. Im Hinausgehen kam es an einem dusteren

alteren Mann vorbei, der im Schatten stand und die Szene beobachtete.

Er trug eine schwere Robe aus kastanienbraunem Samt mit aufgestickten silbernen Lilien und einem Hermelinkragen. »Wie steht's, Mylady?« sagte er und trat zu ihnen.

Sie knickste vor ihm. »Gut, Sir Daniel.«

»So seid Ihr wohlbehalten zuruck.«

»Ich danke Gott dafur.«

Der dustere Mann schnaubte. »Das solltet Ihr auch. Ihr stellt sogar seine

Geduld auf eine harte Probe. War Euer Ausflug wenigstens so erfolgreich, wie er gefahrlich war?«

Claire bi? sich auf die Lippe. »Ich furchte nicht.«

»Habt Ihr den Abt gesehen?«

Ein leichtes Zogern. »Nein.«

»Sagt mir die Wahrheit, Claire.«

Die junge Frau schuttelte den Kopf. »Sir, ich habe ihn nicht gesehen. Er war unterwegs, auf der Jagd.«

»Schade«, sagte Sir Daniel. »Warum habt Ihr nicht auf ihn gewartet?« »Ich wagte es nicht, denn Lord Olivers Manner verletzten den Klosterfrieden, um den Magister mit Gewalt wegzufuhren. Ich furchtete, entdeckt zu werden, und floh deshalb.«

»Ja, ja, dieser lastige Magister«, sagte Sir Daniel mit murrischer

Miene. »Er ist in aller Munde. Wi?t Ihr, was man sagt? Da? er in einem Lichtblitz erscheinen kann.« Sir Daniel schuttelte den Kopf. Es war nicht zu erkennen, ob er es glaubte oder nicht. »Er mu? ein geschickter Magister des Schie?pulvers sein.« Er sprach es schiezen-pulver und sehr langsam aus, als ware es ein exotisches, ihm unvertrautes Wort. »Habt Ihr den Magister gesehen?« »In der Tat. Ich habe mit ihm gesprochen.« »Wirklich?«

»Da der Abt nicht anwesend war, suchte ich ihn auf. Denn es hei?t, der Magister habe sich in jungster Zeit mit dem Abt angefreundet.« Chris Hughes hatte Muhe, dieser Unterhaltung zu folgen, und er erkannte erst spat, da? sie uber den Professor sprachen. Er fragte: »Magister?« »Kennt Ihr den Magister?« fragte ihn Claire. »Edward de Johnes?« Chris machte sofort einen Ruckzieher. »Ah ... nein ... nein, ich kenne ihn nicht, und —«

Nun starrte Sir Daniel Chris mit unverhohlener Verwunderung an. Dann wandte er sich an Claire: »Was sagt er?«

»Er sagt, er kennt den Magister nicht.«

Der alte Mann blieb erstaunt. »In welcher Sprache?«

»Eine Art von Englisch, Sir Daniel, mit ein wenig Galisch darin, wie ich glaube.«

»Kein Galisch, das ich je gehort habe«, sagte er. Er wandte sich an Chris. »Sprecht Ihr la langue-doc? Loquerisquide latinc?« Er fragte, ob Chris Latein spreche. Chris hatte gewisse akademische Lateinkenntnisse, er konnte es lesen, aber er hatte noch nie versucht, es zu sprechen. So stammelte er: »Non, Senior Danielis, solum perpaululum. Perdoleo.« Nur ein wenig. Tut mir leid. »Per, per... dicendo ille Ciccroni persinrilis est.« Er spreche wie Cicero.

»Perdoleo.« Tut mir leid.

»Dann schweigt Ihr wohl besser.« Der alte Mann wandte sich wieder an Claire. »Was hat der Magister zu Euch gesagt?«

»Er konnte mir nicht helfen.«

»Kennt er das Geheimnis, das wir suchen?«

»Er sagte, er kenne es nicht.«

»Aber der Abt kennt es«, sagte Sir Daniel. »Der Abt mu? es kennen. Es war sein Vorganger, der Bischof von Laon, der bei den letzten

Umbauten von La Roque als Architekt wirkte.«

Claire erwiderte. »Der Magister sagte, da? Laon nicht der Architekt war.«

»Nein?« Sir Daniel runzelte die Stirn. »Und woher wei? der Magister das?«

»Ich glaube, der Abt hat es ihm gesagt. Oder vielleicht hat er es aus den alten Papieren erfahren. Der

Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату