zum Walken von Tuch, zum Schmieden, zum Maischen von Bier, zur Holzbearbeitung, zum Mortelmischen, zur Papierherstellung, zur Seilherstel-lung, zum Olmahlen, zur Herstellung von Stoffarben und zum Antreiben der Blasebalge der Schmelzofen zur Stahlherstellung. Uberall in Europa wurden Flusse aufgestaut und einen Kilometer weiter erneut aufgestaut; fast unter jeder Brucke lag ein Muhlenschiff vertaut. An einigen Flussen standen die Muhlen aufgereiht wie an einer Perlenschnur, und jede nutzte die Energie des flie?enden Wassers. Muhlen wurden im allgemeinen als Monopol betrieben, sie waren eine wichtige Einkommensquelle und ein bestandiger Anla? fur Konflikte. So gehorten im Umkreis einer Muhle Prozesse, Morde und Schlachten zum Alltag. Und hier gab es ein Beispiel, das zeigte — »Und doch«, sagte Marek nun, »sehe ich, da? die Muhle noch immer in den Handen von Sir Oliver ist, denn sein Banner weht von den Turmen, und seine Bogenschutzen bemannen die Brustwehr.« »Oliver halt die Muhlenbrucke«, sagte der Monch, »weil die Brucke dicht an der Stra?e nach La Roque liegt, und wer die Brucke beherrscht, der beherrscht auch die Stra?e. Aber Arnaut wird ihm die Brucke bald entrei?en.« »Und Euch zuruckgeben.« »In der Tat.«

»Und was bringt das Kloster als Gegenleistung?« »Wir werden ihn naturlich segnen«, erwiderte der Monch. Und fugte dann hinzu: »Und ihn auch gro?zugig entlohnen.« Sie kamen durch ein Skriptorium, wo Monche in Reihen vor ihren Pulten sa?en und stumm Manuskripte kopierten. Aber in Mareks Augen wirkte das alles falsch: Anstelle von meditativem Gesang wurde ihre Arbeit begleitet vom Larm und dem Geschrei des Spiels im Hof. Und trotz des alten zisterziensischen Bilderverbots malten viele Monche Illustrationen in die Ecken und an die Rander der Manuskripte. Die Maler sa?en da mit einer Sammlung von Pinseln und steinernen Schalchen mit verschiedenen Farben. Einige der Illustrationen waren leuchtend bunt und reich verziert.

»Hier entlang«, sagte der Monch und fuhrte sie eine Treppe hinunter in einen kleinen, sonnenhellen Hof. Auf einer Seite sah Ma-rek acht Soldaten in den Farben Arnauts in der Sonne stehen. Ihm fiel auf, da? sie ihre Schwerter trugen.

Der Monch geleitete sie zu einem kleinen Haus am Ende des Hofs und dann durch eine Tur. Sie horten Wasser rieseln und sahen einen Brunnen mit einem gro?en Becken. Lateinische Gesange erfullten die Luft. In der Mitte des Raums wuschen zwei Monche einen nackten, blassen Korper, der auf einem Tisch lag.

»Frater Marcellus«, flusterte der Monch und verbeugte sich leicht. Marek starrte die Szene an. Es dauerte einen Augenblick, bis ihm bewu?t wurde, was er da sah. Bruder Marcel war tot.

Ihre Reaktion verriet sie. Der Monch sah deutlich, da? sie nicht gewu?t hatten, da? Marcel tot war. Stirnrunzelnd fa?te er Marek am Arm und fragte: »Warum seid Ihr hier?«

»Wir hatten gehofft, mit Bruder Marcel sprechen zu konnen.« »Er starb gestern nacht.« »Woran starb er?«

»Das wissen wir nicht. Aber er war alt, wie Ihr sehen konnt.«

»Was wir von ihm wollten, war sehr dringend«, sagte Marek. »Wenn wir vielleicht seine personliche Habe sehen konnten —«

»Er hatte keine personliche Habe.«

»Aber doch sicher ein paar private Dinge -«

»Er lebte sehr einfach.«

Marek fragte: »Darf ich seine Zelle sehen?«

»Es tut mir leid, aber das ist nicht moglich.«

»Aber ich ware Euch sehr verbunden, wenn -«

»Bruder Marcel lebte in der Muhle. Seine Zelle ist schon seit vielen

Jahren dort.«

»Aha.« Die Muhle war jetzt unter der Kontrolle von Olivers Truppen. Dort konnten sie nicht hin, zumindest nicht im Augenblick. »Aber vielleicht kann ich Euch helfen. Sagt mir, was wolltet Ihr so Dringendes von ihm?«

»Es ist eine private Angelegenheit«, erwiderte Marek. »Ich kann nicht daruber sprechen.«

»Hier gibt es nichts Privates«, sagte der Monch und bewegte sich langsam auf die Tur zu. Marek hatte den starken Eindruck, da? er gleich Alarm schlagen wurde.

»Es geht um eine Bitte von Magister Edwardus.« »Magister Edwardus!« Das Verhalten des Monchs anderte sich vollig. »Warum habt Ihr das nicht gleich gesagt? Und wie steht Ihr zu Magister Edwardus?«

»Furwahr, wir sind seine Gehilfen.« »Certum?«

»In der Tat, das ist so.«

»Warum habt Ihr das nicht gleich gesagt? Magister Edwardus ist hier hochst willkommen, denn er hat dem Abt einen Dienst erwiesen, bevor er von Sir Oliver gefangengesetzt wurde.« »Oh.«

»Kommt unverzuglich mit mir«, sagte der Monch. »Der Abt wird Euch zu sehen wunschen.«

»Aber wir haben —«

»Der Abt wird es wunschen. Kommt.«

Wieder drau?en im Sonnenlicht sah Marek, da? sich jetzt viele Soldaten in den Hofen des Klosters aufhielten. Und diese Soldaten lungerten nicht herum; sie waren wachsam und bereit zur Schlacht. Das Haus des Abts war ein kleines, reich mit Schnitzwerk verziertes Holzhaus in einem entfernten Winkel des Klosters. Sie wurden in ein kleines, holzgetafeltes Vorzimmer gefuhrt, in dem ein alterer Monch, gebuckt und schwer wie eine Krote, vor einer geschlossenen Tur sa?. »Ist Mylord der Abt anwesend?« »Furwahr, er unterweist gerade eine Bu?erin.«

Aus dem angrenzenden Zimmer horten sie ein rhythmisches knarzendes Gerausch.

»Wie lange wird er mit ihr beten?«

»Es kann noch eine gute Weile dauern«, sagte die Krote. »Sie ist ruckfallig. Sie front der Wiederholung ihrer Sunden.« »Wollt Ihr die Gute haben, diese wurdigen Herren hier unserem ehrwurdigen Abt vorzustellen«, sagte der Monch, »denn sie bringen Neuigkeiten von Edwardus de Johnes.«

»Seid gewi?, da? ich es ihm sage«, erwiderte die Krote gelangweilt. Aber Marek sah plotzliches Interesse in den Augen des alten

Mannes aufblitzen. Die Mitteilung schien ihm wichtiger zu sein, als er sich anmerken lie?.

»Es geht schon auf die Terz zu«, sagte die Krote mit einem Blick auf die Sonne. »Werden Eure Gaste an unserem schlichten Morgenmahl teilnehmen?«

»Vielen Dank, aber nein, wir —«sagte Marek. Chris hustelte. Kate stie? Marek in den Rucken. Marek sagte: »Wir nehmen dankend an, wenn es keine zu gro?e Muhe macht.« »Bei der Gnade Gottes, Ihr seid willkommen.«

Sie wollten eben aufbrechen, als ein junger Monch atemlos ins Zimmer sturzte. »Mylord Arnaut ist auf dem Weg. Er wunscht den Abt sofort zu sehen!«

Die Krote sprang auf und sagte zu ihnen: »Geht auf der Stelle!« Und offnete eine Seitentur.

Und so fanden sie sich in einem kleinen, schlichten Zimmer neben dem Gemach des Abts wieder. Das Knarzen des Betts verstummte, sie horten das Murmeln der Krote, die eindringlich mit dem Abt sprach. Einen Augenblick spater ging eine andere Tur auf, und eine Frau kam herein. Ihre Beine waren nackt, das Gesicht war gerotet, und sie ordnete hastig ihre Kleider. Sie mu?te au?ergewohnlich schon sein. Als sie sich umdrehte, sah Chris erstaunt, da? es Lady Claire war. Sie bemerkte seinen Blick und fragte: »Warum starrt Ihr so?« »Ah, Mylady...«

»Squire, Eure Miene ist hochst unangebracht. Wie konnt Ihr es wagen, uber mich zu urteilen? Ich bin eine Edelfrau, allein in fremden Landen, ohne Beschutzer, der mich fuhrt und verteidigt. Und doch mu? ich nach Bordeaux reisen, das uber hundert Meilen entfernt liegt, und von dort nach England, um Anspruch zu erheben auf die Landereien meines Gatten. Das ist meine Pflicht als Witwe, und in diesen Zeiten des Krieges und des Aufruhrs werde ich ohne Zogern alles tun, was notig ist, um dies zu erreichen.«

Chris dachte, da? Zogerlichkeit eindeutig nicht zum Charakter dieser Frau gehorte. Er war verblufft uber ihre Kuhnheit. Marek dagegen sah sie mit offener Bewunderung an. »Ich bitte Euch, My-lady, vergebt ihm«, erwiderte er gewandt, »er ist noch jung und oft gedankenlos.«

»Die Umstande andern sich. Ich brauchte eine Empfehlung, die nur der Abt mir geben konnte. Was mir an Uberzeugungskunst zur Verfugung steht, benutze ich.« Lady Claire hupfte von einem Fu? auf den anderen, um das Gleichgewicht zu halten, wahrend sie ihre Beinlinge anzog. Sie band sie zu, strich dann ihre Kutte glatt, setzte die Haube auf und band sie mit geschickten Fingern unter dem Kinn zu, so da? nur noch ihr Gesicht zu sehen war.

Nun sah sie aus wie eine Nonne. Ihr Verhalten wurde demutiger, ihre Stimme leiser, sanfter.

»Nun wi?t Ihr, durch eine Fugung des Schicksals, was ich eigentlich niemanden wissen lassen wollte. So bin

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